Vierter Abschnitt
Tagespflege und sonstige Betreuungsangebote
§ 17 Tagespflege
§ 18 Angebote an Schulen
Fünfter Abschnitt
Gesamtverantwortung und Planung
§ 19 Gewährleistung eines bedarfsgerechten Angebotes
§ 20 Planung der Angebote
§ 21 Jahresplanung
Sechster Abschnitt
Finanzierung
§ 22 Bau- und Einrichtungskosten
§ 23 Betriebskosten
§ 24 Finanzierung der Einrichtungen freier Träger
§ 25 Betrieblich geförderte Einrichtungen
§ 26 Förderung von Modellversuchen
§ 27 Kostenbeteiligung
Siebter Abschnitt
Schlußbestimmungen
§ 28 Verwaltungsvorschriften, Verwaltungsverfahren
§ 29 Inkrafttreten
Erster Abschnitt
Allgemeine Vorschriften
§ 1 Bedarfsgerechte Förderung
(1) Jedes Kind, das bis zum 1. August eines Kalenderjahres das
dritte Lebensjahr vollendet hat, hat von diesem Tage an bis zum
Schuleintritt Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung,
die Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren fördert. Der
Betreuungsumfang soll den Bedürfnissen der Familie gerecht
werden. In Fällen besonderer Härte sind Kinder bereits
dann zum 1. August eines Jahres aufzunehmen, wenn sie zu diesem
Zeitpunkt das zweite, aber noch nicht das dritte Lebensjahr vollendet
haben.
(2) Kinder unter drei Jahren und Kinder im Grundschulalter sollen
einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege erhalten,
wenn sie aus pädagogischen, sozialen oder familiären
Gründen eine sozialpädagogische Förderung benötigen.
(3) Für Kinder, die nach den Absätzen 1 und 2 gefördert
werden, soll das Jugendamt bei Bedarf, insbesondere bei Berufstätigkeit
der Eltern oder anderer Erziehungsberechtigter, Ganztagsplätze
anbieten.
(4) Die Leistungsverpflichtungen nach den Absätzen 1 bis
3 richten sich an das Land Berlin als Träger der öffentlichen
Jugendhilfe.
§ 2 Begriffsbestimmungen, Geltungsbereich
(1) Tageseinrichtungen sind Kindertagesstätten, Eltern-Initiativ-Kindertagesstätten
und Eltern-Kind-Gruppen, in denen sich Kinder regelmäßig
für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten.
(2) Kindertagesstätten betreuen und fördern in der Regel
ganztägig Kinder verschiedener Altersstufen in
1. Krippen für Kinder bis zu drei Jahren
2. Kindergärten für Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr
bis zum Schuleintritt und
3. Horten für Kinder im Grundschulalter.
Die Förderung erfolgt in altersgleichen oder altersgemischten
Gruppen.
(3) Eltern-Initiativ-Kindertagesstätten sind Tageseinrichtungen,
in denen Eltern oder andere Erziehungsberechtigte mindestens eine
regelmäßige Halbtagsbetreuung von Kindern selbst organisieren.
(4) Eltern-Kind-Gruppen sind kindergartenähnliche Tageseinrichtungen,
die im Verbund mit anderen Einrichtungen und Diensten unter Beteiligung
der Eltern oder anderer Erziehungsberechtigter mindestens eine
regelmäßige Halbtagsbetreuung anbieten.
(5) Tageseinrichtungen können in öffentlicher, freier
oder gewerblicher Trägerschaft betrieben werden. Soweit im
folgenden nichts anderes bestimmt ist, findet dieses Gesetz auf
alle Träger Anwendung.
§ 3 Aufgaben und Ziele
(1) Tageseinrichtungen unterstützen und ergänzen die
Erziehung des Kindes in der Familie. Ihre Aufgabe umfaßt
die Betreuung, Bildung und Erziehung des Kindes. Sie fördern
seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit, insbesondere durch Entfaltung seiner körperlichen
und geistigen Fähigkeiten und seiner seelischen, musischen
und schöpferischen Kräfte. Sie sollen für gleiche
Entwicklungsmöglichkeiten von Mädchen und Jungen sorgen
und zur Toleranz gegenüber anderen Menschen, Kulturen und
Lebensweisen erziehen. Sie sollen den verantwortungsvollen Umgang
mit Natur und Umwelt vermitteln.
(2) Die Betreuung in der Tageseinrichtung hat die individuellen
Bedürfnisse und das jeweilige Lebensumfeld des Kindes zu
berücksichtigen. Kinder, die auf Grund ihres sozialen Umfeldes
benachteiligt sind, sollen durch ergänzende Förderungsmaßnahmen
in ihrer Entwicklung unterstützt werden.
(3) Die Kinder sollen Einblick in die in der Tageseinrichtung
anfallenden hauswirtschaftlichen Arbeiten erhalten und nach Möglichkeit
an diesen beteiligt werden.
Zweiter Abschnitt
Umfang und Qualität der Betreuung in Tageseinrichtungen
§ 4 Betreuungsumfang
(1) Kinder können in Tageseinrichtungen ganztägig oder
halbtags betreut und gefördert werden. Die tägliche
Verweildauer eines Kindes muß unabhängig von der Öffnungszeit
der Einrichtung dem Wohl des Kindes Rechnung tragen. Hierbei sind
insbesondere sein Alter, sein Entwicklungsstand und seine Bedürfnisse
zu berücksichtigen.
(2) Ganztagsbetreuung umfaßt in der Regel neun Stunden,
mindestens aber sieben Stunden und schließt eine von der
Einrichtung bereitgestellte warme Mahlzeit ein, die unter Beachtung
ernährungsphysiologischer Erkenntnisse grundsätzlich
in der Tagesstätte zubereitet wird.
(3) Halbtagsbetreuung umfaßt in der Regel mindestens vier
Stunden am Vormittag. Für diese Art der Betreuung sollen
als gleichwertige Angebote überwiegend Eltern-Kind-Gruppen
und Vorklassen genutzt werden.
§ 5 Besondere Angebote für Kinder mit Behinderungen
(1) Keinem Kind darf auf Grund der Art und Schwere seiner Behinderung
oder seines besonderen Förderungsbedarfs die Aufnahme in
eine Kindertagesstätte verwehrt werden. Kinder mit Behinderungen
werden in der Regel gemeinsam mit anderen Kindern in integrativ
arbeitenden Gruppen gefördert.
(2) Kinder, die auf Grund ihrer Behinderung spezieller Förderung
und Betreuung bedürfen, sollen durch ergänzende pädagogische
und therapeutische Angebote in der Kindertagesstätte unterstützt
werden. Soweit therapeutische und heilpädagogische Hilfen
gemäß den §§ 39 und 40 des Bundessozialhilfegestzes
gewährt werden, sollen diese nach Möglichkeit in die
Arbeit der Kindertagesstätte integriert werden.
(3) Soweit besondere Gruppen für Kinder mit Behinderungen
erforderlich sind und ihre Eltern eine solche Betreuung wünschen,
sind diese nach Möglichkeit in allgemeinen Kindertagesstätten
einzurichten.
§ 6 Gesundheitsvorsorge
(1) Der Träger und das Jugendamt haben in Zusammenarbeit
mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst nach Maßgabe
der §§ 22 und 23 des Gesundheitsdienst-Gesetzes vom
4. August l994 (GVBl. S. 329) in der jeweils geltenden Fassung
dafür Sorge zu tragen, daß alle Kinder in Tageseinrichtungen
in Ergänzung sonstiger Vorsorgeangebote einmal jährlich
ärztlich und zahnärztlich untersucht werden und der
Impfstatus überprüfe wird.
(2) Jedes Kind muß vor der Aufnahme in eine Tageseinrichtung
und nach längerer Abwesenheit außerhalb der Schließungs-
oder Ferienzeiten ärztlich untersucht werden.
(3) Die Träger haben den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst
nach § 22 des Gesundheitsdienst-Gesetzes in der jeweils geltenden
Fassung zur Unterstützung der Tageseinrichtungen bei der
Früherkennung von Behinderungen und Schädigungen einzubeziehen.
(4) In Anwesenheit von Kindern und in Räumen, die von Kindern
genutzt werden, darf nicht geraucht werden.
§ 7 Anforderungen an das Personal
(1) In Tageseinrichtungen sind zur Betreuung der Kinder grundsätzlich
sozialpädagogische Fachkräfte zu beschäftigen.
In Ausnahmefällen können auch andere geeignete Kräfte
beschäftigt werden, wenn diese sich vertraglich zur Aus-
und Fortbildung verpflichten.
(2) In integrativ arbeitenden Gruppen gemäß §
5 Abs. 1 Satz 2 soll mindestens eine der eingesetzten Fachkräfte
über eine entsprechende Zusatzqualifikation verfügen
oder sich in der Weiterbildung zum Erwerb einer solchen Qualifikation
befinden.
(3) Die Leitung der Kindertagesstätten ist erfahrenen und
besonders qualifizierten Fachkräften zu übertragen.
(4) Der Träger hat die Fortbildung des Personals zu fördern.
Die Fachkräfte sind gehalten, an vom Träger veranstalteten
oder empfohlenen Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen.
§ 8 Aufgaben des Personals
(1) In jeder Tageseinrichtung ist eine pädagogische Konzeption
zu erarbeiten, die die Umsetzung der Aufgaben nach § 3 in
der täglichen Arbeit der Einrichtung beschreibt.
(2) Die Fachkräfte arbeiten mit Einrichtungen und Diensten
des Jugendamtes und der Schulen und mit den Eltern oder anderen
Erziehungsberechtigten zusammen.
(3) Zu den Aufgaben der Fachkräfte gehören auch die
Teilnahme an Dienstbesprechungen, an Fachberatung und Fortbildung
sowie die individuelle Vor- und Nachbereitung der praktischen
Arbeit.
(4) Das in Kindertagesstätten tätige Küchen- und
Wirtschaftspersonal hat seine Arbeit den jeweiligen pädagogischen
und organisatorischen Erfordernissen der Einrichtungen anzupassen.
§ 9 Leitung und Fachberatung
(1) Jede Kindertagesstätte ist von einer im erforderlichen
Umfang von den erzieherischen Aufgaben freigestellten Fachkraft
zu leiten.
(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die
zentralen Träger der freien Jugendhilfe hallen in angemessenem
Umfang Fachberatung durch interdisziplinär besetzte Beraterteams
vor.
(3) Die Fachberatung koordiniert die Zusammenarbeit mit allen
am Erziehungsprozeß beteiligten Diensten, Einrichtungen
und Stellen. Sie unterstützt und berät das pädagogische
Fachpersonal der Kindertagesstätte in allen für die
Qualität der Arbeit bedeutsamen Fragen. Bei der konzeptionellen
und strukturellen Weiterentwicklung der Kindertagesstätten
hat sie den Träger zu beraten.
§ 10 Elternarbeit
In Kindertagesstätten ist die Zusammenarbeit des Fachpersonals
mit den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten zu gewährleisten.
Die Fachkräfte sind verpflichtet, die Eltern oder andere
Erziehungsberechtigte regelmäßig über die Entwicklung
ihrer Kinder in der Kindertagesstätte zu informieren. Hospitationen
von Eltern, ihre Anwesenheit während der Eingewöhnungsphase
und ihre Beteiligung bei gemeinsamen Unternehmungen sind zu fördern.
Dritter Abschnitt
Ausstattung, Organisation und Betrieb der Tageseinrichtungen
§ 11 Personalausstattung
(1) Die Betreuung, Bildung, Erziehung und Förderung der Kinder
in den Kindertagesstätten ist durch eine ausreichende Anzahl
pädagogischen und zusätzlichen Personals sicherzustellen.
(2) Die Personalbemessung für die verschiedenen Kinder, ist
entsprechend dem Bedarf der Kinder, das heißt orientiert
an Aufgabeninhalt, -umfang und -intensität der Einrichtungen,
von der fachlich zuständigen Senatsverwaltung durch Rechtsverordnung
vorzunehmen. Gleiches gilt für Kriterien der im Einzelfall
angemessenen Betreuungszeit.
(3) Bei der Personalbemessung sollen folgende Grundsätze
gelten:
1. Mindestens eine vollbeschäftigte pädagogische Fachkraft
ist vorzusehen
a) bei Kindern im Alter bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres
für jeweils sechs Kinder bei einer Betreuungszeit bis zu
neun Stunden täglich, für jeweils sieben Kinder bei
einer Betreuungszeit bis zu sieben Stunden täglich.
b) bei Kindern nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum
Schuleintritt für jeweils zehn Kinder bei einer Betreuungszeit
bis zu neun Stunden täglich, für jeweils zwölf
Kinder bei einer Betreuungszeit bis zu sieben Stunden täglich,
für jeweils 15 Kinder bei Halbtagsbetreuung,
c) für jeweils 16 Kinder im Grundschulalter.
2. Für Kinder, die länger als neun Stunden betreut werden,
sind entsprechende Personalzuschläge zu gewähren. In
der Personalausstattung nach Nummer 1 sind Ausfallzeiten (Urlaub,
Krankheit, Pausen) zu berücksichtigen.
3. Zusätzliches Personal soll zur Verfügung gestellt
werden für
a) die Betreuung behinderter Kinder,
b) Kindertagesstätten mit einem überdurchschnittlichen
Anteil an ausländischen oder Aussiedlerkindern und
c) Kindertagesstätten in Wohngebieten mit sozial benachteiligenden
Bedingungen.
§ 12 Öffnungszeiten
Kindertagesstätten sollen bedarfsgerechte Öffnungszeiten
im Zeitraum zwischen 6.00 Uhr und 19.30 Uhr anbieten. In der Regel
soll eine Öffnungszeit von insgesamt zwölf Stunden nicht
überschritten werden. Öffnungszeiten außerhalb
der Regelöffnungszeiten sind mit Erlaubnis des Landesjugendamtes
zulässig.
§ 13 Bau und Ausstattung
(1) Bei der Errichtung von Kindertagesstätten müssen
Bau, Ausstattung und Freiflächengestaltung so beschaffen
sein, daß eine den Aufgaben und Zielen nach § 3 entsprechende
Betreuung der Kinder möglich ist. Je Kind ist eine pädagogische
Nutzfläche von 4,5 Quadratmetern anzustreben.
(2) Beim Bau sowie bei der Ausstattung von Tageseinrichtung dürfen
nur gesundheitlich unbedenkliche Materialien verwendet werden.
Bei der Planung und Umgestaltung von Tageseinrichtungen sind pädagogische
Fachkräfte zu beteiligen. Im Hinblick auf die zum Betrieb
erforderliche Erlaubnis gemäß § 45 des Achten
Buches Sozialgesetzbuch sollen die Träger sich vom Landesjugendamt
bereits im Planungsstadium beraten lassen.
(3) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung
wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere Über
die Mindestanforderungen an den Bau sowie die erforderliche Beschaffenheit
und Ausstattung der Räume und Anlagen zu regeln.
§ 14 Elternbeteiligung
(1) Die Eltern oder andere Erziehungsberechtigte sind auf Wunsch
in Fragen der Konzeption und deren organisatorischer und pädagogischer
Umsetzung in der Arbeit der Tageseinrichtungen zu beteiligen.
Die Fachkräfte erörtern mit den Eltern die Grundlagen,
Ziele und Methoden ihrer pädagogischen Arbeit.
(2) Die Eltern oder andere Erziehungsberechtigte der Kinder einer
Kindertagesstätte, in größeren Einrichtungen einer
Gruppe, bilden die Elternversammlung. Jede Elternversammlung wählt
für die Dauer eines Jahres eine Elternvertretung und eine
Stellvertretung. In großen Kindertagesstätten kann
ein Elternausschuß gebildet werden. Er setzt sich aus den
gewählten Elternvertretern der Gruppen zusammen.
(3) Die Elternversammlungen und Elternausschüsse dienen der
gegenseitigen Information über die Situation der Kinder.
Sie haben die Aufgabe, die Leitung der Kindertagesstätte
zu beraten. Sie können von dem Träger und dem Fachpersonal
Auskunft über wesentliche die Einrichtung betreffende Angelegenheiten
verlangen.
(4) Die Elternvertretung wählt aus ihrer Mitte eine Vertretung
und eine Stellvertretung für den Bezirkselternausschuß.
(5) In großen Kindertagesstätten kann ein Kindertagesstättenausschuß
gebildet werden. Er besteht zu gleichen Teilen aus Mitgliedern,
die aus dem Kreis der Beschäftigten und aus dem Kreis der
Eltern gewählt werden. Er hat an wichtigen, Eltern und Beschäftigte
gleichermaßen betreffenden Angelegenheiten mitzuwirken.
§ 15 Bezirks- und Landeselternausschuß
(1) In jedem Bezirk wird ein Bezirkselternausschuß gebildet,
der sich aus den gewählten Eltern derjenigen Tageseinrichtungen
zusammensetzt, die mindestens drei Gruppen umfassen. Der Bezirkselternausschuß
ist vom Jugendamt über wesentliche die Kindertagesstätten
betreffende Fragen zu informieren und zu hören. Der Bezirkselternausschuß
wählt aus seiner Mitte die Vertretung für den Landeselternausschuß.
(2) Der Landeselternausschuß setzt sich aus den gewählten
Vertretungen der Bezirkselternausschüsse zusammen. Die für
Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat den Landeselternausschuß
über wesentliche die Kindertagesstätten betreffende
Angelegenheiten zu informieren.
§ 16 Mitwirkung der Kinder
Die Kinder wirken ihrem Entwicklungsstand entsprechend bei der
Gestaltung des Alltags in der Kindertagesstätte mit.
Vierter Abschnitt
Tagespflege und sonstige Betreuungsangebote
§ 17 Tagespflege
(1) Die Betreuung von Kindern durch eine Pflegeperson in deren
Haushalt oder im Haushalt der Personensorgeberechtigten (Tagespflege)
ist vorwiegend ein Angebot für Kinder bis zu drei Jahren
oder für Kinder mit einem besonderen individuellen Betreuungsbedarf.
Tagespflege wird insbesondere angeboten als
1. Tageseinzelpflege für ein bis drei Kinder,
2. Tagesgroßpflege für vier bis höchstens acht
Kinder und
3. Tagespflege für Kinder mit besonderem individuellem Betreuungsbedarf.
(2) Ist die Förderung eines Kindes in Tagespflege für
sein Wohl geeignet und erforderlich und wird eine geeignete Tagespflegeperson
vermittelt oder von den Personensorgeberechtigten nachgewiesen,
so erhält diese vom Jugendamt als Ersatz für die ihr
entstehenden Aufwendungen ein Pflegegeld und für ihre Erziehungsleistung
ein Erziehungsgeld. Bei Betreuung des Kindes im Haushalt des Personensorgeberechtigten
erhält die Pflegeperson nur das Erziehungsgeld. Die Höhe
des Pflege- und Erziehungsgeldes soll entsprechend § 28 Abs.
2 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes
vom 9. Mai 1995 (GVBl. S. 300) bemessen werden. Für die Betreuung
außerhalb der Regelöffnungszeiten von Kindertagesstätten
gemäß § 12 Satz 2 ist der Tagespflegeperson ein
Zuschlag zu zahlen.
(3) Der Tagespflegeperson steht jährlich Urlaub nach Maßgabe
des entsprechend anzuwendenden § 3 des Bundesurlaubsgesetzes
vom 8. Januar 1963 (BGBI. 1 S. 2 / GVBl. S. 80), das zuletzt durch
Artikel 2 des Gesetzes vom 6. Juni 1994 (BGBI. 1 S. 1170) geändert
worden ist, unter Fortzahlung des Erziehungsgeldes und der Hälfte
des Pflegegeldes zu. Bei nicht zu vertretenden Ausfallzeiten,
insbesondere Krankheit, werden das Erziehungsgeld und die Hälfte
des Pflegegeldes bis zur Dauer von 20 Betreuungstagen innerhalb
eines Jahres fortgezahlt. Bei Fehlzeiten eines Pflegekindes werden
das Erziehungsgeld und die Hälfte des Pflegegeldes bis zur
Dauer von 30 Betreuungstagen innerhalb eines Jahres fortgezahlt.
(4) Das Jugendamt hat für ausreichende Beratungs- und Fortbildungsangebote
für Tagespflegepersonen Sorge zu tragen. Die Tagespflegepersonen
sollen von diesen Angeboten Gebrauch machen. Für die Teilnahme
an Fortbildungsveranstaltungen werden ihnen das Erziehungsgeld
und die Hälfte des Pflegegeldes bis zur Dauer von fünf
Betreuungstagen weitergewährt.
(5) Weitere sich aus der Tagespflege ergebende Rechte und Pflichten
werden zwischen dem Jugendamt und der Tagespflegeperson durch
Vertrag geregelt.
§ 18 Angebote an Schulen
(1) Betreuungsangebote an Grundschulen werden in fachlicher und
organisatorischer Verantwortung der Schulen durchgeführt.
(2) Vorklassen stellen dann ein gleichwertiges Angebot zur Erfüllung
des Anspruchs nach § 1 Abs. 1 Satz 1 dar, wenn die Betreuungszeit
mindestens vier Stunden beträgt.
(3) Gleichwertige Angebote an Grundschulen (offener Ganztagsbetrieb)
nach § 1 Abs. 2 umfassen eine Betreuung von mindestens 8.00
Uhr bis 16.00 Uhr. Bei einer Betreuung über Mittag ist eine
warme Mahlzeit bereitzustellen.
(4) Die Elternbeteiligung richtet sich nach den Bestimmungen des
Schulverfassungsgesetzes in der Fassung vom 5. Februar 1979 (GVBI.
S. 398), zuletzt geändert durch Artikel III des Gesetzes
vom 26. Januar 1995 (GVBI. S. 26), in der jeweils geltenden Fassung.
Fünfter Abschnitt
Gesamtverantwortung und Planung
§ 19 Gewährleistung eines bedarfsgerechten Angebotes
(1) Das Land Berlin trägt die Gesamtverantwortung für
die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebotes an Plätzen
in Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen. Die Leistungen der
Tagesbetreuung werden von den Trägern der öffentlichen
und der freien Jugendhilfe sowie von den Schulämtern in partnerschaftlicher
Zusammenarbeit gemeinsam erbracht.
(2) Ist das Angebot an Tagesbetreuungsplätzen noch nicht
bedarfsgerecht ausgebaut, legt die für Jugend und Familie
zuständige Senatsverwaltung? Kriterien für die Aufnahme
nach Dringlichkeit fest. Der Anspruch nach § 1 sowie die
Verantwortung der Schulbehörden nach § 18 bleiben unberührt.
§ 20 Planung der Angebote
(1) Die Jugendämter sind im Rahmen ihrer Jugendhilfeplanung
zur Entwicklung eines bedarfsgerechten Angebotes der Tagesbetreuung
verpflichtet. Die Planung hat unter frühzeitiger Beteiligung
der freien Träger und in Abstimmung mit dem jeweiligen Schulamt
zu erfolgen. Jugendämter benachbarter Bezirke arbeiten bei
der Planung zusammen.
(2) In der Planung sind bei Bedarf Standorte für neue Tageseinrichtungen
auszuweisen. Bei der Erschließung neuer Wohngebiete sind
Kindertagesstätten zeitgleich mit dem Wohnungsbau zu errichten.
(3) In die Planung sind auch solche Tageseinrichtungen aufzunehmen,
die in Verbindung mit Wohnungsbauvorhaben von Bauherren errichtet
und dem Land Berlin oder Trägern der freien Jugendhilfe übertragen
werden.
(4) In der bezirklichen Jugendhilfeplanung ist auszuweisen, in
welchen Schritten die Anpassung aller Kindertagesstätten
an die in § 13 Abs. 1 vorgesehene pädagogische Nutzfläche
erfolgen soll.
(5) Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung
stellt alle vier Jahre auf der Grundlage der Planung der Bezirke
und der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege eine
Planung für alle Angebote der Tagesbetreuung auf. Diese ist
Teil der Gesamtjugendhilfeplanung.
§ 21 Jahresplanung
(1) Die Eltern oder andere Erziehungsberechtigte haben ihren Betreuungsbedarf
grundsätzlich bis zum 31. Januar eines Kalenderjahres für
das nächste am 1. August beginnende Betreuungsjahr bei ihrem
zuständigen Jugendamt anzumelden. Dabei können sie die
von ihnen bevorzugte Tageseinrichtung benennen.
(2) Jedes Jugendamt erstellt in Abstimmung mit den freien Trägern
und den Schulämtern einen Plan über den voraussichtlichen
Betreuungsbedarf im kommenden Betreuungsjahr und schreibt diesen
jährlich fort. Bei der Jahresplanung des bedarfsgerechten
Angebotes sind die Erreichbarkeit der Einrichtung und das Wahlrecht
nach § 5 des Achten Buches Sozialgesetzbuch nach Maßgabe
der vorhandenen Plätze zu beachten.
(3) Näheres regelt die für Jugend und Familie zuständige
Senatsverwaltung durch Rechtsverordnung.
Sechster Abschnitt
Finanzierung
§ 22 Bau- und Errichtungskosten
(1) Das Land Berlin gewährt den Trägem der freien Jugendhilfe
im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach § 74
des Achten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 47
des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes
Zuwendungen für den Bau und die Erstausstattung von Tageseinrichtungen.
(2) Zuwendungsfähige Baukosten für Kindertagesstätten
sind die angemessenen Aufwendungen für den Neubau, Umbau,
Ausbau und Erweiterungsbau.
§ 23 Betriebskosten
(1) Betriebskosten sind die angemessenen Personal- und Sachkosten
für die einzelne nichtgewerbliche Einrichtung.
(2) Personalkosten sind die Aufwendungen für die Vergütung
des erforderlichen Fachpersonals entsprechend den Vergütungsgruppen
des öffentlichen Dienstes oder vergleichbaren Vergütungsregelungen
einschließlich der Personalnebenkosten.
(3) Sachkosten sind die Aufwendungen für die Kaltmiete, die
laufende Unterhaltung und den Erhalt der Einrichtung, die notwendige
Rücklagenbildung sowie für das notwendige Beschäftigungsmaterial.
Sachkosten sind ferner die Kosten des hauswirtschaftlichen Aufwandes
und die Kosten der Bereitstellung der Mahlzeiten. Zinsen und Abschreibungen
gehören nicht zu den Sachkosten.
§ 24 Finanzierung der Einrichtungen freier Träger
(1) Die Deckung der Betriebskosten erfolgt durch Zuschüsse
des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe oder im Rahmen
von Leistungsverträgen und durch angemessene Eigenleistungen
des freien Trägers. Als Eigenleistung gelten auch die Elternmitarbeit
und die ehrenamtliche Tätigkeit sowie die Bereitstellung
von Räumen. Zuständig für die Bewilligung der Zuschüsse
oder den Abschluß von Verträgen nach Satz 1 ist die
für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung.
(2) Die Zuschüsse werden nur gewährt oder Verträge
nach Absatz 1 Satz 1 nur abgeschlossen für Tageseinrichtungen,
die in die Planung nach den §§ 20 und 21 aufgenommen
sind. Über die Höhe der Zuschüsse zu den anrechnungsfähigen
Kosten und den Umfang der von den Trägern zu erbringenden
Leistungen sind vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Land
Berlin und den Trägem der freien Jugendhilfe abzuschließen.
Die anrechnungsfähigen Kosten dürfen die Kosten nicht
übersteigen, die dem Land Berlin bei vergleichbaren Leistungen
in eigenen Einrichtungen entstehen. In der Vereinbarung ist der
Anteil der Zuschüsse zu den Personalkosten und eine Pauschale
für die Sachkosten festzulegen.
(3) Bei Eltern-Initiativ-Kindertagesstätten und Eltern-Kind-Gruppen
werden anteilige Kosten für die erforderlichen pädagogischen
Fachkräfte übernommen. Für die Verpflegung der
Kinder, die Miete der Räume und deren Unterhalt wird eine
Sachkostenpauschale gewährt, die vergleichbare Kosten beim
Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht übersteigen
darf.
(4) Das Privatschulgesetz in der Fassung vom 13. Oktober 1987
(GVBI. S. 2458), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli
1995 (GVBI. S. 431), bleibt hiervon unberührt.
§ 25 Betrieblich geförderte Einrichtungen
(1) Ein Betrieb kann allein oder im Verbund mit anderen Betrieben
eine vertragliche Vereinbarung mit einem Träger der öffentlichen
oder der freien Jugendhilfe abschließen, die diesen verpflichtet,
in einer Tageseinrichtung Plätze zur Belegung mit Kindern
der Betriebsangehörigen zur Verfügung zu stellen mit
der Maßgabe, daß den Kindern unabhängig von der
Zugehörigkeit der Eltern oder anderer Erziehungsberechtigter
zum Betrieb die ihnen zugewiesenen Plätze erhalten bleiben.
Der Betrieb verpflichtet sich, die von ihm in Anspruch genommene
oder eine andere Tageseinrichtung des Trägers zu fördern.
(2) Die Förderleistung kann im Neubau einer Tageseinrichtung
bestehen; für bereits bestehende Tageseinrichtungen kann
der Betrieb insbesondere Räumlichkeiten oder Personal zur
Verfügung stellen oder sich an den Betriebskosten beteiligen.
Die Förderung kann auch darin bestehen, daß die Betriebe
die Betreuungskosten außerhalb der Regelöffnungszeiten
gemäß § 12 Satz 2 für die Kinder ihrer Betriebsangehörigen
übernehmen.
(3) Betriebe im Sinne der Vorschrift sind auch Behörden,
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen
Rechts.
§ 26 Förderung von Modellversuchen
Das Landesjugendamt kann mit dem Träger einer Einrichtung
Vereinbarungen über die Erprobung pädagogischer und
anderer Modelle treffen. Entstehende zusätzliche Betriebskosten
kann das Landesjugendamt übernehmen.
§ 27 Kostenbeteiligung
(1) Die Eltern oder andere Erziehungsberechtigte haben sich an
den Kosten der Inanspruchnahme von Angeboten der Tagesbetreuung
in öffentlicher oder freier Trägerschaft sowie an den
Kosten der Tagespflege nach den Vorschriften des Kita- und Tagespflegekostenbeteiligungsgesetzes
in der Fassung vom 2. Februar 1994 (GVBI. S. 60) in derjeweils
geltenden Fassung zu beteiligen.
(2) Zuständig für die Ermittlung und Einziehung der
Kostenbeteiligung ist das Jugendamt des Wohnbezirks, unabhängig
davon, ob das Kind in einer Einrichtung eines öffentlichen
oder freien Trägers oder in Tagespflege des Wohnbezirks oder
eines anderen Bezirks betreut wird.
Siebter Abschnitt
Schlußbestimmungen
§ 28 Verwaltungsvorschriften, Verwaltungsverfahren
(1) Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften
erläßt die für Jugend und Familie zuständige
Senatsverwaltung.
(2) Für die Durchführung dieses Gesetzes sind die Verfahrensvorschriften
des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch maßgeblich.
§ 29 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme der Vorschriften des § 24
Abs. 1 Satz 3 und des § 27, die am 1. Januar 1997 in Kraft
treten, am 1. Januar 1996 in Kraft.
|