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Das Verlangen nach einer Ehebestandszeit von drei Jahren ist ein generelles Mittel, das ohne Rücksicht darauf eingesetzt wird, ob im Einzelfall eine "Scheinehe" tatsächlich vorliegt. Zwar bedeutet dies nicht, daß echte Ehen zum Werkzeug der "Scheinehebekämpfung" gemacht würden. Die Forderung nach einer dreijährigen Ehebestandszeit könnte aber verfassungsrechtlich unzulässig sein, wenn den Begehren nach Aufenthaltserlaubnis, welche unter Vortäuschung des Willens zur Begründung einer ehelichen Lebensgemeinschaft gestellt werden, wirksam mit Mitteln gewehrt werden könnte, die nicht jeden einzelnen Fall über denselben Leisten schlügen. Die Auffassung der zuständigen Organe, daß es solche Mittel nicht gebe, ist jedenfalls nicht unvertretbar. Hierfür spricht insbesondere, daß eine behördliche Prüfung des Einzelfalls das Vorliegen einer "Scheinehe" regelmäßig nur bei Kenntnis von Umständen aus dem höchstpersönlichen Bereich des Betroffenen aufdecken könnte. Es wäre mit Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG jedoch schwerlich vereinbar, wenn die Verwaltung es unternähme, sich diese Kenntnis von Amts wegen zu verschaffen. Nicht anders wäre es zu beurteilen, wenn den Betroffenen vorbehaltslos die Last auferlegt würde darzutun, daß es sich bei ihrer Ehe nicht um eine "Scheinehe" handle. Im übrigen ist es jedenfalls nicht unvertretbar anzunehmen, daß eine ausländerbehördliche Prüfung eines jeden Antrags auf Aufenthaltserlaubnis, der mit dem (vorgeblichen) Ziel eines ehelichen Zusammenlebens im Bundesgebiet gestellt wird, auf das vorliegen einer "Scheinehe" die Möglichkeiten der Verwaltung bei weitem überstiege.

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1. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß das Grundgesetz dem einzelnen Bürger einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung gewährt, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist (BVerfGE 6, 32 [41], 389 [433]; 27, 1 [6], 344 [350 f.]; 32, 373 [ 3 7 8 f. ]; Beschluß vom 19. Juli 1972 2 BvL 7/7 1, S. 12 f.- im folgenden zitiert als 2 BvL 7171 ). Das verfassungskräftige Gebot, diesen Kernbereich, die Intimsphäre des Einzelnen, zu achten, hat seine Grundlage in dem durch Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Bei der Bestimmung von Inhalt und Reichweite des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG muß berücksichtigt werden, daß nach der Grundnorm des Art. 1 Abs. 1 GG die Würde des Menschen unantastbar ist und gegenüber aller staatlichen Gewalt Achtung und Schutz beansprucht. Überdies darf nach Art. 19 Abs. 2 GG auch das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht in seinem Wesensgehalt angetastet werden (BVerfGE 27, 344 [350 f.]; 32, 373 [379]). Selbst überwiegende Interessen der Allgemeinheit können einen Eingriff in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht rechtfertigen; eine Abwägung nach Maßgabe des 'Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes findet nicht statt.

Zuletzt geändert:
am 09.02.97

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