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Das aktuelle Schlagwort Informatik Spektrum 19: 33- 34 (1996)
Springer Verlag 1996
Begriffe aus technischer, praktischer und theoretischer Informatik
und deren Anwendungen
GPS Global Positioning System
Mobilität gewinnt in vielen Lebensbereichen zunehmend an
Bedeutung. Die Ermittlung der aktuellen eigenen geographischen
Position (beispielsweise in Höhe, Längen und Breitengrad)
ist dabei eine zentrale Aufgabe, welche über die Jahrhunderte
bereits mit immer besseren Methoden gelöst wurde. Ein heute
sehr gefragtes System ist GPS (global positioning system), ein
satellitenbasiertes Positionsbestimmungssystem
[l, 2,3]
Es gestattet weltweit mit etwa ab 400 DM teueren handlichen Endgeräten
(sogenannten GPS-Empfängern) eine kontinuierliche Echtzeit-Orts-
und damit auch Geschwindigkeitsbestimmung zum Nulltarif
Das GPS-System besteht aus drei Komponenten. Erstens, 24 GPS-Sateliten,
die dem amerikanischen Verteidigungsministerium (DoD, department
of defense) gehören und die von diesem für alle Nutzer
kostenfrei betrieben werden. GPS-Satelliten sind weder in der
Lage, Objekte zu orten, noch zu verfolgen; sie strahlen lediglich
permanent einen für die terrestrische Ortsbestimmung wichtigen
zeitabhängigen Code ab.
Zweitens, einigen bodengebundenen Satelliten-Beobachtungsstationen
des DoD und drittens, GPS-Empfänger beliebig vieler Benutzer.
Der in einem GPS-Empfänger enthaltene Minirechner ist in
der Lage zu berechnen, wo sich ein Satellit zu einer gegebenen
Zeit im All befindet, und welcher Code von welchem Satelliten
zu welcher Zeit abgestrahlt wird. Dabei können selbst minimale
Abweichungen der Satelliten von der im GPS-Empfänger berechneten
theoretischen Umlaufbahn berücksichtigt werden, da diese
von den stationären Erdstationen des DoD ermittelt und über
die GPS-Satelliten an die mobilen GPS-Empfänger weitergeleitet
werden.
Zur Ortsbestimmung empfängt ein GPS-Empfänger gleichzeitig
(in einfacheren Geräten auch nacheinander) die von mehreren
Satelliten abgestrahlten Codes. Empfängt ein GPS-Empfänger
zum Beispiel zur Zeit t, den Code, der von einem Satelliten A
zur Zeit t, abgestrahlt worden sein mußte, so beträgt
die Signallaufzeit zwischen Senden und Empfangen t. t, und der
GPS-Empfänger kann seinen momentanen Abstand zu A berechnen.
Im Prinzip geschieht dies nach der Formel Abstand = Lichtgeschwindigkeit
x Signallaufzeit. Sind die Aufenthaltsorte und die Abstände
von vier Satelliten bekannt, läßt sich daraus die eigene
Position im Raum eindeutig bestimmen, da alle Punkte gleichen
Abstands um einen Satelliten eine Kugel beschreiben und sich diese
vier Kugeln im Raum in genau einem gemeinsamen Punkt schneiden.
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So wie bisher skizziert, setzt die Abstandsmessung allerdings
noch eine synchrone Uhrzeit in Satelliten und Empfänger voraus,
die aber aufgrund der Forderung nach billigen GPS-Empfänger
internen Uhren einerseits und der zu messenden geringen Zeiten
andererseits (Signalausbreitungsgeschwindigkeit Lichtgeschwindigkeit)
heute nicht gegeben ist. Daher bedient man sich eines einfachen
Tricks. Jeder Satellit enthält eine Atomuhr. (Zur Gewährleistung
einer höheren Ausfallsicherheit enthalten die GPS-Satelliten
tatsächlich sogar mehrere Atomuhren.) Jeder GPS-Empfänger
enthält jedoch nur eine "normale" Uhr, sagen wir
eine Quarzuhr. Aufgrund der Uhren-Ungenauigkeit im Empfänger
erhält man durch die oben beschriebene Ortsbestimmung über
vier Satelliten die (falsche) Position x, als' Ergebnis. Wurde
gleichzeitig der Abstand zu einem fünften Satelliten gemessen,
so kann mit diesem und drei von den vorherigen Abstandsmessungen
erneut die Position bestimmt werden. Ergebnis wird die (ebenfalls
falsche) Position x, sein, wobei wegen der Uhren-Ungenauigkeit
x,; x, gelten wird. Nur wenn alle Uhren synchron wären, würde
x, = x, gelten und die Position x, bzw. x, wäre der tatsächliche
Aufenthaltsort des GPS-Empfängers. Diese Überlegung
führt auf die Idee, nach einmal erfolgter Abstandsmessung
zu 5 Satelliten die Ortsbestimmungen rein rechnerisch mehrfach
durchzufahren, dabei aber jedesmal eine leicht veränderte
Uhrzeit des GPS-Empfängers zugrunde zulegen. Ergeben die
Ortsbestimmungen x, x" so ist die Uhrenkorrektur und der
Aufenthaltsort gefunden. Tatsächlich läßt sich
diese Idee statt durch einen iterativen Prozeß auch durch
ein Gleichungssystem beschreiben, so daß die richtige Uhrenkorrektur
direkt berechnet werden kann.
Zur Uhrensynchronisation wird also der Empfang von Signalen von
einem weiteren Satelliten durchgeführt. Insgesamt wäre
also zur Ortsbestimmung im Raum der Empfang von 5 Satelliten nötig.
Tatsächlich lassen sich jedoch aus Plausibilitätsgründen
im allgemeinen bereits bei Empfang von 4 Satelliten alle theoretisch
möglichen geographischen Positionen bis auf eine einzige
ausschließen. Ist darüber hinaus bekannt, daß
der Empfänger sich auf der Erdoberfläche (und nicht
etwa in der Luft) befindet, so reicht durch dieses Zusatzwissen
bereits der Empfang von 3 Satelliten zur Ortsbestimmung aus. Leider
fahren eine Reihe von Störungen noch zu Genauigkeitsverlusten
der GPS-Meßmethode. So ist beispielsweise die Ausbreitungsgeschwindigkeit
des vom Satelliten abgestrahlten Codes zwar im Vakuum konstant,
nicht aber in der Erdatmosphäre. Ein Teil der Änderungen
der Ausbreitungsgeschwindigkeit in der Erdatmosphäre ist
frequenzabhängig (wie bei der Passage durch die lonosphäre),
so daß die Änderungen durch Senden des Codes auf zwei
Frequenzen im Empfänger berechnet und ausgeglichen werden
können. Ein (kleiner) Teil (die Passage durch die Troposphäre/Wolken)
läßt sich allerdings kaum berechnen. Die bei weitem
größten Störungen können jedoch vom DoD absichtlich
generiert werden. Mit sogenannten selective availability-Störungen
kann der DoD allen GPS-Empfängern (außer den "eigenen")
sowohl eine verfälschte Atomuhrzeit in den Satelliten als
auch eine verfälschte Satellitenposition im All vortäuschen,
so daß die Posistionsbestimmung deutlich ungenauer wird.
Glücklicherweise gilt jedoch für alle obigen Störungen,
daß aufgrund der Höhe der Umlaufbahn der Satelliten
in einer E-Umgebung eines Punktes auf der Erde die gleichen Störungen
zu erwarten sind. Dies wird im sogenannten Differential GPS-System
wie folgt zur Erhöhung der Meßgenauigkeit in GPS-Empfängern
ausgenutzt. Ein stationärer GPS-Empfänger, der seine
genaue Position kennt, kann wie oben beschrieben seine geographische
Position über das GPS-System bestimmen und mit der ihm bekannten
genauen Position vergleichen. Auf diese Weise kann ein Soll-Ist-Vergleich
der gemessenen und tatsächlichen Abstände zu jedem der
(im Empfangsbereich befindlichen) Satelliten durchgeführt
werden. Die Differenz ist der durch
Störungen zu diesem Zeitpunkt verursachte Fehler, der für
eine genauere Ortsbestimmung von allen Empfängern innerhalb
dieser E-Umgebung zu berücksichtigen wäre. Existiert
daher ein solcher stationärer GPS-Empfänger, der permanent
die aktuellen Fehlerkorrekturen zu den empfangbaren Satelliten
abstrahlt, so können GPS-Empfänger die Genauigkeit der
Ortsbestimmung von ±50 m in den Zentimeterbereich verbessern.
(Etwa 2m-Genauigkeit bei (E =l000 km; Zentimeter-Genauigkeit bei
E = 10 km.) Eine Möglichkeit der Bereitstellung der für
Differential-GPS nötigen Korrekturdaten besteht in der Ausstrahlung
dieser Information in einem standardisierten Format über
Rundfunk (RDS, radio data system oder in naher Zukunft DAB, digital
audio broadcast), wie dies in Deutschland bereits im Testbetrieb
über RDS in einer Kooperation zwischen dem Landesvermessungsamt
Nordrhein-Westfalen und dem WDR realisiert wurde.
Literatur
- P.K. Enge: The global positioning system: Signals, measurements,
and performance. international journal ofwireless Information
Networks 1:2, pp. 83-105, 1994.
- J. Hurn: GPS a guide to the next utility. Trimble Navigation
Ltd., Sunnyvale, CA94088-3642, 1989.
- J. Hurn: Differential GPS explained. Trimble Navigation Ltd.,
Sunnyvale, CA94088-3642, 1993.
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