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Anlage 2.5

Entschließung der 49. Konferenz am 9./10. März 1995 in Bremen zu
Anforderungen an den Persönlichkeitsschutz im Medienbereich

Die unabhängige und unzensierte Berichterstattung durch Presse, Rundfunk und Film (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Das Bundesverfassungsgericht hat die freie Meinungsbildung als Voraussetzung sowohl der Persönlichkeitsentfaltung als auch der demokratischen Ordnung bezeichnet. Insofern besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Selbstbestimmung des Einzelnen und der Medienfreiheit.

Die rasante Entwicklung der Medientechnik, die Zunahme interaktiver Teledienste und die verstärkte kommerzielle Nutzung von Pressedatenbanken eröffnen einerseits neue Informationsmöglichkeiten für den Bürger, verschärfen aber die Gefährdungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Diesen Gefährdungen muß der Datenschutz auf rechtlicher und technisch-organisatorischer Ebene angemessen begegnen.

Electronic Publishing und Medienarchive

Neue Formen der Verbreitung von Informationen über Netze und auf elektronischen Datenträgern führen in bisher unbekanntem Maß zu großen Informationsbeständen, in denen potentiell jedermann gezielt auf personenbezogene Daten zugreifen kann. Zudem öffnen Medienarchive, die bislang ausschließlich für journalistische Zwecke genutzt wurden, riesige Datensammlungen für medienfremde Nutzer. In Persönlichkeitsrechte wird dann besonders tief eingegriffen, wenn auch lange zurückliegende Publikationen praktisch von jedermann recherchiert werden können. Damit droht das in verschiedenen Rechtsbereichen vorgesehene "Recht auf Vergessen" wirkungslos zu werden, das z.B. durch die Löschungsvorschriften für das Bundeszentralregister gewährleistet werden soll.

Angesichts dieser Entwicklungen muß die Reichweite der datenschutzrechtlichen Sonderstellung der Medien ("Medienprivileg") neu bestimmt werden. Es ist zumindest gesetzlich klarzustellen, daß die geschäftsmäßige Verwendung personenbezogener Daten außerhalb des eigenen Medienbereichs, insbesondere durch kommerzielle Pressedatenbanken, nicht unter das "Medienprivileg" fällt.

Interaktive Dienste und Mediennutzungsprofile

Seitenanfang Auch beim Ausbau neuer digitaler Kommunikationsformen (interaktive Dienste wie z.B. Video on Demand) müssen die Persönlichkeitsrechte der Nutzer gewahrt werden. Dabei ist stärker als bisher von vornherein Wert darauf zu legen, daß datenschutzfreundliche Techniken entwickelt werden und zum Einsatz kommen, bei denen personenbezogene Verbindungs- und Nutzungsdaten erst gar nicht entstehen. Von besonderer Bedeutung sind hier anonyme Zahlverfahren, z.B. Prepaid-Karten, auf denen Informationen über die Nutzung ausschließlich dezentral gespeichert werden.

Entsprechend den Bestimmungen im Bildschirmtextstaatsvertrag und in den neueren Mediengesetzen ist sicherzustellen, daß sich die Erhebung und die Aufzeichnung von Verbindungs- und Abrechnungsdaten auf das erforderliche Maß beschränken. Dieser strikte Verarbeitungsrahmen darf auch nicht dadurch ausgeweitet werden, daß die Nutzung eines Dienstes von der Einwilligung in eine zweckfremde Verwendung der Daten abhängig gemacht wird. Die Länder sollten entsprechende einheitliche Regelungen für alle interaktiven Dienste treffen.

Da es sich bei den angesprochenen Diensten um Bestandteile einer entstehenden globalen Informationsinfrastruktur handelt, wird die Bundesregierung aufgefordert, sich auf internationaler Ebene für entsprechende Regelungen einzusetzen.

Rechte der Betroffenen gegenüber den Medien

Während die von der Berichterstattung Betroffenen - neben dem für alle Bereiche geltenden Gegendarstellungsrecht - gegenüber den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern inzwischen weitere elementare Datenschutzrechte besitzen, gibt es gegenüber der Presse keine vergleichbaren Regelungen.

So kann derjenige, der durch die Berichterstattung der Rundfunkveranstalter in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird, in den meisten Fällen nach der Publikation Auskunft über die der Berichterstattung zugrundeliegenden, zu seiner Person gespeicherten Daten verlangen. Gegenüber der Presse hat er kein entsprechendes Auskunftsrecht. Die meisten Rundfunkveranstalter sind - anders als die Presse - zudem verpflichtet, etwaige Gegendarstellungen zu den gespeicherten Daten zu nehmen, auf die sie sich beziehen (Mitspeicherungspflicht). Ein sachlicher Grund für diese Unterscheidungen ist nicht erkennbar.

Das Presserecht sollte insofern der Rechtslage nach dem Rundfunkrecht (z.B. § 41 Abs. 3 BDSG und Art. 17 Abs. 2 ZDF-Staatsvertrag) angeglichen werden.

Gegenüber Pressedatenbanken, die nicht nur dem eigenen internen Gebrauch dienen, sollte der Betroffene darüber hinaus ein Auskunftsrecht bezüglich des zu seiner Person gespeicherten veröffentlichten Materials haben.

Öffentlichkeitsarbeit der Behörden

Personenbezogene Veröffentlichungen von Behörden können das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erheblich beeinträchtigen. Das gilt für die Personen, auf die die Aktivitäten der Behörde unmittelbar gerichtet sind, wie auch für andere Verfahrensbeteiligte (wie z. B. Einwender, Opfer von Straftaten, Zeugen) und im besonderen Maße für unbeteiligte Personen aus dem sozialen Umfeld des Betroffenen. Deshalb ist bei der Weitergabe von Daten aus Strafermittlungsverfahren an die Medien besonders zurückhaltend zu verfahren.

Für den Umfang des Anspruchs der Medien auf Weitergabe personenbezogener Daten in Form von Presseerklärungen und Auskünften gibt es keine konkreten gesetzlichen Festlegungen. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder halten es daher für geboten, daß der Gesetzgeber Kriterien für die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und der Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Presse deutlicher als bisher festlegt. Dafür kommen die Vorschriften des Landespresserechts, in besonders sensiblen Bereichen aber auch spezialgesetzliche Regelungen wie etwa die Strafprozeßordnung in Betracht.

Gerichtsfernsehen

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder treten den in jüngster Zeit zunehmend erhobenen Forderungen nach einer Aufhebung des Verbots der Hörfunk- und Fernsehberichterstattung aus Gerichtsverhandlungen entgegen. Insbesondere bei Strafprozessen vor laufenden Mikrofonen und Kameras würde es unweigerlich zu einer gravierenden Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Angeklagten, der Opfer, der Zeugen und ihrer Angehörigen kommen. Selbst mit Einwilligung aller Prozeßbeteiligten darf die Hörfunk- und Fernsehberichterstattung nicht zugelassen werden.

Die Gerichtsverhandlung darf nicht zu einem masssenmedial vermittelten "modernen Pranger" werden.

Zuletzt geändert:
am 09.02.97

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