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Anlage 2.15
Entschließung der 50. Konferenz am 09./10. November 1995 zum Entwurf
einer Telekommunikations- und Informationsdienstunternehmen-
Datenschutzverordnung (TIDSV) des Bundesministeriums für Post und
Telekommunikation
(Stand: 6. Juni 1995)
Das Bundesministerium für Post und Telekommunikation hat den Entwurf
einer Telekommunikations- und Informationsdienstunternehmen-Datenschutzverordnung
(TIDSV) vorgelegt, der auf der Grundlage des bereits seit Anfang dieses Jahres
geltenden Gesetzes über die Regulierung der Telekommunikation und des
Postwesens (PTRegG) den Schutz personenbezogener Daten der am Fernmeldeverkehr
beteiligten Bürger regeln soll. Die Verordnung muß entsprechend
der gesetzlichen Vorgabe dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
genügen, insbesondere hat sie die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung
der Daten auf das Erforderliche zu beschränken und ihre Zweckbindung
zu gewährleisten. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der
Länder stellen fest, daß der vorliegende Entwurf diesen aus der
Verfassung abgeleiteten gesetzlichen Vorgaben teilweise nicht genügt.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben bereits
in ihrer Entschließung vom 8. März 1991 auf die Bedeutung des
Grundrechts auf unbeobachtete Kommunikation hingewiesen und gefordert, daß
das Telekommunikationsdatenschutzrecht dieses Grundrecht zu sichern hat.
Im Zeitalter der elektronischen Information und Kommunikation ist es geboten,
die Betreiber zur Bereitstellung anonymer Nutzungsmöglichkeiten zu
verpflichten und den Bürger in die Lage zu versetzen, selbst zu entscheiden,
ob er seine personenbezogenen Daten preisgeben und sich den damit verbundenen
Risiken aussetzen will.
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Im einzelnen halten die Datenschutzbeauftragten den vorliegenden Entwurf
in folgenden Punkten für verbesserungsbedürftig, auch um eine Absenkung
des Datenschutzniveaus gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage zu
verhindern:
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Die Verarbeitung von Kundendaten muß auch in Zukunft ausdrücklich
auf Telekommunikationszwecke und Zwecke der Informationsdienstleistung
beschränkt werden; jede Aufweichung des Zweckbindungsgrundsatzes ist
abzulehnen.
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Auch im Bereich des Sprachtelefondienstes soll nach dem Entwurf die Speicherung
der vollständigen Rufnummer des angerufenen Teilnehmers bis zu 80 Tagen
nach Rechnungsversand zur Regel werden. Bislang war dies nur vorgesehen,
wenn der Anrufer einen Einzelverbindungsnachweis beantragt hat; dabei sollte
es auch in Zukunft bleiben.
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Eine Auswertung der Verbindungsdaten nach Zielrufnummern auch außerhalb
des Sprachtelefondienstes ohne Einwilligung des Kunden ist nach § 10
Abs.2 Nr.2 PTRegG unzulässig. Hiernach "dürfen Daten des Anrufenden
nur mit dessen Einwilligung verwendet und müssen Daten des Angerufenen
unverzüglich anonymisiert werden."
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Die Übermittlung von Verbindungsdaten an Diensteanbieter darf auch für
Zwecke des Entgelteinzuges weiterhin nur mit Einwilligung des Kunden zugelassen
werden, wenn der Datenempfänger sich vertraglich zur Einhaltung des
Fernmeldegeheimnisses verpflichtet hat.
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Ein Einzelverbindungsnachweis sollte auch in Zukunft nur erteilt werden,
wenn der Antragsteller das Einverständnis der zum Haushalt gehörenden
Mitbenutzer des Anschlusses nachweisen kann.
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Die Anonymität von Anrufern bei Beratungseinrichtungen muß auch
dann gewährleistet sein, wenn sie über ein Mobilfunknetz anrufen.
Es ist nicht nachzuvollziehen, daß gerade an den dynamischsten und
modernsten Teilbereich der Telekommunikation geringere Datenschutzanforderungen
gestellt werden sollen als an das traditionelle Festnetz. Ohnehin ist eine
Entwicklung absehbar, die Mobilfunk- und Festnetze zusammenwachsen
läßt.
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Der Anrufer muß im Sprachtelefondienst die kostenfreie Möglichkeit
haben, die Übermittlung seiner Rufnummer an den angerufenen Anschluß
dauernd oder fallweise auszuschließen.
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Beim angerufenen Anschluß im Sprachtelefondienst muß auch in
Zukunft die Abschaltung der Rufnummernanzeige allgemein und im Einzelfall
möglich sein, damit Personen, die sich in räumlicher Nähe
zum Angerufenen aufhalten, nicht zwangsläufig Kenntnis vom jeweiligen
Anrufer erhalten.
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Die regelmäßige Herausfilterung der Daten solcher Verbindungen,
für die tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht eines strafbaren
Mißbrauchs von Fernmeldeanlagen oder der mißbräuchlichen
Inanspruchnahme von Telekommunikations- oder Informationsdienstleistungen
begründen, kommt einer präventiven Rasterfahndung der dem
Fernmeldegeheimnis unterliegenden Verbindungsdaten gleich, in die bereits
im Vorfeld eines konkreten Verdachts sämtliche Teilnehmer einbezogen
werden. Die entsprechende Regelung sollte dieses Verfahren lediglich auf
den Einzelfall beschränken.
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Hinsichtlich der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Nachrichteninhalten
sind die strengen Vorgaben von § 10 Abs. 2 Sätze 2 - 5 PTRegG
einzuhalten. Insoweit fehlt in dem vorliegenden Entwurf eine Einschränkung
auf den Einzelfall und die Verankerung der nach § 10 PTRegG vorgesehenen
Informations- und Unterrichtungspflichten.
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Die geplante Umwandlung der bisherigen Telefonauskunft ist datenschutzrechtlich
nur vertretbar, wenn der Kunde über die Verwendungsmöglichkeit
in der Telefonauskunft und sein Widerspruchsrecht hinreichend informiert
wird. So muß er insbesondere wissen, daß nicht nur seine Rufnummern,
sondern sämtliche Angaben, die er für die Teilnehmerverzeichnisse
freigegeben hat, auch beauskunftet und verwendet werden können, sofern
er dem nicht widersprochen hat.
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Die vorgesehenen Regelungen über öffentliche Kundenverzeichnisse
und die Telefonauskunft tragen den besonderen Risiken der Verbreitung von
Kundendaten in elektronischer Form, etwa auf CD-ROM oder durch Abruf aus
Online-Diensten (Adreß-Selektion, bundesweite Recherche, umgekehrte
Rufnummernsuche) nicht Rechnung. Der Kunde muß ein differenziertes
Widerspruchsrecht erhalten, das ihm ermöglicht, seine Daten zwar in
das herkömmliche Telefonbuch aufnehmen oder von der Telefonauskunft
mitteilen zu lassen, eine Aufnahme in elektronische Verzeichnisse mit qualitativ
weitergehenden Verarbeitungsmöglichkeiten jedoch zu unterbinden.
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Der Verordnungsentwurf läßt abweichend von der gegenwärtigen
Praxis bei der Deutschen Telekom AG die Erstellung von
Einzelverbindungsnachweisen mit vollständigen Zielrufnummern ohne
Einflußmöglichkeit der angerufenen Kunden zu. Die Anonymität
des Angerufenen wird aber auch durch die Verkürzung der Zielrufnummer
um die letzten drei Ziffern nicht hinreichend gewährleistet. Die
Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben bereits in ihrer
Entschließung vom 9./10. März 1994 darauf hingewiesen, daß
dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts und des
Fernmeldegeheimnisses des Angerufenen am besten dadurch entsprochen würde,
wenn jeder inländische Anschlußinhaber selbst entscheiden
könnte, ob und gegebenenfalls wie seine Rufnummer auf
Einzelverbindungsnachweisen erscheinen soll. Obwohl ein entsprechendes Verfahren
in den Niederlanden bereits erfolgreich praktiziert wird, hat der Bundesminister
für Post und Telekommunikation diesen Vorschlag bisher nicht aufgegriffen.
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Die Vorschriften für Bildschirmtextdienste sollten, auch im Sinne der
Rechtssicherheit, möglichst weitgehend mit denen des
Bildschirmtext-Staatsvertrages harmonisiert werden. Insbesondere sollte die
Speicherung von Abrechnungsdaten so beschränkt werden, daß Zeitpunkt,
Dauer, Art, Inhalt und Häufigkeit bestimmter von den einzelnen Kunden
in Anspruch genommener Angebote nicht erkennbar sind, es sei denn, der Kunde
beantragt mit Einverständnis der Mitbenutzer einen
Einzelverbindungsnachweis. Ferner ist vorzusehen, daß Abrechnungsdaten
nicht erst sechs Monate nach Bekanntgabe der Entgeltrechnung gelöscht
werden, sondern unverzüglich, wenn sie für Abrechnungszwecke nicht
mehr erforderlich sind.
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