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5.3 Finanzen

Vermögensrechtsdatenverarbeitungsgesetz

Mit dem am 12. Juli 1995 in Kraft getretenen Vermögensrechtsdatenverarbeitungsgesetz (VermDVG) [104]sind endlich die notwendigen datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Regelungsbereich des Vermögensgesetzes in Berlin geschaffen worden.

Das VermDVG regelt den Umfang der Verarbeitung personenbezogener Daten und führt abschließend die Zwecke auf, zu denen die Daten verarbeitet werden dürfen. Der Grundsatz der Datenerhebung beim Betroffenen gilt auch im VermDVG. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind möglich, wenn die Einreichung der erforderlichen Belege durch den Antragsteller oder eine Erteilung der erforderlichen Auskunft nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

Eine für die Arbeit der Vermögensämter sehr wichtige Regelung ist die Regelung über Datenübermittlungen. Hier sind im Gesetz die Stellen benannt worden, denen auf Ersuchen von den Vermögensämtern bestimmte Daten aus den Anträgen für die Durchführung ihrer ebenfalls im Gesetz konkret benannten Aufgaben übermittelt werden dürfen. Schließlich ermöglicht das VermDVG auch einen automatisierten Abruf bestimmter gesetzlich geregelter Daten.

In Zukunft wird sowohl für den Bürger als auch für die Mitarbeiter der Vermögensämter Rechtssicherheit bei der Frage herrschen, ob die Datenverarbeitung im Einzelfall zulässig ist.

Abgabenordnung: Und immer noch fehlen die gesetzlichen Grundlagen

Nachdem das Bundesministerium für Finanzen Ende 1993 beschlossen hatte, den Entwurf eines Abgabenänderungsgesetzes 1994 nicht weiterzuverfolgen, hatten wir gehofft, daß das Gesetzesvorhaben 1995 wiederaufgenommen werden würde. Unsere Hoffnung wurde auch in diesem Jahr enttäuscht; dabei werden - wie der nachfolgende Fall zeigt - datenschutzrechtliche Regelungen im Bereich der Abgabenordnung dringend benötigt, um Diskussionen wie die folgende in Zukunft überflüssig zu machen.

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Ungeliebte Bürgerrechte oder: Vorrang der Abgabenordnung vor dem Datenschutzgesetzt

Ein Bürger wollte von uns wissen, ob ihm auch bei seiner "Steuerakte" ein Akteneinsichtsrecht zustehen würde. Das zuständige Finanzamt hatte seinen Antrag auf Akteneinsicht mit dem Hinweis auf die Regelungen der Abgabenordnung abgelehnt.

Nach § 16 Abs. 4 BlnDSG kann der Betroffene Einsicht in personenbezogene Daten, die in Akten über ihn gespeichert sind, verlangen. Die Abgabenordung (AO) enthält selbst keine Regelung über Akteneinsicht der Betroffenen. Sie trifft in § 91 AO lediglich eine Regelung über die Anhörung von am Steuerverfahren beteiligten Personen vor Erlaß eines Verwaltungsaktes. Nur dem Anwendungserlaß AO ist zu entnehmen, daß die Gewährung von Akteneinsicht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht und danach grundsätzlich auch möglich ist.

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat sich gegen ein Akteneinsichtsrecht des Betroffenen nach dem Berliner Datenschutzgesetz im Bereich der Abgabenordnung gewandt. Sie ist der Auffassung, daß das Berliner Datenschutzgesetz im Bereich der Abgabenordnung nicht anwendbar sei bzw. daß es verfassungskonform entsprechend auszulegen sei. Schon im letzten Jahresbericht hatten wir uns zur Anwendbarkeit des Berliner Datenschutzgesetzes im Bereich der Steuerverwaltung geäußert [105] und dargelegt, warum das Berliner Datenschutzgesetz auch in diesem Bereich anwendbar ist. Auch der von der Senatsverwaltung für Finanzen zur Begründung herangezogene Grundsatz "Bundesrecht bricht Landesrecht" führt hier nicht zu einer Unanwendbarkeit des Berliner Datenschutzgesetzes. Die Abgabenordnung enthält gerade keine abschließenden datenschutzrechtlichen Regelungen für ihren Rechtsbereich, so daß dieser Grundsatz hier nicht herangezogen werden kann. Es handelt sich um zwei verschiedene Regelungsbereiche, und die Abgabenordnung hat die Anwendbarkeit des Berliner Datenschutzgesetzes nicht ausgeschlossen.

Zu der Frage der Anwendbarkeit des Berliner Datenschutzgesetzes im Bereich der Steuerverwaltung bleibt anzumerken, daß es auch Finanzämter gibt, die sich gegenüber anderen Verwaltungen auf Übermittlungsvorschriften des Berliner Datenschutzgesetzes berufen.

Datenübermittlung im Steuerstrafverfahren

Ein Bürger wurde wegen eines gegen ihn geführten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in Untersuchungshaft genommen. Im Rahmen der Ermittlungstätigkeit wandte sich die zuständige Steuerfahndungsstelle der Finanzämter mit einem Schreiben an Geschäftspartner der von dem Bürger vertretenen Firma und bat diese um die Beantwortung einiger Fragen. Sie teilte den Firmen in ihrem Schreiben mit, daß sich der Bürger in Untersuchungshaft befinden würde und die Sache deswegen eilbedürftig sei.

Die Steuerfahndung hat durch den Hinweis auf die Untersuchungshaft des Bürgers personenbezogene Daten an Dritte übermittelt. Für eine solche Datenübermittlung fehlte es jedoch an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung über die schriftliche Zeugenvernehmung dürfen dem Zeugen im Ermittlungsverfahren der Name des Beschuldigten sowie der Untersuchungsgegenstand mitgeteilt werden (§ 69 Abs 1 StPO). Weitere Mitteilungen sehen die Vorschriften der Strafprozeßordnung nicht vor, so daß es für die Datenübermittlung an einer gesetzlichen Grundlage fehlte.

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat sich nach längerer Diskussion unserer rechtlichen Bewertung des Falles angeschlossen. Wir gehen davon aus, daß die Tatsache, daß ein Beschuldigter sich in Untersuchungshaft befindet, in Zukunft den Zeugen im Zeugenanhörungsbogen nicht mehr mitgeteilt wird.

Steuererhebung mit Hilfe der I-Kennzeichendatei

Die Senatsverwaltung für Finanzen trat erstmals Ende des Jahres 1994 mit der Frage an uns heran, ob das Landeseinwohneramt verpflichtet sei, dem Finanzamt für Erbschaftssteuer und Verkehrssteuern die für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer insbesondere bei Fahrzeugabmeldungen und -stillegungen erforderlichen Daten aus der I-Kennzeichendatei zu übermitteln. Die I-Kennzeichendatei enthielt Daten aus dem Ostteil der Stadt, die von der Steuerverwaltung zur Überprüfung der zutreffenden Besteuerung der Kraftfahrzeuge benötigt wurden. Das Landeseinwohneramt hatte eine Übermittlung der Daten gegenüber der Senatsverwaltung für Finanzen mit dem Hinweis auf die Verpflichtung zur Löschung der Datei zum 31. Dezember 1994 abgelehnt.

Nach der Straßenverkehrsordnung dürfen Fahrzeug- und Halterdaten an die Finanzbehörden zur Sicherung des Steueraufkommens übermittelt werden. Der Einigungsvertrag hatte jedoch geregelt, daß für die nach dem bisherigen Recht der DDR erfolgten Zulassungen die örtlichen Fahrzeugregister, die die I-Kennzeichendatei darstellen, von den für die Zulassung zuständigen Behörden unter entsprechender Anwendung einiger Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes bis zum 31. Dezember 1993 weitergeführt werden durften. Unter den vom Einigungsvertrag für entsprechend anwendbar erklärten Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) befand sich auch die Übermittlungsbefugnis an die Finanzbehörden.

Auch wenn man den Begriff "Weiterführen", der im Einigungsvertrag verwendet wird, nicht so versteht, daß damit bereits zwingend die Löschung der Daten verbunden ist, hätte die Löschung der Daten spätestens am 31. Dezember 1994 erfolgt sein müssen, denn auch nach den verkehrsrechtlichen Regelungen, auf die der Einigungsvertrag verweist, wären die Daten bei Fahrzeugen mit amtlichen Kennzeichen spätestens ein Jahr nach Eingang der vom Kraftfahrtbundesamt übersandten Abmeldemitteilung zu löschen gewesen. Da die I-Kennzeichendatei in jedem Fall am 31. Dezember 1994 hätte gelöscht sein müssen, durfte das Finanzamt für Erbschaftssteuer und Verkehrssteuern die Daten aus der noch vorhandenen I-Kennzeichendaten daher nicht mehr zu steuerlichen Zwecken nutzen. Die Datei ist inzwischen gelöscht worden.

5.4 Gesundheit

Krebsregister

Das Gemeinsame Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird seit dem 1. Januar 1995 auf der Grundlage des Krebsregistergesetzes des Bundes und eines Verwaltungsabkommens der beteiligten Länder [106] in Berlin geführt. Wir haben das Register im Berichtszeitraum in Zusammenarbeit mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz in Brandenburg (zugleich im Auftrag der Datenschutzbeauftragten der anderen beiteiligten Länder) überprüft.

Schon bei dem Abschluß des Verwaltungsabkommens, erst recht aber bei den gegenwärtigen Beratungen über einen Musterentwurf für ein Ausführungsgesetz der Länder zum Krebsregistergesetz haben wir darauf gedrungen, das Krebsregister als organisatorische Einrichtung auf die Grundlage eines Staatsvertrages zwischen den beteiligten Ländern zu stellen. Bei der Einrichtung eines Krebsregisters muß durch bereichsspezifische Rechtsnormen geregelt werden, welche organisatorische Stelle zu welchem Zweck die erforderlichen Daten verarbeitet und wie das Krebsregister seine Aufgaben im einzelnen zu erfüllen hat. Dabei können allerdings auch unterschiedliche landesgesetzliche Regelungen in Betracht kommen, soweit die in Berlin gesammelten Datenbestände den Bundesländern , aus denen sie stammen, eindeutig zugeordnet werden können. Um das Gesetzgebungsvorhaben zügig voranzubringen, finden hierzu intensive Beratungen mit den beteiligten Gesundheitsverwaltungen statt.

Der Umzug des Krebsregisters von Karlshorst nach Kaulsdorf wurde zum Anlaß genommen, die technisch-organisatorischen Maßnahmen vor Ort zu überprüfen. Dabei haben wir festgestellt, daß entgegen den Vorgaben des Bundeskrebsregistergesetzes ein großer Teil der Datenbestände nach wie vor nur in manueller Form vorliegt und daß es in absehbarer Zeit nicht zu bewerkstelligen ist, den Anforderungen des Gesetzes nach Anonymisierung der Daten zu entsprechen. Es ergibt sich daraus das grundsätzliche Problem, welche Nutzungen bei diesen Daten möglich sind und wie diese Daten in das Anonymitätsschema des Bundeskrebsregistergesetzes einzuordnen sind, das zwischen Vertrauenstelle und Registerstelle unterscheidet.

Lediglich die seit 1961 eingegangenen Einzelmeldungen sind überwiegend auf elektronische Datenträger übernommen worden. Dieser Bestand an Meldungen liegt dem mittlerweile erschienenen "Atlas zur Krebsinzidenz in der DDR von 1961 bis 1969" zugrunde. Wir haben empfohlen, den restlichen Anteil der Meldungen ebenfalls auf elektronische Datenträger zu übernehmen, um bei künftigen Nutzungen die gebotene Anonymität gewährleisten zu können. Das Krebsregistergesetz läßt diesen Verarbeitungsschritt zu.

Altlasten Patientenakten

Mit den vorläufigen Richtlinien zur Patientenaktenverwaltung der Senatsverwaltung für Gesundheit vom 2.11.1995 wurde die Zuständigkeit für die Verwaltung der Patientenakten aus den aufgelösten ambulanten Einrichtungen des ehemaligen staatlichen Gesundheitswesens der DDR dem jeweiligen neu enstandenen Bezirksamt übertragen. Die Bezirksämter haben dafür Sorge zu tragen, daß die Unterlagen in gehöriger Obhut aufbewahrt werden. Dazu gehört insbesondere die Aufgabe, den zulässigen Zugriff im Eigeninteresse der Patienten zu gewährleisten. Jeder Patient soll das Recht auf Einsicht ausüben sowie Zugriff auf die Akten nehmen können, insbesondere wenn dies zur Nach- oder Weiterbehandlung erforderlich ist. Da die Bezirksämter hierfür nicht über die notwendigen finanziellen und personellen Mittel verfügen, wurde diese Aufgabe auf Empfehlung der Senatsgesundheitsverwaltung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft im Gesundheitswesen, dem Verein "Beschäftigungsinitiative für Verwaltungsdienstleistungen e.V." übertragen. Von den geschätzten vierzehn bis fünfzehn Millionen Patientenunterlagen in den Bezirken im Ostteil Berlins sind derzeit etwa fünf Millionen Akten medizinisch beurteilt, registriert und projektgerecht archiviert. Es war beabsichtigt, in Zusammenarbeit mit den Bezirksämtern den Aufbau und die Nutzung einer "überbezirklichen Aktenfindungsdatei" zu betreiben. Dazu war vorgesehen, aus den Bezirksdatenbanken den Namen, Vornamen und das Geburtsdatum des Patienten sowie Standort und Herkunftseinrichtung einer Akte zu doppeln und gesondert zu speichern. Dadurch sollte eine überbezirkliche Aktenfindung in Bezug auf einen einzelnen Patienten ermöglicht werden. Den Patienten sollte es ermöglicht werden durch eine einzige Abfrage alle verwalteten Patientenunterlagen auch aus anderen Bezirken aufzufinden.

Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht, weil diese Datensammlung im Interesse der Patienten als Ersatz für die stillgelegten Einrichtungen verwaltet wird und ein Zugriff durch die Bezirksämter oder die Senatsverwaltung nicht besteht. Die Informationen aus den Patientenakten dürfen für die Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen nach wie vor nicht ohne Zustimmung der Patienten herangezogen werden. Auskünfte über den Ort und die Art von Patientenunterlagen sind daher nur den betroffenen Patienten selbst oder einem von ihm beauftragten Arzt oder einer anderen Person zu geben. Durch organisatorische und aufsichtsrechtliche Maßnahmen muß sichergestellt bleiben, daß nur mit Zustimmung und im ausdrücklichen Auftrag eines Patienten auf die Daten zugegriffen wird. Die Zustimmung muß auch im nachhinein nachweisbar sein, so daß die Schriftform unabdingbar ist.

Empörte Bürger machten darauf aufmerksam, daß Ärzte und medizinisches Fachpersonal in der DDR Meldungen erstatteten, wenn sie z.B. Kenntnis von geplanten Straftaten erhielten.

Danach war auch jeder Arzt, vor allem bei dem berüchtigten Straftatbestand der "staatsfeindlichen Hetze" (§ 106 Abs. 2 StGB der DDR), der glaubwürdig davon Kenntnis erlangt hatte, verpflichtet, an "die zuständigen Sicherheitsorgane (Ministerium für Staatssicherheit, Volkspolizei, Staatsanwalt)" zu melden. Notfalls sollte die Anzeige auch an ein "anderes staatliches Organ gerichtet werden (Rat des Kreises, Rat der Gemeinde)". Eine Anzeigepflicht bestand unverzüglich nach Bekanntwerden des anzeigepflichtigen Umstandes. Die Meldetechnik war "formlos - geeignete Form je nach Umständen (Telefon, persönliche Vorsprache)". Die Verpflichtung zur Anzeige war zeitlich nicht begrenzt und wurde durch die Beendigung einer Straftat nicht aufgehoben. Durch diese Aussagepflicht wurden also die ärztliche Schweigepflicht und das Zeugnisverweigerungsrecht aufgehoben (§ 136 StGB der DDR). Die Verletzung der Anzeigepflicht war selbst strafbar und wurde mit Freiheitsstrafe oder mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder öffentlichem Tadel bedroht. Obwohl dieses Ergebnis unserem rechtsstaatlichen Empfinden widerstrebt, wird man wohl davon ausgehen müssen, daß die Übermittlung von DDR-Vorschriften gedeckt war.

Pflegeversicherung: Der unersättliche Informationshunger des fürsorglichen Staates

Die Einführung der Pflegeversicherung hat zu einer Fülle von Datenerhebungen in Formularen, Anträgen und Gutachten geführt. Dies wird von Behinderten und Behindertenverbänden vielfach abgelehnt. Deutliche Kritik wurde am Begutachtungsverfahren zwischen Medizinischem Dienst und Pflegekassen laut, weil hier erhebliche Datenmengen aus der medizinischen Begutachtung an die Pflegekasse fließen sollen. Die Datenschutzbeauftragten haben - leider vergeblich - auf die nicht immer gegebene Erforderlichkeit dieser Übermittlung hingewiesen. Während § 18 Abs. 5 Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) die Regelung enthält, daß der Medizinische Dienst der Pflegekasse das "Ergebnis seiner Prüfung" mitzuteilen und Maßnahmen zur Rehabilitation, Art und Umfang von Pflegeleistungen sowie einen individuellen Pflegeplan zu empfehlen hat, wird diese Vorschrift in der Praxis so angewendet, daß der wesentliche Gehalt der Gesamtbegutachtung an die Pflegekassen übermittelt wird, obwohl dort eine medizinische Bewertung der einzelnen Befunde nicht möglich ist. Wenngleich von den Bundesverbänden ein gemeinsames Formular eingeführt wurde, sollte weiterhin darüber nachgedacht werden, ob die Übermittlung von "Ergebnissen" beschränkt werden sollte, weil anderenfalls das Gesetz in einer widersprüchlichen Art und Weise ausgelegt würde. Denn das "Ergebnis" einer Begutachtung schließt nicht die Darstellung der Untersuchungsbefunde ein.

Eine Pflegekasse verpflichtete einen Behinderten, ergänzend zur häuslichen Pflege regelmäßig einen Pflegeeinsatz durch eine von den Pflegekassen zugelassene Pflegeeinrichtung abzurufen. Der Betroffene befürchtete, daß dabei persönliche und sachliche Verhältnisse, der wirtschaftliche Status, sowie politische und religiöse Gesinnung offenbart werden. Während "in den vergangenen dreißig Jahren" seit Eintritt der Körperbehinderung mit staatlicher finanzieller Unterstützung ein selbstbestimmtes Leben möglich gewesen sei, werde nun das Recht auf freie Arztwahl, das Freiheitsrecht als Patient, eingeschränkt und an "die von staatlicher Seite befohlene Vorgehensweise der Fürsorge" früherer Zeiten erinnert.

Nach dem Pflegeversicherungsgesetz ist jeder Pflegebedürftige, dem die Möglichkeit zur häuslichen Pflege zugestanden wurde, gleichwohl verpflichtet, in regelmäßigen Abständen den Besuch einer Pflegeeinrichtung zu dulden, die mit der Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat (Pflichtabruf). Es handelt sich um eine flankierende Maßnahme bei der Gewährung von Pflegegeld für selbstbeschaffte Pflegehilfen nach § 37 SGB XI. Zu prüfen war, ob dabei in unverhältnismäßigem Umfang personenbezogene Daten aus der Privatsphäre an die Pflegekasse oder eine andere Einrichtung übermittelt werden. Die Befürchtungen, die in der Beschwerde ausgesprochen waren, stellten sich allerdings als unbegründet heraus.

Aus § 37 Abs. 3 SGB XI ergibt sich vielmehr keine Befugnis der Pflegeeinrichtung und ihrer Mitarbeiter, Erkenntnisse über die Privatsphäre der Betroffenen der befürchteten Art an die Pflegekasse oder an den Medizinischen Dienst zu übermitteln. Die Datenübermittlung, ist vielmehr auf das zu beschränken, worauf nicht verzichtet werden kann, wenn der Pflichtabruf überhaupt eine Bedeutung haben soll. Dies wird noch präzisiert in § 10 des Rahmenvertrages zur ambulanten pflegerischen Versorgung der Spitzenverbände der Pflegekassen und der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Es soll verhindert werden, daß Angehörige der pflegebedürftigen Person Mittel aus der Pflegeversicherung unterschlagen oder nicht sachgerecht verwenden. Nach dieser Vorschrift findet eine Übermittlung von Informationen nur dann statt, wenn der Pflegebedürftige dies wünscht. Das Einverständnis des Pflegebedürftigen wird somit zwingend vorausgesetzt.

Um eine einheitliche Handhabung zu gewährleisten, ist zum Rahmenvertrag als Anlage ein Formular zum Nachweis des Pflegeeinsatzes erstellt worden. Auch das Formular weist eindeutig auf die Freiwilligkeit der Mitteilung über die Versorgungssituation hin und beschränkt die Datenübermittlung auf die Feststellung, daß die Versorgungssituation gesichert ist oder daß der Versicherte mit der Weitergabe einer Mitteilung über seine Versogungssituation nicht einverstanden ist. Die Rechtsgrundlage dieser rahmenvertraglichen Vereinbarung findet sich im Sozialgesetzbuch. In § 75 Abs. 2 Nr. 4 SGB XI hat der Gesetzgeber die Verbände ermächtigt, Regelungen zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege vertraglich zu treffen. Der Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Pflegebedürftigen ist durch § 17 (Datenschutz) dieses Rahmenvertrages sichergestellt. Dort werden die Leistungserbringer einer besonderen Schweigepflicht zum Schutze der Pflegebedürftigen unterworfen. Von der Schweigepflicht ausgenommen sind lediglich die gesetzlich geregelten Angaben. Wenn der Versicherte einer Weitergabe einer Mitteilung nicht zustimmt, kann allerdings der Medizinische Dienst einen Hausbesuch durchführen (§ 18 SGB XI). Dieser kann dabei die Versorgungssituation grundsätzlich neu beurteilen und eine neue Entscheidung durch die Pflegekasse herbeiführen.

Zuletzt geändert:
am 08.02.97

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