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5.2 Bau- und Wohnungswesen

Automatisierter Abruf und Datenübermittlung aus dem Liegenschaftskataster

Am 31. Dezember 1995 sind die Verordnungen über die Benutzung des Liegenschaftskatasters mit Hilfe automatisierter Abrufverfahren (LikaAbrufVO) [88] und über die Abgabe digitaler Angaben aus dem Liegenschaftskataster (LikaAbgabeVO) [89] in Kraft getreten. Damit sind - wenngleich mit einiger Verzögerung - alle im Artikelgesetz von 1993 enthaltenen Verpflichtungen zum Erlaß bereichsspezifischer Rechtsverordnungen erfüllt. Unsere Empfehlungen, die Datenempfänger bzw. Abrufberechtigten, die Übermittlungszwecke sowie die zu übermittelnden Daten im Verordnungstext möglichst konkret zu benennen und zu prüfen, ob stets die Angaben über die Eigentümer, Erbbauberechtigte und andere Personen bei der Übermittlung erforderlich sind [90], wurden von der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen im wesentlichen aufgegriffen und in den Rechtsverordnungen umgesetzt.

Für alle Behörden, sonstigen öffentlichen Stellen und Unternehmen - soweit sie öffentliche Aufgaben erfüllen - kann auf Antrag eine Erlaubnis für die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens zum Abruf von Flurstücks- und Gebäudeangaben erteilt werden. Eine Erlaubnis für den Abruf von Eigentümerangaben kann dagegen nur für die in der Anlage zur Verordnung abschließend genannten Stellen für den dort bezeichneten Verwendungszweck erteilt werden. Weiter setzt die Erlaubnis zum Abruf von Eigentümerdaten voraus, daß die Einrichtung des Verfahrens unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen wegen der Vielzahl der voraussichtlichen Zugriffe oder wegen der besonderen Eilbedürftigkeit angemessen ist [91]. Eine ausführliche Protokollierung jedes Datenabrufes ist verbindlich festgeschrieben. Die Erlaubnis zur Einrichtung des automatisierten Abrufverfahrens ist zu widerrufen, wenn die erforderlichen Datenschutzmaßnahmen nach § 5 BlnDSG nicht getroffen werden [92].

Für die Abgabe von Daten aus dem Liegenschaftskataster auf maschinenlesbaren Datenträgern ist ebenfalls ein differenziertes Verfahren, bei dem auf die Art der zu übermittelnden Daten abgestellt wird, vorgesehen. Danach dürfen Flurstücks- und Gebäudeangaben ohne weitere Voraussetzungen an pauschaliert benannte Stellen - auf deren Antrag - abgegeben werden. Demgegenüber dürfen auch hier Eigentümerangaben nur an die Betroffenen für die Verwaltung ihrer Liegenschaften sowie an die abschließend in der Anlage 1 zur LikaAbgabeVO genannten Stellen abgegeben werden. Auch der Kreis von Datenempfängern, an die die Eigentümerangaben zum Aufbau bzw. zur Aktualisierung von Informationssystem abgegeben werden dürfen, ist abschließend bezeichnet.

Seitenanfang Durch die Differenzierung der verschiedenen Datenarten entsprechend ihrer Sensibilität sowie die darauf abgestimmten unterschiedlichen Voraussetzungen für die Datenübermittlung wird dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen Rechnung getragen. Die konkrete und abschließende Auflistung der Datenempfänger und der Übermittlungszwecke in den Anlagen zu den Verordnungen schafft die erforderliche Transparenz.

Die beiden Rechtsverordnungen setzen die datenschutzrechtlichen Vorgaben vorbildlich um. Die Schaffung von Rechtsverordnungen in anderen Bereichen sollte sich an diesen Beispielen orientieren.

Datenschutzrechtliche Stellung der vom Land Berlin eingesetzten Sanierungsbeauftragten

Das Land Berlin setzt für Sanierungsgebiete nach § 157 Baugesetzbuch (BauGB) Sanierungsbeauftragte ein und beauftragt sie damit, die notwendigen städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen vorzubereiten und durchzuführen. Zu beurteilen war, ob die dabei von den Sanierungsbeauftragten durchgeführte Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung für die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen oder in eigener Verantwortung erfolgt.

Den Sanierungsbeauftragten werden umfangreiche Aufgaben übertragen. Dazu zählen die Durchführung der vorbereitenden Untersuchungen und die Verhandlungen mit den Beteiligten [93]. Sie erörtern mit den Eigentümern, Mietern und sonstigen Sanierungsbetroffenen die erforderlichen baulichen Maßnahmen. Sie sind mit der Durchführung der erforderlichen Befragungen [94], den Vorarbeiten für das Sanierungskonzept [95] bis hin zur Entwicklung von Bebauungsplanentwürfen [96], der Erarbeitung und Fortschreibung des Sozialplanes [97] und der Durchführung von bestimmten Ordnungsmaßnahmen [98] befaßt. Ihre Grenzen findet die Übertragbarkeit der Aufgaben an den Sanierungsbeauftragten dort, wo hoheitliche Befugnisse des Landes Berlin betroffen sind. Eine derartig weitreichende Übertragung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ist daher nicht mehr als Auftragsdatenverarbeitung i.S.d. § 3 BlnDSG anzusehen.

Die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen hat sich dieser Auffassung angeschlossen und wird zukünftig in den mit den Sanierungsbeauftragten zu schließenden Verträgen klarstellen, daß die Sanierungsbeauftragten - soweit sie zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben personenbezogene Daten verarbeiten - als eigenständige und -verant-wortliche datenverarbeitende Stelle i.S.d. § 4 Abs. 3 Nr. 1 BlnDSG handeln. Sie haben die Bestimmungen des Berliner Datenschutzgesetzes zu beachten [99] und unterstehen der direkten Kontrolle des Berliner Datenschutzbeauftragten.

Bekämpfung der Zweckentfremdung von Wohnraum

Gegen einen Vermieter wurde vom Wohnungsamt wegen Wohnungsleerstand ermittelt. Als Nachweis für die Beseitigung des Leerstandes wurde er aufgefordert, Kopien der vollständigen Mietverträge an das Wohnungsamt zu übersenden. Beim Bezirkseinwohneramt hat das Wohnungsamt angefragt, ob die Mieter sich auch tatsächlich angemeldet haben, also der Wohnungsleerstand auch tatsächlich beseitigt wurde.

Von einem anderen Wohnungsamt wurde festgestellt, daß ein Petent seine Wohnung auch gleichzeitig als Geschäftssitz nutzt. Im Rahmen der Prüfung, ob eine Zweckentfremdung von Wohnraum vorlag, hat das Wohnungsamt den Petenten mehrfach vergeblich - allerdings unter der Meldeanschrift seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau - um Stellungnahme gebeten. Die vom Wohnungsamt durchgeführten Ermittlungen führten zu umfangreichen Datenspeicherungen zur Person des Petenten und weiterer unbeteiligter Dritter. In der zur Person des Petenten beim Wohnungsamt geführten Akte befanden sich u.a. ein Auszug aus dem Liegenschaftskataster mit Eigentümernachweisen für das gesamte Wohnhaus, ein Auszug aus dem Wohnungskataster, in dem - ebenfalls das gesamte Haus betreffend - eine Vielzahl von Daten Dritter enthalten war, Anfragen an das Bezirkseinwohneramt zur Klärung der Meldeverhältnisse des Petenten und seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau sowie ein Schriftwechsel mit der Deutschen Post AG über die vergebliche Zustellung von Poststücken an den Petenten unter der Adresse seiner Ehefrau.

In beiden Fällen haben wir einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen festgestellt.

Das Wohnungsamt darf zur Klärung eines bestimmten Sachverhaltes die in § 2 a Zweckentfremdungsbeseitigungsgesetz (ZwBesG) genannten personenbezogenen Daten (von Eigentümern, Verwaltern, beauftragten Rechtsanwälten, Mietern, sonstigen Wohnraumnutzern und Wohnungssuchenden, deren Familienname, Vorname, akademischen Grad, Telefonnummer, gegenwärtige Anschrift sowie die Anschrift, Lage, Fläche, Ausstattung und Nutzungsart der Wohnung) erheben, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist [100].

Dieser Datenkatalog ist abschließend. Die Erhebung und Speicherung darüber hinausgehender Daten (z.B. aus den Mietverträgen die Höhe der Mietkaution bzw. Miete sowie Geburtsdaten der Vertragspartner usw.) ist unzulässig. Die Daten sind grundsätzlich beim Betroffenen selbst und mit seiner Kenntnis zu erheben [101]. Eine Erhebung der Daten bei Dritten - ohne Kenntnis des Betroffenen - (z.B. aus dem Liegenschaftskataster und durch Anfragen beim Bezirkseinwohneramt) ist gemäß § 18 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 ASOG nur zulässig, wenn sie beim Betroffenen selbst nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist, einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde und schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht entgegenstehen oder die Erfüllung der Aufgaben gefährden würde. Keine der genannten Tatbestandsalternativen lag hier vor.

Mit einer Umfrage in den Bezirken untersucht die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen derzeit, inwieweit der Datenkatalog des § 2 a ZwBesG für die Aufgabenerfüllung der Wohnungsämter bei der Bekämpfung der Zweckentfremdung von Wohnraum ausreichend ist bzw. erweitert werden sollte.

Strafurteil für Bewilligung von Wohngeld

Ein Bürger, der zur Zeit als Freigänger eine Haftstrafe in einer Justizvollzugsanstalt verbüßt, hat einen Antrag auf Wohngeld für die von ihm zusammen mit seiner Verlobten bewohnte Wohnung gestellt. Er beschwert sich darüber, daß das Wohnungsamt die Übersendung seines Strafurteiles verlangt, obwohl er bereits eine Haftbescheinigung der Justizvollzugsanstalt vorgelegt hatte, aus der sich das voraussichtliche Haftende entnehmen läßt. Wir konnten zunächst klären, daß nicht das gesamte Strafurteil, sondern nur der Tenor, aus dem sich die Haftstrafe ergibt, für die Antragsbearbeitung vom Wohnungsamt für erforderlich gehalten wird.

Die Datenerhebung wird vom Wohnungsamt auf § 12 Abs. 4 Wohngeldsondergesetz gestützt. Das Wohnungsamt führt dazu aus, daß die Angabe der Haftdauer im Urteil erforderlich sei, um eine eventuell mißbräuchliche Inanspruchnahme von Wohngeld beurteilen zu können.

Das ist unzutreffend. Die vom Petenten vorgelegte Haftbescheinigung ist für diesen Zweck geeignet und ausreichend. Hier ist die konkrete Bemessung des Haftzeitraumes angegeben, während dieser im Strafurteil selbst nur abstrakt benannt ist. Die Formulierung in der Haftbescheinigung "in Haft vom ... bis voraussichtlich ..." ist deshalb sachlich richtig und unvermeidbar, weil eine Haftverkürzung möglich ist. Eine Prognose über eine mögliche Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe im Vorhinein kann nicht abgegeben werden. Sie ist nach den Voraussetzungen der §§ 57, 57 a StGB zu einem späteren Zeitpunkt möglich, so daß die Angabe zur Haftdauer nur eine voraussichtliche sein kann.

Die Angabe der im Urteil aufgeführten Haftstrafe enthält demnach nicht ein Mehr an Informationen, es mangelt ihr vielmehr an der Aussage über den konkreten Haftbeginn. Das Urteil ist nicht geeignet für die hier zu treffende Entscheidung, und durfte zur Vorlage nicht verlangt werden.

Datenerhebungen für kommunales Vorkaufsrecht

Unter bestimmten Voraussetzungen stehen dem Land Berlin kommunale Vorkaufsrechte bei Grundstücksverkäufen zu [102].

Ein Petent hat sich bei uns darüber beschwert, daß ein Bezirksamt von Berlin zur Durchführung des Verfahrens ohne Ausnahme die Vorlage vollständiger Urkundsabschriften der Kaufverträge verlangt, ohne zuvor geprüft und festgestellt zu haben, ob überhaupt ein kommunales Vorkaufsrecht in Betracht kommt.

Dieses Verfahren ist weder erforderlich noch verhältnismäßig.

Zwar hat nach § 28 Abs. 1 BauGB der Verkäufer eines Grundstückes der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrages unverzüglich mitzuteilen. Die Bestimmung ist restriktiv dahingehend auszulegen, daß nur die erforderlichen Inhaltsangaben des Kaufvertrages mitzuteilen sind. Eine Übersendung des vollständigen Inhaltes des Kaufvertrages ist dagegen nicht erforderlich, da für die Prüfung des Bestehens oder Nichtbestehens eines kommunalen Vorkaufsrechtes vertragsunabhängige, objektive Kriterien, die der Gemeinde bekannt oder für sie ermittelbar sind, maßgeblich sind.

Für die Erteilung eines sogenannten Negativ-Zeugnisses ist es ausreichend, wenn der Gemeinde die Tatsache des Kaufes, die Kaufvertragsparteien, die genaue Bezeichnung des Grundstückes und die Tatsache, ob das Grundstück bebaut oder unbebaut ist, mitgeteilt werden. Erst wenn die Gemeinde aufgrund dieser Informationen feststellt, daß grundsätzlich ein Vorkaufsrecht besteht und nicht auszuschließen ist, daß dieses Vorkaufsrecht tatsächlich ausgeübt werden soll, kann die Vorlage der vollständigen Kaufvertragsurkunde verlangt werden.

Gegen ein derartiges zweistufiges Verfahren spricht nicht, daß in § 28 Abs. 2 BauGB bestimmt ist, daß das Vorkaufsrecht nur in einer Frist von zwei Monaten ausgeübt werden kann. Die zweimonatige Frist beginnt erst zu dem Zeitpunkt, zu dem die Gemeinde aus der Mitteilung des Verkaufsfalles ohne weiteres feststellen kann, was Gegenstand des Kaufvertrages ist. Durch die formblattmäßige Vorkaufsrechtsanfrage wird die Frist dagegen nicht in Gang gesetzt.

In Bayern wird dieses zweistufige Verfahren bereits seit mehreren Jahren angewandt. Die dortigen Erfahrungen haben gezeigt, daß es auch mit einem geringeren Arbeitsaufwand für die Gemeinden verbunden ist, da diese für ihre Entscheidung, ob die Voraussetzungen für ein kommunales Vorkaufsrecht gegeben sind, Daten erhalten, die bereits vom Verkäufer nach einheitlichen Vorgaben aufgearbeitet worden sind. Dadurch werden überflüssige Aktenvorgänge bereits im Vorfeld vermieden.

Wir haben die Bezirksämter aufgefordert, das Verfahren entsprechend zu ändern.

Zugriff auf Bauakten

Mehrfach wurde uns im vergangenen Jahr die Frage gestellt, unter welchen Voraussetzungen andere Behörden (z.B. das Amt für Umweltschutz oder die Denkmalschutzbehörde), aber auch private Dritte (z.B. Nachfolger des Bauherren, Alteigentümer, Forscher) Einsicht in Bauakten nehmen dürfen, die bei den Bauaufsichtsämtern der Bezirke lagern. Die Einsichtnahme durch Alteigentümer in den östlichen Bezirken wird noch dadurch kompliziert, daß es dort ein eigenständiges Gebäudeeigentum gibt und der Gebäudeeigentümer häufig nicht damit einverstanden ist, daß der Grundstückseigentümer Informationen über ihn den Bauakten entnimmt und zu Maßnahmen gegen den Gebäudeeigentümer verwendet.

Die Rechtslage in diesem Bereich stellt sich als sehr unübersichtlich dar. Das beruht auch darauf, daß die Bauaufsichtsämter ihre Bauakten ständig um neue Unterlagen, die in Bezug auf das jeweilige Gebäude entstehen, ergänzen. Damit sind Bauakten zu historischen Gebäuden, die später verändert werden, praktisch nie abgeschlossen. Sie werden aus diesem Grund häufig auch nicht dem Landesarchiv angeboten, wie es das Archivgesetz des Landes Berlin an sich vorschreibt, weil das Bauaufsichtsamt auf diese Akten möglicherweise auch vor Ablauf der archivrechtlichen Sperrfristen noch zugreifen will.

Zunächst ist zwischen Unterlagen in Bauakten zu unterscheiden, die jünger als 30 Jahre sind, und solchen Unterlagen, die vor 30 Jahren und früher entstanden sind. Soweit noch keine 30 Jahre seit Entstehung der jeweiligen Unterlagen vergangen sind, findet das Berliner Datenschutzgesetz mit den sonstigen bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften im Landesrecht, insbesondere dem ASOG, Anwendung. Die Übermittlung an andere Ordnungsbehörden ist dann zulässig, wenn die Daten zur rechtmäßigen Erfüllung ordnungsbehördlicher Aufgaben erforderlich sind (§ 44 Abs. 1 ASOG). Dies trifft für die Auswertung von Bauakten durch die Denkmalschutzbehörde zu. Auch wenn die in Bauakten enthaltenen personenbezogenen Daten vordergründig zunächst nicht zum Zwecke des Denkmalschutzes erhoben worden sind, zumal das betreffende Gebäude häufig erst nach einer bestimmten Zeit die Denkmalseigenschaft erwirbt, sind die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege nach dem Denkmalschutzgesetz Berlin in die städtebauliche Entwicklung, Landespflege und Landesplanung einzubeziehen und bei öffentlichen Planungen und Maßnahmen angemessen zu berücksichtigten. Insofern verfolgt die Denkmalschutzbehörde bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben (vgl. § 11 Nr. 6 OrdZG i.V.m. Denkmalschutzgesetz Berlin) die gleichen Zwecke wie die Baugenehmigungsbehörde, die die Bauakte ursprünglich angelegt hat. Die Erhaltung und der Schutz des Gebäudes schließen sich an seine Genehmigung und Errichtung an.

Sind dagegen 30 Jahre und mehr seit Entstehung der jeweiligen Unterlage in den Bauakten vergangen, ist das Archivgesetz des Landes Berlin sinngemäß auch auf dezentral bei den Bau- und Wohnungsaufsichtsämtern in den Bezirken lagernde Bauakten anzuwenden. Nach Ablauf von 30 Jahren seit Entstehung werden die entsprechenden Bauakten bzw. deren Teile Archivgut im Sinne des Landesarchivgesetzes. Es gelten dann für die Nutzung die Sperrfristen dieses Gesetzes. Auch für die Auswertung von so alten Bauakten für wissenschaftliche Zwecke gilt statt des Berliner Datenschutzgesetzes das Archivgesetz. Zu Lebzeiten der betroffenen Personen dürfen deren Daten nur mit ihrer Einwilligung Dritten zugänglich gemacht werden. Nach dem Tod der Betroffenen bedarf die Nutzung des Archivguts bis zum Ablauf von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen. Ist der Todestag der Betroffenen nicht bekannt, endet die Schutzfrist 90 Jahre nach der Geburt. Ist auch der Geburtstag nicht bekannt, endet die Schutzfrist 70 Jahre nach der Entstehung der Unterlagen. Vor Ablauf dieser Fristen dürfen auch öffentliche Stellen des Landes Berlin, also z. B. die Denkmalschutzbehörde oder das Bauaufsichtsamt, in dem die Unterlagen entstanden sind und lagern, diese nicht ohne weiteres nutzen.

Allerdings können die Archive der bezirklichen Bau- und Wohnungsaufsichtsämter diese Schutzfristen verkürzen, wenn und soweit dies im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Dies ist in der Regel dann gegeben, wenn die Person oder der historische Vorgang, auf die in dem gesperrten Archivgut Bezug genommen wird, von besonderer oder exemplarischer Bedeutung für die Erforschung der Geschichte oder das Verständnis der Gegenwart ist. Dies wird man entsprechend auch auf historisch bedeutsame Baudenkmäler anwenden können.

Auch ohne Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses ist die Verkürzung der Sperrfristen zulässig, wenn die Betroffenen oder - falls sie verstorben sind - ihre Angehörigen eingewilligt haben. Kann die Einwilligung nicht eingeholt werden, ist eine Verkürzung nur zulässig, wenn durch geeignete Maßnahmen gegenüber dem Nutzer sichergestellt ist, daß die schutzwürdigen Belange der Betroffenen nicht beeinträchtigt werden. Dies bedeutet, daß vor Ablauf der archivrechtlichen Sperrfristen Auskünfte an Dritte aus Bauakten regelmäßig nur in anonymisierter Form gegeben werden dürfen. Die Übermittlung personenbezogener Daten aus diesen älteren Bauakten an die Denkmalschutzbehörde ist dagegen nicht geeignet, schutzwürdige Belange zu beeinträchtigen, so daß an sie im erforderlichen Umfang auch vor Ablauf der Schutzfristen personenbezogene Auskünfte gegeben werden dürfen, nicht jedoch an private Dritte.

Eine uneingeschränkte Bauakteneinsicht durch den Nachfolger des Bauherren oder Grundstückseigentümers ist erst dann möglich, wenn sämtliche archivrechtlichen Sperrfristen abgelaufen sind oder wenn die Betroffenen, deren Informationen sich in den Bauakten befinden, eingewilligt haben. Solange diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, sind jeweils nur differenzierte (anonymisierte) Auskünfte und Einsichten zulässig.

Soweit die jeweilige Bauakte noch nicht älter als 30 Jahre und deshalb kein Archivgut ist, gilt für die Akteneinsicht durch am Verfahren Beteiligte zudem das Verwaltungsverfahrensgesetz mit der Folge, daß personenbezogene Daten nur dann eingesehen werden dürfen, wenn eine Abwägung durch die Behörde ein überwiegendes Interesse des Einsicht Begehrenden gegenüber dem ergibt, dessen Daten offenbart würden.

Zusätzlich ist der Anspruch auf Information nach § 4 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes zu berücksichtigen. Der Umweltbegriff wird hier weit ausgelegt [103]. Dieser Anspruch auf Information kann durch Erteilung einer Auskunft, Akteneinsicht oder in sonstiger Form erfüllt werden. Der Anspruch besteht allerdings nicht, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden. Häufig werden die Belange der Bauherren, Architekten, Voreigentümer oder Besitzer nicht entgegenstehen, weil sie mit dem Grundstück nicht mehr befaßt sind. Andererseits können in den Akten enthaltene Daten über Zwangsmaßnahmen gegen Personen, Bußgeldbescheide oder ähnliche Unterlagen durchaus deren schutzwürdige Interessen berühren. Solche Unterlagen wären dann aus den Akten zu entfernen, bevor sie zur Einsichtnahme bereitgestellt werden. Auch ist der Betroffene, also der, dessen Daten offenbart werden sollen, zuvor anzuhören.

Auch der Grundstückseigentümer kann in dem beschriebenen Umfang ein Einsichtsrecht haben, wenn auf seinem Grundstück fremdes Gebäudeeigentum steht. Bei den erforderlichen Interessenabwägungen ist einerseits sein gesteigertes Interesse aufgrund seiner Eigentümerstellung zu berücksichtigen. Andererseits ist auch das gesteigerte Interesse des Gebäudeeigentümers zu berücksichtigen: Eventuelle Unterlagen über Ordnungsmaßnahmen gegen diesen in der Vergangenheit bergen naturgemäß ein verstärktes Risiko in sich, daß der Grundstückseigentümer sich dieser Informationen bedient, um den Gebäudeeigentümer von seinem Grundstück zu entfernen (soweit dies rechtlich unter den besonderen in den östlichen Bezirken geltenden Bedingungen zulässig ist).

Insgesamt ist die datenschutzrechtliche Situation hinsichtlich der Bauakten und Bauarchive allerdings so unzureichend, daß wir vorgeschlagen haben, die Bauordnung um normenklare gesetzliche Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten in Bauakten zu ergänzen, die dort bisher fehlen. Die Antwort der Bauverwaltung steht noch aus.

Zuletzt geändert:
am 08.02.97

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