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4.2 Multimedia

Die Einführung digitalisierter Übertragungsverfahren im Medienbereich eröffnet neue Möglichkeiten für das Angebot von Telekommunikationsdiensten. Wurde zunächst mit der Umstellung auf ISDN der Telefondienst digitalisiert, so werden gegenwärtig auch Verfahren zur digitalen Übertragung von Rundfunk- und Fernsehdiensten entwickelt und eingeführt.

Während bei herkömmlichen analogen Übertragungsverfahren der Umfang des Angebotes durch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Frequenzen begrenzt war, wird in Zukunft durch den Einsatz von Multiplex- und Kompressionsverfahren ein Vielfaches an Kanälen zur Verfügung stehen. Auf der Übertragungsebene wird durch die Digitalisierung die Übertragung beliebiger Informationen über eine einheitliche Netzinfrastruktur möglich; die traditionelle Bindung verschiedener Medien an unterschiedliche Netze (z.B. Telefonnetz, besondere Datenübertragungsnetze und das Kabelfernsehnetz) ist damit technisch nicht mehr notwendig. Gleichzeitig findet eine Integration verschiedener Informationsformen (Text, Sprache, Stand- und Bewegtbilder) unter einheitlichen Benutzeroberflächen statt.

Diese Entwicklungen haben unter den Schlagworten "Datenautobahn", "Multimedia" und "Interaktive Dienste" im Berichtszeitraum eine erhebliche Publizität erlangt. Zwar sind die Begriffe noch unscharf, doch lassen sich bereits jetzt einzelne Angebote identifizieren, mit deren flächendeckendem Angebot in naher Zukunft gerechnet werden muß. Diesen Diensten ist gemeinsam, daß bei ihrer Nutzung Daten über das Mediennutzungsverhalten des Betroffenen in bisher nicht bekanntem Ausmaß anfallen können.

Telekommunikationsdienste und Medienangebote waren bisher überwiegend dadurch gekennzeichnet, daß Informationen für eine unbestimmte Anzahl von Nutzern verbreitet werden, wobei der Veranstalter oder Anbieter keine Rückmeldung erhält, wer welche Angebote in Anspruch genommen hat (sogenannte "Verteildienste"). Hier war es für den Betroffenen möglich, Informationsangebote wahrzunehmen, ohne sich dem Anbieter gegenüber identifizieren zu müssen. Ein Beispiel hierfür ist die terrestrische Ausstrahlung von Fernsehprogrammen.

Im Gegensatz dazu stehen "vermittelte" Dienste, bei denen der Nutzer für die Inanspruchnahme eines bestimmten Informationsangebotes Gebühren zu entrichten hat (z.B. der deutsche Bildschirmtext/T-Online-Dienst). Bei diesen Diensten fallen in der Regel für Abrechnungszwecke Verbindungsdaten darüber an, wer welche Angebote in Anspruch genommen hat. Die Einführung von Multimediadiensten wird aller Voraussicht nach zur Folge haben, daß zahlreiche Informationsangebote, die gegenwärtig als Verteildienste ausgestaltet sind, zukünftig als vermittelte Dienste angeboten werden (dies gilt insbesondere für die derzeit im Rahmen des Pilotprojekts "Interaktive Videodienste" von der Telekom in Berlin erprobten Dienste) [53].

Seitenanfang Bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Systeme würde es in Zukunft in zahlreichen Fällen daher nicht mehr möglich sein, einzelne Informationsangebote anonym, also ohne Preisgabe der eigenen Identität, wahrzunehmen.

Dies könnte zur Speicherung von personenbezogenen Daten über das Konsum- und Medienverhalten des Einzelnen in bisher nicht bekanntem Ausmaß führen. Es würden detaillierte Informationen z. B. darüber vorliegen, wer wann welche Fernsehsendungen gesehen hat, wer welche Artikel aus der elektronischen Zeitung oder ähnlichen Medienangeboten abgerufen hat, wer welche Abrufe in kommerziell verfügbaren Datenbanken getätigt hat und wer welche Konsumangebote außerhalb des Medienbereiches (z.B. "elektronische Kaufhäuser") in Anspruch genommen hat. Gleichzeitig liegt auf der Hand, daß die Anbieter derartiger Telekommunikationsdienstleistungen ein großes Interesse daran haben müssen, im Hinblick auf die Optimierung ihrer eigenen Programmangebote möglichst detaillierte und umfassende Daten über die einzelnen Nutzer ihrer Dienste zu erheben und zu verarbeiten.

Aus Sicht des Datenschutzes kommt es daher entscheidend auf die Ausgestaltung der Nutzungs- und Abrechnungsverfahren bei solchen Diensten an. Es ist zu fordern, daß auch weiterhin die anonyme Nutzung von Informations- und sonstigen Dienstleistungsangeboten möglich sein muß, selbst wenn diese gebührenfrei sind. Darüber hinaus sind geeignete Verfahren mit anonymen Abrechnungsmöglichkeiten bei gebührenpflichtigen Angeboten zu entwickeln.

Grundsätzlich sollte die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Systembetreiber und Programmanbieter auf ein möglichst geringes Maß reduziert werden. Nicht für die Erbringung eines Dienstes erforderliche Daten dürfen gar nicht erst erhoben werden. Gleichzeitig müssen die verbleibenden zu verarbeitenden personenbezogenen Daten einem strengen Zweckbindungsgebot unterworfen werden, das eine Verwendung der Daten für andere Zwecke als die Erbringung der gewünschten Dienstleistung explizit ausschließt.

Diese Auffassung habe ich bei einer Anhörung des Bundestagsausschusses für Post- und Telekommunikation am 20. September 1995 zu "Multimedialer Kommunikation" in Bonn vertreten. Im gleichen Sinne habe ich mich auch auf eine Anfrage der Senatskanzlei, die das Land Berlin in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Multimedia" vertritt, geäußert.

Pilotprojekt "Interaktive Videodienste Berlin"

Am 15. Februar 1995 hat das Multimedia-Pilotprojekt "Interaktive Videodienste Berlin" der Deutschen Telekom AG als bisher einziges von insgesamt sechs in Deutschland geplanten Pilotprojekten den Betrieb aufgenommen. Die angeschlossenen fünfzig Teilnehmer bestehen zur Hälfte aus Privathaushalten, die übrigen Terminals sind an öffentlich zugänglichen Plätzen (z.B. in Kaufhäusern) und in der öffentlichen Verwaltung installiert. Auch der Berliner Datenschutzbeauftragte nimmt am Pilotprojekt teil.

Die angebotenen Informationen sind auf einem von der Telekom betriebenen Video-Server gespeichert. Für die Übertragung an die Teilnehmer wird das Kabelnetz der Telekom benutzt. Dabei wird ein sonst nicht genutzter Frequenzbereich ("Hyperband") verwendet, der in fünfzig Kanäle aufgeteilt ist. Jeder Kanal ist eindeutig einem Teilnehmer zugeordnet. Bei den Teilnehmern ist eine "Set Top Box" installiert, die die über das Kabelnetz empfangenen Signale zur Wiedergabe auf dem Fernsehgerät dekodiert und dekomprimiert. Die SetTop Box ist durch eine Chipkarte gegen unbefugte Benutzung gesichert. Für den "Rückkanal" - d.h. die Übertragung von Signalen vom Teilnehmer zur Telekom - wird in Berlin das Telefonnetz genutzt. An anderen Standorten im Bundesgebiet sollen verschiedene andere Rückkanaltechniken wie das Breitbandkabelnetz oder sogar Glasfaserkabel eingesetzt werden. Der Benutzer kann das System durch eine Fernbedienung beeinflussen.

Zu den bisher angebotenen Diensten gehören:

  • Video on Demand: Ermöglicht den jederzeitigen Abruf entgeltpflichtig angebotener Filme. Dabei kann der Film wie auf einem Videorecorder vor- und zurückgespult werden.
  • Near Video on Demand: Auch hier kann der Benutzer unter einem bestimmten Angebot von Filmen auswählen, diese werden jedoch nur in bestimmten Zeitabständen (z.B. alle fünfzehn Minuten) gestartet. Hier sollen ebenfalls Gebühren für das Ansehen des einzelnen Films erhoben werden.
  1. Pay per Channel: Hier wird für einen bestimmten Zeitraum (z.B. für einen Monat) das Programm eines bestimmten Fernsehsender angemietet. Derartige Angebote sind bereits jetzt - wenn auch in einer anderen technischen Realisierung - verfügbar.
  2. Home-Shopping: Ermöglicht den Einkauf verschiedener Waren bei verschiedenen Anbietern "vom Wohnzimmersessel aus". Die Bestellungen werden an die Versandhäuser weitergegeben und dort bearbeitet.
    • Pay-Radio: Einzelne Radioprogramme werden für einen bestimmten Zeitraum gemietet.

Daneben besteht das Pilotprojekt aus zahlreichen Informationsangeboten, die so unterschiedliche Bereiche wie Öffnungszeiten von Stellen der Berliner Verwaltung bis hin zu Kleinanzeigen abdecken. An dem Pilotprojekt sind neben der Telekom öffentliche und private Rundfunksender und andere Unternehmen aus dem Medienbereich beteiligt.

Ziel des Pilotprojekts in der gegenwärtigen Phase ist in erster Linie die Erkundung verschiedener Möglichkeiten zur technischen Realisierung derartiger Dienste. Der Berliner Datenschutzbeauftragte hat sich entschlossen, an dem Pilotversuch teilzunehmen, um bereits bei der Entwicklung solcher Technologien auf eine Berücksichtigung des Datenschutzes zu dringen.

Die aus unserer Sicht zentrale Gestaltung der Abrechnungsverfahren ist bislang noch völlig offen. Das liegt vordergründig daran, daß im Berliner Pilotprojekt alle Angebote gebührenfrei sind. Aber auch der Umstand, daß jeder Tastendruck der einzelnen Teilnehmer an diesem Projekt anschlußbezogen registriert wird, ist allenfalls für die jetzt zu Ende gehende Versuchsphase, nicht aber für den späteren flächendeckenden Echtbetrieb akzeptabel. Notwendigkeit ist eine datenschutzfreundliche Gestaltung der Nutzung und Abrechnung derartiger Dienstleistungsangebote.

Unterdessen ist zwischen dem Datenschutzbeauftragten der Telekom, dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und den Landesdatenschutzbeauftragten derjenigen Länder, in denen Pilotprojekte der Telekom stattfinden, ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch vereinbart worden.

Zuletzt geändert:
am 08.02.97

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