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Anlage 4

4. Sonderbericht zur Präzisierung und Erweiterung des Informationsverarbeitungs gesetzes Berlin im Auftrag des Unterausschusses "Datenschutz" des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

In den Jahresberichten 1991 (Abschnitt 2.1) und 1992 (Abschnitt 6.2) hatten wir darauf hingewiesen, daß das Informationsverarbeitungsgesetz Berlin durch weitere Regelungen ergänzt werden sollte, die sich aus dem extensiven Ausbau der Informationstechnik in der Berliner Verwaltung und den damit verbundenen Risiken für die informationelle Selbstbestimmung und der Abhängigkeit der Verwaltungen von der Verfügbarkeit und Integrität der Systeme ergeben.

Diese Ausführungen aus dem Jahresbericht 1992 waren Gegenstand der Sitzung des Unterausschusses "Datenschutz" des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin am 2. Juni 1994. Dort wurden von uns konkret folgende Punkte als regelungsbedürftig angesehen:

(1) Rechtlicher Rahmen für die berlinweiten IuKInfrastrukturen (MAN in Verbindung mit SAZ/LAZ und das ISDNSprachkommunikationsnetz der Berliner Verwaltung);

(2) gesetzliche Grundlage für das LIT sowie die angestrebte neue Rechtsform;

(3) Organisation des IuKEinsatzes und der Durchführung von IuK Projekten in der Berliner Verwaltung;

(4) Rechtsgrundlagen für die Erhebung von Abrechnungsdaten, insbesondere bei privaten Telefongesprächen und anderer

privater Nutzung der Kommunikationsinfrastrukturen;

(5) datenschutzrechtliche Einordnung und Festlegung besonderer Sicherheitsbedingungen bei der Wartung und Fernwartung von IuKSystemen (einschließlich der ISDNNebenstellenanlagen);

(6) rechtliche Präzisierung der Rahmenbedingungen beim Outsourcing (insbesondere bei der Verarbeitung von Daten, die besonderen Berufsgeheimnissen oder sogar Offenbarungsverboten unterliegen);

(7) Ausweitung der Pflicht zur RisikoAnalyse und der Erstellung von Sicherheitskonzepten auf alle Projekte zur Verarbeitung personenbezogener Daten;

(8) Schaffung einer Rechtsgrundlage für personenbezogene Daten, die systembedingt beim Betrieb von IuKTechnik anfallen.

Der Unterausschuß beschloß in Absprache mit der Senatsverwaltung für Inneres und uns, daß dem Jahresbericht 1994 unsere mit der Senatsverwaltung für Inneres abgestimmte Auffassung zu den noch offenen Fragestellungen in Form eines Sonderberichts als Anlage beigefügt werden solle.

Seitenanfang Die Abstimmung erfolgte in der Weise, daß wir der Senatsverwaltung für Inneres in einem Schreiben die o.g. Punkte dargestellt und begründet haben. Die Antwort der Senatsverwaltung war dann auf Referentenebene Gegenstand einer ausführlichen Besprechung.

1. Rechtlicher Rahmen für die berlinweiten IuKInfrastrukturen

Das in Planung und Erprobung befindliche neue, hochleistungsfähige Verwaltungsnetz (Metropolitan Area Network MAN) in Verbindung mit dem Konzept eines zentralen Service und Administrationszentrums (SAZ) sowie das neue ISDNSprachkommunikationsnetz der Verwaltung werden die behördenübergreifende Datenkommunikation erheblich fördern und verstärken. Den damit zu erwartenden Begehrlichkeiten zur Überwindung der verfassungsrechtlich gebotenen informationellen Gewaltenteilung stehen rechtliche Schranken mit dem Berliner Datenschutzgesetz gegenüber. Die Probleme der informationstechnischen Sicherheit sind in einer sorgfältigen Bedrohungs und RisikoAnalyse in Verbindung mit einem ITSicherheitskonzept erfaßt worden.

Obgleich für die fachbehördenspezifische Datenkommunikation rechtliche Schranken vorliegen, ist für die Bürokommunikation (Mailing, Dokumentenaustausch, Informationsverbreitung) mit einer Intensivierung in erheblichem Umfang zu rechnen, die die Informationsbeziehungen zwischen den Stellen der Berliner Verwaltung gravierend verändern werden, ohne daß abzusehen ist, ob die rechtliche Regelungen dafür ausreichen oder überhaupt steuernd eingreifen.

Mit den zentralen Eingriffsmöglichkeiten in die Administration und Wartung der lokalen Systeme können neue Abhängigkeiten für die Behörden und öffentlichen Stellen des Landes Berlin entstehen. Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, daß die wesentlich verstärkten Kommunikationsmöglichkeiten der Verwaltung

nicht nur Entscheidungsprozesse der Verwaltung zugunsten einer erhöhten Bürgerfreundlichkeit beschleunigen und verbessern, sondern auch die Position der Verwaltung gegenüber dem Bürger durch effizientere Kontrollmöglichkeiten verstärken;

das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative nicht nur durch effizientere Möglichkeiten zur Unterrichtung des Parlamentes bestimmt wird, sondern unter Umständen auch durch Störungen des Informationsgleichgewichtes zwischen Regierung und Parlament zugunsten der Exekutive. Dieses träfe dann das in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Berliner Datenschutzgesetz (BlnDSG) definierte Schutzziel des Datenschutzes in Berlin.

Wegen dieser möglichen politischen Konsequenzen des neuen Verwaltungsnetzes halten wir es für erforderlich, die neuen Kommunikationsinfrastrukturen der Verwaltung, die Beschränkungen und Möglichkeiten ihrer Nutzung, ihre Administration, aber auch Maßnahmen zur Vorbeugung unerwünschter Nebenwirkungen auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Eine wissenschaftliche Untermauerung durch eine fundierte Technologiefolgenabschätzung, die über die ITSicherheit hinausgeht, halten wir insoweit für sinnvoll.

Die Senatsverwaltung für Inneres vertritt dagegen die Auffassung, daß für die grundlegenden datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen die geltenden Bestimmungen des Berliner Datenschutzgesetzes vorerst ausreichen. Ob weitergehende einschlägige Regelungen als Gesetz oder untergesetzliche Bestimmungen erforderlich seien, könne jetzt noch nicht entschieden werden, denn die übergreifende Kommunikationsinfrastruktur Berlins sei erst im Entstehen. Es sei abzuwarten,

wieweit während der Anfangsphase von MAN und SAZ/LAZ bei detaillierter Beachtung und Anwendung aller einschlägigen Regeln aus dem Berliner Datenschutzgesetz und der Informationsverarbeitungsgesetz überhaupt Regelungsdefizite erkennbar würden,

was aus Plänen für eine Änderung des Berliner Datenschutzgesetzes würde,

wie sich die Ziele der bevorstehenden Verwaltungsreform in Richtung der Deregulierung auswirken,

bis Regelungen gemeinsam mit den anderen beiden deutschen Stadtstaaten falls dort überhaupt beabsichtigt vorgenommen werden können.

Die wissenschaftliche Untermauerung durch fundierte Technologiefolgenabschätzungen wird zwar im Prinzip begrüßt. Einer für sinnvoll erachteten Kooperation des MANBetreibers LIT zum Beispiel mit der Technischen Universität stünde die aktuelle Haushaltssituation entgegen, denn auch diese Institutionen seien gehalten, für derartige Begleituntersuchungen Geld zu fordern.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß in diesem Punkt ein Konsens mit der Senatsverwaltung für Inneres noch nicht erzielt werden konnte. Es bleibt die Frage offen, was zu geschehen hat, wenn sich die von uns erwarteten Regelungsdefizite nach Realisierung von MAN und SAZ/LAZ ergeben. Im ungünstigsten Falle liefe eine so versäumte Vorsorge auf die zeitweilige Einschränkung oder gar Stillegung des Netzes hinaus. Die vorgebrachten Einwände zeigen darüberhinaus Widersprüchlichkeiten auf:

Einerseits steht die Inbetriebnahme des MAN einschließlich des Service und Administrationszentrums (SAZ) konkret und unmittelbar bevor, andererseits soll die Erfüllung außerordentlich vager zumindest, was den Zeitrahmen angeht Bedingungen abgewartet werden. Nachfragen in den anderen Stadtstaaten haben im übrigen ergeben, daß mit dem MAN vergleichbare Verwaltungsnetze dort noch nicht geplant sind.

Einerseits werden trotz der angespannten Haushaltslage große Investitionen für die IuKInfrastruktur getätigt, andererseits soll die ansonsten begrüßte begleitende Technologiefolgenabschätzung an eben diesen Haushaltsrestriktionen scheitern.

2. Rechtliche Grundlage für das LIT

Es ist beabsichtigt, die Rechtsform des Landesamtes für Informationstechnik (LIT) zu verändern. Dies setzt eine Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Damit könnten datenschutzrechtliche Probleme gelöst werden, die bisher das LIT daran hinderten, die personenbezogenen Daten seiner eigenen Mitarbeiter für Abrechnung und Kostenrechnung für seine Dienstleistung zu verarbeiten. Wir gehen davon aus, daß mit der gesetzlichen Regelung zur Änderung der LITRechtsform auch Regelungen zum zukünftigen Zusammenwirken zwischen Verwaltung und LIT getroffen werden. Aus datenschutzrechtlicher Sicht bleiben die Regelungen von § 3 BlnDSG zur Auftragsdatenverarbeitung bei Beibehaltung einer öffentlichrechtlichen Rechtsform gegenüber der alten Situation unberührt.

Die Senatsverwaltung für Inneres bestätigt, daß eine in der Diskussion befindliche neue Rechtsform des LIT, vorzugsweise als Anstalt des öffentlichen Rechts, gegebenenfalls durch ein Errichtungsgesetz die notwendige gesetzliche Grundlage erhalten würde. Dies würde aber wohl nicht mehr als den Errichtungssatz, eine kurze Aufgabenbeschreibung und die Klärung der künftigen Beziehungen zur restlichen Berliner Verwaltung enthalten.

In diesem Punkt besteht Konsens. Der von uns derzeit gesehene Regelungsbedarf für das LIT würde bei Umsetzung der Vorstellung der Senatsverwaltung für Inneres abgedeckt werden.

3. Organisation des IuKEinsatzes und Abwicklung von IuKProjekten

Die Organisation des IuKEinsatzes und der Durchführung von IuKProjekten in der Berliner Verwaltung und die Verantwortungsverteilung dabei waren in der Vergangenheit Gegenstand verwaltungsinterner Regelungen (ADVGrundsätze) oder Regelungsversuchen (IuKGrundsätze, Entwürfe für ein IuKGesetz). Möglicherweise hat das Fehlen eines Organisationsgesetzes nach dem Muster einiger anderer Bundesländer auch dazu geführt, daß die verwaltungsinternen Regelungen häufigen Änderungen ausgesetzt waren. Dies hatte nach unseren Beobachtungen zur Folge, daß eine konsequente Befolgung der jeweils aktuellen Regelungen nicht überall durchgesetzt werden konnte.

Im Rahmen des Projektes BROSiA sollen Erkenntnisse zur DVOrganisation und der Organisation der Anwendungsentwicklung gewonnen werden, die dann in der Verwaltung umgesetzt werden sollen. Wir würden es begrüßen, wenn die Umsetzung in verbindlicherer Form geschähe als bisher, etwa im Rahmen gesetzlicher Bestimmungen im IVG.

Auf die erhofften Ergebnisse des Projektes BROSiA verweist auch die Senatsverwaltung für Inneres. Allerdings bezweifelt sie auch hier die Zweckmäßigkeit gesetzlicher Regelungen, weil dies dem Deregulierungsgedanken widersprechen und dem Abgeordnetenhaus die ständige Anpassung eines Gesetzes an neue technische und organisatorische Bedingungen abverlangen würde. Stattdessen sei beabsichtigt, generelle Grundsätze als Verwaltungsvorschriften und darauf aufbauend rascher zu modernisierende Richtlinien über die Organisation der Datenverarbeitung, die Anwendungsentwicklung, die technischen Mindest und Rahmenbedingungen und die Sicherheit zu erarbeiten.

In inhaltlicher Hinsicht besteht über die Regelungsgegenstände Konsens. Wie auch die Senatsverwaltung für Inneres bedauern wir allerdings die erhebliche Verzögerungen im Projekt BROSiA, die sich aus Störungen in der Zusammenarbeit mit einer externen Beraterfirma ergeben haben. Die Konkretisierung der Inhalte steht daher noch aus.

Wir erhoffen uns jedoch, daß die BROSiAStudie Ansätze erkennen lassen wird, auf welche Weise ein gesetzlicher Rahmen für die IuKEntscheidungen und Entwicklungen im Lande geschaffen werden kann, der einerseits die IuKPolitik einschließlich der ITSicherheitspolitik auf absehbare Zeit gegen extreme Richtungswechsel stabilisiert und andererseits selbst stabil in bezug auf die absehbare technische Entwicklung ist. Die sich durch den absehbaren technischen Fortschritt oder die Entwicklung der Einsatzorganisation dieser Technik ergebenden Anpassungen des Regelwerkes sollten in der Tat nur auf der Ebene von Verwaltungsvorschiften erfolgen.

4. Abrechnung von Kommunikationskosten

Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten zur Abrechnung der privaten Nutzung von Telekommunikationsdiensten speziell von privaten Telefonaten bedarf nach § 6 Abs. 1 BlnDSG einer gesetzlichen Grundlage. Hierzu liegen uns bereits Denkansätze aus der Senatsverwaltung für Inneres vor, wonach dies im Rahmen des IVG geregelt werden sollte.

Die Senatsverwaltung für Inneres geht davon aus, daß die Einführung einer automatisierten Erhebung von Gebührendaten für die private Nutzung gem. § 34 Abs. 2 BlnDSG i.V.m. § 28 BDSG auch nach der gegenwärtigen Rechtslage ohne bereichsspezifische Regelung möglich ist.

Für den Fall, daß man hier § 6 BlnDSG für anwendbar hielte, verweist die Senatsverwaltung für Inneres darauf, daß § 6 BlnDSG nach dem augenblicklichen Erkenntnisstand noch in der laufenden Legislaturperiode geändert werden soll.

Es besteht insoweit Konsens, daß die automatische Erfassung von personenbezogenen Gebühren- Daten zur Abrechnung der privaten Nutzung von Telekommunikationsdiensten von dienstlichen Geräten derzeit noch keine bereichsspezifische Rechtsgrundlage hat.

Wir halten jedoch § 34 Abs. 2 BlnDSG in diesem Falle nicht für anwendbar, weil die Abrechnung der privaten Nutzung von Telekommunikationsdiensten nicht frühere, bestehende oder künftige dienst oder arbeitsrechtliche Rechtsverhältnisse betrifft.

Ansätze zur Ergänzung des Informationsverarbeitungsgesetzes um eine entsprechende Regelung, die uns aus der Senatsverwaltung für Inneres bereits bekannt geworden sind, halten wir für angemessener als eine pauschale Abkehr vom im Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts verlangten und mit § 6 BlnDSG konsequent umgesetzten Prinzip, daß Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht einer expliziten und normenklaren Rechtsgrundlage bedürfen, wenn die Einwilligung des Betroffenen nicht vorliegt.

5. Wartung und Fernwartung

Bei der Wartung und Fernwartung von IuKSystemen handelt es sich um Vorgänge, bei denen personenbezogene Daten an Dritte offenbart werden können, ohne daß die Einordnung als Datenübermittlung oder Auftragsdatenverarbeitung eindeutig möglich ist. Zwar wird gemeinhin davon ausgegangen, daß Wartung und Fernwartung als Auftragsdatenverarbeitung anzusehen sind; dies läßt aber außer acht, daß der Auftrag zur Wartung oder Fernwartung nicht die Verarbeitung personenbezogener Daten umfaßt. Die Offenbarung solcher Daten ist in gewissen Grenzen oft unvermeidlich, jedoch wenn möglich zu begrenzen. Es liegt jedenfalls kein expliziter Auftrag zur Verarbeitung solcher Daten vor, vielmehr muß der Auftrag u.a. regeln, daß die Verwendung personenbezogener Daten so weit wie möglich zu vermeiden ist, insbesondere bei der Fernwartung.

In Ermangelung eindeutiger Regelungen betrachten auch wir Wartung und Fernwartung als Datenverarbeitung im Auftrag. Dies hat zur Folge, daß bei Wartung und Fernwartung durch private Unternehmen die Regelungen von § 3 Abs. 4 BlnDSG Anwendung finden. Dies bedeutet, daß die mit der Wartung betrauten Firmen vertraglich zusichern müssen, daß sie sich dabei nach dem Berliner Datenschutzgesetz richten und der Kontrolle des Berliner Datenschutzbeauftragten unterwerfen.

Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Frage der Rechtmäßigkeit der Fernwartung und Wartung medizinischer IuKSysteme, wenn dabei personenbezogene Daten offenbart werden, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Dabei spielt die rechtliche Einordnung der Wartung oder Fernwartung keine Rolle, da der Offenbarungstatbestand auch bei der Bereitstellung von personenbezogenen Daten für die Auftragsdatenverarbeitung erfüllt ist.

Die Senatsverwaltung für Inneres sieht die beschriebenen Einordnungsprobleme und erkennt an, daß es für Fernwartung und Wartung von ITSystemen mit Bezug zu personenbezogenen Daten bisher keine eindeutige Regelung gibt.

Wir stimmen mit der Senatsverwaltung für Inneres darin überein, daß bei der gegenwärtigen Rechtslage grundsätzlich die gesetzlichen Regelungen zur Datenverarbeitung im Auftrag analog angewendet werden sollten. Wir würden es allerdings nach wie vor bevorzugen, wenn durch eine Sonderregelung im Informationsverarbeitungsgesetz Wartung und Fernwartung einen besonderen Status erhielten. Dadurch ergäbe sich die Möglichkeit, die besonderen datenschutzrechtlichen Fragestellungen dabei klar zu regeln und der Inflationierung von Auftragsverhältnissen entgegenzuwirken, bei denen sich private Unternehmen dem Berliner Datenschutzgesetz und der Kontrolle durch den Berliner Datenschutzbeauftragten unterwerfen müssen.

6. Outsourcing

Ähnliche Probleme treten bei der Auftragsdatenverarbeitung von Daten auf, die besonderen Berufsgeheimnissen unterliegen (ärztliche Schweigepflicht, Steuergeheimnis usw.). Da der Trend zum "Outsourcing" auch in der öffentlichen Verwaltung Berlins verstärkt zu beobachten ist, besteht nach unserer Auffassung ein zusätzlicher Regelungsbedarf über § 3 BlnDSG hinaus, damit zur Zulässigkeit bzw. zu den Voraussetzungen solcher OutsourcingProjekte bei Daten, die dabei nicht offenbart werden dürfen, verbindliche Regelungen geschaffen werden.

Die Senatsverwaltung für Inneres betont, daß das ITOutsourcing auf dem Weg zur "schlanken Verwaltung" noch an Bedeutung gewinnen wird, wenn sich die Verwaltung auf ihre "Kernaufgaben" konzentrieren will, indem sie Teil, Unterstützungs bzw. Assistenzfunktionen an prädestinierte Dienstleister überträgt. Sie erkennt gesetzlichen Regelungsbedarf an und befaßt sich daher sehr ausführlich mit diesem Punkt.

Sie trifft zunächst die Unterscheidung zwischen dem Outsourcing durch Funktionsübertragung und der Auftragsdatenverarbeitung i.S. von § 3 BlnDSG. Im ersten Falle werden Aufgaben und Geschäftszwecke der Verwaltung ganz oder teilweise an Outsourcingnehmer übertragen. Dabei durchzuführende Datenverarbeitung dient dem Zweck der Aufgabenerfüllung, stellt aber selbst keinen eigenständigen Zweck dar. In diesem Falle wird der Outsourcingnehmer nicht als Auftragnehmer der Datenverarbeitung i.S. von § 3 BlnDSG tätig, sondern ist selbst datenverarbeitende bzw. speichernde Stelle. Die Senatsverwaltung für Inneres ist sich einerseits der Tatsache bewußt, daß eine Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs gemäß § 13 BlnDSG in der Regel ausgeschlossen ist, sieht aber andererseits durch § 2 Abs. 1 a.E. BlnDSG ausdrücklich sichergestellt, daß auch Personen des privaten Rechts dem Berliner Datenschutzgesetz unterworfen sind.

Anders ist die Situation bei der Auftragsdatenverarbeitung. Durch die damit verbundene zusätzliche Offenbarung von Daten an weitere Personen und Organisationen und durch die geringere Transparenz des Verbleibs der Daten, insbesondere, wenn der Auftragnehmer weitere Unterauftragnehmer einschaltet, entstehen datenschutzrechtliche Risiken, die mit der rein zivilrechtlichen Absicherung durch vertragliche Garantien und Vereinbarungen zur Unterwerfung unter das Berliner Datenschutzgesetz vor allem dann nicht ausreichend abgedeckt werden, wenn die Daten besonderen Amts oder Berufsgeheimnissen unterliegen. Der Umfang des Datenschutzes hängt dann von der rechtlichen Ausgestaltung des OutsourcingVertrages ab. Eine Ausnahme besteht dabei für Sozialdaten, für die in § 80 SGB X spezielle Regelungen getroffen wurden.

Die Senatsverwaltung für Inneres verneint die Möglichkeit, Outsourcing für besonders sensible Daten generell zu verbieten, weil dies die betroffenen Behörden in Ausnahmesituationen unflexibel macht und ihnen zum Beispiel die Teilnahme an Netzdiensten versagen würde. Sie sieht theoretisch zwei Lösungswege:

  • Schaffung einer SollVorschrift, nach der bei besonders schutzbedürftigen Daten die Datenverarbeitung im Auftrag durch private Auftragnehmer grundsätzlich unterbleiben soll (vergleichbar mit Ziff. 3.3 der Vollzugsbekanntmachung zu Art. 3 Bayerisches Datenschutzgesetz oder § 4 Landesdatenschutzgesetz RheinlandPfalz).
  • Einbeziehung privater Outsourcingnehmer in den Adressatenkreis der für den öffentlichen Bereich geltenden Datenschutzgesetze, so daß der Verwaltung größere Spielräume bei der Ausgestaltung der Outsourcingverträge belassen blieben. Dieser Ansatz könne allerdings wegen der Gesetzgebungskompetenzen nur durch den Bund verfolgt werden.

Die "SollVorschrift" wäre zwar leicht umsetzbar, würde aber die Betätigungsfreiheit im Rahmen der Umstrukturierung der Verwaltung einschränken und die Teilnahme von Dienststellen mit besonders schutzbedürfigen Daten an Netzdiensten "grundsätzlich" verhindern, die von privaten Anbietern betrieben werden.

Die Senatsverwaltung für Inneres sieht ebenso das Problem der Amts und Berufspflichten, verweist aber zusätzlich darauf, daß Berlin nicht den Ergebnissen der zur Zeit bundesweit laufenden Diskussion dieser Frage unter den Aufsichtsbehörden für den privaten Bereich vorgreifen sollte.

In diesem Punkt besteht insoweit Konsens mit der Senatsverwaltung für Inneres, daß ein Regelungsbedarf existiert.

Im Unterschied zur Senatsverwaltung für Inneres gehen wir jedoch davon aus, daß eine Funktionsübertragung nur dann mit § 2 Abs. 1 a.E. BlnDSG erfaßt wird, wenn hoheitliche Aufgaben von Privaten, etwa durch Beleihung, wahrgenommen werden. Dies würde bedeuten, daß nicht jede Aufgabenübertragung, z.B. die Organisation von Veranstaltungen oder der Versand von Broschüren, unter § 2 Abs. 1 a.E. BlnDSG fällt.

Klärungsbedarf bestünde bei dieser Lösung auch für die Frage, welche Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten heranzuziehen wäre, wenn die übertragende Verwaltung personenbezogene Daten an das private Unternehmen übermitteln muß, damit der Auftragnehmer seinen Auftrag erfüllen kann. Wir stimmen der Senatsverwaltung für Inneres zu, wenn sie feststellt, daß § 13 BlnDSG, der die Übermittlung an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereiches regelt, die Übermittlung im Normalfall ausschließt.

Dieses Problem müßte auch geklärt werden, wenn mit dem zweiten Lösungsvorschlag für die rechtliche Ausgestaltung der Auftragsdatenverarbeitung bei besonders sensiblen Daten auch Auftragsdatenverarbeiter zum Beispiel in den Geltungsbereich des Berliner Datenschutzgesetzes aufgenommen werden würden.

Der erste Lösungsvorschlag, die SollVorschrift zum grundsätzlichen Verbot des Outsourcing bei besonders schutzbedürftigen Daten, hätte zum Beispiel zur Folge, daß unter den in Abschnitt 5 dargestellten Argumenten die fast immer erforderliche Wartung durch private Unternehmen entweder grundsätzlich verboten oder bereits eine verwässernde Routineausnahme vom grundsätzlichen Verbot wäre. Damit ergäbe sich ein weiteres Argument dafür, Wartung/Fernwartung gesetzlich gesondert zu behandeln.

Inwieweit die Diskussion im "Düsseldorfer Kreis", dem Koordinationsgremium der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im privaten Bereich, Ergebnisse zur Auftragsdatenverarbeitung unter Beachtung der Amts und Berufspflichten erbringt, die auch im öffentlichen Sektor umsetzbar sind, bleibt abzuwarten.

Das Landeskrankenhausgesetz (LKG) regelt jedenfalls abschließend die Fälle, in denen Daten, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, außerhalb des Krankenhauses offenbart werden dürfen. Auftragsdatenverarbeitung, auch Wartung/Fernwartung, gehört nicht dazu. Auch für den Fall, daß einem der Vorschläge der Senatsverwaltung für Inneres gefolgt würde, müßte eine Änderung des LKG erfolgen, die die Offenbarung zu Zwecken der Auftragsdatenverarbeitung unter besonderen Anforderungen an die Sicherung der Vertraulichkeit an Dritte ermöglicht. Erste Erfahrungen mit einem innovationsbereiten Outsourcingnehmer im Krankenhausbereich zeigten, daß es Konzepte geben kann, bei denen Mitarbeiter des Auftragnehmers personenbezogene Daten nicht zur Kenntnis erhalten können. Denkbar wäre es also, die Umsetzung solcher Zielsetzungen gesetzlich vorzugeben.

7. Risikoanalyse

Im Informationsverarbeitungsgesetz Berlin (IVG) wird eine RisikoAnalyse für alle automatisierten Verfahren verlangt, die dem IVG unterfallen. In der Regel sind dies jedoch Verfahren (Textverarbeitung, Bürokommunikation), deren Schutzbedürftigkeit aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht über diejenige der Verfahren herausgeht, für die bereichsspezifische Regelungen gelten oder erforderlich wären und bei denen mehr personenbezogene Daten stärker detailliert und strukturiert verarbeitet werden. Für solche Verfahren existiert keine gesetzliche Forderung nach einer RisikoAnalyse und damit verbunden nach der Erarbeitung von Datenschutz und ITSicherheitskonzepten.

Wir haben daher angeregt, die gesetzliche Forderung nach einer RisikoAnalyse auf alle personenbezogenen Anwendungen und Systeme zu erweitern und zusätzlich die Erstellung von Datenschutz und ITSicherheitskonzepten zu verlangen.

Eine solche Forderung hält die Senatsverwaltung für Inneres für verfrüht. Es gäbe jedenfalls für komplexe Systeme noch keine ausreichenden Erfahrungen mit der Umsetzung von § 4 IVG, der Risikoanalysen für Verfahren der allgemeinen Verwaltungstätigkeit vorschreibt. Sie erhofft sich mehr vom Fortgang des BROSiAProjektes und der einschlägigen Arbeiten des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Das Fazit der Senatsverwaltung für Inneres:

"Statt anzunehmen, daß komplexe Systeme und Netze durch ein vorher zu erstellendes umfassendes Sicherheitskonzept vollständig sicher realisiert werden und alle Sicherheitsmechanismen gewissermaßen vorbeugend eingebaut werden können, nehmen wir jetzt eher an, daß die Risikoanalyse auch eine kontinuierliche Aufgabe in Abhängigkeit von der verfügbaren Technik darstellt, daß also ein besonderer Schwerpunkt auf die fortlaufende Beobachtung der ITSysteme und insbesondere der Netze, ihrer FilterServer sowie der Störungsvorkommnisse auch im Umfeld gelegt werden muß."

Wir stimmen der Senatsverwaltung zu, daß Bedrohungs und Risikoanalysen sowie Sicherheitskonzepte der ständigen Revision und Anpassung an neue Situationen und technische Rahmenbedingungen unterliegen müssen. Auch im ITSicherheitshandbuch des BSI wird die Umsetzung des ITSicherheitskonzepts einschließlich der Risikoanalysen als Daueraufgabe gesehen.

Es muß aber selbstverständlich sein, daß ein fundiertes anfängliches ITSicherheitskonzept umgesetzt sein muß, wenn mit dem sicherheitsbedürftigen ITEinsatz begonnen wird. Dieses anfängliche ITSicherheitskonzept kann dann Ausgangspunkt weiterer Verbesserungen sein. Das ITSicherheitshandbuch des BSI stellt eindeutig klar, daß sein Verfahren auch durchgeführt werden kann, wenn der ITEinsatz erst geplant wird.

Das ITSicherheitshandbuch des BSI bzw. daraus abgeleitete einfachere Verfahren wurden bereits in verschiedenen ITProjekten der Berliner Verwaltung (z.B. MAN, AHW, BASIS, Dialogisierung des Wohngeldverfahrens) vollständig oder partiell, stets aber nutzbringend, angewendet. Hier liegen mittlerweile ausreichende, und in der Summe positive Erfahrungen vor, insbesondere, wenn die Analysen von externen Dritten vorgenommen wurden, die auch bei drohendem Finanzbedarf für ihre Bewältigung Risiken offen benannten.

Die fehlenden Erfahrungen mit Risikoanalysen bei Verfahren der allgemeinen Verwaltungstätigkeit können kein Argument dafür sein, entsprechende Methoden bei sicherheitsempfindlichen Infrastruktur und Großanwendungsverfahren nicht gesetzlich abzusichern zumal dort mittlerweile Erfahrungen vorliegen.

8. Systembedingt anfallende personenbezogene Daten

Beim Einsatz von IuKTechnik fallen systembedingt personenbezogene Daten an vor allem Daten von Benutzern. So werden z.B. Dateien in Dateiverzeichnissen Besitzerkürzel zugeordnet, Benutzer sind in Benutzerdateien mit ihren Berechtigungen und Authentifikationsdaten gespeichert, es entstehen benutzerbezogene Protokolle und zwar nicht nur aus datenschutzrechtlichen Gründen, sondern auch im Rahmen des Accounting oder für die Datensicherung. Für solche personenbezogenen Daten muß es nach § 6 Abs. 1 BlnDSG eine Rechtsgrundlage geben. Wir haben bisher § 1 Abs. 2 IVG so ausgelegt, daß die systembedingt erzwungenen personenbezogenen Daten in dieser Vorschrift einbezogen sind, halten es jedoch für unbefriedigend, daß dies erst durch eine Auslegung ermittelt werden kann.

Wir haben daher empfohlen, im IVG eine Rechtsgrundlage für derartige Daten zu schaffen.

Die Senatsverwaltung hält es dagegen nicht für unbefriedigend, daß solche Daten durch Auslegung von § 2 Abs. 1 IVG unter das IVG fallen. Sie verweist darauf, daß in der Begründung des IVG Daten zum Zwecke der Systemverwaltung beim Einsatz von ITSystemen, wie z.B. Daten der Bearbeiter in sogenannten Benutzerdateien mit ihren individuellen Benutzerberechtigungen, als unter das IVG fallend benannt werden.

Wir akzeptieren, daß mit der Klarstellung der Innenverwaltung ein zwingender Bedarf für eine besondere Rechtsgrundlage nicht mehr besteht. Falls jedoch eine Novellierung des IVG erfolgen sollte, würden wir es im Sinne der Normenklarheit begrüßen, wenn eine explizite Berücksichtigung solcher Daten nicht nur in der Begründung einer Vorschrift erfolgt.

Zuletzt geändert:
am 08.02.97

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