Zugleich sollte EUROSTAT zumindestens einen der Selbständigkeit der
Statistischen Ämter in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbaren
organisationsrechtlichen Status erhalten, der die unter dem Gesichtspunkt
der Objektivität und Neutralität gebotenen Eigenständigkeit
bei der Aufgabenerfüllung garantiert. Dies könnte anläßlich
der für 1996 vorgesehenen Revision des Vertrages über die
Europäische Union geschehen.
2. Das mehrjährige statistische Programm sollte nicht wie in Art. 3
vorgesehen von der Kommission beschlossen werden. Die grundlegenden
Entscheidungen über die Bürgerbelastende Datenerhebungen sollten
dem Rat mit Zustimmung des Europäischen Parlaments vorbehalten bleiben.
Dabei sollte der Planungscharakter des Programms in den Vordergrund gestellt
werden.
3. Art. 5 sollte festlegen, daß statistische Einzelmaßnahmen
durch einen Rechtsakt gemäß dem Verfahren nach Art. 189 b EG-Vertrag
angeordnet werden. Dies gilt auch für die statistische Auswertung von
Daten, die bei den administrativen Stellen bereits vorliegen (sog.
Sekundärstatistik). Die im Vorschlag vorgesehene generelle Befugnis
der Kommission, statistische Einzelmaßnahmen zu regeln, ist viel zu
weitgehend.
4. Die in Art. 12 vorgesehene Übertragung der Befugnis zur Organisation
der Verbreitung der statistischen Daten auf die Kommission widerspricht dem
Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 3 b EG-Vertrag, aus dem folgt,
daß grundsätzlich die Mitgliedstaaten nach ihrem nationalen Recht
zur Verbreitung der statistischen Daten zuständig sind. Ferner sollte
in Art. 12 festgelegt werden, daß an Stellen außerhalb der
statistischen Gemeinschaftsdienststelle nur nicht-vertrauliche statistische
Daten übermittelt werden dürfen.
5. Der in Art. 13 gegenüber der Definition in der
EG-Übermittlungsverordnung 1588/90 neu definierte Begriff "statistische
Geheimhaltung" muß präzisiert werden. Dazugehört insbesondere,
daß festgelegt wird, unter welchen Voraussetzungen statistische Daten
vertraulich sind und nicht nur als vertraulich gelten. Dies gilt um so mehr,
als im Verordnungsvorschlag dieser Begriff nicht nur in Art. 13, sondern
auch in Art. 9 Abs. 2 - allerdings mit einem anderen Begriffsinhalt - definiert
wird. Der Begriff "statistische Geheimhaltung" sollte an einer Stelle in
der Verordnung und so definiert werden, daß er Art. 2 Nr. 1 der
EG-Übermittlungsverordnung 1588/90 und damit den derzeit geltenden
nationalen Begriffsbestimmungen entspricht. Dies stände auch im Einklang
mit dem Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 3 b EG-Vertrag.
6. Gemäß dem Grundsatz der Subsidiarität sollte - ebenso
wie die Befugnis zur Verbreitung statistischer Ergebnisse (Art. 11 Abs. 1)
- auch die Festlegung der Zuständigkeit für die Durchführung
der statistischen Einzelmaßnahmen (Art. 7) den Mitgliedstaaten
überlassen bleiben.
7. Auch die in Art. 16 vorgesehene generelle Zugangsregelung einzelstaatlicher
Stellen und der Gemeinschaftsdienststelle zu Registern der Verwaltung
widerspricht dem Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 3 b EG-Vertrag.
Dieser gebietet hier, daß - jedenfalls grundsätzlich - die
Mitgliedstaaten zu bestimmen haben, in welcher Weise sich die für die
Erstellung der Gemeinschaftsstatistiken zuständigen nationalen Stellen
Daten beschaffen. Damit ist aber nicht zu vereinbaren, daß auch Stellen
der Kommission unmittelbar Zugang zu nationalen Verwaltungsregistern haben
sollen.
Ferner bleibt unklar, ob die nach Art. 16 erhobenen Daten Erhebungs- oder
Hilfs-merkmale sein sollen. Im übrigen darf über Art. 16 ein Zugang
zu solchen personenbezogenen Daten, die nach nationalem Recht einer besonderen
Geheimhaltung, z. B. dem Steuer- oder auch dem Sozialgeheimnis unterliegen,
nicht eröffnet werden.
8. Die Regelung des Art. 17 ist mißglückt. Allem Anschein nach
soll hier eine weitgehende Ausnahmeregelung von der statistischen Geheimhaltung
zugunsten von For-schungsinstituten, einzelner Forscher und von für
die Erstellung von Nicht-Gemeinschaftsstatistiken zuständigen Stellen
vorgesehen werden, die die Möglichkeit eröffnet, die in diesem
Bereich geltenden strengeren nationalen Regelungen zu umgehen. Außerdem
würde von der für EUROSTAT geltenden EG-Übermittlungsverordnung
1588/90 abgewichen werden. Art. 17 sollte deshalb so gefaßt werden,
daß die nationalen Zugangsregelungen für Einrichtungen mit der
Aufgabe der unabhängigen wissenschaftlichen Forschung nicht umgangen
werden können.
9. Der Vorschlag der Kommission sieht weder eine alsbaldige Trennung und
Aufbewahrung von Erhebungs- und Hilfsmerkmalen noch eine alsbaldige
Löschung personenbezogener Hilfsmerkmale vor. In der Bundesrepublik
Deutschland dagegen gehören entsprechende Regelungen (vgl. § 12
BStatG) zum Kernbereich des Statistikrechts. Im Volkszählungsurteil
hat das Bundesverfassungsgericht ihnen grundrechtssichernde Bedeutung
beigemessen.
10. Schließlich fehlt es für die Organe der Europäischen
Union noch immer an einer unabhängigen und effektiven
Datenschutzkontrollinstanz, an die sich jeder wenden kann, wenn er der Ansicht
ist, bei der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch Stellen der
Europäischen Union in seinen Rechten verletzt zu sein.
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