Anlage 2.10
Beschluß der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes
und der Länder auf ihrer 48. Sitzung
Fehlende bereichsspezifische gesetzliche Regelungen bei der
Justiz
Obwohl seit dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts mehr
als 10 Jahre vergangen sind, werden im Bereich der Justiz sensible
personenbezogene Daten nach wie vor ohne die vom Bundesverfassungsgericht
geforderten bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlagen erhoben und verarbeitet.
Statt dessen sind in den letzten Jahren in zunehmendem Maße automatisierte
Verfahren neu eingesetzt worden. Die Eingriffe in das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung stützen die Justizverwaltungen auf die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zum sog. Übergangsbonus.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder weisen im Hinblick
auf die kommende Legislaturperiode den Bundesgesetzgeber erneut darauf hin,
daß gesetzliche Regelungen im Bereich der Justiz überfällig
sind. Dabei ist nicht die jeweils geübte Praxis zu legalisieren, sondern
es muß vorab unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten geprüft
werden, welche Form der Datenerhebung und -verarbeitung in welchem Umfang
erforderlich ist. Der zur Zeit dem Bundesrat vorliegende Entwurf eines
Strafverfahrensänderungsgesetzes beispielsweise wird datenschutzrechtlichen
Anforderungen in keiner Weise gerecht.
Im Bereich der Justiz fehlen ausreichende gesetzliche Regelungen für
die
- Datenverarbeitung im Strafverfahren, insbesondere in automatisierten Dateien,
- Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Strafvollzug,
- Übermittlung von Daten aus den bei Gerichten geführten Registern
(z.B. Grundbuch) und deren Nutzung durch die Empfänger,
- Datenübermittlung von Amts wegen durch Gerichte und Staatsanwaltschaften
an Gerichte, Behörden und sonstige öffentliche Stellen
(Justizmitteilungsgesetz)
- Aufbewahrung von Akten, Karteien und sonstigen Unterlagen sowie die Dauer
der Speicherung in automatisierten Dateien.
Eine Berufung auf den sog. Übergangsbonus auf unbegrenzte Zeit steht
nicht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts. Die Datenschutzbeauftragten halten es deshalb
zum Schutz des Rechts des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung
für geboten, wegen der mit der Datenerhebung, Verarbeitung und Nutzung
verbundenen Rechtseingriffe in der neuen Legislaturperiode unverzüglich
bereichsspezifische Regelungen der materiellen Voraussetzungen sowie der
organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen zu schaffen, welche
der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Bürgers
entgegenwirken.
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