Informationsmaterial zum Datenschutz
Homepage

Wir über Uns
Berlin
National
Europäische Union
International
Recht
T.O Maßnahmen
Aktuelles
Kontrolle
Materialien
Service
Themen

4.6.4 Statistik

Europäische Statistik - Datenschutz mangelhaft

Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag über eine EG-Statistikverordnung vorgelegt. Die datenschutzrechtliche Entwicklung bei der EU hat mit dem Aufbau der Europäischen Statistik keineswegs Schritt gehalten. So werden nationale datenschutzrechtliche Grundsätze und Standards des Statistikrechts weitgehend nicht berücksichtigt. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder unterstützten nachdrücklich einen Beschluß des Bundesrates 141, der diese Mängel bloßlegt, und fordern, daß die Bundesregierung entsprechende Bedenken gegen diesen Vorschlag geltend macht.

Insbesondere ist eine selbständige und unabhängige Stellung des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften (EUROSTAT) nicht gewährleistet. Nur eine solche Stellung kann die für die amtliche Statistik unabdingbaren Grundsätze von Objektivität und Neutralität sichern. In dem Vorschlag ist vorgesehen, daß das statistische Programm von der Kommission beschlossen wird. Grundlegende Entscheidungen über die Bürger belastende Datenerhebungen sollten jedoch dem Rat mit Zustimmung des Europäischen Parlaments vorbehalten bleiben. Auch wird eine generelle Befugnis der Kommission, statistische Einzelmaßnahmen einschließlich der Verpflichtung, vorhandene Daten an EUROSTAT zu übermitteln, als zu weit gehend kritisiert. Dem Grundsatz der Subsidiarität widerspricht die vorgesehene Übertragung der Befugnis zur Organisation der Verarbeitung der statistischen Daten auf die Kommission. Grundsätzlich sollten nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten die Mitgliedstaaten nach ihrem nationalen Recht zur Verarbeitung der statistischen Daten zuständig sein.

Die Möglichkeit der Übermittlung vertraulicher statistischer Daten an Stellen außerhalb des Statistischen Amtes der EG widerspricht dem Gebot der Abschottung. Nicht hinreichend klar ist die Abgrenzung vertraulicher und nicht vertraulicher Daten. Desweiteren fehlt eine Regelung zur Trennung und Aufbewahrung von Erhebungs- und Hilfsmerkmalen sowie der alsbaldigen Löschung personenbezogener Hilfsmerkmale, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland zum Kernbereich des Statistikrechts gehört. Sieht man diese Mängel in Zusammenhang mit nach wie vor fehlenden unabhängigen und effektiven Datenschutzkontrollinstanzen für die Organe der Europäischen Union, wird die Problematik noch deutlicher. Einerseits sieht sich die deutsche Statistik auch im Interesse ihrer eigenen Akzeptanz beim Bürger im Land erheblicher datenschutzrechtlicher Schranken und Begrenzungen gegenüber, andererseits sollen diese Schranken auf der Ebene der Europäischen Union für faktisch gleiche Datenbestände weitgehend außer Kraft gesetzt werden.

Seitenanfang
Prüfung des Statistischen Landesamtes

Eine Kontrolle der technischen und organisatorischen Maßnahmen bei Personalcomputern sowie der eingesetzten Netz- und Großrechnertechnik im Statistischen Landesamt führte zu recht unterschiedlichen Ergebnissen. Während die Maßnahmen zum Datenschutz bei dem Einsatz der Personalcomputer unzureichend waren, fiel die Bewertung bei Großrechner- und Netztechnik besser aus.

Obwohl die Historie im Statistischen Landesamt eine wichtige Rolle zu spielen scheint, ("das haben wir schon immer so gemacht") erfordert der Einsatz moderner Rechner- und Kommunikationstechnologie auch moderne technische und organisatorische Schutzmechanismen.

Insbesondere benötigen vernetzte Einzelplatzrechner verstärkte Sicherheitsmechanismen. Im Statistischen Landesamt wurde nur auf einem Teil der PCs eine Datenschutzsoftware vorgefunden. Die Installation war dabei nur mangelhaft durchgeführt worden, so daß die wesentlichen Schutzmechanismen nicht installiert oder aktiviert waren. So war auf allen PCs für die Anwender ein ungehinderter Betriebssystemzugang oder der Zugang zum Diskettenlaufwerk möglich.

Auf keinem der PC's, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, wurde eine hinreichende Eingabekontrolle nach § 5 Abs. 3 Nr. 7 BlnDSG durchgeführt. In Einzelfällen war zwar die Protokollfunktion der Datenschutzsoftware aktiviert, jedoch wurden nur Login-Versuche im Ringmodus protokolliert, d.h. nach einer bestimmten Anzahl von Protokollereignissen werden die ersten Ereignisse überschrieben.

Bei allen kontrollierten PC's war eine ungenügende Datenträgersicherung, -verwaltung und -organisation festzustellen. Immerhin war eine Kennzeichnung von Datenträgern durch die Aufschrift "Statistisches Landesamt Berlin" zeitweilig vorgenommen worden. Allerdings ist dies mittlerweile eingestellt worden. Die Vollständigkeit und Authentität der Datenträger kann daher nicht mehr überwacht werden. Wegen des umfangreichen internen Datenträgeraustausches sollte aber durch die Verwendung gekennzeichneter und katalogisierter Disketten einer Systemgefährdung durch unbefugte Entnahme, Verwendung oder Einbringung von Disketten vorgebeugt werden.

In mehreren Räumen fanden wir Datenträger, die zwar gekennzeichnet waren, jedoch offen herumlagen und auch zum Feierabend nicht weggeschlossen wurden, obwohl die Raumreinigung nicht oder nicht immer unter Aufsicht der Mitarbeiter stattfindet. Ein Laptop wurde in einem unverschlossenen Schreibtisch aufbewahrt; er enthielt personenbezogene Echtdaten zu Testzwecken für eine Datenbankprogrammierung. Die Vertraulichkeit dieser Daten war angesichts des erhöhten Diebstahlrisikos eines Laptop besonders gefährdet, abgesehen davon, daß die Verwendung personenbezogener Daten für Testzwecke gem. § 11 Abs. 4 Satz 3, 2. Halbsatz BlnDSG ohnehin unzulässig ist.

Das Auffinden eines Schlüssels auf einem Türrahmen ermöglichte den Zugang in ein Dienstzimmer, in dem ein verlassener, jedoch eingeschalteter PC vorgefunden wurde. An diesem mit Hard- und Software besonders gut ausgestatteten PC wurden zwar keine personenbezogenen Daten verarbeitet, die mangelhafte Zugangskontrolle kann jedoch Risiken für die anderen am Netz angeschlossenen Rechner bedeuten, da über diesen Rechner der Zugang an das Netz möglich ist.

Fast sämtliche PCs sind über ein Netzwerk mit dem Rechnerverbund des Landesamtes und einem Rechner des LIT verbunden. Auf diesen Hauptrechnern werden die wesentlichen Statistikanwendungen bearbeitet. Die PC's dienen einerseits dem Zugriff auf Daten dieser Rechner und andererseits der weiteren Aufbereitung der Ergebnisse.

Die Kopplung der unterschiedlichen Systeme ermöglicht nicht nur das interaktive Arbeiten auf den verschiedenen Systemen, sondern auch den Austausch von Dateien untereinander. Prinzipiell ist jede Datei, für die eine Zugriffsberechtigung existiert, auf einen PC übertragbar und ablegbar. Die Kontrolle darüber, was kopiert werden kann, ist also abhängig von den Benutzerprofilen der Großrechner. Eine Protokollierung findet nicht statt.

Die Systemadministration und Sicherheit der Hauptrechner wurde positiv bewertet. Dies ist in erster Linie den vorhandenen Sicherheitsmechanismen der eingesetzten traditionellen Systeme zu danken. Proprietäre Systeme bieten immer noch ein wesentlich höheres Sicherheitsniveau als die "modernen" Client-Server-Systeme. So ist in dem Betriebssystem VMS bereits ein Security-Management System enthalten, das es erlaubt, alle verfügbaren Ressourcen durch die Vergabe von dedizierten Zugriffsrechten zu schützen. Sämtliche sicherheitsrelevanten Ereignisse wurden protokolliert. Auch das auf dem Rechner im LIT eingesetzte Betriebssystem MVS mit der Datenschutzsoftware TopSecret bietet einen hohen Sicherheitsstandard.

Die hier festgestellten Mängel sind organisatorischer Natur:

Das Landesamt nutzt das Rechenzentrum des LIT als Datenverarbeitung im Auftrag3 BlnDSG). Es existieren jedoch weder vertragliche Vereinbarungen, noch wurde bisher eine vom LIT vorgegebene Servicevereinbarung abgeschlossen. Auch eine Dokumentation hinsichtlich der Schnittstellen zwischen StaLa und LIT existiert nicht. Zur Rechtfertigung wurde auf die historisch gewachsene Zusammenarbeit zwischen beiden Dienststellen verwiesen. Das Fehlen revisionsfähiger und verbindlicher Weisungen zur Auftragsdatenverabeitung verstößt gegen § 33 Abs. 2 BlnDSG.

Auch in den anderen Fällen, in denen externe Stellen Aufgaben des Landesamt durchführen, wie z.B. bei der Datenerfassung oder der Vernichtung der Erfassungsbelege, konnten uns keinerlei Verträge vorgelegt werden.

Problematisch ist die Verfahrensweise, daß in den Fachreferaten diejenigen Mitarbeiter, die Auswertungsprogramme erstellen, auch gleichzeitig "Herren der Daten" sind. Auf diese Weise ist kaum mehr zu kontrollieren, ob die programmierten Auswertungen dem tatsächlichen Arbeitsauftrag entsprechen. Die fehlende Funktionentrennung widerspricht auch der Pflicht zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Datenverarbeitung (§ 19 Abs. 1 BlnDSG). So ist eine Kontrolle bezüglich der Einhaltung von § 88 Abs. 1 BlnDSG (Datengeheimnis), bzw. § 18 LStatG und § 21 BStatG (Reidentifizierungsverbot) kaum möglich. Wir haben daher eine strikte personelle und datenmäßige Trennung von Verfahrensentwicklung und -anwendung mit entsprechenden Freigabeverfahren empfohlen.

Volkszählungsboykotteure - für immer gespeichert?

Auch die Computer der Bußgeldstelle des Statistischen Landesamtes wurden geprüft. Dabei fanden wir eine Datei mit fast 4700 Datensätzen von Volkszählungsverweigerern. Die Datensätze enthielten neben dem Namen, der Straße und Hausnummer, dem Geschlecht und der Postleitzahl den Nachweis der zugestellten Mahnungen und der Bußgeldbescheide und endeten mit dem Datum der Verfahrenseinstellung (in der Regel 1990) auf Grundlage von Gnadenerlassen. Neben dieser Datei existierte auch eine manuelle Datei mit tausenden von Mahnvorgängen anläßlich der Volkszählung 1987. Nachfragen ergaben, daß im Archiv des Statistischen Landesamtes überdies tausende von durch Begleichung oder Begnadigung erledigten Bußgeldvorgängen über einen Zeitraum von ca. 8 Jahren aufbewahrt werden. Mit Ausnahme der Kassenbelege, die nach Haushaltsrecht aufzubewahren sind, gibt es sowohl für die Aufbewahrung der Computerdatei als auch für die Kartei der Volkszählungsverweigerer und den sonstigen in den Akten vorhandenen Schriftverkehr kein Erfordernis mehr. Das Vorhalten dieser Daten entbehrt überdies einer Rechtsgrundlage. Dies wurde von uns beanstandet. Das Landesamt hat die beanstandeten Dateien inzwischen gelöscht.

Immer noch Gesetzesmängel

Das Statistische Landesamt war auch 1994 gezwungen, die Bevölkerungsstatistik aufgrund einer datenschutzrechtlich äußerst bedenklichen gesetzlichen Grundlage durchzuführen. Die vergangene Legislaturperiode des Bundestages ging ohne die von den Datenschutzbeauftragten angemahnte Novellierung des Gesetzes über die Bevölkerungsstatistik zu Ende.

Wegen Fristablauf ist 1995 auch das Mikrozensusgesetz durch den Bundesgesetzgeber neu zu fassen. Ein Arbeitsentwurf ist geprägt von einer erheblichen Ausweitung des Merkmalkataloges, einer weitgehenden Reduzierung der bislang freiwillig erhobenen Merkmale, einer Erweiterung des Stichprobenumfangs und einer Verkürzung der Periodizität der Erhebung einer Reihe von Merkmalen. So sieht der Entwurf beispielsweise eine Verfünffachung der mit Auskunftspflicht erhobenen Merkmale im Komplex Tourismus vor. Dies würde zu einer wesentlichen Vertiefung des mit dem Mikrozensus verbundenen Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht verbunden sein. Die Innenverwaltung teilte unsere Auffassung und machte diese auf Bundesebene geltend. Im Ergebnis wurde der Arbeitsentwurf in dieser Form nicht für akzeptabel erklärt und zur Überarbeitung empfohlen.

Schulung tut not

Eine Reihe von statistischen Erhebungen (wie der Mikrozensus und die Wohnungsstichprobe 1993) werden mit Hilfe von Interviewern durchgeführt. Jährlich nehmen wir stichprobenhaft an Interviewerschulungen teil und überprüfen, ob die Auswahl der Interviewer, und deren Schulung als besonders zur Geheimhaltung verpflichteten Personen mit der entsprechenden Sorgfalt erfolgt. Dies ist in der Regel der Fall. Ein im vergangenen Jahr aufgetretener Fall unterstreicht die Sorgfaltspflicht des Statistischen Landesamtes.

Ein Interviewer bemühte sich nach Abschluß der Erhebung durch das Statistische Landesamt, zuvor von ihm interviewte Bürger aufgrund seiner durch die statistische Erhebung erlangten Kenntnisse für eine andere wissenschaftliche Befragung zu gewinnen. Das Statistische Landesamt zog die notwendigen Konsequenzen und kündigte das Vertragsverhältnis mit dem Interviewer.

4.6.5 Personalwesen

Wie oben dargelegt 142, stellt das Fehlen landesrechtlicher gesetzlicher Regelungen zur Führung von Personalakten das wesentliche Defizit spezialrechtlicher Regelungen zum Datenschutz in Berlin dar. Derzeit findet die Verarbeitung von Personaldaten wegen einer entsprechenden Verweisung im Berliner Datenschutzgesetz (§ 3434 Abs. 2) ihre Rechtsgrundlage im Bundesdatenschutzgesetz (insbesondere § 28), wobei die Bestimmungen des Beamtenrechtsrahmengesetzes zur Konkretisierung der dort enthaltenen Generalklauseln heranzuziehen sind.

Großzügiger Umgang mit Personaldaten

In einem Berliner Bezirksamt war innerhalb der Abteilung Personal und Verwaltung Streit darüber entstanden, ob dem Rechtsamt zur Erfüllung seiner Aufgaben (u.a. Durchführung von Prozeßvertretung für das Land Berlin) Personalakten von Beschäftigen ausgehändigt werden dürfen.

Dabei verwies das Rechtsamt auf seine Aufgabe, die Abteilung Personal und Verwaltung in Arbeitsstreitigkeiten optimal vertreten zu müssen, woraus zwangsläufig folge, daß der jeweilige Referent zwecks wirksamer Prozeßvertretung Kenntnis von dem gesamten beruflichen Werdegang des Beschäftigten und somit vom kompletten Inhalt der Personalakte haben müsse. Im übrigen sei das Rechtsamt laut Organisationsrecht Teil der Abteilung Personal und Verwaltung, so daß lediglich eine abteilungsinterne Datenübermittlung vorliege und die juristischen Referenten zudem aufgrund ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit einer gesteigerten Schweigepflicht unterlägen.

Maßgebende Rechtsvorschrift für die Beantwortung der Frage, ob und in welchem Umfang Personalakten von der Abteilung Personal und Verwaltung an das Rechtsamt weitergegeben werden dürfen, ist unter den genannten Voraussetzungen § 56 d Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG). Bei der Abteilung Personal und Verwaltung einerseits und dem Rechtsamt andererseits handelt es sich um verschiedene Organisationseinheiten und damit um verschiedene datenverarbeitende Stellen (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 BlnDSG), weil sie funktional verschiedene Aufgaben wahrnehmen.

Nach den genannten Vorschriften ist es zulässig, Personalakten ohne Einwilligung des Betroffenen an Behörden desselben Geschäftsbereichs weiterzugeben, soweit die Vorlage zur Vorbereitung oder Durchführung einer Personalentscheidung notwendig ist. Es ist daher in jedem Einzelfall zunächst zu prüfen, ob die Vorbereitung oder Durchführung einer Personalentscheidung (z.B. Höhergruppierung, Disziplinarverfahren etc.) gegeben ist. Wird diese Frage bejaht, so ist weiterhin zu prüfen, ob die Überlassung der Personalakte an das Rechtsamt im konkreten Fall notwendig ist. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, daß die Personalakten sowohl im dienstlichen als auch im persönlichen Interesse des Beamten einen besonderen Vertrauensschutz genießen, der sich auch auf den Verkehr der Behörden untereinander erstreckt.

Dies bedeutet, daß das Rechtsamt im jeweiligen konkreten Einzelfall darzulegen hat, ob die Überlassung der gesamten Personalakte für eine ordnungsgemäße Prozeßführung erforderlich ist oder ob die Übersendung nur eines Teils daraus hierfür ausreicht. Die Erforderlichkeit ist nur dann zu bejahen, wenn die Kenntnis der Daten notwendig ist, um die Vorbereitung und die Durchführung des Rechtsstreits rechtmäßig, vollständig und in angemessener Zeit erledigen zu können. Dabei wird nicht verkannt, daß im Interesse einer wirksamen Prozeßvertretung die Kenntnis von dem gesamten beruflichen Werdegang des Beschäftigten und somit die Kenntnis des kompletten Inhalts der Personalakte nicht selten erforderlich sein wird. Dies ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen.

Im Zuge eines Verwaltungsstreitverfahrens zwischen einer Berliner Hochschule und einem dort beschäftigten Lehrer wegen Herabsetzung einer Lehrverpflichtung wurde von dem geschäftsführenden Direktor des Instituts der vollständige anwaltliche Schriftsatz an einen Kollegen des Beschäftigten mit der Bitte um Stellungnahme weitergeleitet.

Die Erforderlichkeit der Datenübermittlung war hier zu verneinen. Bei Vorgängen, die Rechtsstreitigkeiten aus dem Beamten- oder Arbeitsverhältnis betreffen und somit nicht der Personalakte im materiellen Sinne zuzuordnen sind, finden die Vorschriften des § 6 BlnDSG i.V.m. § 2 Abs. 1 Informationsverarbeitungsgesetz (IVG) Anwendung.

Danach dürfen personenbezogene Daten im Rahmen allgemeiner Verwaltungstätigkeit (zu der auch die Durchführung von Rechtsstreitigkeiten gehört) ohne Einwilligung des Betroffenen nur verarbeitet werden, soweit dies für die allgemeine Verwaltungstätigkeit erforderlich ist und schutzwürdige Belange des Betroffenen wegen der Art der Daten, wegen der Art der Verwendung oder wegen ihrer Offenkundigkeit nicht entgegenstehen. Hier hätte es ausgereicht, dem Kollegen des Klägers auszugsweise lediglich die ihn betreffenden Ausführungen zur Stellungnahme zu übersenden.

Ein Bezirksamt nahm ein von der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Miteilungspflichten in Strafsachen (MiStra) übersandtes Urteil eines Strafgerichts wegen Fahrerflucht eines Beschäftigten zu dessen Personalakte, obwohl es sich zum einen um eine Privatfahrt gehandelt hatte und es zum anderen nicht zu seinen beruflichen Aufgaben gehörte, Kraftfahrzeuge zu führen.

Dies war gem. § 34 Abs. 2 BlnDSG i.V.m. §§ 28, 1313 BDSG unzulässig. Nach § 2 Abs. 4 Nr 2 Verwaltungsvorschrift über die Führung der Personalakten der Dienstkräfte des Landes Berlin - Teilregelung (Fn: Anlage zum Rundschreiben Sen Inn 88/1986 vom 03.12.1986) sind Vorgänge oder Vermerke über strafrechtliche oder berufsgerichtliche Verurteilungen, staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren oder sonstige Entscheidungen in einem Straf- oder Ermittlungsverfahren in eine Beiakte aufzunehmen, es sei denn, daß der Gegenstand ein außerdienstliches Verhalten ist und offensichtlich kein Bezug zum Beamten- oder Arbeitsverhältnis besteht.

Aufgrund unserer Intervention räumte die Personalverwaltung ein Fehlverhalten bezüglich der Anlage einer Beiakte ein und entfernte diese aus der Personalakte des Beschäftigten, teilte jedoch gleichzeitig mit, daß nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung - allgemeiner Teil (GGO I) verfügt worden sei, den Vorgang als "Weglegevorgang" gesondert und verschlossen für die Dauer eines Jahres zu archivieren.

Eine weitere Aufbewahrung des Schriftstücks war jedoch ebenfalls unzulässig. Gemäß § 55 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 bzw. § 78 Abs. 1 Nr. 2 GGO I ist "weglegen" dann zu verfügen, wenn der Vorgang wegen seines unwesentlichen Inhalts nicht in den Akten aufbewahrt zu werden braucht. Das in Rede stehende Schriftstück war jedoch keineswegs unwesentlich und hatte darüberhinaus keinen Bezug zu dem zugrunde liegenden Arbeitsverhältnis des Beschäftigten. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 BRRG gehören zur Personalakte alle Unterlagen einschließlich der in Dateien gespeicherten, die den Beamten betreffen, soweit sie mit seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen. Andere Unterlagen dürfen gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 BRRG nicht in die Personalakte aufgenommen werden und sind gem. § 56 e BRRG analog zu vernichten.

Eine weitere Aufbewahrung des Urteils wäre auch gem. § 34 Abs. 2 BlnDSG i.V.m. § 28 BDSG unzulässig, da die Speicherung nicht im Rahmen der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses erfolgte und darüberhinaus unverhältnismäßig war. Gemäß § 3535 Abs. 2 Nr. 1 BDSG sind personenbezogene Daten zu löschen bzw. zu vernichten, wenn ihre Speicherung wie im vorliegenden Fall unzulässig war.

Eine Senatsverwaltung ist an uns mit der Frage herangetreten, inwieweit der Wahlvorstand für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung das Recht hat, von der Personalverwaltung die Privatadressen der Schwerbehinderten zu verlangen, wenn er die schriftliche Stimmabgabe beschlossen hat.

Nach der Schwerbehindertenwahlordnung sind dem Schwerbehinderten vom Wahlvorstand die erforderlichen Unterlagen zu übersenden (§ 11 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 4).

Wenn von der Dienststelle sichergestellt wird, daß die Wahlunterlagen bei Versendung als Dienstpost an die entsprechende Beschäftigungsstelle des Schwerbehinderten diesen in jedem Fall erreichen, so hat der Wahlvorstand kein Recht auf Herausgabe der Privatadresse, da eine Übermittlung nicht erforderlich ist. Ist dies nicht gewährleistet, so besteht ein Anspruch des Wahlvorstandes auf Herausgabe nur insoweit, als alle Schwerbehinderten der Herausgabe der Adresse zustimmen.

Bei Widersprüchen bzw. Widerständen gegen die Weitergabe ist im Wege der Adreßmittlung (Umschläge bzw. Unterlagen werden vom Wahlvorstand geordnet an das Personalamt zwecks Adressierung abgegeben und von dort an die Wahlberechtigten versandt) zu verfahren. Der Schwerbehinderte sollte dann darüber informiert werden, daß die Wahlunterlagen nicht vom Wahlvorstand, sondern vom Personalamt verschickt wurden.

Probleme mit dem Telefon

Ein Mitarbeiter der Berliner Polizei beantragte mit Erfolg eine Geheimnummer für seinen privaten Telefonanschluß, leugnete jedoch gegenüber dem Dienstherrn einen solchen zu besitzen. Nachdem er in verschiedensten Funktionen auf mehreren Dienststellen der Polizei, zuletzt im Führungsstab einer Direktion tätig war, stellte die Dienststelle eine telefonische Anfrage bei der TELEKOM, ob der Beschäftigte einen Telefonhauptanschluß besitzt. Die TELEKOM bejahte dies und teilte die Geheimnummer mit. Die Polizei begründete ihr Vorgehen mit der Notwendigkeit der Aufstellung eines Alarmierungsplans und der schnellen Erreichbarkeit des Bediensteten.

Die Anfrage bei der TELEKOM verstieß gegen § 34 Abs. 2 BlnDSG i.V.m. §§ 28, 13 BDSG. Danach ist das Erheben personenbezogener Daten nur zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der erhebenden Stelle erforderlich ist.

Zwar hat die Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr die erforderlichen Vorbereitungen für die Hilfeleistungen und das Handeln in Gefahrenfällen zu treffen, wozu das Aufstellen von Alarmierungsplänen und die Pflicht gehört, die schnelle Erreichbarkeit nach Dienstschluß auch durch Angabe des privaten Telefonanschlusses zu gewährleisten, soweit ein solcher Anschluß vorhanden ist. Die Tatsache jedoch, daß der Bedienstete Angehöriger des Führungsstabes werden konnte, obgleich er keinen Nachweis über das Vorhandensein eines privaten Telefonanschlusses erbrachte und somit nur persönlich alarmiert werden konnte, belegte, daß die Kenntnis eines (geheimgehaltenen) privaten Telefonanschlusses eben nicht zur Aufgabenerfüllung der Beschäftigungsstelle erforderlich war.

Ein Beschäftigter der Technischen Universität wurde von seinem Vorgesetzen sowie dem stellvertretenden Leiter der Einrichtung in seinem Dienstzimmer aufgesucht und nach dem Namen des Gesprächspartners sowie dem dienstlichen Grund des soeben beendeten Telefonats befragt. Nachdem sich der Beschäftigte geweigert hatte, den Namen des Betreffenden preiszugeben, drückte der stellvertretende Leiter die Wiederholungstaste und las die Telefonnummer vom Display des Telefons ab.

Das eigenmächtige Ablesen der Rufnummer auf dem Display des Telefonapparats des Beschäftigten war unzulässig. Das Grundrecht auf Wahrung des Telefongeheimnisses hat wegen seiner hohen Bedeutung für die Persönlichkeitsrechte auch Auswirkungen auf die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. Nach der Rechtsprechung kommt es dabei nicht darauf an, ob jemand berechtigt die Einrichtung (z.B. Telefon) benutzt. Schutzgut ist das gesprochene Wort. Im übrigen war im vorliegenden Fall der Einsatz von Kommunikationsanlagen auch Gegenstand einer Dienstvereinbarung, in der Verhaltens- und Leistungskontrollen durch Vorgesetzte ausdrücklich ausgeschlossen sind.

Medizinische Daten von Dienstkräften

Bislang war es landesweit üblich, ärztliche Atteste (z.B. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen) den jeweiligen Büroleitungen, Einsatzstellen usw. vorzulegen, die ihrerseits die Atteste dann der personalaktenführenden Stelle übermittelten. Dies war datenschutzrechtlich bedenklich, da durch den Stempelaufdruck des behandelnden Arztes unschwer dessen Fachrichtung erkennbar ist, die Rückschlüsse auf die Art der Erkrankung ermöglicht und breiten Raum zu Spekulationen eröffnet.

Nach längeren Schriftwechseln hat sich die Senatsverwaltung für Inneres unserer Auffassung angeschlossen und verfügt 143, daß der ärztliche Nachweis einer Erkrankung nicht mehr dem jeweiligen Fachvorgesetzten, sondern unmittelbar der Büroleitung oder der personalaktenführenden Stelle zuzuleiten ist, welche den Fachvorgesetzten nur über die voraussichtliche Dauer der Erkrankung in Kenntnis setzt.

In einem Streitfall zwischen dem Personalrat und der Personalabteilung einer Senatsverwaltung über ein amtsärztliches Gutachten im Rahmen des § 77 LBG hat die Senatsverwaltung für Inneres dem Hauptpersonalrat gegenüber die Auffassung vertreten, daß die Dienstbehörden "ganz allgemein daran interessiert sein müssen, möglichst ausführliche ärztliche Stellungnahmen zu erhalten".

Mit der Novellierung des § 77 LBG vom 20.04.1993 ist die Übermittlung des Untersuchungsbefundes an die Dienstbehörde nur in dem eng abgesteckten Rahmen des Absatzes 1 Satz 4 LBG zulässig. Voraussetzung für eine solche Übermittlung durch den untersuchenden Arzt ist zum einen das Vorliegen konkreter Zweifel an dem festgestellten Ergebnis der ärztlichen Beurteilung und zum anderen die Erforderlichkeit der Kenntnisnahme für die von der Dienstbehörde zu treffende Entscheidung unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots.

Insofern ist der Hinweis der Senatsverwaltung für Inneres auf das allgemein bestehende Interesse der Dienstbehörde an der möglichst ausführlichen ärztlichen Stellungnahme datenschutzrechtlich in hohem Maße bedenklich.

Erforderlich, aber auch ausreichend ist die Unterrichtung der Dienstbehörde über die Art der Funktionseinbuße zur Feststellung der Dienstunfähigkeit. Insoweit können Erkenntnisse vom Amtsarzt an die Dienstbehörde übermittelt werden. Hierbei sollte jedoch eine zurückhaltende Formulierung gewählt werden. Ergänzend dazu könnte (möglicherweise spezifiziert für einzelne Arbeitsbereiche) ein Kriterienkatalog entwickelt werden, den der Amtsarzt bei seiner Untersuchung zugrunde legt. Die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses würde damit gleichzeitig das Zutreffen bzw. Nichtzutreffen der einzelnen Kriterien beinhalten. Im übrigen muß auch hier die ausdrückliche Einwilligung eingeholt werden.

Die "Gauckung"

Die Überprüfung der aus dem Ostteil der Stadt übernommenen öffentlichen Bediensteten daraufhin, ob sie hauptamtlich oder inoffiziell für den Staatssicherheitsdienst tätig waren (§ 21 Abs. 1 Ziff. 6 Stasiunterlagengesetz - StUG -), wurde in den Bezirksämtern und den meisten Senatsverwaltungen zu 90 bis 95 % abgeschlossen; damit findet eine in Umfang und Intensität bislang nicht dagewesene Datenerhebungsaktion im öffentlichen Bereich ihr Ende. Ihre Durchführung war von einer Vielzahl von Unsicherheiten begleitet, die vor allem darauf zurückzuführen sind, daß die Schaffung präziser Rechtsgrundlagen für entbehrlich gehalten wurde. Wir haben darüber mehrfach berichtet.

Es wird nunmehr zu beobachten sein, wie mit den angefallen Daten, seien es die von den Bediensteten in den ersten Fragebogenaktionen selbst angegebenen oder die vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit ("Gauck-Behörde") übermittelten Angaben, umgegangen wird.

Im Fall eines positiven Gauck-Bescheides kann es zu einer Kündigung kommen. Dabei erhebt sich die Frage, inwieweit der Personalvertretung ein Recht auf Einsichtnahme in die Personalakte, insbesondere jedoch in die Unterlagen der Gauck-Behörde zusteht, wenn der Betroffene hierzu keine Einwilligung gibt.

Der Gauck-Bescheid enthält Personaldaten und ist auch bei Aufnahme in die Personalakte im materiellen Sinne deren Bestandteil. Die Weitergabe des Bescheides an den Personalrat/Hauptpersonalrat verstößt bei Vorliegen eines Einverständnisses des Beschäftigten nach § 73 Abs. 1 Satz 3 Personalvertretungsgesetz (PersVG) nicht gegen § 29 StUG, da seine Beteiligung zwingend vorgeschrieben ist.

Liegt ein Einverständnis jedoch nicht vor, so ist zu beachten, daß § 73 Abs. 1 Satz 3 PersVG das Recht des Beschäftigten normiert, selbst zu entscheiden, ob er dem Personalrat Einblick in seine höchstpersönlichen Angelegenheiten gestatten will. Insoweit genießt hier das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Beschäftigten Vorrang vor dem Recht des Personalrats auf kollektive Interessenwahrnehmung. In aller Regel wird zwar die einzelne Dienstkraft an einer Vorlage der Personalakten an die Personalvertretung schon deshalb interessiert sein, weil diese sich ein objektives Bild im Zusammenhang mit der beabsichtigten Personalmaßnahme machen kann. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß Personalakten Auskunft über höchstpersönliche Angelegenheiten der einzelnen Dienstkraft geben und daher ein schutzwürdiges Interesse an der Entscheidungsfreiheit über das Einsichtsrecht anerkannt werden muß. Dies muß um so mehr gelten, als es sich bei den Gauck-Unterlagen um hochsensibles und komplexes Aktenmaterial handelt. Hier muß dem Betroffenen die Möglichkeit gelassen werden, selbst zu entscheiden, ob er einem Gremium wie der Personalvertretung den Zugang bzw. Umgang damit gestatten soll oder sich besser zur Wahrnehmung seiner Rechte eines Anwalts bedient.

Verweigert der Betroffene sein Einverständnis, so ist dem Personalrat von der Dienststelle lediglich mitzuteilen, daß ein Bescheid der Gauck-Behörde vorliegt, der die Kündigung nach dem Einigungsvertrag zuläßt. Keinesfalls darf der konkrete Inhalt des Gauck-Bescheides vorgetragen oder gar aus ihm passagenweise zitiert werden.

Fortgeführt wird die Überprüfung von Bediensteten, die nicht aus dem Ostteil der Stadt stammen. An der rechtlichen Zulässigkeit hatten wir Zweifel geäußert 144 und eine Beanstandung ausgesprochen, die der Senat jedoch zurückgewiesen hat.

Auch die Durchführung dieser Überprüfung wies erhebliche Mängel auf: So wurden gedankenlos die gleichen Erhebungsformulare verwendet wie bei Bediensteten aus dem Osten. Von allen in die Überprüfung einbezogenen Bediensteten wurde z.B. die Angabe der Anschriften innerhalb der letzten 10 Jahre verlangt, obwohl die Gauck-Behörde damit gar nichts anfangen konnte. Auch die "Wessis" wurden nach ihrer PKZ gefragt; auf die Freiwilligkeit der Angabe dieses Merkmals 145 wurde nicht hingewiesen. Daß (West-)Berlin gleich der DDR zugeschlagen wurde, war nur das Tüpfelchen auf dem i (Frage nach der früheren Wohnanschriften von West-Berlinern, "wenn diese sich in einem anderen Bezirk der DDR befanden").

Zuletzt geändert:
am 08.02.97

mail to webmaster