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4. Aus den einzelnen Geschäftsbereichen

4.1 Senatskanzlei

Sicherheitsüberprüfungen weiterhin ohne Rechtsgrundlage

Die Zuständigkeit für die Aufsicht über das Landesamt für Verfassungsschutz ging zum 1. Dezember 1994 auf den Regierenden Bürgermeister über. Damit wurden auch die datenschutzrechtlichen Hypotheken übernommen.

Nachdem das neue Landesverfassungsschutzgesetz (LfVG) im Jahr 1993 in Kraft getreten war, blieb der bedeutendste gesetzgeberische Mangel das Fehlen hinreichender Rechtsvorschriften für die Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen. Zwar ist das Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) am 21. April 1994 in Kraft getreten 105, ohne daß die Änderungsvorschläge der Datenschutzbeauftragten aufgegriffen worden wären 106.

Hierzu sind im Sommer 1994 Ausführungsvorschriften sowie Ausführungsvorschriften zu Sicherheitsüberprüfungen in der Wirtschaft ergangen 107. Auch hier sind die Anregungen der Datenschutzbeauftragten kaum berücksichtigt worden.

Eine Änderung wurde bei den Datenspeicherungen über Personen, die die sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht aufgenommen haben, vorgenommen. Nachdem in diesen Fällen ursprünglich die Sicherheitsüberprüfungsakte und die NADIS-Erfassung noch elf Jahre aufrechterhalten werden sollten, wurde eine frühere Löschung der Daten vorgesehen, allerdings beschränkt auf die Personen, bei denen keine sicherheitserheblichen Erkenntnisse bei der Überprüfung angefallen sind.

Die Regelungen über die Akteneinsicht des Betroffenen hingegen bleiben noch hinter den ohnehin bedenklichen Bestimmungen des SÜG zurück. Auch bei der Anhörung des Betroffenen wurden unsere Empfehlungen 108 nicht berücksichtigt.

Ein Berliner Gesetz zur Durchführung der Sicherheitsüberprüfungen fehlt allerdings noch immer. Der angeblich seit März 1993 von der Senatsverwaltung für Inneres erarbeitete Gesetzentwurf liegt uns noch nicht vor, obwohl der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage im März 1994 mitgeteilt hat, daß die Arbeit an dem Gesetz "weiter zügig vorangetrieben" würden und noch im Jahr 1994 mit einer Gesetzesvorlage zu rechnen sei 109.

Seitenanfang Die Folge ist, daß die Sicherheitsüberprüfungen, die derzeit in dem unerläßlichen Umfang nach wie vor durchgeführt werden, nur auf die Einwilligung der Betroffenen gestützt werden können - eine äußerst fragwürdige Situation, da völlig unklar ist, welche Folgen die Verweigerung der Einwilligung hat. In einem besonders interessant gelagerten Fall es handelt sich um die Erforderlichkeit von Sicherheitsüberprüfungen bei der Datenverarbeitung - hat sich die Senatskanzlei selbst zu einer Kündigung berechtigt gefühlt.

Es ist zwingend geboten, daß die ausstehende rechtliche Regelung noch in dieser Legislaturperiode vorgenommen wird.

Nachdem der Landesbeauftragte für den Datenschutz von Mecklenburg-Vorpommern eine eklatante Benachteiligung von Bürgern der ehemaligen DDR festgestellt hatte, befaßte sich auch die vor Jahren von Berlin initiierte Arbeitsgruppe der Datenschutzbeauftragten der Neuen Länder mit der Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen. Auf ihrer Sitzung am 20. September 1994 in Erfurt bekräftigten sie die Forderung nach Schaffung von Landesgesetzen.

Sie hatten ferner Anlaß, die ja eigentlich selbstverständlichen Forderungen zu erheben, daß

- die Verarbeitung und Nutzung von Daten für Zwecke der Sicherheitsüberprüfung durch die Landesämter für Verfassungsschutz nur erfolgen darf, soweit diese hierfür tatsächlich benötigt werden,

- keine Ungleichbehandlung von Bürgern der ehemaligen DDR im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen erfolgt und

- Datenerhebungen zu Sicherheitsüberprüfungen nur im Rahmen des SÜG erfolgen dürfen.

Neue Verwaltungsvorschriften für den Verfassungsschutz: Wenig Fortschritt

Die Verarbeitung personenbezogener Daten in dem durch Bundes- und Landesämter genutzten Verbundsystem NADIS wird durch Richtlinien geregelt, die vor dem Hintergrund der neuen Verfassungsschutzgesetze neu zu fassen waren.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat sich (bei Stimmenthaltung von Thüringen und Bayern) vor der Sitzung der Innenministerkonferenz am 5./6. Mai 1994 in einer Entschließung gegen den Entwurf der NADIS-Richtlinien als zu weitgehend gewandt 110. Sie hat gefordert, die in NADIS zu speichernden Daten zu verringern und insbesondere die Daten zu streichen, die nicht Identifizierungszwecken dienen. Weiterhin wurde die Klarstellung verlangt, daß für Datenübermittlungen das Recht des Landes, das die Daten eingegeben hat, zu beachten ist. Weitere Forderungen betrafen die Aufbewahrung von Protokolldaten und deren Zweckbindung sowie die Beteiligung der Datenschutzbeauftragten bei Durchführung und Fortentwicklung des Nachrichtendienstlichen Informationssystems 111.

Sowohl die Leiter der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder als auch die Mitglieder des AK IV der Innenministerkonferenz hatten zuvor bereits im März 1994 einvernehmlich festgestellt, daß aufgrund der Stellungnahme des Bundesbeauftragten und der Landesbeauftragten für den Datenschutz sachliche Änderungen des Entwurfes der NADIS-Richtlinie nicht erforderlich seien. Die Innenministerkonferenz ist in ihrer Sitzung am 5./6. Mai 1994 dem Beschlußvorschlag des AK IV gefolgt und hat die Neufassung der NADIS-Richtlinien unverändert gelassen. Damit traten die NADIS-Richtlinien mit Wirkung vom 6. Mai 1994 bundeseinheitlich ohne datenschutzrechtliche Verbesserungen in Kraft.

Am 1. März 1994 ist die neue Auskunftsanweisung des Landesamtes für Verfassungsschutz in Kraft getreten.

Danach entscheidet nicht mehr die - inzwischen aufgelöste - Arbeitsgruppe Auskunft, sondern das zuständige Fachreferat über die Auskunftserteilung. Die Auflösung der Arbeitsgruppe Auskunft ist bedauerlich. Wir hatten den Eindruck, daß die Bearbeitung der Auskunfts- und Akteneinsichtsanträge durch eine nur für diese Aufgabe zuständige Stelle die Bedeutung des Auskunftsrechts der Bürger beim Landesamt für Verfassungsschutz betonte und eine vertrauensbildende Maßnahme darstellte. Zudem war hierdurch eine einheitliche Auskunftspraxis, die auch die Interessen der Betroffenen im Auge hat, gewährleistet. Dies erscheint uns bei der Bearbeitung durch die Fachreferate nicht in dem Maße gesichert.

Unsere Anregungen 112 zur Änderung der Auskunftsanweisung blieben überwiegend unberücksichtigt.

Wenn von Betroffenen in dem Auskunftsantrag kein oder kein aus Sicht des Landesamtes für Verfassungsschutz hinreichendes Interesse dargelegt wird, wird der Antrag schematisch und ohne weitere Prüfung abgelehnt. Eine Prüfung, ob nicht doch Auskunft erteilt werden kann - insbesondere in den Fällen, in denen kein Geheimhaltungsinteresse besteht -, soll nicht erfolgen, obwohl das LfVG in diesen Fällen eine Auskunft vorsieht. Auch die für die Darlegung des besonderen Interesses genannten Beispielsfälle deuten auf eine zu enge Auslegung dieses Begriffes hin.

Das Landesamt für Verfassungsschutz ist jedoch bemüht, dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen weitgehender Rechnung zu tragen, indem jedes nachvollziehbare Interesse als ausreichend anerkannt wird. Der Rückgang von Beschwerden Betroffener bei uns scheint dies zu belegen.

Die Unterlagen, die von der Polizei an das Landesamt für Verfassungsschutz übermittelt worden sind, sollen von der Akteneinsicht ausgenommen werden, obwohl die Betroffenen gegenüber der Polizei nach dem ASOG einen Ermessensanspruch auf Akteneinsicht haben. Dies geht auf einen Wunsch der Polizei zurück. Nachdem der Polizeipräsident zur Begründung zunächst darauf hingewiesen hat, daß er grundsätzlich keine Akteneinsicht an Betroffene mehr gewähre, da das Einsichtsrecht des ASOG "nur als Möglichkeit zur Arbeitserleichterung gedacht sei", wurde später klargestellt, daß bei jedem Akteneinsichtsantrag eine Einzelfallprüfung erfolge. Wir gehen davon aus, daß hierbei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen hinreichend berücksichtigt wird.

Probleme mit alten Verfassungsschutzakten

In allen Verwaltungsbereichen macht es Schwierigkeiten, die von den Datenschutzgesetzen bei verschiedenen Voraussetzungen vorgeschriebene Sperrung von Daten zu realisieren. Besonders heikel ist dies beim Verfassungsschutz.

Sperren von Daten bedeutet, daß eigentlich zu löschende Daten nicht vernichtet, sondern im Interesse des Betroffenen weiter gespeichert werden. Das kann z.B. bei Rehabilitationsinteressen oder Beweisinteressen des Betroffenen der Fall sein. Da die Löschung der Daten nur im Interesse des Betroffenen unterblieben ist, dürfen die Daten grundsätzlich nicht mehr verarbeitet, insbesondere übermittelt oder sonst von der speichernden Stelle genutzt werden. Nur in Ausnahmefällen und wenn der Betroffene eingewilligt hat, darf auf diese Daten zurückgegriffen werden 113.

Das Landesamt für Verfassungsschutz entnimmt § 15 Abs. 2 LfVG die Rechtfertigung, auf gesperrte Daten für seine Aufgabenerfüllung wieder zurückgreifen zu können, auch ohne den Betroffenen zu fragen oder zu unterrichten. Dieses Verfahren widerspricht dem Sinn und Zweck der Sperrung von Daten. Da von der Löschung ausschließlich im Interesse des Betroffenen abgesehen wurde, sollte auch die Nutzung nur für Zwecke, die im schutzwürdigen Interesse des Betroffenen liegen, erfolgen. Jedenfalls sind die Sperrungsvoraussetzungen unter diesem Gesichtspunkt besonders sorgfältig zu prüfen, da fraglich ist, ob die Sperrung im Interesse des Betroffenen liegt, wenn das Landesamt für Verfassungsschutz auf die gesperrten Daten jederzeit zurückgreifen kann.

Wir haben dem Landesamt für Verfassungsschutz empfohlen, vor einer Entscheidung über eine Sperrung personenbezogener Daten möglichst den Betroffenen zu befragen, ob dies auch seinem Interesse entspricht. Sollte hinsichtlich der gespeicherten Daten wegen überwiegender Geheimhaltungsinteressen eine Anfrage beim Betroffenen nicht möglich sein, könnte auch der Berliner Datenschutzbeauftragte unterrichtet werden. Eine derartige Lösung wurde abgelehnt.

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die nach Aufhebung des vor Jahren in Zusammenhang mit der Arbeit eines Untersuchungsausschusses verhängten Löschungs- und Vernichtungsverbotes gesperrten Altakten 114 dem Landesarchiv zur Übernahme angeboten. Die im Zusammenhang mit der Alternativen Liste (AL) vom Verfassungsschutz gesammelten Unterlagen 115 wurden dem Landesarchiv bereits übergeben. Die weiteren Altakten werden derzeit vom Archiv gesichtet. Die Akten, die von dem Landesarchiv nicht übernommen werden, wird das Landesamt für Verfassungsschutz vernichten.

Auch Jubilare wollen gefragt sein

Beim Durchblättern der Tageszeitung finden sich insbesondere unter der Rubrik "Aus den Bezirken" immer wieder Mitteilungen, daß ein betagtes Ehepaar Diamantene Hochzeit oder ein Bürger seinen 90. Geburtstag feiern wird und daß der Bezirksbürgermeister den namentlich (zum Teil unter Angabe der Adresse) genannten Jubilaren hierzu persönlich gratulieren wird.

Derartige Mitteilungen an die Presse haben sowohl bezirkliche Pressestellen als auch der Landespressedienst bis in die jüngste Zeit gemacht, ohne daß die Betroffenen zuvor um ihre Einwilligung gebeten worden waren. Dies wäre aber Voraussetzung für eine Weitergabe personenbezogener Daten an die Presse nach dem Berliner Datenschutzgesetz gewesen. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn der Bezirksbürgermeister einen persönlichen Geburtstagsbesuch bei älteren Bürgerinnen und Bürgern macht. Verständlich ist auch, daß er dies in Anwesenheit von Pressevertretern tut. Gerade diesen zusätzlichen Eingriff in die Privatsphäre muß das ältere Geburtstagskind allerdings nicht hinnehmen. Es sollte rechtzeitig um sein Einverständnis gebeten werden, und wenn dies verweigert wird, so muß der Bürgermeister seinen Geburtstagsbesuch ohne Pressevertreter machen.

Auf Anregung der Senatskanzlei haben wir den bezirklichen Pressestellen und dem Landespressedienst ein Verfahren empfohlen, nach dem in Zukunft eine personenbezogene Bekanntgabe von Geburtstagen und des Besuchs des Bürgermeisters gegenüber der Presse nur dann erfolgen darf, wenn die Betroffenen zuvor auf einem Merkblatt über die beabsichtigte Veröffentlichung informiert worden sind und schriftlich ihr Einverständnis erklärt haben.

4.2 Arbeit und Frauen

62 PCs und keine Daten

Mehr Transparenz der Datenverarbeitung war eine der Zielsetzungen der Novellierung des Berliner Datenschutzgesetzes im Jahre 1990. Wesentliche Voraussetzung dafür ist, daß der Bürger auf einfache Weise erkennen kann, welche Dateien die Verwaltung führt und mit welchen Mitteln dies geschieht. Während das Datenschutzgesetz von 1978 lediglich eine Verpflichtung der datenverarbeitenden Stellen zur Meldung von Dateien an den Datenschutzbeauftragten vorsah, also eine Meldung der Inhalte der Datenverarbeitung, schreibt das neue Datenschutzgesetz nunmehr auch die Führung eines Geräteverzeichnisses sowohl in der Dienststelle (§ 19 Abs. 4 BlnDSG) als auch beim Datenschutzbeauftragten (§ 25 BlnDSG) vor. Sinn macht dies für den Bürger gleichwohl nur, wenn in dem beim Datenschutzbeauftragten geführten öffentlichen Register beide Arten von Meldungen vorliegen.

Wenig sinnvoll ist es dagegen, wenn zum Register nur Angaben zum Geräteverzeichnis, nicht aber zu den Dateien gemacht werden: Der Bürger weiß dann zwar, daß Daten verarbeitet werden, welche dies sind, bleibt ihm dagegen verborgen. Den Vogel in dieser Hinsicht schoß die Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen ab: Sie meldete zwar 62 Personalcomputer zum Geräteverzeichnis an, nicht eine einzige Mitteilung erfolgte dagegen zum Dateienregister - Informationstechnik um ihrer selbst willen?

Unsere Nachfrage ergab, daß weder behördlicher Datenschutzbeauftragter noch Organisationsstelle mehr über die Datenverarbeitung wußten.

Frauenförderung und Datenverarbeitung

Die Frauenförderung ist eine der großen politischen Zielsetzungen, die die aktuelle Diskussion über die Umgestaltung der Verwaltung beherrschen. Darüber hinaus ist die Verwaltung verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß auch im Bereich der Privatwirtschaft die Belange der Frauen hinreichend berücksichtigt werden. Die Umsetzung dieses Programms wirft unter verschiedenen Aspekten datenschutzrechtliche Probleme auf. Einige davon seien unabhängig davon, ob die Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen davon direkt berührt ist, an dieser Stelle erwähnt.

Während das Landesgleichstellungsgesetz teilweise einschneidende Regelungen zur Frauenförderung innerhalb der Verwaltung enthält, steht eine gesetzliche Regelung der Frauenförderung in allen Lebens- und Arbeitsbereichen noch aus. Diese soll im wesentlichen von Frauenbeauftragten geleistet werden, die in den Bezirken eingerichtet werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf lag im vergangenen Jahr zwar vor, er hat bislang jedoch die erforderliche politische Abstimmung nicht erfolgreich hinter sich gebracht. Aus datenschutzrechtlicher Sicht war es erforderlich, die Frauenbeauftragte zur Verarbeitung personenbezogener Daten zu ermächtigen - auch über Personen außerhalb der Verwaltung (z.B. über betriebliche Frauenbeauftragte); sie sollte auch die Befugnis haben, ohne Beteiligung der Betroffenen Daten zu erheben, wenn nur auf diese Weise festgestellt werden kann, ob Benachteiligungen und Diskriminierungen von Frauen vorliegen.

Eine wesentliche Arbeitsvoraussetzung für die Frauenbeauftragte ist es, in Unterlagen der Bezirksverwaltung Einsicht zu nehmen, um möglichen Benachteiligungen auf die Spur zu kommen. Allerdings stoßen derartige Befugnisse an die Grenzen der Landeskompetenz: So ist die Einsicht der Frauenbeauftragten in Unterlagen der Sozial- und Jugendverwaltung nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig.

Unsere Anregungen zur Präzisierung des Gesetzentwurfs wurden in vollem Umfang aufgegriffen.

Immer noch nicht endgültig geklärt sind die Befugnisse der Frauenvertreterinnen in den einzelnen Verwaltungen zur Einsicht in Personalunterlagen bei Bewerbungsverfahren. Insbesondere im Schulbereich besteht weiterhin Klärungsbedarf: Hier wurde im Gegensatz zur Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen und von uns die Auffassung vertreten, daß der Frauenvertreterin weder das Recht zur Teilnahme an Unterrichtsbesuchen noch die Einsicht in dienstliche Beurteilungen oder andere Personalunterlagen zusteht. Inzwischen hat sich auch der Hauptpersonalrat dieses Problems angenommen und sich sehr dezidiert auf die Seite der Frauenvertreterinnen gestellt.

Auch die konkreten Arbeitsbedingungen der Frauenvertreterinnen werfen datenschutzrechtliche Probleme auf. So wurde die Frage gestellt, welche Sicherungsmaßnahmen getroffen werden müssen, wenn eine Frauenvertreterin sich eines eigenen PCs bedient. Die Sensibilität der von der Frauenvertreterin verarbeiteten Daten (Schriftwechsel zu Bewerbungsvorgängen, Förderungsmaßnahmen, sexuellen Belästigungen u.ä., ggf. entsprechende Aufstellungen und Dateien) ist zumindest ebenso hoch zu veranschlagen wie bei Personaldaten. Daraus folgt, daß bei der Nutzung eines PCs triviale Sicherungsmaßnahmen wie Verschluß des Raumes nicht ausreichen. Vielmehr ist der Zugang zum PC durch hinreichenden Paßwortschutz zu sichern sowie bei besonders sensiblen Anwendungen ein Verschlüsselungsverfahren einzusetzen.

Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum Landesantidiskriminierungsgesetz, dem Vorgänger des Landesgleichstellungsgesetzes, hatten wir auf die Probleme hingewiesen, die bei der Behandlung sexueller Belästigungen am Arbeitsplatz entstehen könnten. Nach unserer Auffassung muß vermieden werden, daß die Beteiligung der Frauenvertreterin sowie die von ihr vorzunehmenden Mitteilungen (§ 17 Abs. 4 i.V.m. § 12 LGG) zu einem Instrument willkürlicher Anprangerung werden: Das im Rahmen des zweiten Gleichberechtigungsgesetzes vom 24. Juni 1994 verabschiedete Gesetz zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (Beschäftigtenschutzgesetz 115a) bestimmt nunmehr, daß außer bei Sexualstraftaten eine sexuelle Belästigung nur dann vorliegt, wenn die betroffenen Personen diese erkennbar abgelehnt haben. Das Risiko, daß entsprechende Mitteilungen dazu genutzt werden, Betroffene anzuprangern, ohne daß diese sich ihrer Verfehlungen bewußt sind, wird dadurch deutlich gemildert.

Frauenforschung

Auf dem Hintergrund der allgemeinen politischen Diskussion erfreuen sich frauenspezifische Themen auch bei der Forschung einer gewissen Beliebtheit. Wie in allen anderen Bereichen auch, wirft hier insbesondere der Zugang zu den Daten Probleme auf. Das Landesgleichstellungsgesetz oder andere Vorschriften enthalten keine über die allgemeinen Forschungsklauseln hinausgehenden Privilegierungen. Dies bedeutet, daß dann, wenn die Forschung mit anonymen Daten nicht möglich ist, die Einwilligung der betroffenen Frauen eingeholt werden muß. Daß gewisse Forschungsprojekte an dieser Barriere scheitern können, muß im Hinblick auf die informationelle Selbstbestimmung hingenommen werden. So fand sich bisher kein gangbarer Weg, mit Hilfe der Daten der Geschlechtskrankenfürsorge Forschungsvorhaben über ausländische Prostituierte durchzuführen.

Hingegen waren andere Forschungsvorhaben, die zunächst auf erhebliche datenschutzrechtliche Probleme stießen, mit Einwilligung der betroffenen Frauen möglich. Dort, wo die Frauen für die Zusammenarbeit mit den Forschern gewonnen wurden und auch durch transparente Datenschutzregelungen die Akzeptanz des Projekts untersetzt wurde, gelang es, erfolgreich Frauenforschung zu betreiben. Zu nennen sind beispielsweise die Themen:

- Gewalt gegen Frauen (eine Befragung von Bewohnerinnen von Frauenhäusern)

- Armut und Sozialhilfe - Lebenssituation von Sozialhilfeempfängerinnen

- Evaluierung unterstützender Maßnahmen bei Ausstieg aus der Prostitution

- Alterssicherung Berliner Frauen.

Geheimhaltung für Frauenhäuser

Der Träger eines Frauenhauses, dessen Adresse geheimgehalten werden muß, unterhält einen PKW. Die Mitarbeiterinnen haben den Verdacht, daß Männer, die ihre Frauen mißhandelt haben, über das Kennzeichen die Adresse des Frauenhauses herausfinden können.

In der Tat läßt das Straßenverkehrsgesetz (StVG) die Herausgabe von Halterdaten an Privatpersonen zu, wenn der Empfänger darlegt bzw. glaubhaft macht, daß er die Daten zur Verfolgung oder Abwehr von Rechtsansprüchen benötigt, die im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr entstanden sind, unter gewissen Voraussetzungen sogar ohne diese Einschränkung (§ 39 StVG). Mit Hilfe einer Schutzbehauptung bestände tatsächlich die Möglichkeit, die Halteradresse in Erfahrung zu bringen. Allerdings schreibt das Straßenverkehrsgesetz eine Protokollierung der Übermittlung vor, über die Auskunft zu erteilen ist.

Dies zeigt, daß ein durchgängiger Schutz der Geheimhaltung der Adresse derartiger Einrichtungen nur schwer sicherzustellen ist. Weitere Beispiele, die an uns herangetragen wurden, sind die Möglichkeit öffentlicher Stellen, trotz einer im Melderegister beantragten Auskunftssperre Daten über die Wohnung zu erhalten, oder die Weigerung der Telekom, Frauenhäusern das Privileg einzuräumen, daß beim Telefonieren in Einzelentgeltnachweisen die Telefonnummer unterdrückt wird (§ 6 Abs. 9 Telekom-Datenschutzverordnung).

Zu erwägen ist, ob nicht eine (bundesweite) Initiative sinnvoll wäre, den Einrichtungen zum Schutz von Frauen vor der Verfolgung durch ihre (früheren) Partner eine besondere Geheimhaltung zuzubilligen. Dies könnte eine sinnvolle Ergänzung zu den aktuellen Erörterungen über die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe sein.

Kindermißbrauch durch Adressenhandel

Empörung löste im Ausschuß für Frauenfragen des Abgeordnetenhauses folgender Sachverhalt aus: Eine Frankfurter Initiative zur Verschärfung der Strafbarkeit der Abtreibung versandte Briefe, in denen u.a. die verschiedenen Abtreibungsmethoden auf höchst abstoßende Weise geschildert und die Adressaten aufgefordert wurden, ihre Meinung zum Schwangerschaftsabbruch kundzutun sowie an einer Postkartenaktion an den Bundeskanzler teilzunehmen. Adressaten der Briefe waren auch Kinder.

Der in der Öffentlichkeit und im Ausschuß geäußerte Verdacht, die Adressen von Kindern seien von öffentlichen Stellen des Landes Berlin an die Initiative gelangt, hat sich nicht bestätigt. Vielmehr ergaben die Nachforschungen der zuständigen Aufsichtsbehörde, daß die Initiative die Berliner Adressen über den Adressenhandel von einem Verlag bezogen hatte, der neben Erwachsenen- auch Kinderzeitschriften veröffentlicht. Von der Aufsichtsbehörde wurde die Rechtswidrigkeit der Einbeziehung der Adressen von Kindern festgestellt.

Zuletzt geändert:
am 08.02.97

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