Symposium
Datenschutz - Brücke zwischen Privatheit und Weltmarkt bei der Internationalen Funkausstellung Berlin 30. August 1999 Symposium Datenschutz - Brücke zwischen Privatheit und Weltmarkt Eröffnungsansprache Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, Berliner Datenschutzbeauftragter Sehr geehrte Damen und Herren, Wie kein anderes Medium zuvor hebt das Internet die Begrenzungen, die dem Menschen von Natur aus durch Zeit und Raum gesetzt sind, auf: In vernachlässigbar geringer Zeit können Informationen von jedem Ort der Erde zu jedem anderen übermittelt werden. Die gerade im vergangenen Jahr in Betrieb genommene Technik erdnah stationierter Telekommunikationssatelliten ermöglicht über individuelle Mobiltelefonie den Zugang selbst in Wüste, ewigem Eis und Dschungel. Auch eine weitere Schwelle wird immer niedriger: die der Quantität. Immer größere Datenmengen können in immer kürzerer Zeit übermittelt und auf immer kleinerem Raum gespeichert werden: das MP3-Format ist dabei, die Musikbranche zu revolutionieren; die Möglichkeit, über das Internet Bewegtbilder in hoher Qualität zu übermitteln, rückt immer näher. Grenzen jedweder Art, seien sie rechtlich-politisch, ökonomisch oder kulturell, kennt das Internet nicht. Webangebote nehmen keine Rücksicht darauf, ob ihr Inhalt dort, wo sie abgerufen werden, als rechtswidrig, staatsgefährend, wettbewerbsverletzend oder gotteslästernd empfunden werden. Oasen der Freizügigkeit entwickeln sich, von wo aus die Angebote unbehelligt eingestellt werden können. Der pazifische Inselstaat Tonga ist auf diese Weise aus seinem Paradiesesschlaf erwacht. Gleichwohl müssen auch in der Informationsgesellschaft Grenzen gewahrt, Regeln eingehalten werden, die nicht nur den Bestand, sondern auch das erreichte Entwicklungsniveau der Menschheit sichern. Hierzu gehört nicht nur die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Weltwirtschaft, sondern auch die Wahrung der Freiheit und der Würde des Individuums. Auf diese beiden Grundwerte hat das deutsche Bundesverfassungsgericht das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung bezogen, dessen Wahrung es seit seiner bahnbrechenden Entscheidung im Jahre 1983 immer wieder eingefordert hat. Gerade erst vor sechs Wochen hat das Gericht dem Bedürfnis der Sicherheitsbehörden, die internationalen Telekommunikationsnetze und damit auch das Internet zu überwachen, deutliche Grenzen gesetzt. Dieses Spannungsfeld - die globale Dimension des Internet einerseits, die Notwendigkeit des Schutzes der Privatheit angesichts dieser Entwicklung andererseits, haben wir zum Thema dieses Symposiums gemacht: Datenschutz - Brücke zwischen Privatheit und Weltmarkt. Das Symposium wurde zum achten Mal bewusst in die Internationale Funkausstellung eingebettet. Wurde dieses Symposium anfangs angesichts der überwältigenden Bedeutung, die damals noch das Sofaecken-Fernsehen hatte, als fast exotisch wahrgenommen, steht im Mittelpunkt der diesjährigen Ausstellung das Zusammenwachsen des Internet mit gerade diesem Medium. Es ist zu erwarten, dass das Internet sich so auch die Sofaecke, und damit ein besonderes Refugium der Privatheit erobern wird. Wir dürfen besonders gespannt sein, was uns das für Multimedia zuständiges Vorstandsmitglied eines der größten Medienkonzerne der Welt am Nachmittag hierzu zu sagen hat. Unser Symposium beginnt mit verschiedenen Antworten auf die Frage, wie die informationelle Selbstbestimmung im Internet gesichert werden kann: Die Sicht der USA zu Regulierung und Selbstregulierung; die Sicht eines deutsch-amerikanischen Weltkonzerns, der eine eigene Unternehmenslösung anstrebt; die Sicht der OECD, die auch die anderen großen Industrienationen repräsentiert und schließlich die europäische und die deutsche Perspektive. Die Wahrung der informationellen Selbstbestimmung setzt technische Rahmenbedingungen voraus, die von vornherein ihre Verletzung verhindern oder zumindest erschweren. Sicherheit der Informationstechnik ist eng mit dem Datenschutz verbunden. Im Mittelpunkt der Diskussion steht hier Kryptografie als eine Technologie, die nicht nur die Vertraulichkeit der Kommunikation, sondern - mit Hilfe digitaler Signaturen - auch deren Verlässlichkeit sicher- stellen kann; es ist allerdings naheliegend, dass sie all jenen, die einen Zugang zur Kommu- nikation für sich beanspruchen, als Hindernis für die eigenen Aufgaben erscheint. Dass Sicherheit der Informationstechnik nicht nur einseitig vorgegeben werden kann, sondern dass alle Beteiligten, insbesondere auch der Nutzer und Teilnehmer selbst, an ihr mitwirken müssen, ist eine Erkenntnis, die noch gar nicht so alt ist. Bereits vor vier mehreren Jahren wurde hier bei diesem Symposium über den Ansatz der mehrseitigen Sicherheit berichtet - heute werden wir über das Ergebnis von Forschungsarbeiten zu diesem Thema unterrichtet. Der Tag wird traditionellerweise durch eine Podiumsdiskussion abgeschlossen, bei der die Referenten nochmals ihre Meinungen austauschen können, bei der aber auch Sie gerne zur Mitwirkung eingeladen sind. Ich bedanke mich sehr herzlich bei allen Referenten und Moderatoren, die heute mitwirken, ganz besonders bei denen, die weither angereist sind. Dass wir Herrn Bhagavathula aus Bangalore in Indien gewinnen konnten, freut uns besonders: Zu wenig ist bisher in unser Bewusstsein gedrungen, dass das Internet nicht nur ein Medium für die bisherigen Industrienationen ist, sondern dass es gerade den Schwellenländern ganz neue Chancen bietet, deren Hegemonie abzulösen. Besonders begrüßen möchte ich auch wieder die Mitglieder der Internationalen Arbeitsgruppe Datenschutz bei der Telekommunikation, die im Rahmen der Internationalen Konferenz der Datenschutzbeauftragten arbeitet und wie immer anlässlich der Funkausstellung eine Sitzung in Berlin abhält. Die bisherigen Arbeitsergebnisse dieser Arbeitsgruppe stehen Ihnen zur Verfügung: natürlich im Internet auf der Website des Berliner Datenschutzbeauftragten - www.datenschutz-berlin.de. Diese Veranstaltung können Sie übrigens in den kommenden Tagen nochmals nachverfolgen - im Internet unter der gleichen Adresse und als Audiomitschnitt. Ich wünsche Ihnen und uns ein ertragsreiches und, wir sind ja schließlich auf einer dem Ver- braucher gewidmeten Ausstellung, ein unterhaltsames Symposium. |
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Zuletzt geändert:
am 28.09.99