Während bei den alten Anlagen meist Gesprächseinheitenzähler
verwendet werden, die zwar die Gebühreneinheiten patientenbezogen
zählen, aber Rückschlüsse auf die Gesprächspartner
nicht ermöglichen, wird mit der Umstellung auf digitale Nebenstellenanlagen
einer Reihe von Krankenhäusern - aber keineswegs allen -
angestrebt, die Zielnummer der Patientengespräche zu erfassen,
um einen detaillierten und von den Patienten besser überprüfbaren
Einzelgebührennachweis liefern zu können.
In rechtlicher Hinsicht stellt die Situation im Vergleich zur
Problematik des Einzelgebührennachweises der TELEKOM an ihre
Kunden und zur Gesprächsdatenerfassung zur Abrechnung privater
Gespräche von Dienstanschlüssen einen Sonderfall dar,
denn die dafür geltenden Vorschriften 1 sind nicht unmittelbar
auf die von Krankenhäusern an Patienten vermieteten Anschlüsse
anwendbar. Krankenhäuser erbringen mit ihren Nebenstellenanlagen
keine "Telekommunikationsdienstleistungen für andere"
im Sinne des Fernmeldeanlagengesetzes. Anwendbar ist zunächst
nur das Landeskrankenhausgesetz in Verbindung mit dem Krankenhausaufnahmevertrag
sowie (subsidiär) §28 BDSG.
Allerdings sind die öffentlichen Krankenhäuser nach
§5 Abs. 4 der Rahmendienstvereinbarungzu digitalen Nebenstellenanlagen
2 daran gehindert, für die Gespräche ihres Personals
Gebührendaten mit vollständiger Zielnummer in der Nebenstellenanlage
zu speichern, da dafür eine gesonderte gesetzliche Regelung
fehlt. Da nicht anzunehmen ist, daß in den Krankenhäusern
verschiedene Nebenstellenanlagen für Patienten und Personal
betrieben werden, muß dies indirekt auch den Patienten zugutekommen.
Abgesehen davon sollte zumindest der Rechtsgedanke der §§6
TDSV/ UDSV auch im Verhältnis Krankenhaus-Patient entsprechend
herangezogen werden, da die Patienten dem Krankenhaus gegenüber
nicht schlechter gestellt werden sollten als die TELEKOM-Kunden
gegenüber dem öffentlichen Netzbetreiber (ebenso die
Kunden im privaten D 2-Netz). Das würde bedeuten, daß
den Patienten zumindest ein Wahlrecht eingeräumt werden muß,
ob sie eine verkürzte oder gar keine Speicherung der Zielrufnummer
wünschen. Dieses Wahlrecht sollte sich aber nicht - wie in
öffentlichen Fernsprechnetzen - auf den Einzelentgeltnachweis
mit vollständiger Zielnummer erstrecken.
Allerdings erklärten verschiedene Krankenhäuser, daß
bei ihrer digitalen Nebenstellenanlage die Verkürzung der
Zielnummer technisch nicht möglich und aus Gründen der
Abrechnungstransparenz auch nicht gewünscht sei.
Trotz aller Hinweise auf die leichte Abhörbarkeit analoger
schnurloser Telefone besteht ein Trend, solche Telefone
für die Sprachkommunikation des ärztlichen und pflegerischen
Personals in Krankenhäusern einzusetzen, um die schnelle
Erreichbarkeit dieser Mitarbeiter auch am Krankenbett sicherzustellen
und gegebenenfalls auch Gespräche über den Zustand von
Patienten unabhängig von der Verfügbarkeit stationärer
Telefone führen zu können.
Wir haben in mehreren Fällen zu entsprechenden Anfragen klargestellt,
daß der Nutzung solcher Telefongeräte für Gespräche
mit patientenbezogenem Inhalt die ärztliche Schweigepflicht
entgegen steht und empfohlen, dafür - allerdings teurere
- digitale Geräte zu beschaffen, die nicht so leicht abhörbar
sind.
Abhörsicherheit des Funksprechverkehrs der Behörden
und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
Der Sprechfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
(BOS) war bekanntlich seit jeher abhörbar, wenn an Empfangsgeräten
geringe technische Veränderungen vorgenommen wurden. Dies
war strafbar, das Entdeckungsrisiko war jedoch gering. Wirksame
Maßnahmen gegen das Mithören des Sprechfunkverkehrs
durch Unbefugte, insbesondere durch Straftäter, sind aus
Kostengründen unterblieben. Nach der Freigabe der Frequenzbereichsgrenzen
Mitte 1992 ist der Funkverkehr inzwischen mit handelsüblichen
Radioempfängern mithörbar.
Aus diesem Grund wurden Überlegungen angestellt, wie in Zukunft
dieser Funkverkehr vor dem Abhören durch Unbefugte geschützt
werden sollte. Die Technische Kommission der Konferenz der Innenminister
des Bundes und der Länder wollte die Empfehlung beschließen,
nach einem in Niedersachsen erprobten Modell die vorhandenen Analogfunkgeräte
mit einer Inverterschaltung (Sprachverschleierungstechnik) nachzurüsten.
Diese Maßnahme ist jedoch nicht geeignet, die gewünschte
Vertraulichkeit des Sprechfunkverkehrs zu erreichen, da jedermann
sich legal und für einen geringen Preis geeignete Funkempfänger
mit Inverter beschaffen könnte, mit denen auch das Mithören
invertierter Funkgespräche möglich ist.
Es war daher zu befürchten, daß mit der unzureichenden
Entscheidung der Weg verbaut wird, wirksame Methoden einzuführen.
Der Innenministerkonferenz wurde daher empfohlen, die Entscheidung
zu überdenken und statt dessen den Anstoß zu geben,
sukzessiv den digitalen und damit leicht verschlüsselbaren
Sprechfunk einzuführen, der ohnehin auf Sicht Stand der Technik
und damit jedenfalls in einem Teil der Länder datenschutzrechtlich
verpflichtend (vgl. z. B. §5 Abs. 1 S. 2 BlnDSG) sein wird.
Auch aufgrund der Bedenken der Konferenz der Datenschutzbeauftragten
3 hat die Technische Kommission der Innenministerkonferenz letztlich
von der Einführung der Invertertechnik Abstand genommen.
Vielmehr sollen weitere technologisch und wirtschaftlich in Frage
kommende Sprachverschleierungssysteme auf ihre Einsatztauglichkeit
als Übergangslösungen bis zur Einführung des digitalen
Funksprechverkehrs geprüft werden.
Es ist zu hoffen, daß die im Rahmen des Schengener Abkommens
gefaßte Entscheidung, im BOS-Bereich eine europäische
Normierung zu erarbeiten, die die Digitalisierung und damit die
Verschlüsselung des Funkverkehrs vorsieht, zur Beschleunigung
der Einführung solcher Systeme beiträgt.
1.2 Deutschland und Europa
Zunehmende Konflikte zwischen dem Persönlichkeitsrecht
des Einzelnen und der Medienfreiheit
Im Berichtszeitraum ist in der Öffentlichkeit verstärkt
darüber diskutiert worden, ob die Persönlichkeitsrechte
einzelner Bürger gegenüber der Berichterstattung durch
die Medien ausreichend geschützt sind. Anlaß dafür
waren beispielsweise
- Berichte vor allem privater Fernsehveranstalter über
Unfallopfer oder Rettungseinsätze der Feuerwehr, an denen
sich auch Feuerwehrbeamte oder Mitarbeiter von Rettungsdiensten
beteiligten (sogenannte "Reality-TV"),
- der Fernsehbericht einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt
über Mißstände in einer Einrichtung für psychisch
Kranke, bei dem die Berichterstattung keinerlei Rücksicht
auf die Intimsphäre der Kranken nahm,
- die "öffentlichkeitswirksame" Durchführung
von Razzien und Maßnahmen gegen mutmaßliche Schwarzarbeiter
unter Hinzuziehung von Pressevertretern, wobei die kontrollierten
Personen teilweise frontal fotografiert und in den Zeitungen abgebildet
wurden,
- die Weitergabe personenbezogener Daten durch öffentliche
Stellen, z. B. durch Polizei und Staatsanwaltschaft, aus Ermittlungsverfahren
an die Medien.
Das Grundrecht auf freie Berichterstattung durch Presse und Rundfunk
hat nach unserer Verfassungsordnung einen hohen Stellenwert. Dennoch
genießt dieses Grundrecht keinen generellen Vorrang vor
der Menschenwürde und dem Persönlichkeitsrecht des Einzelnen,
über den berichtet wird.
So unterschiedlich die genannten Fälle im einzelnen zu beurteilen
sein mögen, verdeutlichen sie dennoch eine Reihe von gemeinsamen
Problemen, deren Lösung gegenwärtig der Arbeitskreis
Telekommunikation und Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten
des Bundes und der Länder unter Vorsitz des Berliner Datenschutzbeauftragten
erörtert.
Das sogenannte "Medienprivileg" der Datenschutzgesetze,
das Rundfunk und Presse bei ihrer journalistisch-redaktionellen
Tätigkeit von den materiell-rechtlichen Vorschriften des
Datenschutzrechts und von der Kontrolle unabhängiger Datenschutzbeauftragter
frei stellt, ist kein Freibrief für unbeschränkte Eingriffe
in die Privatsphäre des Bürgers. Die Mißachtung
der Menschenwürde durch die Zurschaustellung von Unfallopfern
oder Menschen in Not kann nicht unter Berufung auf die Medienfreiheit
gerechtfertigt werden. Dies widerspricht auch den im Rundfunkstaatsvertrag
und in den Landesmediengesetzen niedergelegten Programmgrundsätzen.
Vielmehr müssen die Grundrechte der Medienfreiheit und des
Persönlichkeitsrechts - zu dem letztgenannten gehört
auch das Recht am eigenen Bild - miteinander zum Ausgleich gebracht
werden.
Daher ist der Appell der Innenministerkonferenz vom Mai 1993 an
die Medien, "sich ihrer mit der Presse- und Rundfunkfreiheit
verbundenen Verantwortung bewußt zu sein und von einer die
Menschenwürde verletzenden Berichterstattung Abstand zu nehmen",
uneingeschränkt zu begrüßen. Zwar würde der
Gesetzgeber bei inhaltlichen Beschränkungen der Berichterstattungsfreiheit
schnell in Konflikt mit der grundgesetzlich geschützten Medienfreiheit
kommen. Andererseits muß weiter kritisch beobachtet werden,
ob die bestehenden Verfahren zum Schutz des Persönlichkeitsrechts
des einzelnen Bürgers (z. B. Anrufung des Deutschen Presserats
und Klage vor den Zivilgerichten auf Schmerzensgeld) das Problem
angemessen lösen. Zweifel bleiben angebracht.
In jedem Fall sind die Dienstbehörden in Bund und Länder
verpflichtet sicherzustellen, daß sich öffentliche
Bedienstete an Fernsehsendungen des sog. "Reality-TV"
nicht beteiligen. Darauf haben wir den Polizeipräsidenten
und die Feuerwehr hingewiesen.
Bei schweren Straftaten hat die Öffentlichkeit zwar in der
Regel ein berechtigtes Informationsinteresse hinsichtlich des
mutmaßlichen Täters; andererseits muß nicht jeder
einer geringfügigen Straftat Verdächtigte es hinnehmen,
in Presse oder Fernsehen abgebildet zu werden. Dies gilt beispielsweise
bei der "öffentlichkeitswirksamen" Durchführung
von Razzien und anderen polizeilichen Maßnahmen, bei denen
zwar häufig die Gesichter der am Einsatz beteiligten Beamten,
nicht aber die der kontrollierten Personen (z. B. mutmaßliche
Schwarzarbeiter oder Hütchenspieler) auf den Pressefotos
unkenntlich gemacht werden.
Erst recht ist es nicht hinnehmbar, wenn die Opfer von Straftaten,
die sich dagegen nicht wehren können, zum Gegenstand einer
Bildberichterstattung gemacht werden, die ausschließlich
der Befriedigung von Sensationslust und der Steigerung der Zeitungsauflage
dient. Die Veröffentlichung eines Fotos des abgetrennten
Kopfes eines Mordopfers oder eines aus dem Fenster geworfenen
Säuglings in der Boulevardpresse verletzt massiv das über
den Tod hinaus zu achtende Persönlichkeitsrecht der Opfer
und beeinträchtigt zudem die schutzwürdigen Belange
der Angehörigen. Auch die gezielte Weitergabe personenbezogener
Daten durch öffentliche Stellen - z. B. Polizei und Staatsanwaltschaft
- aus laufenden Ermittlungsverfahren, an denen die Öffentlichkeit
ein legitimes Informationsinteresse hat, ist bisher nicht hinreichend
normenklar geregelt. Weder der allgemeine Informationsanspruch
der Presse nach dem Landespressegesetz noch die bundeseinheitlichen
Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren enthalten
verfassungskonforme Regelungen, die die Weitergabe personenbezogener
Daten an die Medien rechtfertigen. Bisher müssen Polizei
und Staatsanwaltschaft selbst bei einem berechtigten Informationsinteresse
der Öffentlichkeit bei einer Abwägung im Einzelfall
auf die Verfassung zurückgreifen, was nicht immer hinreichend
geschieht und in der Praxis Probleme bereitet. Es ist deshalb
notwendig, daß der Bundesgesetzgeber durch entsprechende
Festlegungen im Rahmen der ohnehin längst überfälligen
Novellierung der Strafprozeßordnung und der Landesgesetzgeber
durch Präzisierungen des Landespressegesetzes für einen
sachgerechten Ausgleich zwischen den schutzwürdigen Belangen
der betroffenen Bürger und dem Informationsinteresse der
Allgemeinheit sorgen.
Die Länder haben durch den Abschluß des Staatsvertrages
über die Körperschaft des öffentlichen Rechts "Deutschlandradio"
und eines entsprechenden Hörfunk-Überleitungsstaatsvertrages
mit der Bundesrepublik Deutschland 4 eine neue Rundfunkanstalt
gegründet, die zwei Hörfunkprogramme veranstaltet. In
ihnen sind die Programme von RIAS 1 und DS-Kultur aufgegangen.
Das Deutschlandradio hat seinen Sitz in Berlin und Köln.
Der "Deutschlandradio"-Staatsvertrag enthält auch
Datenschutzvorschriften, die allerdings erheblich hinter dem Standard
zurückbleiben, den das Berliner Datenschutzgesetz für
den Sender Freies Berlin vorsieht. Während beim Sender Freies
Berlin die Verarbeitung personenbezogener Daten im Verwaltungsbereich,
also insbesondere der Daten von Gebührenzahlern und Mitarbeitern,
durch den Berliner Datenschutzbeauftragen kontrolliert werden,
gibt es beim Deutschlandradio keine vergleichbare unabhängige
Datenschutzkontrolle. Vielmehr werden die Datenschutzvorschriften
des "Deutschlandradio"-Staatsvertrages ausschließlich
durch den internen Rundfunkdatenschutzbeauftragten überwacht.
Bei den Verhandlungen über diesen Staatsvertrag sind wir
nicht beteiligt worden, so daß es uns nicht möglich
war, auf eine Verbesserung des Datenschutzes bei der neuen Rundfunkanstalt
hinzuwirken.
GEZ: schneller als der Möbelwagen?
Der Sender Freies Berlin (SFB) betreibt gemeinsam mit den übrigen
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Gebühreneinzugszentrale
(GEZ) in Köln. Diese Einrichtung verarbeitet aufgrund des
Rundfunkstaatsvertrages zentral die Daten der Rundfunkteilnehmer
im Auftrag der jeweiligen Landesrundfunkanstalt, also auch des
Sender Freies Berlin. Können Mitteilungen oder Zahlungsaufforderungen
der GEZ von der Post nicht zugestellt werden, so holt der SFB
gegenwärtig eine Melderegisterauskunft beim Landeseinwohneramt
über den betroffenen Bürger ein, um ihm das Schreiben
zustellen zu können. Dies geschieht in der Praxis mittels
Magnetbändern, mit denen die Daten postalisch nicht erreichbarer
Bürger aus dem Bestand der Rundfunkanstalt mit dem Adressenbestand
der Meldebehörde verglichen werden. Dabei handelt es sich
um gebündelte Einzelauskünfte aus dem Melderegister,
die nach §25 Meldegesetz zulässig sind. Dieses Verfahren
ist nicht zu beanstanden und hat sich auch nach Auffassung der
Senatsverwaltung für Inneres bewährt.
Demgegenüber fordert der SFB gemeinsam mit den anderen Rundfunkanstalten,
in Zukunft sollten die Meldebehörden verpflichtet werden,
von sich aus regelmäßig bei einer Reihe von Änderungen
des Meldedatenbestandes - bei jedem Umzug und jedem Sterbefall
- die GEZ hierüber unaufgefordert zu informieren. In Hessen
und Nordrhein-Westfalen ist dies bereits geltendes Recht. Hintergrund
für diese Forderung der Rundfunkanstalten ist der härter
werdende Konkurrenzkampf mit den privaten, nicht gebührenfinanzierten
Rundfunkveranstaltern, der die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
neben Einsparungen im eigenen Bereich dazu zwingt, den Gebühreneinzug
effektiver zu gestalten. Nach Angaben der Rundfunkanstalten ist
der Adressenbestand der GEZ deshalb vielfach veraltet, weil die
Rundfunkteilnehmer der GEZ Anschriftenänderungen entweder
überhaupt nicht oder verspätet mitteilen. Durch die
regelmäßige Übermittlung von Meldedatenänderungen
hoffen die Rundfunkanstalten, ihr Gebührenaufkommen entscheidend
zu erhöhen, indem der von ihnen vermutete erhebliche Anteil
der "Schwarzseher" ermittelt werden könnte.
Die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder hat
die Forderung der Rundfunkanstalten aufgegriffen und die Innenministerkonferenz
um einen Vorschlag zur bundeseinheitlichen Änderung des Melderechts
gebeten. Der Entwurf der Innenministerkonferenz, der bei Stimmenthaltung
Berlins beschlossen wurde, sieht eine Änderung des Melderechtsrahmengesetzes
vor, wonach künftig alle Meldebehörden im Fall der Anmeldung,
der Abmeldung oder des Todes eines volljährigen Einwohners
dessen Namen, Geburtstag, gegenwärtige und frühere Anschriften,
Tag des Ein- bzw. des Auszuges, Familienstand und im Todesfall
den Sterbetag den Rundfunkanstalten übermitteln sollen.
Bei einer Verwirklichung dieses Vorschlags würde ein entscheidender
Schritt in Richtung auf ein Bundesmelderegister aller volljährigen
Einwohner der Bundesrepublik getan, das bei den Beratungen des
Melderechtsrahmengesetzes im Bundestag ausdrücklich aus Gründen
des Datenschutzes abgelehnt worden ist. Zwar sieht der Rundfunkstaatsvertrag
vor, daß die Rundfunkanstalten jeweils nur auf die Daten
der zu ihrem Sendebereich gehörenden Hörer und Zuschauer
zugreifen dürfen, im Fall des Umzugs in die Bereiche anderer
Sender darf aber auch auf deren Datenbestände zugegriffen
werden. Außerdem ist abzusehen, daß schon die Existenz
des dann entstehenden bundesweiten Meldedatenbestandes bei der
GEZ zu großen Begehrlichkeiten bei einer Vielzahl von öffentlichen
und privaten Stellen führen würde.
Entscheidend ist aber, daß bei dem vorgeschlagenen Verfahren
in großem Umfang Meldedaten an die Rundfunkanstalten übermittelt
würden, die diese zum Einzug von Rundfunkgebühren nicht
benötigen. Viele Bürger teilen von sich aus der GEZ
mit, daß sie ein Rundfunkgerät zum Empfang bereithalten
oder daß sie umgezogen sind. Durch die vorgeschlagene regelmäßige
Meldedatenübermittlung an die Rundfunkanstalten würde
in unverhältnismäßiger Weise in das informationelle
Selbstbestimmungsrecht dieser Bürger eingegriffen. Ein solcher
Eingriff läßt sich weder mit den finanziellen Problemen
der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten noch mit deren
verfassungsrechtlicher Bestandsgarantie rechtfertigen.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
hat deshalb die vorgeschlagene regelmäßige Übermittlung
von Meldedaten an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
abgelehnt 5 . Selbst wenn der Entwurf der Innenministerkonferenz
Eingang in das Melderechtsrahmengesetz finden sollte, sind wir
mit der Senatsverwaltung für Inneres 6 der Auffassung, daß
eine entsprechende Änderung des Berliner Meldegesetzes nicht
in Betracht kommt, solange datenschutzrechtliche Alternativen
nicht einmal geprüft worden sind.
Dringend erforderlich ist dagegen die bereits Anfang 1992 von
uns angemahnte Ergänzung der Verordnung über die
Feststellung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
7 um die erforderlichen Befugnisse zur Datenverarbeitung. Insbesondere
die Übermittlung der Daten von Personen, die von der Rundfunkgebührenpflicht
durch die Sozialämter befreit worden sind, an den SFB erfolgt
gegenwärtig immer noch ohne die erforderliche Rechtsgrundlage.
Die zweite Stufe der Postreform - Privatisierung der TELEKOM
zu Lasten der Kunden?
Die vollständige Privatisierung der Deutschen Bundespost
TELEKOM, die in eine AG umgewandelt werden soll, ist politisch
beschlossene Sache. Die Beratungen über die dazu erforderliche
Grundgesetzänderung und ergänzende gesetzliche Regelungen
haben Anfang 1994 begonnen.
Schon im Juni 1993 hat die TELEKOM allerdings ein Tochterunternehmen,
die DeTeMobil- GmbH, gegründet und ihr den Betrieb sämtlicher
Mobilfunkeinrichtungen (C- und D 1-Netze, Eurosignal, CITY-Ruf,
Bündelfunk) übertragen.
Die mit jeder Privatisierung öffentlicher Aufgabenerfüllung
verbundenen datenschutzrechtliche Probleme sind bereits an anderer
Stelle 8 behandelt worden. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten
des Bundes und der Länder hat gerade im Zusammenhang mit
der zweiten Stufe der Postreform betont, daß die Privatisierung
der TELEKOM nicht zu einer Schlechterstellung der Bürger
durch eine Absenkung des materiell-rechtlichen Datenschutzstandards
führen darf. Dies gilt insbesondere bei dem wichtigsten von
der TELEKOM angebotenen Dienst, dem Sprachtelefondienst. Außerdem
muß der Gesetzgeber sicherstellen, daß für eine
zukünftige TELEKOM-AG und ihre Tochterunternehmen eine einheitliche
Datenschutzkontrolle gewährleistet wird, bei der auch eine
Kontrolle von Amts wegen möglich ist. Die Aufsichtsbehörden
für den privaten Bereich können dagegen nach dem geltenden
Bundesdatenschutzgesetz nur einschreiten, wenn ihnen hinreichende
Anhaltspunkte für eine Verletzung datenschutzrechtlicher
Bestimmungen vorliegen. Die meisten Aufsichtsbehörden werden
deshalb erst auf Beschwerden von Bürgern hin tätig.
Dies ist jedoch gerade im Bereich der Telekommunikation nicht
ausreichend, zumal der Bürger die Datenverarbeitung in digitalen
Telekommunikationsnetzen kaum durchschauen kann und deshalb nur
selten Anlaß für eine Beschwerde sehen wird 9 .
Die durch den Fangschaltungsbeschluß des Bundesverfassungsgerichts
10 notwendig gewordene Neuregelung des Telekommunikationsrechts
steht noch immer aus und soll jetzt im Zusammenhang mit der zweiten
Stufe der Postreform erfolgen. Dabei wird es darauf ankommen,
eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage für die Verarbeitung
der zwangsläufig anfallenden Verbindungsdaten in öffentlichen
und privaten Telekommunikationsnetzen zu schaffen. Zugleich muß
der verfassungsrechtlich bedenkliche Zustand beendet werden, daß
gegenwärtig Auskünfte über Verbindungsdaten an
die Strafverfolgungsbehörden auch bei Bagatelldelikten zulässig
sind.
Zum 1. Januar 1994 ist eine Vorschrift der TELEKOM-Datenschutzverordnung
(TDSV) in Kraft getreten, die dem Telefonkunden das Recht gibt,
fallweise -also bei jedem Telefongespräch - darüber
zu entscheiden, ob er die bei ISDN-fähigen Telefonapparaten
mögliche Anzeige seiner Rufnummer beim Angerufenen unterdrücken
will oder nicht. Dies könnte technisch durch Knopfdruck oder
durch Wahl einer bestimmten Nummer vor der eigentlichen Rufnummer
geschehen. Bisher ist jedoch nicht erkennbar, da? die TELEKOM
oder andere Hersteller von Telefonapparaten entsprechende Geräte
anbieten. Damit droht ein wichtiges Wahlrecht der TDSV leerzulaufen,
weil der Telefonkunde, der einen ISDN-Hauptanschluß hat,
bisher darauf verwiesen wird, sich ein für alle Mal für
oder gegen die Rufnummernanzeige zu entscheiden. Die Anzeige der
Rufnummern von analogen Anschlüssen, von denen aus beim Inhaber
eines ISDN-fähigen Telefons angerufen wird, ist zwar technisch
möglich, wird aber nach Angaben der TELEKOM bisher nicht
durchgeführt. Nach dem Wortlaut der TDSV müßte
auch in diesem Fall eine individuelle Unterdrückungsmöglichkeit(z.B.
durch Wahl einer bestimmten Ziffer) geschaffen werden, bevor die
Rufnummern von analogen Anschlüssen angezeigt werden dürfen.
Auf der Ebene der Europäischen Union tritt die Entwicklung
des Telekommunikationsdatenschutzrechts noch immer auf der Stelle.
Die Europäische Kommission hat im Berichtszeitraum keine
geänderte Fassung ihres Vorschlags für eine ISDN-Richtlinie
beschlossen, so daß der Abstand zwischen diesem für
den europäischen Telekommunikationsmarkt so wichtigen Vorhaben
und der allgemeinen Datenschutzrichtlinie, mit der er ursprünglich
gemeinsam in Kraft gesetzt werden sollte, immer größer
wird. Gleichzeitig sind andere Initiativen der Europäischen
Kommission im Telekommunikationssektor schon sehr viel weiter
gediehen, etwa der Entwurf für eine Richtlinie über
den offenen Netzzugang im Sprachtelefondienst, die zum Teil Regelungen
enthält, die erheblich hinter dem Vorschlag für eine
ISDN-Datenschutzrichtlinie zurückbleiben. Die endgültige
Beschlußfassung im Rat bleibt allerdings abzuwarten.
Besonderes Gewicht mißt die Kommission nach dem Aufbau der
im Europäischen Unionsvertrag von Maastricht genannten transeuropäischen
Netze bei. Insbesondere das ISDN wird zu einem der ersten transeuropäischen
Netze ausgebaut werden. Auch der grenzüberschreitende Datenaustausch
zwischen Verwaltungen wird von der Kommission gefördert.
Der Ministerrat der Europäischen Gemeinden (Europäische
Rat) hat am 22. Juli 1993 beschlossen, daß die Monopole
im öffentlichen Sprachtelefondienst europaweit bis zum 1.
Januar 1998 beseitigt werden müssen. Dies soll im Zuge der
zweiten Stufe der Postreform auch in der Bundesrepublik umgesetzt
werden. Damit soll es in naher Zukunft in der Europäischen
Union zu einem Wettbewerb zwischen zahlreichen Diensteanbietern
kommen, so daß sich das oben beschriebene Problem der Gewährleistung
eines einheitlichen hohen Datenschutzstandards auch auf europäischer
Ebene stellen wird. Schon deshalb ist es dringend erforderlich,
daß die von der Kommission vorgeschlagene Datenschutzrichtlinie
für das ISDN zügig verabschiedet wird. Darauf hat auch
die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
verwiesen.
Einer Lösung auf europäischer Ebene bedürfen auch
die Datenschutzprobleme im Zusammenhang mit der Mobilkommunikation.
So müssen die Daten der Mobilfunkteilnehmer auf der Funkstrecke
wirksam verschlüsselt werden. Eine bloße Digitalisierung
der Signale reicht nicht aus, denn durch sie wird das Abhören
erschwert, nicht aber zuverlässig ausgeschlossen. Den Benutzern
sollte eine kostenlose Ende-Zu-Ende-Verschlüsselung angeboten
werden. Vor allem aber müssen gerade bei der Mobilkommunikation,
wo Informationen über den jeweiligen Standort der Teilnehmers
auch dann verarbeitet werden, wenn sein Gerät nur empfangsbereit
ist, wirksame Vorkehrungen gegen die Entstehung von Bewegungsbildern
getroffen werden. Dazu müssen laufende und künftige
Normierungsprozesse entsprechend beeinflußt werden. Wenn
schon der Anfall solcher Standortdaten nicht von vornherein technisch
ausgeschlossen werden kann, muß durch die Gesetzgebung der
Union oder der Mitgliedsstaaten eine strenge Zweckbindung dieser
Daten an die technische Vermittlung der Telekommunikationsverbindung
gewährleistet werden. Jede darüber hinausgehende Nutzung
sollte ausdrücklich untersagt werden.
Gerade im Bereich de Telekommunikation ist es entscheidend, daß
die Europäische Union nicht unter dem Hinweis auf den Grundsatz
der Subsidiarität davon absieht, die angesprochenen Fragen
möglichst einheitlich zu regeln. Die Mobilkommunikation wird
gerade im grenzüberschreitenden Verkehr große Bedeutung
erlangen, wie das Beispiel der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren
zeigt 16. Einheitliche hohe Datenschutzanforderungen sind deshalb
eine Grundvoraussetzung für die Akzeptanz dieser Technik,
der die Europäische Kommission mit Recht so große Bedeutung
beimißt.
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