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3. Satellitenkommunikation

Dem Einsatz von Satelliten kommt in der Telekommunikation eine ständig wachsende Bedeutung zu. Während Satelliten traditionell vor allem für Zwecke der Fernerkundung, der Verteilung von Radio- und Fernsehprogrammen und zum Herstellen von Telefonverbindungen über große Entfernungen hinweg benutzt wurden, dringen sie jetzt zunehmend auch in Bereiche vor, die bislang durch terrestrische Festnetz- oder Funkanlagen abgedeckt wurden, z. B. Mobiltelefonie und -datenübertragung. Zusätzlich wird das Angebot kontinuierlich um neue Dienste erweitert, die ohne Satelliteneinsatz bisher nicht möglich waren. Dazu gehören gegenwärtig vor allem Flottenmanagement-, Positionsbestimmungs- und Fernortungssysteme. Diese Dienste decken so unterschiedliche Bedürfnisse wie die Ortung gestohlener Fahrzeuge, Rationalisierung im Speditionsgewerbe und die Überwachung von Subventionsmaßnahmen auf EG-/EU-Ebene ab. Die Anzahl der Satellitenbetreiber, insbesondere aber die der Diensteanbieter vergrößert sich nach wie vor ständig.

Nach den vorliegenden Materialien haben die Belange des Datenschutzes in den Überlegungen von Satellitenbetreibern und Diensteanbietern bisher keine wesentliche Rolle gespielt. In dieser Broschüre wird zunächst eine Bestandsaufnahme der verschiedenen Einsatzfelder für Satelliten versucht. Gleichzeitig werden die wichtigsten Datenschutzrisiken herausgearbeitet.

3.1 Satellitentechnik

Die bisher gebräuchlichen Fernmeldesatellitensysteme bestehen in der Regel aus folgenden Komponenten:

über die Aufwärtsstrecke ("uplink") werden Informationen von leistungsstarken Erdfunkstationen (sogenannte "Hub-Stationen") zum Satelliten abgestrahlt. Bei der Erdfunkstation kann es sich je nach Anwendung auch um eine Mobilanlage handeln.

Das "Raumsegment" ("space segment") besteht aus sogen. "Transpondern", die von der Erde empfangene Informationen in eine andere Frequenz umsetzen, verstärken und zur Erde zurückstrahlen.

Die Abwärtsstrecke ("downlink") besteht je nach Betriebsart des Satelliten aus einer fest definierten Punkt-zu-Punkt- Verbindung, einer Punkt-zu-Mehrpunkt-Verbindung oder einer Verbindung zu einer mobilen Empfangsstation. Dabei kann es sich z. B. um ein mobiles Satellitentelefon, aber auch um einen Lastkraftwagen mit einer mobilen Empfangsanlage handeln (Flottenmanagement).

Aus technischen Gründen werden für die Auf- und die Abwärtsstrecke unterschiedliche Frequenzbereiche genutzt: Gebräuchliche Kombinationen sind hier die Bereiche 4/6 GHz ("C- Band"), 11/14 oder 12/14 GHz ("Ku-Band"), infolge der fortschreitenden Überlastung dieser Frequenzbereiche aber auch zunehmend der Bereich 20/30 GHz. Für die Abwärtsstrecke wird dabei jeweils das niedrigere Frequenzband genutzt.

Seitenanfang

Es lassen sich zwei Typen von Satelliten unterscheiden: Geostationäre Satelliten sind in einer Umlaufbahn über dem Äquator mit ca. 36 000 km Entfernung zur Erde positioniert. Da ihre Umlaufgeschwindigkeit der der Erde entspricht, erscheinen sie von der Erde aus betrachtet wie "am Himmel aufgehängt", als ortsfest. Da der 36 000 km-Orbit mittlerweile vollständig von Satelliten belegt ist - zwischen den Geräten muß ein Sicherheitsabstand von 2 bis 3 Grad eingehalten werden, damit sie sich nicht gegenseitig stören - werden Satelliten zunehmend auch auf niedrigeren Umlaufbahnen betrieben ("low earth orbit"- Satelliten - LEO). Diese Satelliten sind von der Erde aus betrachtet nicht ortsfest, sondern umkreisen sie.

Bei der Datenübertragung via Satellit lassen sich verschiedene Prinzipien unterscheiden: Geostationäre Kommunikationssatelliten strahlen die von einer festen Erdfunkstelle oder einer mobilen Sendeanlage gesendeten Signale nach der Umsetzung in einen anderen Frequenzbereich verstärkt zu anderen ortsfesten Erdfunkstellen oder mobilen Empfangsanlagen zurück. Bei bereits in Planung befindlichen Satellitennetzen werden die empfangenen Daten unter Umständen vor der Zurückstrahlung zur Erde noch an andere Satelliten übermittelt. Weiterhin existieren Satelliten, deren regelmäßige Bewegung um den Erdball zum Transport von Daten genutzt wird. In diesem Fall werden die Daten in den Satelliten während des Transports im Orbit zwischengespeichert.

Gegenwärtig umkreisen allein ca. 500 Kommunikationssatelliten die Erde (Stand: Ende 1992). Diese Angabe berücksichtigt nicht die zahlreichen zivilen Fernerkundungssatelliten sowie militärische Satellitensysteme. Die Gesamtanzahl der im Orbit befindlichen Satelliten nimmt nach wie vor beständig zu.

Abbildung: Prinzip der Satellitenkommunikation am Beispiel von

INMARSAT (Quelle: Satellite Business, März 1993, S. 9)

3.2 Satellitenbetreiber

Das kontinuierliche Auftreten neuer Anbieter im Bereich der Satellitenkommunikation führt zu einer großen Unübersichtlichkeit des Angebots. Bei genauer Betrachtung sind die meisten Anbieter von Satellitendiensten jedoch keineswegs selbst Betreiber von Satelliten, sondern sie haben die Übertragungskapazitäten ihrerseits von anderen Unternehmern gemietet. Aufgrund des erheblichen Investitionsbedarfs für die Entwicklung und den Betrieb eines Satelliten sowie vor allem den Transport in die Orbitposition gibt es nur relativ wenige Organisationen, die selbst Satelliten betreiben. Dabei handelt es sich meist um internationale Konsortien oder um nationale Fernmeldebehörden. Diese vermieten dann Transponderkapazität ihrer Satelliten an andere Unternehmen oder Behörden ("Signatare"), die darauf aufbauend Satellitenkommunikationsdienste am Markt anbieten.

Zu den für die Bundesrepublik wichtigsten kommerziellen Betreibern von Satelliten gehören

INTELSAT (International Telecommunications Satellite Organisation), eine internationale Organisation mit mehr als 100 Mitgliedsländern, die in 172 Ländern Kommunikationsdienste ihrer INTELSAT-Satelliten anbietet,

INMARSAT (International Maritime Satellite Organisation), eine 1975 gegründete internationale Organisation mit gegenwärtig ca. 70 Mitgliedern (Stand: April 1994), die sich zunächst vornehmlich mit dem Aufbau von Kommunikationsverbindungen zu Schiffen beschäftigte, ihr Geschäftsfeld aber mittlerweile auch auf Kommunikationsverbindungen zu Flugzeugen und mobilen Landfahrzeugen ausgedehnt hat,

EUTELSAT (European Telecommunications Satellite Organization), die 1977 von 26 europäischen Fernmeldeverwaltungen zur Verbesserung der innereuropäischen Satellitenverbindungen gegründet wurde und heute 38 Mitglieder hat. Neben TV- Übertragung, Telefon- und Datenübertragungsdiensten wird auch das Flottenmanagementsystem EUTELTRACS über EUTELSAT-Satelliten betrieben,

sowie die TELEKOM AG (ehemals Deutsche Bundespost TELEKOM), die im Augenblick drei DFS-KopernikusSatelliten unterhält, die zur Übertragung von TV-Programmen, für Fernmeldeverbindungen (vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten insbesondere solche zwischen der BRD und West-Berlin) und Datenübertragungsdienste genutzt werden.

Daneben betreiben zahlreiche weitere Einzelstaaten Satelliten zu zivilen und militärischen Zwecken, wobei früher ausschließlich militärisch genutzte Anlagen zunehmend auch für zivile Zwecke vermarktet werden.

3.3 Einzelne Satellitendienste

Satelliten werden für alle denkbaren Telekommunikationsdienste genutzt. Nutzer sind dabei zunächst staatliche Einrichtungen für Post und Telekommunikation oder deren privatisierte Nachfolgeorganisationen, wie z. B. die Deutsche Bundespost TELEKOM, die als Signatar an mehreren internationalen Satellitenorganisationen (INTELSAT, EUTELSAT, INMARSAT, INTERSPUTNIK) beteiligt ist.

Daneben nutzen auch Privatunternehmen zum Beispiel für die Verbindung von Konzernzentralen mit den verschiedenen Zweigstellen zunehmend Satellitentechnik für Telekommunikationszwecke. Hierbei kommt insbesondere die VSAT- Technologie zum Einsatz, die weiter unten gesondert erläutert wird.

Im folgenden werden einzelne spezielle Satellitendienste beispielhaft genauer beschrieben.

3.3.1 Satellitengestützte Ortung

3.3.1.1 Positionsbestimmungssysteme - zum Beispiel GPS

Das "Global Positioning System" (GPS) erlaubt die satellitengestützte Bestimmung der eigenen Position an einem beliebigen Ort auf der Erde bis auf wenige Meter genau. Es besteht aus 21 "NavStar"-Satelliten, die die Erde in einer Höhe von 20200 km umkreisen. Mit einem GPS-Empfangsgerät werden die vier dem Standort am nächsten befindlichen Satelliten angepeilt. Auf der Grundlage der Signallaufzeiten wird der Standort berechnet.

GPS wurde im Auftrag des amerikanischen Verteidigungsministeriums entwickelt und im Golfkrieg erfolgreich getestet. GPS-Empfänger sind auf dem freien Markt erhältlich und werden gegenwärtig vor allem im Bereich der Schiffahrt, aber auch für die Positionsbestimmung im Autoverkehr genutzt. Auch die Anwendung für den instrumentengesteuerten Flugbetrieb ist bereits erprobt worden.

GPS selbst ist ein "passives" System; die Positionsdaten werden zunächst nur an das abfragende Empfangsgerät gesandt. Dies geschieht nicht ständig, sondern nur auf Anforderung durch das Empfangsgerät. Personenbezogene oder -beziehbare Daten, die ohne eine Kontrolle des Betroffenen erhoben oder verarbeitet werden, fallen daher zunächst nicht an. Das System wird jedoch im Rahmen von anderen Diensten (Ortung gestohlener Fahrzeuge, Flottenmanagement) zur Positionsbestimmung genutzt. Die mit GPS gewonnenen Informationen können in diesen Systemen zur Erzeugung von Bewegungsbildern genutzt werden.

Rußland betreibt ein GPS-ähnliches, ursprünglich ebenfalls militärischen Zwecken gewidmetes System unter dem Namen "GLONASS". Funktionsweise und Leistungsumfang entsprechen in etwa denen des GPS-Systems. Mit einer zukünftigen kommerziellen Vermarktung auch dieses Systems ist zu rechnen.

3.3.1.2 Flottenmanagementsysteme - zum Beispiel EUTELTRACS

EUTELTRACS ist ein Duplex-Satellitendienst für Standortbestimmung und Nachrichtenaustausch. Das System wird überwiegend von Speditionen im Bereich des Flottenmanagements eingesetzt. Für EUTELTRACS werden zwei geostationäre EUTELSAT-Satelliten genutzt, deren Ausleuchtungszone ganz Europa, aber auch Teile des mittleren Ostens und Nordafrikas umfaßt.

EUTELTRACS wird gegenwärtig in 11 europäischen Ländern von sieben verschiedenen Diensteanbietern vermarktet. Jeder nationale Diensteanbieter betreibt ein Network Management Center (NMC), mit dem die Feststationen der Kunden kommunizieren. Jedes NMC ist wiederum mit der zentralen Hub- Station in der Nähe von Paris verbunden, über die die Verbindung zu den Satelliten hergestellt wird.

Die Positionsbestimmung einer Mobileinheit erfolgt, indem durch eine zentrale HubStation ein Signal über die beiden Satelliten an die Mobileinheit gesandt wird. Die Mobileinheit berechnet aus den unterschiedlichen Signallaufzeiten den Standort und sendet diesen zurück an die Hub-Station. Die Ortungsgenauigkeit beträgt dabei ca. 300 m. Die Position läßt sich in der Speditionszentrale auf digitalisierten Landkarten abbilden. Die Positionsermittlung erfolgt automatisch in frei einstellbaren Intervallen; dadurch kann der Weg der Mobileinheit in der Zentrale kontinuierlich mitverfolgt werden. Auch das Abrufen von technischen Fahrzeug- und Frachtdaten wie Öldruck oder Frachttemperatur ist möglich. Zusätzlich können mit dem zur Mobileinheit gehörigen Terminal mit LCDDisplay auch Nachrichten ausgetauscht werden.

Ähnliche Systeme werden in der Bundesrepublik auch von der NUKEM GmbH ("NuLoc") und von Dantronic ("MODIS") angeboten. Diese Systeme nutzen jedoch das GPS zur Positionsbestimmung und Mobiltelefone des C-/D-Netzes für die Datenübertragung. Verschiedene Unternehmen (z. B. MAN und die TELEKOM AG) bieten auf dem INMARSAT-C-Dienst aufsetzende Flottenmanagement-Systeme an. Auch hier wird GPS zur Positionsbestimmung genutzt.

Aus Datenschutzsicht sind derartige Systeme als bedenklich einzustufen. Es ist offensichtlich, daß hier ein elektronisches Bewegungsprofil des Einzelnen ohne dessen Einwilligung erzeugt werden kann. Dadurch werden auch arbeitsrechtliche Fragen aufgeworfen, da das System eine Überwachung von Arbeitnehmern im Transportgewerbe in bisher nicht bekanntem Ausmaß gestattet. Hier sollte eine verbindliche Festlegung der Verwendungszwecke der erhobenen Daten auf die Disposition erfolgen und jede weitere Verwendung z. B. zu einer Leistungskontrolle ausgeschlossen werden.

3.3.1.3 Fernortung

Im Bereich der Fernortung haben satellitengestützte Systeme zur Lokalisierung gestohlener Fahrzeuge in letzter Zeit eine zunehmende Publizität erlangt. Solche Systeme werden sowohl von politischer Seite propagiert als auch in der Privatwirtschaft erprobt. Von einem deutschen Automobilhersteller ist bekannt, daß dort zur Zeit diesbezügliche Versuche durchgeführt werden.

Das bereits oben beschriebene EUTELTRACS-System kann ebenfalls zur Ortung gestohlener Fahrzeuge eingesetzt werden. Die debis- Tochter "Charterway" hat ein System zur satellitengestützten Entdeckung gestohlener LKW-Anhänger entwickelt, daß allerdings noch nicht vermarktet wird.

Ob solche Systeme überhaupt geeignet sind, den zunehmenden Diebstahl von Fahrzeugen einzudämmen, ist umstritten. Kritiker weisen darauf hin, daß die auf einer drahtlosen Übermittlung von Positionsdaten mittels elektromagnetischer Wellen basierende Systeme relativ leicht ausgeschaltet werden können, indem das Fahrzeug in einem Behälter mit reflektierenden Innenwänden transportiert wird.

Bei den in der Entwicklung befindlichen Ortungssystemen entsteht - eine flächendeckende, vielleicht gar gesetzlich vorgeschriebene Nutzung vorausgesetzt - ein gravierendes Datenschutzproblem in erster Linie durch die gegebene Möglichkeit zur Erstellung von detaillierten Bewegungsbildern aller Benutzer von Kraftfahrzeugen. Selbst wenn im Augenblick die Verwendung der Daten auf die Zwecke der Bekämpfung von Kfz- Diebstählen beschränkt werden soll, so wird doch allein die entstehende Infrastruktur und das Vorhandensein solcher Datenbestände Begehrlichkeiten bei staatlichen und privaten Organisationen wecken. Allein im Bereich der allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung lassen sich ohne viel Phantasie zahlreiche andere Nutzungszwecke denken. Weitere mögliche Anwendungsgebiete wären ohne Anspruch auf Vollständigkeit z. B. die Lenkung von Verkehrsflüssen, die Überprüfung von Zahlungen von Kilometergeld für dienstlich genutzte Fahrzeuge im Steuerrecht, Kontrolle von Geschwindigkeitsüberschreitungen und die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren.

Das Überwachungspotential, ganz zu schweigen von den entstehenden Mißbrauchsrisiken, muß angesichts der Verbreitung von Kraftfahrzeugen als außerordentlich hoch eingeschätzt werden. Bevor mit immensem Aufwand high-tech-Systeme zur nachträglichen Ortung gestohlener Fahrzeuge geschaffen werden, sollte die Fahrzeugindustrie zunächst die Möglichkeiten der Prävention durch entsprechende Modifikationen an den Fahrzeugen ausschöpfen. Die Durchsetzung eines verbesserten Schutzniveaus scheitert bisher an der komplizierten Interessenlage der beteiligten Instanzen, nicht etwa an einem Mangel an technischen Möglichkeiten. Aus Datenschutzsicht sind Systeme, die ohne Einflußmöglichkeit des Betroffenen ständig personenbezogene Daten ausstrahlen, insgesamt inakzeptabel. Auch in diesem Bereich muß vielmehr sichergestellt werden, daß personenbezogene Daten nur mit Wissen des und kontrollierbar durch den Betroffenen erhoben und verarbeitet werden können.

3.3.2 Telefon- und Kommunikationsdienste

Satellitensysteme werden zunächst in großem Umfang für die herkömmlichen Telekommunikationsdienste eingesetzt. Dazu gehören beispielsweise Telefon, Telefax, Telex, Datenübertragungsdienste, E-mail und Videokonferenzschaltungen. Zwar werden Satellitenverbindungen schon lange für die Herstellung von Telefonverbindungen über große Entfernungen - z. B. im Transatlantikverkehr - genutzt. Aber auch für vergleichsweise geringe Entfernungen setzt z. B. die TELEKOM AG bei Bedarf Satellitenanlagen ein: Dies betrifft zum Beispiel die Verbindung mit der deutschen Botschaft in Moskau, Telefon-, Telex- und Datex-P-Verbindungen in verschiedene Länder Osteuropas ("DELOS" - Deutscher Telefonanschluß in Osteuropa), aber auch zahlreiche Verbindungen in die "fünf neuen Länder", in denen bis zur Instandsetzung der terristrischen Netze Satellitenkapazität zum Betrieb eines Overlay-Fernsprechnetzes genutzt wurde. Für den Benutzer von Telekommunikationseinrichtungen bleibt der Einsatz der Satelliten meist verborgen.

Satellitengestützte Dienste im Bereich der Sprach- und Datenübertragung werden auch von verschiedenen anderen Herstellern angeboten. Diese Dienste verfügen über Gateways in öffentliche Telefon- bzw. Datennetze, so daß von mobilen oder ortsfesten Satellitenterminals jeder Teilnehmer dieser Netze erreicht werden kann. Aufgrund der Vielzahl der angebotenen Dienste muß sich die Darstellung hier auf einige beispielhafte Dienste und Anbieter beschränken.

Dazu gehören die Satellitendienste der Inmarsat-Gruppe, die in Deutschland u. a. durch die TELEKOM AG vertrieben werden. Die Dienste umfassen

Inmarsat-A: Dieser Dienst bietet satellitengestützte Sprach- und Telexverbindungen. Datenübertragung ist bis 64 kBit/s möglich. Es können auch Telefax- oder andere Daten bis 9600 bps via Modem übertragen werden. Die mobilen Endgeräte wiegen ca. 20 bis 30 kg und arbeiten mit Antennendurchmessern von ca. 1 m. Die Datenübertragung erfolgt analog. In naher Zukunft soll der Dienst durch den digitalen Inmarsat-B-Dienst ergänzt bzw. ersetzt werden.

Inmarsat-C: Der Inmarsat-C-Dienst gestattet die Übertragung von Daten (bis 600 bps) und Textnachrichten, nicht aber von Sprache. Der Zugang ist in Deutschland von allen Telex- und Datex-P-Anschlüssen mit Selbstwahl möglich. Die Übertragung kann z. B. als Telexverbindung, im Datex-P-Netz (X.25-Modus) oder als Electronic-Mail erfolgen. Die Daten werden dann in einer Land-Erdfunkstelle temporär zwischengespeichert. Bei fehlerhafter oder unvollständiger Übermittlung werden sie solange erneut übertragen, bis der korrekte Empfang bestätigt wird. Es wird auch ein "Kurznachrichten-Modus" für die Übertragung von kleinen Datenpaketen zwischen 8 und 32 Bytes angeboten. In Verbindung mit einem Positionsbestimmungssystem kann der Inmarsat-C-Dienst auch zur Flottenbeobachtung und für das Flottenmanagement verwendet werden. Die Endgeräte haben Aktentaschen- bzw. Schuhkartonformat und wiegen ca. 5 kg.

Inmarsat-M: Der Dienst bietet Sprachverbindungen sowie Datenübertragung bis zu 2,4 kBit/s. Die Übertragung erfolgt digital. Die Endgeräte haben Aktentaschenformat und wiegen ca. 5 kg.

Datenübertragungsdienste werden auch von anderen Unternehmen angeboten:

INTELSAT Business Service - IBS ist ein Dienst zur Übertragung von z. B. Sprache, Daten und Videokonferenzen. Die Übertragungsgeschwindigkeiten liegen je nach Anwendung zwischen 64 kBit/s und 8,448 MBit/s. Typische IBS-Anwendungen sind Verbindungen zwischen den einzelnen Niederlassungen multinationaler Konzerne z. B. zur Nutzung einer gemeinsamen Entwicklungsdatenbank.

Zahlreiche Unternehmen bieten sogen. "VSAT" (Very Small Aperture Terminal)Dienste an. Diese Dienste zeichnen sich durch relativ kleine Sende- und Empfangsanlagen (Antennendurchmesser bis 1,8 m) aus und finden in der Industrie und auf dem Dienstleistungssektor eine immer größere Verbreitung. Es werden sowohl Verbindungen zwischen einzelnen ("point-to-point") als auch zwischen mehreren Kommunikationspartnern ("point-to- multipoint") angeboten. Dabei sind sowohl Simplex- als auch Duplex-Übertragungen möglich. Die Datenübertragungsraten liegen je nach Anbieter und Dienst zwischen 300 Bit/s und 64 kBit/s. VSAT-Dienste werden vornehmlich für die Kommunikation zwischen einzelnen Unternehmen, z. B. der Konzernzentrale und den Tochterunternehmen genutzt. Solche Netze unterhalten z. B. die Allianz-Versicherungsgruppe und das Großversandhaus Quelle. Ein System zur Verbindung von Mineralölgesellschaften zu ihren einzelnen Tankstellen ist geplant. Auf dem Gebiet der "fünf neuen Länder" wird die Ausbreitung von VSAT-Diensten zusätzlich durch die nach wie vor mangelhafte Telekommunikationsinfrastruktur erheblich begünstigt. Es ist damit zu rechnen, daß hier massenhaft auch personenbezogene Daten von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern übertragen werden. In der Bundesrepublik bietet die TELEKOM AG ihren VSAT- Dienst DAVID an. Weitere Anbieter sind BOSCH ANT, Alcatel SEL und verschiedene Signatare von INTELSAT, die den VSAT-Dienst INTELNET vermarkten.

Die bisher beschriebenen Dienste werden in absehbarer Zeit um weitere satellitengestützte Telekommunikationsanwendungen ergänzt werden: Derzeit planen verschiedene Hersteller die Einführung satellitengestützter Telefonnetze, deren Endgeräte nicht wesentlich größer als die momentan im Handel befindlichen "D-Netz-Handys" sein sollen. Solche Projekte verfolgen z. B. Inmarsat (Inmarsat-P, auch "Projekt 21") und ein von Motorola geführtes Konsortium ("Iridium"). Diese Systeme sollen ab 1994 erprobt werden und bis Ende des Jahrzehnts weltweit flächendeckend zur Verfügung stehen.

Da die Inhaltsdaten bei der Übertragung in der Regel in Computeranlagen der Diensteanbieter und der Systembetreiber zumindest temporär gespeichert werden, stellen sich hier zunächst die Fragen nach der Datensicherheit bei der Verarbeitung in diesen Anlagen bzw. bei der Übertragung zwischen diesen. Zur Beurteilung der Datensicherheit der Datenverarbeitungsanlagen von Netzbetreibern und Diensteanbietern liegen derzeit keine detaillierten Informationen vor. Die Datensicherheit bei der Übertragung hängt von der des benutzten Übertragungsmediums ab.

Aus Sicht des Datenschutzes sind bei der Sprach- und Datenübertragung via Satellit folgende Aspekte zu berücksichtigen: Grundsätzlich kann jeder, der über ein entsprechendes Empfangsgerät verfügt, die von einem Satelliten abgestrahlten Nachrichten empfangen. Der Bundesnachrichtendienst unterhält z. B. eine Anlage zum Abhören von Kommunikationsverbindungen via Satellit. Nach Untersuchungen des BSI ist es zwar derzeit nur professionellen Anwendern möglich, Nachrichteninhalte von Satellitenverbindungen abzuhören; die momentan im freien Handel erhältlichen Scanner erlauben dies nur für wenige Verbindungen. Durch das reine Abhören der Verbindung können die Kommunikationsinhalte in der Regel nicht in Erfahrung gebracht werden, da im allgemeinen Multiplex- und Datenkompressionsverfahren bei der Übertragung eingesetzt werden. Da die entsprechenden Protokolle und Verfahren allerdings mindestens fachöffentlich bekannt sind, kann hier nicht von einem wirksamen Schutz ausgegangen werden.

Mit dem steigenden Umfang der Datenübertragung via Satellit dürfte das Interesse am Abhören der Inhalte und den dazu notwendigen Geräten in der Zukunft jedoch zunehmen. Es wird dann nur noch eine Frage der Zeit sein, bis solche Geräte am Markt erhältlich sind. Für die Übertragung sensibler, insbesondere personenbezogener Daten sollten daher wirksame Maßnahmen zur Sicherung der Vertraulichkeit der Kommunikation, z. B. durch eine wirksame end-to-end-Verschlüsselung der Daten, getroffen werden.

3.3.3 Fernerkundung

Die Fernerkundung zählt zu den ältesten Anwendungen der Satellitenkommunikation. Die Auflösung der so gewonnenen Bilder hat sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich verbessert; zivil genutzte Satelliten können heute Objekte mit einer Kantenlänge von 10 bis 20 m vom Weltraum aus identifizieren, im militärischen Bereich soll dies sogar für Objekte mit 1 bis 5 m Kantenlänge möglich sein. Die Satellitenbilder werden zunehmend in digitalisierter Form erzeugt.

Im Bereich der Fischerei plant die Europäische Gemeinschaft den Einsatz von Satellitentechnik zur Kontrolle der nationalen Fangflotten. Jedes Boot von über 40 m Länge soll kontinuierlich erfaßt und daraufhin kontrolliert werden, ob in Schutzzonen oder an Tagen, an denen ein Fangverbot besteht, gefischt wird.

Auch durch Fernortung können Datenschutzrisiken entstehen. Durch die fortschreitende Verfeinerung der Erfassungs- und Auswertungstechnik für Satellitenbilder besteht die Gefahr, daß zunehmend Sammlungen personenbezogener Daten entstehen, ohne daß die Betroffenen darauf Einfluß hätten oder auch nur darüber informiert wären. Der Bereich muß daher weiter kritisch beobachtet werden.

3.4 Datenschutzrecht und Satellitenkommunikation

Für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Weltraum existieren derzeit keinerlei spezielle Datenschutzbestimmungen. Der einschlägige Weltraumvertrag ("Vertrag über die Grundsätze zur Regelung von Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper" vom 27. Januar 1967) enthält keine diesbezüglichen Regelungen. Da Einzelstaaten diesen Bereich nicht sinnvoll regeln können, wäre hierfür eine zwischenstaatliche Regelung durch völkerrechtlich bindende Verträge auf der Ebene der Vereinten Nationen erforderlich. Derartige Verträge sollten z. B. regeln, in welchem Ausmaß personenbezogene Daten vom Weltall aus erhoben bzw. im Weltall verarbeitet werden dürfen, wer der verantwortliche Datenverarbeiter ist, wenn Daten im Raumsegment gespeichert werden, welche Datensicherheitsmaßnahmen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Weltall getroffen werden müssen. Entsprechende Regelungen könnten auch in die Vertragswerke über die Gründung der Satellitenorganisationen Eingang finden.

Besondere Probleme wirft die mittelfristig geplante breite Einführung von satellitengestützen Mobiltelefondiensten auf: Hier könnte ein rechtsfreier Raum entstehen, da die nationale Telekommunikationsgesetzgebung (z. B. bezüglich der Speicherung von Verbindungs-, aber auch von Inhaltsdaten) keine Anwendung findet. Gleiches gilt auch für die zu erwartenden Regelungen auf der Ebene der Europäischen Union.

Hier müßten ebenfalls weltweit gültige, völkerrechtlich bindende Regelungen geschaffen werden. Soweit dies nicht erreicht werden kann, sollten die Benutzer darauf dringen, daß ein den nationalen Regelungen entsprechender Datenschutzstandard mit dem Diensteanbieter vertraglich vereinbart wird.

4. Staatliche Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis -

Abhörmaßnahmen

4.1 Rechtsgrundlagen

Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses dürfen nur aufgrund eines Gesetzes angeordnet werden (Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG). Derartige Beschränkungen sind das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz - G 10), § 100 a Strafprozeßordnung (StPO) und § 39 Außenwirtschaftsgesetz.

4.1.1 Eingriff in das Fernmeldegeheimnis durch Nachrichtendienste

Zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik stationierten NATO-Truppen sind die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, das Amt für den militärischen Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst berechtigt, den Fernmeldeverkehr zu überwachen und aufzuzeichnen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 G 10).

Voraussetzung sind tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, daß jemand bestimmte staatsgefährdende Straftaten plant, begeht oder begangen hat sowie, daß die Erforschung des Sachverhalts sonst aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Anordnung darf sich auch gegen Personen richten, bei denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie für den Verdächtigen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder daß der Verdächtige ihren Anschluß benutzt.

Darüber hinaus dürfen zur Nachrichtensammlung zwecks Abwehr eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik Beschränkungen durch den Bundesnachrichtendienst für Post- und Fernmeldebeziehungen angeordnet werden (sogenannte strategische Überwachung).

Personenbezogene Erkenntnisse aus strategischen Überwachungsmaßnahmen dürfen zur Verhinderung, Aufklärung oder Verfolgung von bestimmten im Gesetz genannten Straftaten verwendet werden, soweit gegen die Person eine eigene G 10- Maßnahme angeordnet ist oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß jemand eine der genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat.

Mit dem am 1. Dezember 1994 in Kraft getretenen "Verbrechensbekämpfungsgesetz" wurde die Befugnis des Bundesnachrichtendienstes für die strategische Überwachung des Fernmeldeverkehrs auf das Sammeln von Erkenntnissen über künftige Straftaten, wie z. B. internationale Geldwäsche, internationale terroristische Anschläge, Einschmuggeln von Drogen, erweitert (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 bis 6 G 10). Die Erkenntnisse aus der Überwachung dürfen unter den o. g. Voraussetzungen durch den Bundesnachrichtendienst an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden. Kritiker - so auch die Herausgeber dieser Broschüre - sehen in diesen neuen Befugnissen einen entscheidenden Schnitt hin zur verfassungswidrigen Aufhebung des Trennungsgebots zwischen Geheimdiensten und Polizei.

4.1.2 Fernmeldeüberwachung durch Strafverfolgungsbehörden

Nach § 100 a Strafprozeßordnung (StPO) kann die Überwachung des Fernmeldeverkehrs angeordnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, daß jemand eine in der Norm genannte Straftat begangen hat oder - wenn der Versuch strafbar ist - zu begehen versucht oder durch eine Straftat vorbereitet hat und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

Die Straftaten, bei denen eine Fernmeldeüberwachung angeordnet werden kann, sind in einem abschließenden, allerdings recht umfangreichen Katalog in § 100 a StPO zusammengefaßt. Sie reichen von Friedens- und Hochverrat über Mord bis hin zu Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und die Verleitung zur mißbräuchlichen Asylantragsstellung. Der Umfang des Kataloges ist wiederholt Gegenstand der Kritik von Datenschützern gewesen, ohne daß dies zu einer Einschränkung geführt hätte.

Gemäß § 100 b StPO darf die Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs nur durch den Richter angeordnet werden. Allerdings reicht bei Gefahr im Verzug die Anordnung durch die Staatsanwaltschaft aus, die jedoch dann außer Kraft tritt, wenn sie nicht binnen drei Tagen von einem Richter bestätigt wird.

Aufgrund der Anordnung haben die Betreiber von Fernmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, dem Richter, der Staatsanwaltschaft und ihren Hilfsbeamten bei der Polizei die Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs zu ermöglichen.

Die bei der Überwachung erlangten und aufgezeichneten Informationen dürfen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwandt werden, soweit sie zur Aufklärung einer der in § 100 a StPO genannten Straftaten benötigt werden. Sie sind zu vernichten, sobald sie zur Strafverfolgung nicht mehr erforderlich sind.

4.1.3 Fernmeldeüberwachung durch das Zollkriminalinstitut

Zur Verhütung von Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz ist das Zollkriminalinstitut berechtigt, den Fernmeldeverkehr zu überwachen und aufzuzeichnen (§ 39 Außenwirtschaftsgesetz).

Die Maßnahme kann angeordnet werden gegenüber Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie bestimmte schwerwiegende Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen planen, gegenüber anderen Personen oder Unternehmen, wenn der mögliche Tatverdächtige bei ihnen tätig ist und die Überwachung seines Fernmeldeverkehrs nicht ausreicht oder gegenüber Personen, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie für den möglichen Tatverdächtigen bestimmte Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder daß dieser ihren Anschluß benutzt.

Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und die Maßnahme nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzukärenden Sachverhalts steht.

Die Anordnung ergeht auf Antrag des Behördenleiters oder dessen Stellvertreters nach Zustimmung des Bundesministers der Finanzen durch das Landgericht. Bei Gefahr im Verzug kann auch der Bundesfinanzminister die Überwachung anordnen. Die Eilanordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen vom Landgericht bestätigt wird.

Die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten dürfen außer zur Verhütung oder Aufklärung der oben genannten Straftaten auch zur Verhütung oder Aufklärung einer in § 138 Strafgesetzbuch genannten Straftat genutzt werden.

Mit dieser am 7. März 1992 in Kraft getretenen gesetzlichen Ermächtigung wird erstmals auch im Vorfeld strafbaren Handelns ein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis zugelassen und damit die Eingriffsvoraussetzungen im bedenklicher Weise "heruntergezont".

4.1.4 Erstreckung der Fernmeldeüberwachung auf digitale Datenübertragung

Bis zur ersten Postreform 1989 war es zweifelhaft gewesen, ob die Geheimdienste und die Strafverfolgungsbehörden überhaupt die Befugnis zur Überwachung der digitalen Datenkommunikation hatten.

Nach der bis dahin geltenden Fassung des G 10 und von §§ 100 a, 100 b StPO durften sie nämlich bloß den Fernsprechverkehr abhören und den Fernschreibverkehr mitlesen und auf Tonbänder aufnehmen.

Die Erweiterung der Überwachungsbefugnisse wurde 1989 in einem Schnellverfahren mit der Begründung durchgesetzt, es handele sich lediglich um eine Präzisierung geltenden Rechts. Tatsächlich handelte es sich jedoch um eine öffentlich kaum wahrgenommene Ausweitung von Befugnissen, wenn nunmehr nicht nur der Fernsprech- und Fernschreibverkehr, sondern der gesamte Fernmeldeverkehr überwacht und aufgezeichnet werden darf.

Datenschutzrechtliche Forderungen, die Anpassung an neuartige Telekommunikationstechniken zum Anlaß zu nehmen, im Gegenzug das G 10 und die StPO-Befugnisse zum Eingriff in den Fernmeldeverkehr endlich an die Anforderungen des Volkszählungsurteils von 1983 anzupassen (z. B. Präzisierung der Voraussetzungen für die Informationsverarbeitung aufgrund des G 10, Festlegung zeitlicher Obergrenzen für Überwachungsmaßnahmen, Stärkung der Rechte der Betroffenen und Verankerung der Kontrollkompetenz der Datenschutzbeauftragten), hatten keine Durchsetzungschance. Bis heute hat sich hieran nichts geändert.

Eine weitere im Zuge der Poststrukturreform 1989 vorgenommene Änderung der Überwachungsbefugnisse betrifft den Betrieb von privaten Telekommunikationsdiensten direkt: Nicht nur die Deutsche Bundespost, sondern auch jeder andere Betreiber von Fernmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, haben den berechtigten Stellen Auskunft über den nach Wirksamwerden der G 10-Anordnungen oder Überwachungsmaßnahmen nach § 100 a StPO durchgeführten Fernmeldeverkehr zu erteilen sowie die Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs zu ermöglichen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 G 10, § 100 b Abs. 3 StPO). Sie haben ferner für die Durchführung der Überwachungsmaßnahmen das erforderliche Personal bereitzuhalten, das vom Verfassungsschutz überprüft wurde und zum Zugang zu Verschlußsachen ermächtigt ist.

Die Tatsache der Überwachung darf anderen nicht mitgeteilt werden. Der Verstoß gegen diese Vorschrift wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wer als Betreiber einer Fernmeldeanlage die Überwachung nicht ermöglicht oder kein entsprechend überprüftes Personal bereithält, handelt ordnungswidrig; die Ordnungswidrigkeit kann mit Geldbuße bis zu 30 000 DM geahndet werden.

4.1.5 "Auskunft über den Fernmeldeverkehr" gemäß § 12 FAG

Eine alte, gleichwohl besonders problematische Rechtsvorschrift, die einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis erlaubt, ist § 12 Fernmeldeanlagengesetz. Danach kann in strafgerichtlichen Untersuchungen der Richter und bei Gefahr im Verzug auch die Staatsanwaltschaft "Auskunft über den Fernmeldeverkehr verlangen, wenn die Mitteilungen an den Beschuldigten gerichtet waren oder wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die Mitteilungen von dem Beschuldigten herrührten oder für ihn bestimmt waren".

Anders als in §§ 100 a, b StPO wird den Strafverfolgungsbehörden durch diese Vorschrift der Zugriff auf dem Fernmeldegeheimnis unterliegende Daten auch in Verfahren ermöglicht, die der Aufklärung von Bagatelldelikten dienen: Auch wenn - wie oben erwähnt - der Straftatenkatalog von §§ 100 a, b StPO recht großzügig ist, gibt es für den Zugriff auf Daten nach § 12 FAG keine Beschränkungen durch einen Straftatenkatalog.

Anders als die Fernmeldeüberwachung nach dem G 10 und nach §§ 100 a, b StPO bezieht sich die "Auskunft" nach § 12 FAG nur auf Daten, die gespeichert sind und auf Informationen, die dem Betreiber einer Fernmeldeanlage (bzw. dem Anbieter von Fernmeldedienstleistungen) sonst bekannt sind. Im allgemeinen dürfte es sich bei den auf diese Weise von den Strafverfolgungsbehörden erlangten Informationen um Verbindungsdaten handeln; in bestimmten Fällen jedoch (z. B. bei Mailboxen) können jedoch auch Inhaltsdaten betroffen sein.

4.2 Durchführung von Überwachungsmaßnahmen

4.2.1 Terrestrische Dienste

Es ist nicht erforderlich - und bei recht mobilen Teilnehmern und Teilnehmerinnen auch viel zu aufwendig -, die Funkstrecken abzuhören, da alle Gespräche auch im Festnetz und dort dann auch nicht mehr verschlüsselt sondern allenfalls noch digitalisiert vermittelt werden. Über entsprechende Software in den Vermittlungsstellen - die, wenn sie noch nicht verfügbar ist, sich vielleicht schon in der Entwicklung befindet, aber zumindest entwickelbar ist - ist es technisch möglich, unter Verwendung des HLR (s. o.), in dem auch die Basisstation verzeichnet ist, in dem sich eine bestimmte MobiltelefonChipkarte gerade befindet, alle Gespräche dieses Anschlusses aufzuzeichnen.

Während im analogen Netz jede Abhöraktion einen sichtbaren Eingriff in der jeweiligen Vermittlungsstelle erforderte und die Aufzeichnung der Rufnummer von Anrufenden mit erheblichem Aufwand verbunden war, kann dies durch entsprechende Softwareprogrammteile einfach realisiert werden. Die Rufnummer der Anschlüsse, die von einem zu überwachenden Anschluß aus angerufen wurden, konnten auch bisher relativ einfach durch Mitzählen der Wählimpulse festgestellt werden.

Eine weitere Vereinfachung der Überwachung ergibt die digitalisierte Übermittlung der Verbindungsdaten - insbesondere der Sende- und der Empfangsnummer. So ist es möglich, auf der gesamten Übertragungsstrecke relevante Verbindungen auszuwählen.

Die Kontrolle der Überwachungsmaßnahmen hierzu berechtigter Stellen durch die Datenschutzbeauftragten oder parlamentarische Stellen wird in digitalisierten Netzen ungleich schwieriger, da die Überwachung softwaregesteuert durchgeführt werden kann. Bei einer Kontrolle vor Ort in der zuständigen Vermittlungsstelle wäre eine Überwachungsmaßnahme dann nicht mehr augenscheinlich feststellbar. Nur durch Analyse eventuell vorhandener Systemprotokolle wäre eventuell kontrollierbar, ob und für welche Anschlüsse Überwachungen aktiviert sind.

Eine Telefonüberwachung in den D-Netzen war anfangs nicht möglich. Mittlerweile ist davon auszugehen, daß die hierzu notwendige Software inzwischen erstellt und auch im Einsatz ist. Die Ausschreibung der E-Netz-Lizenz erfolgte bereits G-10- fest, d. h. die für die Durchführung der Überwachungsmaßnahmen notwendigen Routinen standen dort bereits von Anfang an zur Verfügung.

4.2.2 Satellitengestützte Dienste

Die via Satellit abgestrahlten Signale sind - wie bereits oben erwähnt - prinzipiell im gesamten Ausstrahlungsbereich ("footprint") des benutzten Satelliten von jedermann, der über geeignete technische Einrichtungen verfügt, zu empfangen. Die bei der Übertragung verwendeten Multiplexverfahren bieten nur einen unvollständigen Schutz.

Einrichtungen zur Überwachung der Satellitenkommunikation werden in vielen Ländern auch von staatlichen Stellen betrieben, die die gesamte Satellitenkommunikation in ihrem Einzugsbereich abhören und auswerten. In der Bundesrepublik wird eine derartige Anlage vom Bundesnachrichtendienst betrieben.

Darüber hinaus ist die Existenz gleichartiger privater Einrichtungen - z. B. zum Zweck der Industriespionage - durchaus denkbar. Den Autoren liegen jedoch gegenwärtig über die Existenz solcher Anlagen keine Informationen vor.

5. Wie können sich Betroffene schützen?

5.1 Terrestrische Dienste

5.1.1 Schnurlose Telefone

Bei schnurlosen Telefonen ist ein relativ abhörsicheres Telefonieren nur möglich, wenn Geräte eingesetzt werden, bei denen die Übertragung zwischen dem Funkteil und der Feststation digitalisiert und verschlüsselt ist. Wenn aus Preisgründen noch Geräte mit analoger Übertragung angeschafft werden, sollten sich die Telefonierenden bewußt sein, daß das Gespräch mit einfachen Mitteln abgehört werden kann und bei persönlichen Inhalten auf die Verwendung des Funkteils verzichten und stattdesssen das normale Telefon verwenden.

5.1.2 B- und C-Netz

Die Neuanschaffung von Mobiltelefonen des B- und C-Netzes kann aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht empfohlen werden.

Sensible Gespräche sollten nicht von diesen Geräten aus, sondern besser vom nächsten erreichbaren Festnetztelefon geführt werden! Dies schützt allerdings nicht gegen Abhörangriffe auf das Festnetz. Gespräche mit sehr sensiblen Inhalten sollten daher nur persönlich - oder mit sicherer Ende- zu-Ende-Verschlüsselung - geführt werden.

5.1.3 D- und E-Netz

In den D-Netzen wird zur Zeit eine Sicherheit erreicht, die der Sicherheit von Verbindungen im Festnetz der TELEKOM entspricht. Da bei jeder Verbindung auch Festnetze benutzt werden, kann diese Sicherheit nicht größer als dort sein.

Wegen der grundsätzlichen Abhörmöglichkeiten auch im Festnetz wird empfohlen, Gespräche mit (sehr) sensiblen Inhalten nur persönlich führen.

Über die Speicherung der Verbindungsdaten ist prinzipiell die Erstellung eines Bewegungsprofil des Mobiltelefons bzw. der Mobiltelefonkarte - und damit im allgemeinen auch des Anschlußinhabers bzw. der Anschlußinhaberin - möglich.

5.1.4 MODACOM

Aufgrund der Sicherheitsprobleme, die sich aus der prinzipiellen Abhörmöglichkeit von Datenfunkdiensten ergeben, sollten die Benutzer zumindest dann anwendungsseitig für eine kryptographische Verschlüsselung sorgen, wenn sensible Daten übertragen werden sollen. Dies gilt vor allem für die Übertragung von Authentifikationsdaten (z. B. Paßwörter) bei Datenbankabfragen und bei Einbindung von Modacom-Anwendungen über spezielle Datenfunk-Server in lokale Netzwerke.

5.2 Satellitenkommunikation

Wie bereits oben ausgeführt, kann eine via Satellit übertragene Nachricht im Prinzip im gesamten Abstrahlbereich des Satelliten abgehört werden (vgl. 3.3.2). Soweit die Diensteanbieter den Benutzern keine wirksame end-to-end- Verschlüsselung anbieten, sollten die Benutzer daher - zumindest wenn sensible Daten übertragen werden sollen - selbst derartige Verschlüsselungsverfahren anwenden.

6. Ausblick auf die weitere technische Entwicklung

6.1 Mobiltelefon

Die Erreichbarkeit von Mobiltelefonen der D-Netze und des E- Netzes ist nicht auf das Gebiet der BRD beschränkt. Verträge mit anderen Netzbetreibern haben schon dazu geführt, daß auch in Teilen des europäischen Auslandes mit Mobiltelefonen, die in den D-Netzen registriert sind, telefoniert werden kann, bzw. daß solche Mobiltelefone dort auch erreicht werden können. Dies führt dann dazu, daß Abrechnungs- und Verbindungsdaten sowie der Aufenthaltsort international ausgetauscht werden. Dies ist umso bedenklicher, da verbindliche europäische Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten vor Mißbrauch bislang fehlen.

6.2 Mobile Datenübertragung

Auch bei der mobilen Datenübertragung ist eine weitere deutliche Ausweitung der Teilnehmerzahlen zu erwarten, wobei aufgrund des noch verhältnismäßig hohen Preises der mobilen Endgeräte der Schwerpunkt bei der kommerziellen Nutzung liegen wird. Nach der inzwischen erteilten weiteren Lizenz für einen mobilen Datenübertragungsdienst durch das BMPT ist damit zu rechnen, daß sich auch in diesem Bereich wie bereits bei den Funktelefonen öffentliche und private Anbieter gegenüberstehen werden.

Ebenso wie bei digitalen Funktelefonnetzen wird es verstärkte Bemühungen zur internationalen Standardisierung geben. Aus Datenschutzsicht wird es dabei insbesondere darauf ankommen zu erreichen, daß dabei Datensicherungsmechanismen berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die Verschlüsselung der übertragenen Daten auf der Funkstrecke.

6.3 Satellitenkommunikation

Satelliten werden auch zukünftig in zunehmendem Umfang für klassische Telekommunikationsdienstleistungen eingesetzt werden. Sie ersetzen und ergänzen dabei zunehmend terrestrische Telekommunikationsnetze. Auch mit der Entwicklung weiterer satellitenspezifischer Kommunikationsdienste ist zu rechnen. Ein Ende dieser Entwicklung ist derzeit nicht abzusehen; es ist im Gegenteil zu erwarten, daß in die osteuropäischen Staaten beim Aufbau einer modernen Telekommunikations-Infrastruktur - speziell in Gebieten mit territorial schwierigen Bedingungen für den Aufbau terristrischer Netze wie z. B. in Sibirien - verstärkt auf Satellitentechnik zurückgreifen werden.

Wie oben ausgeführt, entstehen durch die verstärkte Nutzung der Satellitentechnik auch zunehmend Gefahren für das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen, ohne daß bisher umfassende Datenschutz- und Datensicherheitsregelungen zur Eindämmung dieser Gefährdungen entwickelt worden wären. Die Entwicklung der Satellitenkommunikation sollte daher von den Datenschutzbeauftragten stärker als bisher kritisch begleitet werden.

Zuletzt geändert:
am 07.02.97

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