Einleitung
"Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei." (Artikel 5 Absatz
3 Satz 1 Grundgesetz)
Dieses in den Grundrechtskatalog des Grundgesetzes aufgenommene Grundrecht
ist die Voraussetzung dafür, daß sich Wissenschaft und Forschung
in der Bundesrepublik Deutschland entfalten können. Die Wissenschafts-
und Forschungsfreiheit ist ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet.
Treten jedoch Grundrechte in Kollision, richten sich also ihre Wirkungen
gegeneinander, und ist dies eine allgemeine, nicht nur im Einzelfall auftretende
Konstellation, so ist der Gesetzgeber gefordert, Regelungen zu treffen. Diese
Regeln müssen dem Grundsatz der "praktischen Konkordanz" entsprechen,
womit die Suche und Wahl des schonendsten Ausgleichs zwischen den
widerstreitenden Grundrechten gemeint sind. Der Ausgleich selbst ist für
jeden Einzelfall neu zu finden.
Eine Reihe von Wissenschaftsgebieten haben den Menschen zum Forschungsgegenstand.
Er wird Objekt der Forschung. Die auf diesen Gebieten tätigen
Wissenschaftler benötigen daher vielfältigste Daten über einzelne
Personen. Damit greift die Forschung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz ein. Ein
bloßes Objekt-Sein des Menschen steht dazu im Widerspruch. Das allgemeine
Persönlichkeitsrecht als Grundrecht gewährleistet insoweit die
Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe
und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen -bezeichnet als
Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Einschränkungen dieses Rechts sind nur im überwiegenden
Allgemeininteresse zulässig und bedürfen einer
verfassungsmäßigen normenklaren gesetzlichen Grundlage.
Damit ist für den Wissenschaftler der Weg zu den von ihm begehrten Daten
weitgehend vorgeschrieben. "Praktische Konkordanz" heißt also, für
jeden Schritt des einzelnen Vorhabens die Erforderlichkeit des Eingriffs
zu prüfen und zwar danach, ob das mildeste Mittel gewählt wurde.
Die Reihenfolge der im Textteil dieses Heftes beschriebenen Formen des Eingriffes
ist nach der Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts
gewählt.
Die Spannweite reicht vom leichtesten Eingriff beim Vorliegen anonymer Daten
über die Beteiligung des Betroffenen auf Grund seiner informierten
Einwilligung bis zum schwersten Eingriff - der Datennutzung ohne Einwilligung,
d.h. "hinter dem Rücken des Betroffenen" auf Grundlage einer
Forschungsklausel. Für jede dieser Formen hat der Gesetzgeber in Bund
und Ländern bestimmte Regelungen getroffen.
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