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4.7 Justiz
Gesetzgebung
Noch immer ist das Justizmitteilunggsgesetz [94] nicht in Kraft;
der Bundesrat hatte 1992 zu einem Entwurf der Bundesregierung
eine ablehnende Stellungnahme abgegeben. Dies ist bedauerlich,
da in diesem Bereich klare und datenschutzfreundliche Rechtsgrundlagen
erforderlich sind.
In Berlin gibt es seit dem Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes
zum Gerichtsverfassungsgesetz (AGGVG)[95] eine Übergangsregelung
in § 29 Abs. 2 AGGVG Den Verwaltungsvorschriften" Mitteilungen
in Zivilsachen" (MiZi) und "Mitteilungen in Strafsachen"
(MiStra) ist bis zur Verabschiedung des Justizmitteilungsgesetzes
Gesetzeskraft verliehen worden.
Das Gesetzgebungsverfahren im Bereich des Straffvollzuges macht
ebenfalls keine Fortschritte, obwohl auch hier angesichts der
vielfältigen und umfangreichen Datenverarbeitung die Schaffung
klarer gesetzlicher Grundlagen besonders dringend ist.
Auch der bereits 1989 vorgelegte Entwurf für ein Strafverfahrenänderrungsgesetz(StVÄG)
ist immer noch nicht in den Bundestag eingebracht worden [96].
Nur das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels
und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität
(OrgKG) das am 15. September 1992 in Kraft getreten ist[97], nahm
einige - besonders gravierende - Regelungen vorweg.
Kürzlich ist von den Ländern ein neuer Entwurf unter
dem Titel "Dateienregelungen in Strafverfahren" erarbeitet
worden. Dieser Entwurf ist datenschutzrechtlich nicht akzeptabel.
Die vorgesehenen Regelungen bleiben noch hinter dem StVÄG
[98] zurück. Der Gesetzentwurf bedarf, wenn er weiterverfolgt
werden soll, dringend einer Überarbeitung, die eine sorgfältige
Abwägung zwischen den Interessen des Staates an der Strafverfolgung
und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Bürger
erkennen lassen.
So soll eine Generalermächtigung für spontane Datenübermittlungen
anderer öffentlicher Stellen an die Staatsanwaltschaft eingefügt
werden, die in ihrer Pauschalität höchst bedenklich
ist. Abzulehnen ist auch das vorgesehene Akteneinsichtsrecht für
die Gerichte, Staatsanwaltschaften und andere Justizbehörden
zum Zwecke der "Rechtspflege". Ein Akteneinsichtsrecht
sollte die Ausnahme bleiben und nur erfolgen, wenn Auskünfte
aus Straftaten nicht genügen. Dies ist unerläßlich,
da in den Strafakten unterschiedlichste Daten enthalten sein können,
die nicht immer in vollem Umfang für die jeweilige Aufgabe
der anfragenden Stelle erforderlich sein müssen. Außerdem
sollten Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte auf den Zweck der
Strafrechtspflege beschränkt sein. Die Zweckbestimmung "Rechtspflege"
ist viel zu unbestimmt.
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Ferner enthält der Entwurf eine Regelung, nach der Auskünfte
aus Akten an öffentliche Stellen zulässig sein sollen,
wenn dies zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden
Aufgaben erforderlich ist. Akteneinsicht soll in diesen Fällen
schon dann gewährt werden können, wenn die Erteilung
von Auskünften einen unverhältnismäßigen
Aufwand erfordert. Diese Regelung steht nicht im Einklang mit
den im Volkszählungsurteil aufgestellten Anforderungen an
eine normenklare Eingriffsbefugnis. Hiermit ist ein nahezu ungehinderter
Zugriff öffentlicher Stellen auf sämtliche in Strafverfahren
gesammelten Daten möglich. Die Möglichkeit zur Akteneinsicht,
wenn eine Auskunft mit einem "unverhältnismäßig
großen Aufwand" verbunden ist, dürfte sich durch
die Überlastung der Strafverfolgungsbehörden in der
Praxis als ein allgemeines Akteneinsichtsrecht aller öffentlichen
Stellen auswirken. Wir haben in unserer Stellungnahme betont,
daß klare, differenzierte Kriterien, in welchen Fällen
und zu welchem Zweck Auskünfte aus Strafakten an andere öffentliche
Stellen erteilt werden dürfen, unerläßlich sind.
Mit § 482 des Entwurfs soll eine Rechtsgrundlage zur automatisierten
Datenverarbeitung geschaffen werden. Gerichte, Staatsanwaltschaften
und andere Justizbehörden dürfen danach personenbezogene
Daten in Dateien speichern, verändern und nutzen, soweit
dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Dies
ist eine Generalklausel ohne jede Aussage darüber, welche
Daten zu welchem Zweck gespeichert werden dürfen. Diese Vorschrift
ermöglicht ein uneingeschränktes Sammeln von Informationen
über jeden, wenn es von den Strafverfolgungsbehörden
für erforderlich gehalten wird.
Weiterhin soll eine Regelung für gemeinsame und verbundene
Dateien geschaffen werden. Diese Regelung ist ebenfalls so allgemein
gefaßt, daß sie eine Befugnis zu einer unüberschaubaren,
nicht mehr nachvollziehbaren Verflechtung verschiedenster Datensammlungen
nicht nur der Strafverfolgungsbehörden schafft. Aufgrund
der fehlenden Präzisierung wären sogar gemeinsame Datenbestände
von Polizei und Justiz zulässig.
[94]BT-Drs. 12/3199
[95] Jahresbericht 1991, 3.6 und Jahresbericht 1992, 4.3
[96] Jahresbericht 1991, 3.6 und Jahresbericht 1992, 4,3
[97] Jahresbericht 1992, 4.3; BGBI. 1 1992, S. 1302
[98] Jahresbericht 1990, 3.6, Jahresbericht 1991, 3.6, Jahresbericht
1992, 4.3
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