§ 3 Dienstkräfte
Die Dienstkräfte des Landesamtes für Verfassungsschutz
haben neben den allgemeinen Beamtenpflichten die sich aus dem
Wesen des Verfassungsschutzes und ihrer dienstlichen Stellung
ergebenden besonderen Pflichten. Sie haben sich jederzeit für
den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne
des Grundgesetzes und der Verfassung von Berlin einzusetzen. Die
Funktion des Amtsleiters soll nur einer Person übertragen
werden, die die Befähigung zum Richteramt besitzt.
§ 4 Zusammenarbeit
(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist verpflichtet,
mit Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes
zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit besteht insbesondere in
gegenseitiger Unterstützung und Information sowie in der
Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen (wie z. B. das nachrichtendienstliche
Informationssystem des Bundes und der Länder [NADIS] und
die Schule für Verfassungsschutz).
(2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen
im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen, das Bundesamt
für Verfassungsschutz nur im Benehmen mit dem Landesamt für
Verfassungsschutz tätig werden.
§ 5 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz
(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Aufgabe,
den Senat von Berlin und andere zuständige staatliche Stellen
über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung,
den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder
zu unterrichten. Dadurch soll diesen Stellen insbesondere ermöglicht
werden, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr
dieser Gefahren zu ergreifen.
(2) Zur Erfüllung dieser Aufgaben sammelt und wertet das
Landesamt für Verfassungsschutz Informationen, insbesondere
sach- und personenbezogene Daten, Auskünfte, Nachrichten
und Unterlagen aus über
1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung,
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet
sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung
der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer
Mitglieder zum Ziele haben,
2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten
im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch
Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
4. frühere, fortwirkende unbekannte Strukturen und Tätigkeiten
der Aufklärungs- und Abwehrdienste der ehemaligen DDR im
Geltungsbereich dieses Gesetzes.
(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt auf Ersuchen
der zuständigen öffentlichen Stellen mit
1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen
im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen,
Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang
dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,
2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die
an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen
Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen,
3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im
öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen,
Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch
Unbefugte,
4. bei sonstigen Überprüfungen, soweit dies im Einzelfall
zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder
für Zwecke der öffentlichen Sicherheit erforderlich
ist. Näheres wird in einer durch die Aufsichtsbehörde
zu erlassenden Verwaltungsvorschrift bestimmt.
Die Mitwirkung des Landesamtes für Verfassungsschutz an der
Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 3 Nr. 1 und 2 setzt
im Einzelfall voraus, daß die zu überprüfende
Person zugestimmt hat. In die Sicherheitsüberprüfung
dürfen mit ihrer Zustimmung der Ehegatte, Verlobte oder die
Person, die mit der betroffenen Person in eheähnlicher Gemeinschaft
lebt, miteinbezogen werden.
§ 6 Begriffsbestimmungen
(1) Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 3 sind
politisch motivierte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen
oder Betätigungen von Organisationen, Personenzusammenschlüssen
ohne feste hierachische Organisationsstrukturen (unorganisierte
Gruppen) oder Einzelpersonen gegen die in § 5 Abs. 2 bezeichneten
Schutzgüter. Für eine Organisation oder einen Personenzusammenschluß
ohne feste hierarchische Organisationsstruktur (unorganisierte
Gruppe) handelt, wer sie in ihren Bestrebungen nachdrücklich
unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht
in einer oder für eine Organisation oder in einem oder für
einen Personenzusammenschluß ohne feste hierarchische Organisationsstruktur
(unorganisierte Gruppe) handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses
Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder
aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses
Gesetzes erheblich zu beschädigen.
(2) Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, die gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung gerichtet sind, sind solche, die auf
die Beseitigung oder Außerkraftsetzung wesentlicher Verfassungsgrundsätze
abzielen. Hierzu gehören.
1 . das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen
und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden
Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung
in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl
zu wählen,
2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige
Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung
an Gesetz und Recht,
3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen
Opposition,
4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit
gegenüber der Volksvertretung,
5. die Unabhängigkeit der Gerichte,
6. der Ausschluß jeder Gewalt und Willkürherrschaft
und
7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.
(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes
solche, die darauf gerichtet sind, die Freiheit des Bundes oder
eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche
Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen,
2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes
solche, die darauf gerichtet sind, den Bund, die Länder oder
deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich
zu beeinträchtigen.
(4) Auswärtige Belange im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3
werden nur gefährdet, wenn innerhalb des Geltungsbereichs
des Grundgesetzes Gewalt ausgeübt oder durch Handlungen vorbereitet
wird und diese sich gegen die politische Ordnung oder Einrichtungen
anderer Staaten richten.
§ 7 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit
des Landesamtes für Verfassungsschutz
(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, darf das Landesamt
für Verfassungsschutz bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben
nach § 5 Abs. 2 nur tätig werden, wenn im Einzelfall
tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der dort
genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten vorliegen.
(2) Zur Erfüllung seiner Aufgaben darf das Landesamt für
Verfassungsschutz nur die dazu erforderlichen Maßnahmen
ergreifen; dies gilt insbesondere für die Erhebung und Verarbeitung
personenbezogener Informationen. Von mehreren möglichen und
geeigneten Maßnahmen hat es diejenige auszuwählen,
die den einzelnen, insbesondere in seinen Grundrechten, und die
Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
Eine Maßnahme hat zu unterbleiben, wenn sie einen Nachteil
herbeiführt, der erkennbar außer Verhältnis zu
dem beabsichtigten Erfolg steht. Sie ist nur solange zulässig,
bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht
erreicht werden kann.
(3) Soweit in diesem Gesetz besondere Eingriffsbefugnisse das
Vorliegen gewalttätiger Bestrebungen oder darauf gerichtete
Vorbereitungshandlungen voraussetzen, ist Gewalt die Anwendung
körperlichen Zwanges gegen Personen oder eine nicht unerhebliche
Einwirkung auf Sachen.
§ 8 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz
(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf die zur Erfüllung
seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich
personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit
die Bestimmungen dieses Gesetzes dies zulassen.
(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf nach Maßgabe
dieses Gesetzes Methoden und Gegenstände einschließlich
technischer Mittel zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie
insbesondere den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen,
Observationen, Bild und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen
anwenden. Diese sind in einer von der Aufsichtsbehörde zu
erlassenden Verwaltungsvorschrift zu benennen die auch die Zuständigkeit
für die Anordnung solcher Informatlionsbeschaffung regelt.
Die Verwaltungsvorschrift ist dem Ausschuß für Verfassungsschutz
des Abgeordnetenhauses von Berlin zur Kenntnis zu geben. Die Behörden
des Landes sind verpflichtet, dem Landesamt für Verfassungsschutz
technische Hilfe für Tarnungsmaßnahmen zu leisten.
(3) Polizeiliche Befugnisse stehen dem Landesamt für Verfassungsschutz
nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe
um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist.
(4) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist an die allgemeinen
Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes).
§ 9 Besondere Formen der Datenerhebung
(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen
einschließlich personenbezogener Daten mit den Mitteln gemäß
§ 8 Abs. 2 erheben, wenn
1. sich ihr Einsatz gegen Organisationen, Personenzusammenschlüsse
ohne feste hierarchische Organisationsstrukturen (unorganisierte
Gruppen), in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet,
bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht
der Bestrebungen öder Tätigkeiten nach § 5 Abs.
2 bestehen,
2. auf diese Weise Erkenntnisse über gewalttätige Bestrebungen
oder geheimdienstliche Tätigkeiten gewonnen werden können,
3. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten
nach § 5 Abs. 2 erforderlichen Quellen erschlossen werden
können oder
4. dies zum Schutz der Dienstkräfte, Einrichtungen, Gegenstände
und Quellen des Landesamtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende
oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist.
(2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort
darf mit technischen Mitteln ausschließlich bei der Wahrnehmung
der Aufgaben auf dem Gebiet der Spionageabwehr und des gewaltbereiten
politischen Extremismus heimlich mitgehört oder aufgezeichnet
werden. Eine solche Maßnahme ist nur zulässig, wenn
sie im Einzelfall zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer
Lebensgefahr für einzelne Personen unerläßlich
ist, ein konkreter Verdacht in bezug auf eine Gefährdung
der vorstehenden Rechtsgüter besteht und der Einsatz anderer
Methoden und Mittel zur heimlichen Informationsbeschaffung keine
Aussicht auf Erfolg bietet. Satz 1 und 2 gelten entsprechend für
einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von
Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen in Wohnungen.
(3) Die Erhebung nach Absatz 1 und 2 ist unzulässig, wenn
die Erforschung des Sachverhalts auf andere, die betroffene Person
weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere
Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Informationen
aus allgemein zugänglichen Quellen, oder durch eine Auskunft
nach § 27 gewonnen werden können. Die Anwendung eines
Mittels gemäß § 8 Abs. 2 soll erkennbar im Verhältnis
zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen. Die
Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck
erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß
er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. Daten,
die für das Verständnis der zu speichernden Informationen
nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu löschen.
Die Löschung kann unterbleiben, wenn die Informationen von
anderen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind,
nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können;
in diesem Fall dürfen die Daten nicht verwertet werden.
(4) Ein Eingriff, der in seiner Art und Schwere einer Beschränkung
des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses gleichkommt, bedarf
der Zustimmung des Regierenden Bürgermeisters, im Falle des
§ 2 Abs 4 des betreffenden Mitglieds des Senats, das im Verhinderungsfall
durch den zuständigen Staatssekretär vertreten wird.
(5) Bei Erhebungen nach Absatz 1, die in ihrer Art und Schwere
einer Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses
gleichkommen, insbesondere durch Abhören und Aufzeichnen
des nicht öffentlich gesprochenen Wortes mit dem verdeckten
Einsatz technischer Mittel, sowie nach Absatz 2 ist der Eingriff
nach seiner Beendigung der betroffenen Person mitzuteilen, sobald
eine Gefährdung des Zwecks des Eingriffs ausschlossen werden
kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn sich auch nach fünf
Jahren noch nicht abschließend beurteilen läßt,
ob diese Voraussetzung vorliegt. Die durch Maßnahmen im
Sinne des Satzes 1 erhobenen Informationen dürfen nur nach
Maßgabe des Artikels 1 § 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel
10 Grundgesetz vom 13. August 1968 (BGBI. 1 S. 949), zuletzt geändert
durch Artikel 13 des Gesetzes vom 28. Oktober 1994 (BGBI. 1 S.
3186), verwendet werden. Die aufgrund der Erhebungen nach Absatz
1 gespeicherten Informationen sind nach Maßgabe des §
14 Abs. 2 zu löschen.
§ 10 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz
(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Aufklärung
- von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten
für eine fremde Macht
- oder von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder
darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des
Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
- von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf
gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der
Bundesrepublik Deutschland gefährden,
von öffentlichen Stellen geführte Register, z. B. Melderegister,
Personalausweisregister, Paßregister, Führerscheinkarteien,
Waffenscheinkarteien, einsehen.
(2) Eine solche Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn
1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint,
insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die
registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet
würde, und
2. die betroffene Person durch eine anderweitige Aufklärung
unverhältnismäßig beeinträchtigt würde,
und
3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein
Berufsgeheimnis der Einsichtnahme nicht entgegensteht.
(3) Die Anordnung für die Maßnahme nach Absatz 1 trifft
der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, im Falle
der Verhinderung der Vertreter.
(4) Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur
zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte
Informationen sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten,
sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden.
(5) Über die Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu
führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommene Stelle,
die Namen der Betroffenen, deren Daten für eine weitere Verwendung
erforderlich sind, sowie der Zeitpunkt der Einsichtnahme hervorgehen.
Diese Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische
und organisatorische Maßnahmen zu sichern und, soweit sie
für die Aufgabenerfüllung des Landesamtes für Verfassungsschutz
nach § 5 Abs. 2 nicht mehr benötigt werden, am Ende
des Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten.
ZWEITER ABSCHNITT
Datenverarbeitung
§ 11 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener
Informationen
(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung
seiner Aufgaben rechtmäßig erhobene personenbezogene
Informationen speichern, verändern und nutzen, wenn
1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder
Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 vorliegen oder
2. dies für die Erforschung oder Bewertung von gewalttätigen
Bestrebungen oder geheimdienstlichen Tätigkeiten nach §
5 Abs. 2 erforderlich ist oder
3. dies zur Schaffung oder Erhaltung nachrichtendienstlicher Zugänge
über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs.
2 erforderlich ist oder
4. es auf Ersuchen der zuständigen Stelle nach § 5 Abs.
3 tätig wird.
(2) Zur Aufgabenerfüllung nach § 5 Abs. 3 dürfen
in automatisierten Dateien nur personenbezogene Informationen
über die Personen gespeichert werden, die der Sicherheitsüberprüfung
unterliegen oder in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen
werden.
(3) In Dateien gespeicherte Informationen müssen durch Aktenrückhalt
belegbar sein.
(4) In Dateien ist die Speicherung von Informationen aus der Intimspähre
der betroffenen Person unzulässig.
§ 12 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener
Informationen von Minderjährigen
Die Speicherung personenbezogener Informationen über Minderjährige,
die das 14. Lebensjahr nicht vollendet haben, ist unzulässig.
§ 13 Speicherungsdauer
(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdauer
auf das für seine Aufgabenerfüllung erforderliche Maß
zu beschränken. Die in Dateien gespeicherten Informationen
sind bei der Einzelfallbearbeitung, spätestens aber fünf
Jahre nach Speicherung der letzten Information, auf ihre Erforderlichkeit
zu überprüfen. Sofern die Informationen Bestrebungen
nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 betreffen, sind sie spätestens
zehn Jahre nach der zuletzt gespeicherten relevanten Information
zu löschen.
(2) Sind Informationen über Minderjährige in Dateien
oder in Akten, die zu ihrer Person geführt werden, gespeichert,
ist nach zwei Jahren die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen
und Spätestens nach fünf Jahren die Löschung vorzunehmen,
es sei denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere
Erkenntnisse nach § 5 Abs. 2 angefallen sind, die zur Erfüllung
der Aufgaben im Sinne dieses Gesetzes eine Fortdauer der Speicherung
rechtfertigen.
§ 14 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener
Informationen in Dateien
(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien
gespeicherten personenbezogenen Informationen zu berichtigen,
wenn sie unrichtig sind, sie sind zu ergänzen, wenn sie unvollständig
sind und dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen
Person beeinträchtigt sein können.
(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien
gespeicherten personenbezogenen Informationen zu löschen,
wenn ihre Speicherung irrtümlich erfolgt war, unzulässig
war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht
mehr erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der betroffenen
Person nicht beeinträchtigt werden.
(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien
gespeicherten personenbezogenen Informationen zu sperren, wenn
die Löschung unterbleibt, weil Grund zu der Annahme besteht,
daß durch die Löschung schutzwürdige Interessen
der betroffenen Person beeinträchtigt würden; gesperrte
Informationen sind entsprechend zu kennzeichnen und dürfen
nur mit Einwilligung der betroffenen Person verwendet werden.
(4) In Dateien gelöschte Informationen sind gesperrt. Unterlagen
sind zu vernichten, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben nach
§ 5 nicht oder nicht mehr erforderlich sind, es sei denn
, daß ihre Aufbewahrung zur Wahrung schutzwürdiger
Interessen der betroffenen Person notwendig ist. Die Vernichtung
unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen, die zur Erfüllung
der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem
Aufwand getrennt werden können.
(5) Personenbezogene Informationen die ausschließlich zu
Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur
Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer
Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für
diese Zwecke und zur Verfolgung der in der jeweiligen Fassung
des Berliner Datenschutzgesetzes als Straftaten bezeichneten Handlungen
verwendet werden.
§ 15 Berichtigung und Sperrung personenbezogener Informationen
in Akten
(1) Stellt das Landesamt für Verfassungsschutz fest, daß
in Akten gespeicherte personenbezogene Informationen unrichtig
sind, oder wird ihre Richtigkeit von dein Betroffenen bestritten,
so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten.
(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat personenbezogene
Informationen in Akten zu sperren, wenn es im Einzelfall feststellt,
daß ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen von
Betroffenen beeinträchtigt würden und die Daten für
seine Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Gesperrte
Informationen sind mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen;
sie dürfen nicht mehr genutzt oder übermittelt werden.
Eine Aufhebung der Sperrung ist möglich, wenn ihre Voraussetzungen
nachträglich entfallen.
§ 16 Dateianordnungen
(1) Für jede automatisierte Datei beim Landesamt für
Verfassungsschutz sind in einer Dateianordnung, die der Zustimmung
der Aufsichtsbehörde bedarf, im Benehmen mit dem Berliner
Datenschutzbeauftragten festzulegen:
1. Bezeichnung der Datei,
2. Zweck der Datei,
3. Inhalt, Umfang, Voraussetzungen der Speicherungen, Übermittlung
und Nutzung (betroffener Personenkreis, Arten der Daten),
4. Eingabeberechtigung,
5. Zugangsberechtigung,
6. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer,
7. Protokollierung,
8. Datenverarbeitungsgeräte und Betriebssystem,
9. Inhalt und Umfang von Textzusätzen, die der Erschließung
von Akten dienen.
(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat in angemessenen
Abständen die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung
seiner Dateien zu prüfen.
§ 17 Gemeinsame Dateien
Bundesgesetzliche Vorschriften über die Datenverarbeitung
in gemeinsamen Dateien der Verfassungsschutzbehörden des
Bundes und der Länder bleiben unberührt.
DRITTER ABSCHNITT
Informationsübermittlung
§ 18 Grundsätze bei der Informationsübermittlung
durch das Landesamt für Verfassungsschutz
Die Übermittlung von personenbezogenen Informationen ist
aktenkundig zu machen. In der entsprechenden Datei ist die Informationsübermittlung
zu vermerken. Vor der Informationsübermittlung ist der Akteninhalt
im Hinblick auf den Übermittlungszweck zu würdigen und
der Informationsübermittlung zugrunde zu legen. Erkennbar
unvollständige Informationen sind vor der Übermittlung
im Rahmen der Verhältnismäßigkeit durch Einholung
zusätzlicher Auskünfte zu vervollständigen.
§19 Informationsübermittlung zwischen den Verfassungsschutzbehörden
Das Landesamt für Verfassungsschutz unterrichtet das Bundesamt
für Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzbehörden
der Länder über alle Angelegenheiten, deren Kenntnis
zur Erfüllung der Aufgaben der empfangenden Stellen erforderlich
ist.
§ 20 Informationsübermittlung an den Bundesnachrichtendienst
und den Militärischen Abschirmdienst
Das Landesamt für Verfassungsschutz übermittelt dem
Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst
die ihm bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener
Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen,
daß die Übermittlung für die Erfüllung der
Aufgaben der empfangenden Stelle erforderlich ist. Handelt das
Landesamt für Verfassungsschutz auf Ersuchen, so ist es zur
Übermittlung nur verpflichtet und berechtigt, wenn sich die
Voraussetzungen aus den Angaben der ersuchenden Behörde ergeben.
§ 21 Informationsübermittlung an Strafverfolgungsbehörden
in Angelegenheiten des Staats- und Verfassungsschutzes
Das Landesamt für Verfassungsschutz übermittelt den
Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltlichen
Sachleitungsbefugnis den Polizeibehörden des Landes die ihm
bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener
Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen,
daß die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung
von Straftaten, die im Zusammenhang mit Bestrebungen oder Tätigkeiten
nach § 5 Abs. 2 stehen, erforderlich ist.
§ 22 Übermittlung von Informationen an den öffentlichen
Bereich
(1) Die im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenerfüllung gewonnenen
, nicht personenbezogenen Erkenntnisse des Landesamtes für
Verfassungsschutz können an andere Behörden und Stellen,
insbesondere an die Polizei und die Staatsanwaltschaft, übermittelt
werden, wenn sie für die Aufgabenerfüllung der empfangenden
Stellen erforderlich sein können.
(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene
Informationen an inländische Behörden und juristische
Personen des öffentlichen Rechts übermitteln, wenn dies
zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist oder der Empfänger
die Informationen zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten
nach § 5 Abs. 2 benötigt oder nach § 5 Abs. 3 tätig
wird.
(3) Die empfangende Stelle von Informationen nach Absatz 2 ist
darauf hinzuweisen, daß sie die übermittelten personenbezogenen
Informationen nur zu dem Zweck verwenden darf, zu dessen Erfüllung
sie ihr übermittelt wurden.
§ 23 Übermittlung von Informationen an Personen
und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs
Personenbezogene Informationen dürfen an Personen oder Stellen
außerhalb des öffentlichen Bereichs nicht übermittelt
werden, es sei denn, daß dies zum Schutz der freiheitlichen
demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit
des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und der Regierende
Bürgermeister, im Fall des § 2 Abs. 4 das betreffende
Mitglied des Senats, das im Verhinderungsfall durch den zuständigen
Staatssekretär vertreten wird, im Einzelfall seine Zustimmung
erteilt hat. Das Landesamt für Verfassungsschutz führt
über die Auskunft nach Satz 1 einen Nachweis, aus dem der
Zweck der Übermittlung, die Aktenfundstelle und der Empfänger
hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen
unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres,
das dem Jahr seiner Erstellung folgt, zu vernichten. Der Empfänger
darf die übermittelten personenbezogenen Informationen nur
für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt
wurden. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung
und darauf hinzuweisen, daß das Landesamt für Verfassungsschutz
sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung
der Informationen zu bitten.
§ 24 Übermittlung von Informationen an die Stationierungsstreitkräfte
Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene
Informationen an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte
übermitteln, soweit die Bundesrepublik Deutschland dazu im
Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen
den Parteien des Nordatlantikpaktes über die Rechtsstellung
ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland
stationierten ausländischen Streitkräfte vorn 3. August
1959 (BGBI. 1961 Il S. 1183) verpflichtet ist. Die Übermittlung
ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen,
daß die übermittelten Informationen nur zu dem Zweck
verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt
wurden.
§ 25 Übermittlung von Informationen an öffentliche
Stellen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes
Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene
Informationen an ausländische öffentliche Stellen sowie
an über- oder zwischenstaatliche Stellen übermitteln,
wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben
oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers
erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige
Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende
schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.
Die Übermittlung ist nur im Einvernehmen mit dem Bundesamt
für Verfassungsschutz zulässig. Sie ist aktenkundig
zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, daß
die übermittelten personenbezogenen Informationen nur zu
dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt
wurden, und das Landesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält,
um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Informationen
zu bitten.
§ 26 Unterrichtung der Öffentlichkeit
Die Aufsichtsbehörde und das Landesamt für Verfassungsschutz
unterrichten die Öffentlichkeit mindestens einmal jährlich
über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 5 Abs.
2. Dabei ist die Übermittlung von personenbezogenen Informationen
nur zulässig, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis
des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder
unorganisierten Gruppierungen erforderlich ist und die Interessen
der Allgemeinheit an sachgemäßen Informationen das
schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen.
§ 27 Übermittlung von Informationen an das Landesamt
für Verfassungsschutz
(1) Die Behörden des Landes und die sonstigen der Aufsicht
des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen
Rechts übermitteln von sich aus dem Landesamt für Verfassungsschutz
die ihnen bekanntgewordenen Informationen, insbesondere personenbezogene
Daten, über Bestrebungen nach § 5 Abs. 2, die durch
Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
verfolgt werden, und über geheimdienstliche Tätigkeiten.
Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltlichen
Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber
hinaus auch andere im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekanntgewordene
Informationen über Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs.
2.
(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz kann von jeder der
in Absatz 1 genannten öffentlichen Stellen verlangen, daß
sie ihm die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen
Informationen einschließlich personenbezogener Daten übermittelt,
wenn die Informationen nicht aus allgemein zugänglichen Quellen
oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand oder
nur durch eine den Betroffenen stärker belastende Maßnahme
erhoben werden können. Es dürfen nur die Informationen
übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bereits
bekannt sind.
(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz braucht Ersuchen
nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz der betroffenen
Person dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme
gefährden würde.
(4) Die Übermittlung personenbezogener Informationen, die
aufgrund einer Maßnahme nach § 100 a der Strafprozeßordnung
bekanntgeworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche
Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in
§ 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten
plant, begeht oder begangen hat. Auf die dem Landesamt für
Verfassungsschutz nach Satz 1 übermittelten Informationen
findet der Absatz 3, auf die dazugehörenden Unterlagen findet
der Absatz 4 des § 7 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz
entsprechende Anwendung.
(5) Vorschriften zur Informationsübermittlung an das Landesamt
für Verfassungsschutz nach anderen Gesetzen bleiben unberührt.
(6) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die übermittelten
Informationen nach ihrem Eingang unverzüglich darauf zu überprüfen,
ob sie zur Erfüllung seiner in § 5 genannten Aufgaben
erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, daß sie nicht
erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.
Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Trennung von anderen Informationen,
die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder
nur mit unvertretbarem Aufwand erfolgen kann; in diesem Fall sind
die Informationen gesperrt und entsprechend zu kennzeichnen.
(7) Soweit andere gesetzliche Vorschriften nicht besondere Regelungen
über die Dokumentation treffen, haben das Landesamt für
Verfassungsschutz und die übermittelnde Stelle die Informationsübermittlung
aktenkundig zu machen.
§ 28 Übermittlungsverbote
Die Übermittlung von Informationen nach den Vorschriften
dieses Abschnitts unterbleibt, wenn
1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt,
daß die Informationen zu löschen oder für die
empfangende Stelle nicht mehr bedeutsam sind,
2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern,
3. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, daß
unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer
Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen
das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen
oder
4. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen;
die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten
oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf
gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.
§ 29 Minderjährigenschutz
(1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten
über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den
Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange
die Voraussetzungen der Speicherung nach § 13 Abs. 2 erfüllt
sind.
(2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten
über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des
16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes
nicht an ausländische oder über- oder zwischenstaatliche
Stellen übermittelt werden.
§ 30 Nachberichtspflicht
Erweisen sich Informationen nach ihrer Übermittlung nach
den Vorschriften dieses Gesetzes als unvollständig oder unrichtig,
so hat die übermittelnde Stelle ihre Informationen unverzüglich
gegenüber der empfangenden Stelle zu ergänzen oder zu
berichtigen, wenn dies zu einer anderen Bewertung der Informationen
führen könnte oder zur Wahrung schutzwürdiger Interessen
der betroffenen Person erforderlich ist. Die Ergänzung oder
Berichtigung ist aktenkundig zu machen und in den entsprechenden
Dateien zu vermerken.
VIERTER ABSCHNITT
Auskunftserteilung
§ 31 Auskunft an den Betroffenen
(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz erteilt einer natürlichen
Person über die zu ihr gespeicherten Informationen auf Antrag
unentgeltlich Auskunft, soweit die Person ein besonderes Interesse
an einer Auskunft darlegt. Die Auskunftsverpflichtung erstreckt
sich nicht auf Informationen, die nicht der alleinigen Verfügungsberechtigung
des Landesamtes für Verfassungsschutz unterliegen, sowie
auf die Herkunft der Informationen und die Empfänger von
Übermittlungen.
(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf den Antrag ablehnen,
wenn das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung seiner
Tätigkeit oder ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse
Dritter gegenüber dem Interesse der antragstellenden Person
an der Auskunftserteilung überwiegt. In einem solchen Fall
hat das Landesamt für Verfassungsschutz zu prüfen, ob
und inwieweit eine Teilauskunft möglich ist. Ein Geheimhaltungsinteresse
liegt vor, wenn
1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Auskunftserteilung
zu besorgen ist,
2. durch die Auskunftserteilung Quellen gefährdet sein können
oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweisen
des Landesamtes für Verfassungsschutz zu befürchten
ist,
3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden
oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten
würde oder
4. die Informationen oder die Tatsache der Speicherung nach einer
Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der
überwiegenden berechtigten Interessen Dritter, geheimgehalten
werden müssen.
Die Entscheidung nach Satz 1 und 2 trifft der Leiter des Landesamtes
für Verfassungsschutz oder ein von ihm besonders beauftragter
Mitarbeiter.
(3) Die Ablehnung einer Auskunft ist zumindest insoweit zu begründen,
daß eine verwaltungsgerichtliche Nachprüfung der Verweigerungsgründe
gewährleistet wird, ohne dabei den Zweck der Auskunftsverweigerung
zu gefährden. Die Gründe der Ablehnung sind in jedem
Fall aktenkundig zu machen.
(4) Wird die Auskunftserteilung ganz oder teilweise abgelehnt,
ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, daß sie sich
an den Berliner Datenschutzbeauftragten wenden kann. Dem Berliner
Datenschutzbeauftragten ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen,
soweit nicht der Regierende Bürgermeister, im Fall des §
2 Abs. 4 das betreffende Mitglied des Senats, im Einzelfall feststellt,
daß dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes
gefährdet würde. Mitteilungen des Berliner Datenschutzbeauftragten
an den Betroffenen dürfen keine Rückschlüsse auf
den Erkenntnisstand des Landesamtes für Verfassungsschutz
zulassen, soweit es nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt.
Der Kontrolle durch den Berliner Datenschutzbeauftragten unterliegen
nicht personenbezogene Informationen, die der Kontrolle durch
die Kommission nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung
des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 16. Juli 1991 (GVBI.
S. 172) unterliegen, es sei denn, die Kommission ersucht den Berliner
Datenschutzbeauftragten, die Einhaltung der Vorschriften über
den Datenschutz bei bestimmten Vorgängen oder in bestimmten
Bereichen zu kontrollieren und ausschließlich ihr darüber
zu berichten.
§ 32 Akteneinsicht
(1) Sind personenbezogene Daten in Akten gespeichert, so kann
dem Betroffenen auf Antrag Akteneinsicht gewährt werden,
soweit Geheimhaltungsinteressen oder schutzwürdige Belange
Dritter nicht entgegenstehen. § 31 gilt entsprechend.
(2) Die Einsichtnahme in Akten oder Aktenteile ist insbesondere
dann zu versagen, wenn die Daten des Betroffenen mit Daten Dritter
oder geheimhaltungsbedürftigen sonstigen Informationen derart
verbunden sind, daß ihre Trennung auch durch Vervielfältigung
und Unkenntlichmachung nicht oder nur mit unverhältnismäßig
großem Aufwand möglich ist. In diesem Fall ist dem
Betroffenen zusammenfassende Auskunft über den Akteninhalt
zu erteilen.
FÜNFTER ABSCHNITT
Parlamentarische Kontrolle
§ 33 Ausschuß für Verfassungsschutz
(1) In Angelegenheiten des Verfassungsschutzes unterliegt der
Senat von Berlin der Kontrolle durch den Ausschuß für
Verfassungsschutz des Abgeordnetenhauses von Berlin. Die Rechte
des Abgeordnetenhauses und seiner anderen Ausschüsse bleiben
unberührt.
(2) Der Ausschuß für Verfassungsschutz besteht in der
Regel aus höchstens zehn Mitgliedern. Die Fraktionen wählen
die auf sie entfallenden Mitglieder und machen sie dem Präsidenten
des Abgeordnetenhauses von Berlin namhaft. Die Fraktionen werden
nach ihrer Mitgliederzahl beteiligt, wobei jede Fraktion mindestens
durch ein Mitglied vertreten sein muß. Eine Erhöhung
der im Satz 1 bestimmten Mitgliederzahl ist nur zulässig,
soweit sie zur Beteiligung aller Fraktionen notwendig ist.
(3) Scheidet ein Mitglied aus dem Abgeordnetenhaus oder seiner
Fraktion aus, so verliert es die Mitgliedschaft im Ausschuß
für Verfassungsschutz. Für dieses Mitglied ist unverzüglich
ein neues Mitglied zu benennen; das gleiche gilt, wenn ein Mitglied
aus dem Ausschuß ausscheidet.
§ 34 Geheimhaltung
Die Öffentlichkeit wird durch einen Beschluß des Ausschusses
ausgeschlossen, wenn das öffentliche Interesse oder berechtigte
Interessen eines einzelnen dies gebieten. Sofern die Öffentlichkeit
ausgeschlossen ist, sind die Mitglieder des Ausschusses zur Verschwiegenheit
über Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen dabei bekanntgeworden
sind. Das gleiche gilt auch für die Zeit nach dem Ausscheiden
aus dem Ausschuß. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit
kann von dem Ausschuß aufgehoben werden, soweit nicht berechtigte
Interessen eines einzelnen entgegenstehen oder der Senat widerspricht;
in diesem Fall legt der Senat dem Ausschuß seine Gründe
dar.
§ 35 Aufgaben und Befugnisse des Ausschusses
(1) Der Senat hat den Ausschuß umfassend über die allgemeine
Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz und
über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten;
er berichtet auch über den Erlaß von Verwaltungsvorschriften.
Der Ausschuß hat Anspruch auf Unterrichtung.
(2) Der Ausschuß hat auf Antrag mindestens eines seiner
Mitglieder das Recht auf Erteilung von Auskünften, Einsicht
in Akten und andere Unterlagen, Zugang zu Einrichtungen der Verfassungsschutzbehörde
sowie auf Anhörung von deren Dienstkräften. Die Befugnisse
des Ausschusses nach Satz 1 erstrecken sich nur auf Gegenstände,
die der alleinigen Verfügungsberechtigung des Landesamtes
für Verfassungsschutz unterliegen.
(3) Der Senat kann die Unterrichtung über einzelne Vorgänge
verweigern und bestimmten Kontrollbegehren widersprechen, wenn
dies erforderlich ist, um vorn Bund oder einem deutschen Land
Nachteile abzuwenden; er hat dies vor dem Ausschuß zu begründen.
(4) Das Abgeordnetenhaus kann den Ausschuß für einen
bestimmten Untersuchungsgegenstand als Untersuchungsausschuß
(Artikel 33 der Verfassung von Berlin) einsetzen. § 3 des
Gesetzes über die Untersuchungsausschüsse des Abgeordnetenhauses
von Berlin vom 22. Juni 1970 (GVBI. S. 925), zuletzt geändert
durch Gesetz vom 24. Juni 1991 (GVBI. S. 154), findet keine Anwendung.
(5) Für den Ausschuß gelten im übrigen die Bestimmungen
der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin.
SECHSTER ABSCHNITT
Schlußvorschriften
§ 36 Einschränkung von Grundrechten
Aufgrund dieses Gesetzes kann das Grundrecht auf Unverletzlichkeit
der Wohnung nach Artikel 13 des Grundgesetzes eingeschränkt
werden.
§ 37 Anwendbarkeit des Berliner Datenschutzgesetzes
Bei der Erfüllung der Aufgaben nach § 5 durch das Landesamt
für Verfassungsschutz finden die §§ 10 bis 17 und
19 Abs. 2 bis 4 des Berliner Datenschutzgesetzes in der Fassung
vom 17. Dezember 1990 (GVBI. 1991 S. 16, 54), zuletzt geändert
durch Gesetz vom 22. Oktober 1992 (GVBI. S. 314), keine Anwendung.
§ 38 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz
und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt das Gesetz über das Landesamt für
Verfassungsschutz in der Fassung vom 31. Juli 1989 (GVBI. S. 1545)
außer Kraft.
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