Abgeordnetenhaus von Berlin 12. Wahlperiode Drucksache
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Polizei und Ordnungsbehörden
Bei der grundlegenden Novellierung des Allgemeinen Sicherheits-
und Ordnungsgesetzes (ASOG) im Jahre 1992 wurde der Auskunftsanspruch
des Datenschutzgesetzes übernommen. Die Auskunft kann nur
abgelehnt werden, wenn eine Abwägung im Einzelfall ergibt,
daß die schutzwürdigen Belange der betroffenen Personen
hinter dem öffentlichen Interesse an der Geheimhaltung oder
einem überwiegenden Geheimhaltungsinteresse Dritter zurücktreten
müssen. Beschnitten wurde dagegen auch hier das Recht des
Bürgers, neben der Auskunft auch Akteneinsicht zu verlangen.
Sie steht nunmehr im Ermessen der Behörden.
In der Praxis des Polizeipräsidenten führt das dazu,
daß ein Bürger auf sein Auskunftsersuchen eine Auflistung
der im Informationssystem Verbrechensbekämpfung (ISVB) enthaltenen
Vorgängen (Ermittlungen, Anzeigen usw.) erhält. Die
übrigen im Computerausdruck enthaltenen Daten werden ebensowenig
mitgeteilt wie die in der Kriminalakte enthaltenen. Inzwischen
erteilt der Polizeipräsident auch Auskunft über in Kriminalakten
gespeicherte Daten. Dies geschieht allerdings nur in allgemeiner
Form. Um vollständig über die Informationen Kenntnis
zu erhalten, über die die Polizei verfügt, muß
der Bürger auf seinem Einsichtsrecht bestehen.
Daß dies nicht unbedingt zum Erfolg führt, zeigt
die Praxis der Ausländerbehörde.
Wird von einem Ausländer ein längerer Aufenthalt
in der Bundesrepublik angestrebt, benötigt er in der Regel
ein Visum. Dieses wird ihm von der jeweiligen deutschen Auslandsvertretung
nur erteilt, wenn die örtlich zuständige Ausländerbehörde,
in Berlin das Landeseinwohneramt, hierfür ihre Zustimmung
erteilt.
Ein Rechtsanwalt wies darauf hin, daß die Ausländerbehörde
nach Ablehnung der Empfehlung weder dem Antragsteller noch seinem
Rechtsbeistand Akteneinsicht gewähre.
Begründet wurde diese Praxis zunächst damit, daß
es sich bei der Bearbeitung der Einreisevorgänge durch die
Berliner Ausländerbehörde lediglich um Mitwirkungshandlungen
für die Entscheidungen der deutschen Auslandsvertretungen
handele, die keine Außenwirkung hätten. Die Visaangelegenheiten
seien damit allein als Vorgänge des Auswärtigen Amtes
zu bewerten. Dieses Argument wurde allerdings nicht aufrechterhalten,
vielmehr wurde eingeräumt, daß der Auskunftsanspruch
unabhängig davon besteht, um welche Form des Verwaltungshandelns
es sich handelt.
Allerdings weigert sich die Ausländerbehörde pauschal,
auch Akteneinsicht in die Einreisevorgänge zu gewähren.
Die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der arbeits-
und publikumsintensiven Ausländerbehörde sei es abträglich,
wenn diese zusätzlich dadurch belastet werde, daß sie
Akteneinsicht entweder in ihren Räumen oder durch Herausgabe
der Akte an die Rechtsvertreter gewähren würde. §
50 Abs. 6 ASOG überläßt zwar die Akteneinsicht
dem Ermessen der Behörde, die pauschale Verweigerung der
Akteneinsicht stellt jedoch keine rechtmäßige Form
der Ermessensausübung dar und wurde deshalb beanstandet.
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