Artikel 2
Träger der öffentlichen Gewalt ist die Gesamtheit der
Deutschen, die in Berlin ihren Wohnsitz haben. Sie üben nach
dieser Verfassung ihren Willen unmittelbar durch Wahl zu der Volksvertretung
und durch Abstimmung, mittelbar durch die Volksvertretung aus.
Die Vorschriften dieser Verfassung, die auch anderen Einwohnern
Berlins eine Beteiligung an der staatlichen Willensbildung einräumen,
bleiben unberührt.
Artikel 3
(1) Die gesetzgebende Gewalt wird durch Abstimmung und durch die
Volksvertretung ausgeübt. Die vollziehende Gewalt liegt in
den Händen der Regierung und der Verwaltung, die richterliche
Gewalt in den Händen unabhängiger Gerichte.
(2) Volksvertretung, Regierung und Verwaltung einschließlich
der Bezirksverwaltungen nehmen die Aufgaben Berlins als Gemeinde,
Gemeindeverband und Land wahr.
Artikel 4
(1) Berlin umfaßt die Bezirke Mitte, Tiergarten, Wedding,
Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Kreuzberg, Charlottenburg, Spandau,
Wilmersdorf, Zehlendorf, Schöneberg, Steglitz, Tempelhof,
Neukölln, Treptow, Köpenick, Lichtenberg, Weißensee,
Pankow, Reinickendorf, Marzahn, Hohenschönhausen und Hellersdorf.
(2) Jede Änderung seines Gebietes bedarf der Zustimmung der
Volksvertretung. Eine Änderung der Zahl und der Grenzen der
Bezirke kann nur durch Gesetz vorgenommen werden. Für Grenzänderungen
von geringerer Bedeutung, denen die beteiligten Bezirke zustimmen,
kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.
Artikel 5
Berlin führt Flagge, Wappen und Siegel mit dem Bären,
die Flagge mit den Farben Weiß-Rot.
ABSCHNITT II Grundrechte, Staatsziele
Artikel 6
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und
zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Artikel 7
Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die
verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Artikel 8
(1) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf
nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(2) Jeder Verhaftete oder Festgenommene ist binnen 24 Stunden
darüber in Kenntnis zu setzen, von welcher Stelle und aus
welchem Grunde die Entziehung der Freiheit angeordnet wurde. Die
nächsten Angehörigen haben das Recht auf Auskunft über
die Freiheitsentziehung. Auf Verlangen des Verhafteten oder Festgenommenen
ist auch anderen Personen unverzüglich von der Verhaftung
oder Festnahme Kenntnis zu geben.
(3) Jeder Verhaftete oder Festgenommene ist binnen 48 Stunden
dem zuständigen Richter zur Entscheidung über die Haft
oder Festnahme vorzuführen.
Artikel 9
(1) Ein Beschuldigter kann sich in jeder Lage des Verfahrens des
Beistandes eines Verteidigers bedienen.
(2) Ein Beschuldigter gilt nicht als schuldig, solange er nicht
von einem Gericht verurteilt ist.
Artikel 10
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung,
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines
Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen
oder seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt
werden.
(3) Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das Land ist
verpflichtet, die Gleichstellung und die gleichberechtigte Teilhabe
von Frauen und Männern auf allen Gebieten des gesellschaftlichen
Lebens herzustellen und zu sichern. Zum Ausgleich bestehender
Ungleichheiten sind Maßnahmen zur Förderung zulässig.
Artikel 11
Menschen mit Behinderungen dürfen nicht benachteiligt werden.
Das Land ist verpflichtet, für die gleichwertigen Lebensbedingungen
von Menschen mit und ohne Behinderung zu sorgen.
Artikel 12
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen
Ordnung.
(2) Andere auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften haben Anspruch
auf Schutz vor Diskriminierung.
(3) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht
der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
(4) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder
nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden,
wenn die Erziehungsberechtigten ihrem Erziehungsauftrag nicht
nachkommen.
(5) Wer in häuslicher Gemeinschaft Kinder erzieht oder für
andere sorgt, verdient Förderung.
(6) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge
der Gemeinschaft.
(7) Frauen und Männern ist es zu ermöglichen, Kindererziehung
und häusliche Pflegetätigkeit mit der Erwerbstätigkeit
und der Teilnahme am öffentlichen Leben zu vereinbaren. Alleinerziehende
Frauen und Männer, Frauen während der Schwangerschaft
und nach der Geburt haben Anspruch auf besonderen Schutz im Arbeitsverhältnis.
Artikel 13
Den nichtehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen
Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung
und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen
Kindern.
Artikel 14
(1) Jedermann hat das Recht, innerhalb der Gesetze seine Meinung
frei und öffentlich zu äußern, solange er die
durch die Verfassung gewährleistete Freiheit nicht bedroht
oder verletzt.
(2) Jedermann hat das Recht, sich über die Meinung anderer,
insbesondere auch anderer Völker, durch die Presse oder Nachrichtenmittel
aller Art zu unterrichten.
(3) Eine Zensur ist nicht statthaft.
Artikel 15
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich
bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen
Strafgesetze mehrmals bestraft werden.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten
verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere
Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche
Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes
bleibt unberührt.
(5) Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen
Richter entzogen werden.
Artikel 16
Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind
unverletzlich.
Artikel 17
Das Recht der Freizügigkeit, insbesondere die freie Wahl
des Wohnsitzes, des Berufes und des Arbeitsplatzes, ist gewährleistet,
findet aber seine Grenze in der Verpflichtung, bei Überwindung
öffentlicher Notstände mitzuhelfen.
Artikel 18
Alle haben das Recht auf Arbeit. Dieses Recht zu schützen
und zu fördern ist Aufgabe des Landes. Das Land trägt
zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen bei und sichert
im Rahmen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts einen hohen
Beschäftigungsstand. Wenn Arbeit nicht nachgewiesen werden
kann, besteht Anspruch auf Unterhalt aus öffentlichen Mitteln.
Artikel 19
(1) Niemand darf im Rahmen der geltenden Gesetze an der Wahrnehmung
staatsbürgerlicher Rechte oder öffentlicher Ehrenämter
gehindert werden, insbesondere nicht durch sein Arbeitsverhältnis
(2) Der Zugang zu allen öffentlichen Ämtern steht jedem
ohne Unterschied der Herkunft, des Geschlechts, der Partei und
des religiösen Bekenntnisses offen, wenn er die nötige
Eignung besitzt.
Artikel 20
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Das Land ermöglicht
und fördert nach Maßgabe der Gesetze den Zugang eines
jeden Menschen zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen,
insbesondere ist die berufliche Erstausbildung zu fördern.
(2) Das Land schützt und fördert das kulturelle Leben.
Artikel 21
Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit
der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Artikel 22
(1) Das Land ist verpflichtet, im Rahmen seiner Kräfte die
soziale Sicherung zu verwirklichen. Soziale Sicherung soll eine
menschenwürdige und eigenverantwortliche Lebensgestaltung
ermöglichen.
(2) Die Errichtung und Unterhaltung von Einrichtungen für
die Beratung, Betreuung und Pflege im Alter, bei Krankheit, Behinderung,
Invalidität und Pflegebedürftigkeit sowie für andere
soziale und karitative Zwecke sind staatlich zu fördern,
unabhängig von ihrer Trägerschaft.
Artikel 23
(1) Das Eigentum wird gewährleistet. Sein Inhalt und seine
Schranken ergeben sich aus den Gesetzen.
(2) Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit auf gesetzlicher
Grundlage vorgenommen werden.
Artikel 24
Jeder Mißbrauch wirtschaftlicher Macht ist widerrechtlich.
Insbesondere stellen alle auf Produktions- und Marktbeherrschung
gerichteten privaten Monopolorganisationen einen Mißbrauch
wirtschaftlicher Macht dar und sind verboten.
Artikel 25
Das Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und Angestellten in Wirtschaft
und Verwaltung ist durch Gesetz zu gewährleisten.
Artikel 26
Alle Männer und Frauen haben das Recht, sich zu gesetzlich
Zulässigen Zwecken friedlich und unbewaffnet zu versammeln.
Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch
Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
Artikel 27
(1) Männer und Frauen haben das Recht, Vereinigungen und
Gesellschaften zu bilden. Vereinigungen dürfen keine Zwecke
verfolgen oder Maßnahmen treffen, durch welche die Erfüllung
von Aufgaben verfassungsmäßiger Organe und öffentlich-rechtlicher
Verwaltungskörper gefährdet wird.
(2) Das Streikrecht wird gewährleistet.
Artikel 28
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das
Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem
Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen,
sowie Bildung von Wohnungseigentum.
(2) Der Wohnraum ist unverletzlich. Eine Durchsuchung darf nur
auf richterliche Anordnung erfolgen oder bei Verfolgung auf frischer
Tat durch die Polizei, deren Maßnahmen jedoch binnen 48
Stunden der richterlichen Genehmigung bedürfen.
Artikel 29
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit
des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(2) Rassenhetze und Bekundung nationalen oder religiösen
Hasses widersprechen dem Geist der Verfassung und sind unter Strafe
zu stellen.
Artikel 30
(1) Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben
der Völker zu stören, widersprechen dem Geist der Verfassung
und sind unter Strafe zu stellen.
(2) Jedermann hat das Recht, Kriegsdienste zu verweigern, ohne
daß ihm Nachteile entstehen dürfen.
Artikel 31
(1) Die Umwelt und die natürlichen Lebensgrundlagen stehen
unter dem besonderen Schutz des Landes.
(2) Tiere sind als Lebewesen zu achten und vor vermeidbarem Leiden
zu schützen.
Artikel 32
Sport ist ein förderungs- und schützenswerter Teil des
Lebens. Die Teilnahme am Sport ist den Angehörigen aller
Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen.
Artikel 33
Das Recht des einzelnen, grundsätzlich selbst über die
Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen,
wird gewährleistet. Einschränkungen dieses Rechts bedürfen
eines Gesetzes. Sie sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse
zulässig.
Artikel 34
Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen
mit schriftlichen Anträgen, Anregungen oder Beschwerden an
die zuständigen Stellen insbesondere an das Abgeordnetenhaus,
den Senat, die Bezirksverordnetenversammlungen oder die Bezirksämter,
zu wenden.
Artikel 35
(1) Der Sonntag und die gesetzlichen Feiertage sind als Tage der
Arbeitsruhe geschützt.
(2) Der 1. Mai ist gesetzlicher Feiertag.
Artikel 36
(1) Die durch die Verfassung gewährleisteten Grundrechte
sind für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung verbindlich.
(2) Einschränkungen der Grundrechte sind durch Gesetz nur
insoweit zulässig, als sie nicht den Grundgedanken dieser
Rechte verletzen.
(3) Werden die in der Verfassung festgelegten Grundrechte offensichtlich
verletzt, so ist jedermann zum Widerstand berechtigt.
Artikel 37
Auf die Artikel 14, 26 und 27 darf sich nicht berufen, wer die
Grundrechte angreift oder gefährdet, insbesondere wer nationalsozialistische
oder andere totalitäre oder kriegerische Ziele verfolgt.
ABSCHNITT III Die Volksvertretung
Artikel 38
(1) Das Abgeordnetenhaus ist die von den wahlberechtigten Deutschen
gewählte Volksvertretung.
(2) Das Abgeordnetenhaus besteht aus mindestens 150 Abgeordneten.
(3) Die Opposition ist notwendiger Bestandteil der parlamentarischen
Demokratie. Sie hat das Recht auf politische Chancengleichheit.
(4) Die Abgeordneten sind Vertreter aller Berliner. Sie sind an
Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen
unterworfen.
Artikel 39
(1) Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, geheimer
und direkter Wahl gewählt.
(2) Parteien, für die im Gebiet von Berlin insgesamt weniger
als fünf vom Hundert der Stimmen abgegeben werden, erhalten
keine Sitze zugeteilt, es sei denn, daß ein Bewerber der
Partei einen Sitz in einem Wahlkreis errungen hat.
(3) Wahlberechtigt sind alle Deutschen, die am Tage der Wahl das
18. Lebensjahr vollendet und seit mindestens drei Monaten in Berlin
ihren Wohnsitz haben.
(4) Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die am Tage der Wahl
das 18. Lebensjahr vollendet haben.
(5) Alles Nähere, insbesondere über den Ausschluß
vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit sowie über das
Ruhen des Wahlrechts, wird durch das Wahlgesetz geregelt.
Artikel 40
(1) Eine Vereinigung von mindestens fünf vom Hundert der
verfassungsmäßigen Mindestzahl der Abgeordneten bildet
eine Fraktion. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.
(2) Fraktionen nehmen unmittelbar Verfassungsaufgaben wahr, indem
sie mit eigenen Rechten und Pflichten als selbständige und
unabhängige Gliederungen der Volksvertretung an deren Arbeit
mitwirken und die parlamentarische Willensbildung unterstützen.
Insofern haben sie Anspruch auf angemessene Ausstattung. Das Nähere
über die Rechtsstellung und Organisation sowie die Rechte
und Pflichten der Fraktionen werden durch Gesetz bestimmt.
Artikel 41
(1) Das Abgeordnetenhaus gibt sich selbst eine Geschäftsordnung.
(2) Das Abgeordnetenhaus wählt für die Dauer der Wahlperiode
aus seiner Mitte den Präsidenten und die Vizepräsidenten
des Abgeordnetenhauses sowie die übrigen Mitglieder des Präsidiums.
Jede Fraktion hat mindestens einen Vertreter im Präsidium.
(3) Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt
im Sitzungsgebäude aus. Ohne seine Zustimmung darf im Sitzungsgebäude
keine Durchsuchung oder Beschlagnahme stattfinden.
(4) Der Präsident verwaltet die wirtschaftlichen Angelegenheiten
des Abgeordnetenhauses nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes.
Er vertritt das Abgeordnetenhaus in allen Angelegenheiten. Ihm
steht die Ernennung, Einstellung und Entlassung der Beamten, Angestellten
und Arbeiter zu.
Artikel 42
(1) Das Abgeordnetenhaus wird durch den Präsidenten einberufen.
(2) Auf Antrag eines Fünftels seiner Mitglieder oder des
Senats muß das Abgeordnetenhaus unverzüglich einberufen
werden.
(3) Die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses sind öffentlich.
(4) Wenn ein Fünftel der Abgeordneten oder der Senat es beantragt,
kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Über
den Antrag ist in geheimer Sitzung zu beraten und abzustimmen.
Artikel 43
(1) Das Abgeordnetenhaus ist beschlußfähig, wenn mehr
als die Hälfte der gewählten Abgeordneten anwesend ist.
(2) Das Abgeordnetenhaus beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit,
falls die Verfassung nicht ein anderes Stimmenverhältnis
vorschreibt. Stimmengleichheit bedeutet Ablehnung. Für die
vom Abgeordnetenhaus vorzunehmenden Wahlen kann durch Gesetz oder
durch die Geschäftsordnung eine andere Mehrheit vorgeschrieben
werden.
Artikel 44
(1) Das Abgeordnetenhaus wählt nach Bedarf Ausschüsse
aus seiner Mitte. Die Ausschüsse tagen grundsätzlich
öffentlich.
(2) Die Zusammensetzung der Ausschüsse sowie die Besetzung
der Vorsitze ist nach den Grundsätzen der Verhältniswahl
nach dem Höchstzahlverfahren (d'Hondt) vorzunehmen. Fraktionslose
Abgeordnete haben das Recht, in den Ausschüssen ohne Stimmrecht
mitzuarbeiten.
(3) Das Nähere über die Wahl und die Arbeit der Ausschüsse
wird durch die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses geregelt.
(4) Das Abgeordnetenhaus hat das Recht und auf Antrag eines Viertels
seiner Mitglieder die Pflicht, zur Vorbereitung von Entscheidungen
über umfangreiche oder bedeutsame Sachverhalte in einem Lebensbereich
Enquete-Kommissionen einzusetzen. Diesen gehören auch vom
Präsidenten des Abgeordnetenhauses auf Vorschlag der Fraktionen
berufene sachverständige Personen an, die nicht Mitglieder
des Abgeordnetenhauses sind. Das Nähere regelt ein Gesetz.
Artikel 45
Das Recht des Abgeordneten, sich im Abgeordnetenhaus und in den
Ausschüssen durch Rede, Anfragen und Anträge an der
Willensbildung und Entscheidungsfindung zu beteiligen, darf nicht
ausgeschlossen werden. Die Rechte der einzelnen Abgeordneten können
nur insoweit beschränkt werden, wie es für die gemeinschaftliche
Ausübung der Mitgliedschaft im Parlament notwendig ist. Das
Nähere regelt die Geschäftsordnung.
Artikel 46
Zum Schutz der Rechte der Bürger wird ein Ausschuß
des Abgeordnetenhauses eingerichtet, der über Petitionen
entscheidet, sofern nicht das Abgeordnetenhaus selbst entscheidet.
Der Ausschuß kann auch tätig werden, wenn ihm auf andere
Weise Umstände bekannt werden. Der Senat und alle ihm unterstellten
oder von ihm beaufsichtigten Behörden und Einrichtungen sowie
die Gerichte haben Auskunftshilfe zu leisten. Der Ausschuß
kann Zeugen und Sachverständige vernehmen und vereidigen.
Das Nähere regelt ein Gesetz.
Artikel 47
(1) Zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
wählt das Abgeordnetenhaus einen Datenschutzbeauftragten.
Er wird vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses ernannt und
unterliegt dessen Dienstaufsicht.
(2) Das Nähere regelt ein Gesetz.
Artikel 48
(1) Das Abgeordnetenhaus hat das Recht und auf Antrag eines Viertels
seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuß
einzusetzen.
(2) Die Untersuchungsausschüsse haben das Recht, Beweise
zu erheben. Sie sind dazu verpflichtet, wenn dies von den Antragstellern
oder einem Fünftel der Ausschußmitglieder beantragt
wird. Die Beweiserhebung ist unzulässig, wenn sie nicht im
Rahmen des Untersuchungsauftrages liegt.
(3) Jeder ist verpflichtet, den Aufforderungen des Untersuchungsausschusses
zum Zwecke der Beweiserhebung Folge zu leisten. Gerichte und Behörden
sind zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet, sie haben auf Verlangen
Akten vorzulegen und ihren Dienstkräften Aussagegenehmigungen
zu erteilen, soweit nicht Gründe der Sicherheit des Bundes
oder eines deutschen Landes entgegenstehen.
(4) Berichte der Untersuchungsausschüsse sind der richterlichen
Nachprüfung entzogen.
(5) Der Untersuchungsausschuß kann durch Beschluß
den Mitgliedern des Senats und ihren Beauftragten die Anwesenheit
in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses gestatten.
(6) Alles Nähere wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 49
(1) Das Abgeordnetenhaus und seine Ausschüsse können
die Anwesenheit der Mitglieder des Senats fordern.
(2) Der Senat ist zu den Sitzungen des Abgeordnetenhauses und
seiner Ausschüsse einzuladen. Den Mitgliedern des Senats
ist auf Verlangen zur Tagesordnung das Wort zu erteilen.
(3) Der Regierende Bürgermeister oder sein Vertreter kann
vor Eintritt in die Tagesordnung unabhängig von den Gegenständen
der Beratung das Wort ergreifen. Das Nähere wird durch die
Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses geregelt.
(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 hat die Opposition
das Recht der ersten Erwiderung.
(5) Die Mitglieder des Senats unterstehen in den Sitzungen der
Ordnungsgewalt des Präsidenten des Abgeordnetenhauses oder
des Vorsitzenden des Ausschusses.
Artikel 50
(1) Der Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus frühzeitig
und vollständig über alle in seine Zuständigkeit
fallenden Vorhaben von grundsätzlicher Bedeutung. Dies betrifft
auch Angelegenheiten der Europäischen Union, soweit das Land
Berlin daran beteiligt ist. Staatsverträge sind vor ihrer
Unterzeichnung durch den Senat dem Abgeordnetenhaus zur Kenntnis
zu geben. Der Abschluß von Staatsverträgen bedarf der
Zustimmung des Abgeordnetenhauses.
(2) Der Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus über Gesetzesvorhaben
des Bundes und über die Angelegenheiten der Europäischen
Union, soweit er an ihnen mitwirkt.
Artikel 51
(1) Kein Abgeordneter darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung
oder wegen Äußerungen in Ausübung seines Mandats
gerichtlich oder dienstlich oder sonst außerhalb des Abgeordnetenhauses
zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische
Beleidigungen.
(2) Jeder Abgeordnete hat das Recht, Angaben über Personen,
die ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter Mitteilung gemacht
haben, und die Herausgabe von Schriftstücken zu verweigern,
die ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter übergeben
wurden.
(3) Kein Abgeordneter darf ohne Genehmigung des Abgeordnetenhauses
zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, daß
er bei Ausübung der Tat festgenommen wird.
(4) Jede Haft oder sonstige Beschränkung der persönlichen
Freiheit eines Abgeordneten ist auf Verlangen des Abgeordnetenhauses
aufzuheben.
Artikel 52
Niemand darf wegen wahrheitsgetreuer Berichte über die öffentlichen
Verhandlungen des Abgeordnetenhauses und seiner Ausschüsse
zur Verantwortung gezogen werden.
Artikel 53
Die Abgeordneten erhalten eine angemessene Entschädigung.
Alles Nähere wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 54
(1) Das Abgeordnetenhaus wird unbeschadet der Vorschrift des Absatzes
5 für vier Jahre gewählt. Die Wahlperiode beginnt mit
dem ersten Zusammentritt des Abgeordnetenhauses. Die Neuwahl findet
frühestens 46 Monate und spätestens 48 Monate nach dem
Beginn der Wahlperiode statt.
(2) Das Abgeordnetenhaus kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln
seiner Mitglieder beschließen, die Wahlperiode vorzeitig
zu beenden.
(3) Die Wahlperiode kann auch durch Volksentscheid vorzeitig beendet
werden.
(4) Im Falle der vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode findet
die Neuwahl spätestens acht Wochen nach dem Beschluß
des Abgeordnetenhauses oder der Bekanntgabe des Volksentscheides
statt.
(5) Die Wahlperiode endet mit dem Zusammentritt des neugewählten
Abgeordnetenhauses. Das Abgeordnetenhaus tritt spätestens
sechs Wochen nach der Wahl unter dem Vorsitz des ältesten
Abgeordneten zusammen.
ABSCHNITT IV Die Regierung
Artikel 55
(1) Die Regierung wird durch den Senat ausgeübt.
(2) Der Senat besteht aus dem Regierenden Bürgermeister und
höchstens zehn weiteren Senatsmitgliedern (Bürgermeister
und Senatoren).
Artikel 56
(1) Der Regierende Bürgermeister wird mit der Mehrheit der
abgegebenen Stimmen vom Abgeordnetenhaus gewählt.
(2) Die Wahl des Bürgermeisters und der Senatoren erfolgt
auf Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters durch das Abgeordnetenhaus.
(3) Kommt aufgrund des Vorschlages des Regierenden Bürgermeisters
innerhalb einer Frist von 21 Tagen ein Senat nicht zustande, so
ist der Auftrag zur Senatsbildung erlöschen und eine Neuwahl
vorzunehmen.
(4) Die Mitglieder des Senats können jederzeit von ihrem
Amt zurücktreten.
Artikel 57
(1) Der Senat bedarf des Vertrauens des Abgeordnetenhauses.
(2) Das Abgeordnetenhaus kann dem Senat und jedem seiner Mitglieder
das Vertrauen entziehen. Die namentliche Abstimmung darf frühestens
48 Stunden nach der Bekanntgabe des Mißtrauensantrages im
Abgeordnetenhaus erfolgen.
(3) Der Beschluß über einen Mißtrauensantrag
bedarf der Zustimmung der Mehrheit der gewählten Mitglieder
des Abgeordnetenhauses. Bei Annahme eines Mißtrauensantrages
haben die davon betroffenen Mitglieder des Senats sofort zurückzutreten.
Jedes Mitglied des Senats ist verpflichtet, auf Verlangen die
Geschäfte bis zum Amtsantritt des Nachfolgers weiterzuführen.
Das Mißtrauensvotum verliert seine Wirksamkeit, wenn nicht
binnen 21 Tagen eine Neuwahl erfolgt ist.
Artikel 58
(1) Der Regierende Bürgermeister vertritt Berlin nach außen.
Er führt den Vorsitz im Senat und leitet seine Sitzungen.
Bei Stimmengleichheit gibt seine Stimme den Ausschlag.
(2) Der Regierende Bürgermeister bestimmt im Einvernehmen
mit dem Senat die Richtlinien der Regierungspolitik. Sie bedürfen
der Billigung des Abgeordnetenhauses.
(3) Der Regierende Bürgermeister überwacht die Einhaltung
der Richtlinien der Regierungspolitik; er hat das Recht, über
alle Amtsgeschäfte Auskunft zu verlangen.
(4) Die Zahl der Geschäftsbereiche des Senats sowie ihre
Abgrenzung werden auf Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters
vom Abgeordnetenhaus beschlossen. Der Senat gibt sich seine Geschäftsordnung.
(5) Jedes Mitglied des Senats leitet seinen Geschäftsbereich
selbständig und in eigener Verantwortung innerhalb der Richtlinien
der Regierungspolitik. Bei Meinungsverschiedenheiten oder auf
Antrag des Regierenden Bürgermeisters entscheidet der Senat.
ABSCHNITT V Die Gesetzgebung
Artikel 59
(1) Die für alle verbindlichen Gebote und Verbote müssen
auf Gesetz beruhen.
(2) Gesetzesvorlagen können aus der Mitte des Abgeordnetenhauses,
durch den Senat oder im Wege des Volksbegehrens eingebracht werden.
(3) Die Öffentlichkeit ist über Gesetzesvorhaben zu
informieren. Gesetzentwürfe des Senats sind spätestens
zu dem Zeitpunkt, zu dem betroffene Kreise unterrichtet werden,
auch dem Abgeordnetenhaus zuzuleiten.
(4) Jedes Gesetz muß in mindestens zwei Lesungen im Abgeordnetenhaus
beraten werden. Zwischen beiden Lesungen soll im allgemeinen eine
Vorberatung in dem zuständigen Ausschuß erfolgen.
(5) Auf Verlangen des Präsidenten des Abgeordnetenhauses
oder des Senats hat eine dritte Lesung stattzufinden.
Artikel 60
(1) Gesetze werden vom Abgeordnetenhaus mit einfacher Mehrheit
beschlossen, soweit die Verfassung nichts anderes bestimmt.
(2) Gesetze sind vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses unverzüglich
auszufertigen und sodann binnen zwei Wochen vom Regierenden Bürgermeister
zu verkünden.
(3) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag des Inkrafttretens
bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung, so treten sie mit dem
14. Tage nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem sie verkündet
worden sind.
Artikel 61
(1) Alle Einwohner Berlins haben das Recht, das Abgeordnetenhaus
im Rahmen seiner Entscheidungszuständigkeiten mit bestimmten
Gegenständen der politischen Willensbildung, die Berlin betreffen,
zu befassen. Die Initiative muß von 90 000 volljährigen
Einwohnern Berlins unterzeichnet sein. Ihre Vertreter haben das
Recht auf Anhörung in den zuständigen Ausschüssen.
(2) Initiativen zum Landeshaushalt, zu Dienst- und Versorgungsbezügen,
Abgaben, Tarifen der öffentlichen Unternehmen sowie Personalentscheidungen
sind unzulässig.
(3) Das Nähere regelt ein Gesetz.
Artikel 62
(1) Volksbegehren können darauf gerichtet werden, Gesetze
zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben, soweit das Land Berlin
die Gesetzgebungskompetenz hat. Sie sind innerhalb einer Wahlperiode
zu einem Thema nur einmal zulässig. Mit dem Volksbegehren
muß ein ausgearbeiteter Gesetzentwurf vorgelegt werden.
(2) Der dem Volksbegehren zugrundeliegende Gesetzentwurf ist vom
Senat unter Darlegung seines Standpunktes dem Abgeordnetenhaus
zu unterbreiten.
(3) Volksbegehren können auch auf die vorzeitige Beendigung
der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses gerichtet werden.
(4) Ein Volksbegehren ist zustande gekommen, wenn mindestens zehn
vom Hundert der zum Abgeordnetenhaus von Berlin Wahlberechtigten
innerhalb von zwei Monaten dem Volksbegehren zugestimmt haben.
(5) Volksbegehren zur Verfassung, zum Landeshaushalt, zu Dienst-
und Versorgungsbezügen, Abgaben, Tarifen der öffentlichen
Unternehmen sowie Personalentscheidungen sind unzulässig.
Artikel 63
(1) Ist ein Volksbegehren zustande gekommen, so muß innerhalb
von vier Monaten über den Gesetzentwurf ein Volksentscheid
herbeigeführt werden. Das Abgeordnetenhaus kann einen eigenen
Gesetzentwurf zur gleichzeitigen Abstimmung stellen. Der Volksentscheid
unterbleibt, wenn das Abgeordnetenhaus den begehrten Gesetzentwurf
inhaltlich in seinem wesentlichen Bestand unverändert annimmt.
(2) Ein Gesetz ist durch Volksentscheid angenommen, wenn sich
entweder mindestens die Hälfte der zum Abgeordnetenhaus von
Berlin Wahlberechtigten am Volksentscheid beteiligt und die Mehrheit
für das Gesetz stimmt oder bei geringerer Stimmbeteiligung
mindestens ein Drittel der Wahlberechtigten für das Gesetz
stimmt.
(3) Der Volksentscheid über die vorzeitige Beendigung der
Wahlperiode des Abgeordnetenhauses ist herbeizuführen, wenn
ein Fünftel der zum Abgeordnetenhaus von Berlin Wahlberechtigten
dem Volksbegehren zugestimmt hat. Der Volksentscheid wird nur
wirksam, wenn sich mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten
daran beteiligt und die Mehrheit für die vorzeitige Beendigung
stimmt.
(4) Der Präsident des Abgeordnetenhauses fertigt das durch
Volksentscheid zustande gekommene Gesetz aus; der Regierende Bürgermeister
verkündet es im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin.
(5) Das Nähere zum Volksbegehren und Volksentscheid, einschließlich
der Veröffentlichung des dem Volksentscheid zugrundeliegenden
Vorschlages, wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 64
(1) Durch Gesetz kann der Senat oder ein Mitglied des Senats ermächtigt
werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Inhalt, Zweck und Ausmaß
der erteilten Ermächtigung müssen im Gesetz bestimmt
werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Rechtsverordnung anzugeben.
(2) Zur Festsetzung von Bebauungsplänen und Landschaftsplänen
können die Bezirke durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen
zu erlassen. Die Ermächtigung kann sich auch auf andere baurechtliche
Akte, die nach Bundesrecht durch Satzung zu regeln sind, sowie
auf naturschutzrechtliche Veränderungsverbote erstrecken.
Dies gilt nicht für Gebiete mit außergewöhnlicher
stadtpolitischer Bedeutung. Das Nähere regelt ein Gesetz.
(3) Die Rechtsverordnungen nach Absatz 1 sind dem Abgeordnetenhaus
unverzüglich zur Kenntnisnahme vorzulegen. Verwaltungsvorschriften
sind dem Abgeordnetenhaus auf Verlangen vorzulegen.
Artikel 65
(1) Parallel zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse
in Berlin sollen Rechtsvorschriften, die bisher nur in Teilen
des Landes Berlin galten, durch Rechtsvorschriften ersetzt werden,
die im ganzen Land gelten.
(2) Soweit in überlieferten Rechtsvorschriften Zuständigkeiten
angesprochen sind, die nicht ohne weiteres einem Verfassungsorgan
zugeordnet werden können, gehen sie auf den Senat über;
das Abgeordnetenhaus kann anderes beschließen.
ABSCHNITT VI Die Verwaltung
Artikel 66
(1) Die Verwaltung ist bürgernah im demokratischen und sozialen
Geist nach der Verfassung und den Gesetzen zu führen.
(2) Die Bezirke sind an der Verwaltung nach den Grundsätzen
der Selbstverwaltung zu beteiligen.
Artikel 67
(1) Der Senat nimmt durch die Hauptverwaltung die Aufgaben wahr,
die von gesamtstädtischer Bedeutung sind oder wegen ihrer
Eigenart zwingend einer einheitlichen Durchführung bedürfen.
(2) Die Bezirke nehmen alle anderen Aufgaben der Verwaltung wahr.
Der Senat kann Grundsätze und allgemeine Verwaltungsvorschriften
für die Tätigkeit der Bezirke erlassen. Er übt
die Aufsicht darüber aus, daß diese eingehalten werden
und die Rechtmäßigkeit der Verwaltung gewahrt bleibt.
(3) Die nähere Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche
muß durch Gesetz geregelt werden. Durch Gesetz können
Aufgaben des Senats den Bezirken zur Erfüllung unter Fachaufsicht
zugewiesen werden.
(4) Der Senat ist befugt, zusätzlich einzelne seiner Aufgaben
den Bezirken zur Erfüllung unter Fachaufsicht zu übertragen.
Zur Ausübung der Schulaufsicht können Beamte in den
Bezirksverwaltungen herangezogen werden.
(5) Einzelne Aufgaben der Bezirke können durch einen Bezirk
oder mehrere Bezirke wahrgenommen werden.
Artikel 68
(1) Den Bezirken ist die Möglichkeit zu geben, zu den gründlichen
Fragen der Verwaltung und Gesetzgebung Stellung zu nehmen.
(2) Zu diesem Zweck finden regelmäßig mindesten einmal
monatlich gemeinsame Besprechungen des Regierenden Bürgermeisters
und des Bürgermeisters mit den Bezirksbürgermeistern
oder den stellvertretenden Bezirksbürgermeistern als Vertretern
des Bezirksamts statt (Rat der Bürgermeister).
(3) Alles Nähere wird durch das Gesetz über die Verwaltung
geregelt.
Artikel 69
In jedem Bezirk wird eine Bezirksverordnetenversammlung gewählt.
Sie wählt die Mitglieder des Bezirksamts. Das Nähere
wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 70
(1) Die Bezirksverordnetenversammlung wird in allgemeiner, gleicher,
geheimer und direkter Wahl zur gleichen Zeit wie das Abgeordnetenhaus
von den Wahlberechtigten des Bezirks gewählt. Wahlberechtigt
und wählbar sind unter den gleichen Voraussetzungen wie Deutsche
auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates
der Europäischen Union besitzen. Alles Nähere regelt
das Wahlgesetz.
(2) Die Bezirksverordnetenversammlung besteht aus 45 Mitgliedern.
Artikel 71
Mit dem Ende der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses endet auch
die Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlungen.
Artikel 72
Die Bezirksverordnetenversammlung ist Organ der bezirklichen Selbstverwaltung;
sie übt die Kontrolle über die Verwaltung des Bezirks
aus, beschließt den Bezirkshaushaltsplan und entscheidet
in den ihr zugewiesenen Angelegenheiten.
Artikel 73
(1) Die Bezirksverordnetenversammlung setzt zur Mitwirkung bei
der Erfüllung ihrer Aufgaben Ausschüsse ein.
(2) Nach näherer Bestimmung durch Gesetz können den
Ausschüssen neben Mitgliedern der Bezirksverordnetenversammlung
auch Bürgerdeputierte angehören. Die Bürgerdeputierten
werden von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt; sie
sind Inhaber von Ehrenämtern.
Artikel 74
(1) Das Bezirksamt besteht aus dem Bezirksbürgermeister und
den Bezirksstadträten, von denen einer zugleich zum stellvertretenden
Bezirksbürgermeister gewählt wird.
(2) Das Bezirksamt ist die Verwaltungsbehörde des Bezirks;
es vertritt Berlin in Angelegenheiten seines Bezirks.
Artikel 75
(1) Die Organisation der Bezirksverwaltung wird durch Gesetz geregelt.
(2) Der Bezirksbürgermeister untersteht der Dienstaufsicht
des Regierenden Bürgermeisters. Der Bezirksbürgermeister
hat die Dienstaufsicht über die Mitglieder des Bezirksamts.
Jedes Mitglied des Bezirksamts leitet seinen Geschäftsbereich
in eigener Verantwortung. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen
Mitgliedern des Bezirksamts entscheidet das Bezirksamt.
Artikel 76
Die Bezirksverordnetenversammlung kann mit Zweidrittelmehrheit
der Bezirksverordneten ein Mitglied des Bezirksamts vor Beendigung
der Amtszeit abberufen. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 77
(1) Alle Einstellungen, Versetzungen und Entlassungen im öffentlichen
Dienst erfolgen durch den Senat. Für die Bezirke wird dieses
Recht den Bezirksämtern übertragen.
(2) Über Versetzungen aus einem Bezirk in einen anderen,
aus der Hauptverwaltung in einen Bezirk oder umgekehrt entscheidet,
wenn die Beteiligten sich nicht einigen können, der Senat
nach Anhörung der Beteiligten. Zum allgemeinen Personalausgleich
in der Berliner Verwaltung kann der Senat auch entgegen einer
Einigung der Beteiligten nach deren Anhörung entscheiden.
ABSCHNITT VII Die Rechtspflege
Artikel 78
Die Rechtspflege ist im Geist dieser Verfassung und des sozialen
Verständnisses auszuüben.
Artikel 79
(1) Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur dem
Gesetz unterworfene Gerichte im Namen des Volkes ausgeübt.
(2) An der Rechtspflege sind Männer und Frauen aller Volksschichten
nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu beteiligen.
Artikel 80
Die Richter sind an die Gesetze gebunden.
Artikel 81
Das Recht der Begnadigung übt der Senat aus. Er hat in den
gesetzlich vorzusehenden Fällen den vom Abgeordnetenhaus
zu wählenden Ausschuß für Gnadensachen zu hören.
Der Senat kann seine Befugnis auf das jeweils zuständige
Mitglied des Senats übertragen.
Artikel 82
(1) Die Berufsrichter werden vom Senat ernannt, wenn sie nach
ihrer Persönlichkeit und ihrer bisherigen Tätigkeit
in der Rechtspflege die Gewähr dafür bieten, daß
sie ihr Richteramt im Geist der Verfassung und sozialen Gerechtigkeit
ausüben werden. Die gewählten höchsten Richter
haben ein Vorschlagsrecht für ihren Amtsbereich.
(2) Die Präsidenten der oberen Landesgerichte werden auf
Vorschlag des Senats vom Abgeordnetenhaus mit der Mehrheit seiner
Mitglieder gewählt und vom Senat ernannt.
Artikel 83
(1) Es wird ein Disziplinargerichtshof aus Berufsrichtern und
Laien gebildet: seine Mitglieder werden vom Abgeordnetenhaus gewählt.
(2) Erfüllt ein Richter die Voraussetzungen seiner Ernennung
gemäß Artikel 82 nicht mehr oder verstößt
ein Richter gegen die Verfassung oder die Gesetze, so ist bei
dem Disziplinargerichtshof ein Verfahren gegen ihn einzuleiten.
(3) Der Disziplinargerichtshof kann auf Amtsenthebung erkennen.
(4) Alles Nähere wird durch ein Gesetz geregelt.
Artikel 84
(1) Es wird ein Verfassungsgerichtshof gebildet, der aus neun
Mitgliedern besteht (einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten
und sieben Verfassungsrichtern), von denen drei zum Zeitpunkt
ihrer Wahl Berufsrichter sind und drei weitere die Befähigung
zum Richteramt haben. Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes
werden durch das Abgeordnetenhaus mit Zweidrittelmehrheit gewählt.
(2) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet
1. über die Auslegung der Verfassung von Berlin aus Anlaß
von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten
eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch
die Verfassung von Berlin oder durch die Geschäftsordnung
des Abgeordnetenhauses mit eigenen Rechten ausgestattet sind,
2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche
oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht mit der Verfassung
von Berlin auf Antrag des Senats oder eines Viertels der Mitglieder
des Abgeordnetenhauses,
3. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die Vereinbarkeit
der im Gesetz geregelten Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche
zwischen der Hauptverwaltung und den Bezirken mit der Verfassung
von Berlin auf Antrag eines Bezirks,
4. in den nach Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland der Zuständigkeit der Landesverfassungsgerichte
zugewiesenen Fällen,
5. über Verfassungsbeschwerden, soweit nicht Verfassungsbeschwerde
zum Bundesverfassungsgericht erhoben ist oder wird,
6. in den ihm sonst durch Gesetz zugewiesenen Fällen.
(3) Das Nähere wird durch ein Gesetz über den Verfassungsgerichtshof
bestimmt.
ABSCHNITT VIII Das Finanzwesen
Artikel 85
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben müssen für jedes Rechnungsjahr
in dem Haushaltsplan veranschlagt werden; er wird durch ein Gesetz
festgestellt (Haushaltsgesetz). Durch Gesetz kann eine Veranschlagung
und Feststellung für einen längeren Zeitabschnitt und
in besonderen Ausnahmefällen ein Nachweis von Einnahmen und
Ausgaben außerhalb des Haushaltsplans zugelassen werden.
(2) Jedem Bezirk wird eine Globalsumme zur Erfüllung seiner
Aufgaben im Rahmen des Haushaltsgesetzes zugewiesen. Bei der Bemessung
der Globalsummen für die Bezirkshaushaltspläne ist ein
gerechter Ausgleich unter den Bezirken vorzunehmen. Zum Jahresschluß
wird das erwirtschaftete Abschlußergebnis auf die Globalsumme
für den nächsten aufzustellenden Bezirkshaushaltsplan
vorgetragen.
Artikel 86
(1) Das Haushaltsgesetz bildet die Grundlage für die Verwaltung
aller Einnahmen und Ausgaben.
(2) Haushaltsmittel dürfen nur in Anspruch genommen werden,
soweit es eine sparsame Verwaltung erforderlich macht.
(3) Der Haushaltswirtschaft ist eine fünfjährige Finanzplanung
zugrunde zu legen. Der Finanzplan ist dem Abgeordnetenhaus spätestens
im Zusammenhang mit dem Entwurf des Haushaltsgesetzes für
das nächste Haushaltsjahr vorzulegen.
Artikel 87
(1) Ohne gesetzliche Grundlage dürfen weder Steuern oder
Abgaben erhoben noch Anleihen aufgenommen oder Sicherheiten geleistet
werden.
(2) Kredite dürfen nur aufgenommen werden, wenn andere Mittel
zur Deckung nicht vorhanden sind. Die Einnahmen aus Krediten dürfen
die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für
Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig
zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaflichen Gleichgewichts.
Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 88
(1) Haushaltsüberschreitungen dürfen nur mit Zustimmung
des Senats im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren
Bedürfnisses vorgenommen werden.
(2) Für Haushaltsüberschreitungen ist die nachträgliche
Genehmigung des Abgeordnetenhauses einzuholen.
(3) Erhebt der mit der Leitung des Finanzwesens beauftragte Senator
gegen eine Haushaltsüberschreitung Einspruch, so ist ein
Beschluß des Abgeordnetenhauses herbeizuführen.
(4) Für Haushaltsüberschreitungen in den Bezirken können
durch Gesetz entsprechende Regelungen getroffen werden.
Artikel 89
(1) Ist der Haushaltsplan zu Beginn des neuen Rechnungsjahres
noch nicht festgestellt, so ist der Senat zu vorläufigen
Regelungen ermächtigt, damit die unbedingt notwendigen Ausgaben
geleistet werden können, um bestehende Einrichtungen zu erhalten,
die gesetzlichen Aufgaben und die rechtlichen Verpflichtungen
zu erfüllen, Bauvorhaben weiterzuführen und eine ordnungsgemäße
Tätigkeit der Verwaltung aufrechtzuerhalten. Für den
Bezirkshaushalt ist das Bezirksamt zu ergänzenden Regelungen
ermächtigt.
(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetz beruhende Einnahmen aus
Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen oder die Betriebsmittelrücklage
die Ausgaben gemäß Absatz 1 decken, darf der Senat
die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsführung erforderlichen
Mittel bis zur Höhe eines Viertels der Endsumme des abgelaufenen
Haushaltsplans im Wege des Kredits flüssig machen.
Artikel 90
(1) Vorlagen und Anträge über Maßnahmen, die eine
Minderung der der Einnahmen oder eine Erhöhung der Ausgaben
gegenüber dem Haushaltsplan zur Folge haben, müssen
vom Abgeordnetenhaus in zwei Lesungen beraten werden, zwischen
denen in der Regel 48 Stunden liegen sollen.
(2) Die Beschlüsse müssen Bestimmungen über die
Deckung enthalten.
Artikel 91
Die Mitglieder des Senats und der Bezirksämter sowie die
übrigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes,
die gegen die Bestimmungen der Verfassung über das Finanzwesen
schuldhaft verstoßen, haften für den daraus entstandenen
Schaden. Eine Verpflichtung zum Schadensersatz ist jedoch nicht
gegeben, wenn die Handlung zur Abwendung einer nicht voraussehbaren
dringenden Gefahr erfolgte und die Verletzung der Vorschriften
nicht über das durch die Notlage gebotene Maß hinausgegangen
ist.
Artikel 92
Organisation, Verwaltung, Wirtschaftsführung und Rechnungswesen
der nichtrechtsfähigen wirtschaftlichen Unternehmen Berlins
(Eigenbetriebe) werden durch Gesetz geregelt. Das Rechnungswesen
ist so einzurichten, daß ein klarer Einblick in die laufende
Betriebsführung und die Ergebnisse möglich ist.
Artikel 93
(1) Die Umwandlung von Eigenbetrieben und von einzelnen Anlagen
von bleibendem Wert in juristische Personen bedarf eines Beschlusses
des Abgeordnetenhauses.
(2) Die Veräußerung von Vermögensgegenständen
wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 94
(1) Im Laufe der ersten neun Monate des folgenden Rechnungsjahres
hat der Senat dem Abgeordnetenhaus über die Einnahmen und
Ausgaben der Haushaltswirtschaft und über Vermögen und
Schulden Rechnung zu legen.
(2) Nach Prüfung der Haushalts- und Vermögensrechnung
durch den Rechnungshof beschließt das Abgeordnetenhaus über
die Entlastung des Senats. Es beschließt über einzuleitende
Maßnahmen und kann bestimmte Sachverhalte ausdrücklich
mißbilligen.
Artikel 95
(1) Der Rechnungshof ist eine unabhängige, nur dem Gesetz
Unterworfene oberste Landesbehörde. Seine Mitglieder besitzen
richterliche Unabhängigkeit.
(2) Der Rechnungshof wird von dem Präsidenten geleitet. Dieser
wird auf Vorschlag des Senats vom Abgeordnetenhaus mit der Mehrheit
seiner Mitglieder gewählt und vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses
auf Lebenszeit ernannt. Der Präsident des Rechnungshofes
untersteht der Dienstaufsicht des Präsidenten des Abgeordnetenhauses
von Berlin.
(3) Der Rechnungshof prüft die Rechnungen (Artikel 94) sowie
die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der gesamten
Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins. Er berichtet darüber
jährlich dem Abgeordnetenhaus und unterrichtet gleichzeitig
den Senat.
(4) Das Abgeordnetenhaus und der Senat können den Rechnungshof
ersuchen, Angelegenheiten von besonderer Bedeutung zu untersuchen
und darüber zu berichten.
(5) Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
ABSCHNITT IX Übergangs- und Schlußbestimmungen
Artikel 96
Zwischen Berlin und anderen Ländern können gemeinsame
Behörden, Gerichte und Körperschaften, Anstalten und
Stiftungen des öffentlichen Rechts gebildet werden. Die Vereinbarung
bedarf der Zustimmung des Abgeordnetenhauses. Mit dem Land Brandenburg
oder einzelnen seiner Gebietskörperschaften können gemeinsame
Behörden und Gremien geschaffen werden, auf die durch Gesetz
einzelne Befugnisse zur Raumplanung und Flächennutzungsplanung
übertragen werden können. Die Bestimmungen des Baugesetzbuches
und des Raumordnungsgesetzes bleiben unberührt.
Artikel 97
(1) Das Land Berlin kann ein gemeinsames Land mit dem Land Brandenburg
bilden.
(2) Ein Staatsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg über
die Bildung eines gemeinsamen Bundeslandes bedarf der Zustimmung
einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Abgeordnetenhauses
sowie der Zustimmung durch Volksabstimmung nach Maßgabe
dieses Staatsvertrages.
(3) Der Staatsvertrag kann vorsehen, daß
1. einzelne Befugnisse des Abgeordnetenhauses und des Senats auf
gemeinsame Ausschüsse und Gremien der beiden Länder
übertragen werden,
2. die Wahlperiode des Abgeordnetenhauses und die Amtszeit des
Senats mit der Bildung des gemeinsamen Landes enden.
(4) Die Rechte des Abgeordnetenhauses bleiben unberührt.
(5) Das Nähere zur Regelung der Volksabstimmung bestimmt
ein Staatsvertrag.
Artikel 98
Die zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus und
zur Beseitigung ihrer Folgen erlassenen Rechtsvorschriften werden
von den Bestimmungen dieser Verfassung nicht berührt.
Artikel 99
Bis zum Ende der 13. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin
soll das Bezirksamt auf Grund der Wahlvorschläge der Fraktionen
entsprechend ihrem nach dem Höchstzahlverfahren (d'Hondt)
berechneten Stärkeverhältnis in der Bezirksverordnetenversammlung
gebildet werden. Gemeinsame Wahlvorschläge von mehreren Fraktionen
werden bei der Wahl des Bezirksbürgermeisters unbeschadet
der Gesamtzusammensetzung des Bezirksamts wie Wahlvorschläge
einer Fraktion angesehen. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 100
Änderungen der Verfassung erfordern eine Mehrheit von zwei
Dritteln der gewählten Mitglieder des Abgeordnetenhauses.
Ist die Verfassungsänderung auf eine Änderung der Artikel
62 und 63 gerichtet, so bedarf es zusätzlich einer Volksabstimmung.
Artikel 101
(1) Diese Verfassung tritt, soweit in Absatz 2 nichts anderes
bestimmt ist, nach Zustimmung in einer Volksabstimmung am Tage
nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für
Berlin in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verfassung von Berlin
vom 1. September 1950 (VOBl. I S. 433), zuletzt geändert
durch Gesetz vom 8. Juni 1995 (GVBI. S. 339), außer Kraft.
(2) Artikel 99 tritt mit dem Beginn der 13. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses
von Berlin in Kraft.
(3) Artikel 55 Abs. 2 findet auf den bei Inkrafttreten dieser
Verfassung im Amt befindlichen Senat keine Anwendung.
Die vorstehende Verfassung wird hiermit verkündet.
Der Regierende Bürgermeister
Eberhard Diepgen
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