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Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz (LfvG)

Aufgrund des Artikels III des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Landesamt für Verfassungsschutz und des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 22. November 1994 (GVBI. S. 462) wird nachstehend der Wortlaut des Gesetzes über das Landesamt für Verfassungsschutz (LfVG) vom 26. Januar 1993 (GVBI. S. 33) in der vom 2. Dezember 1994 an geltenden Fassung bekanntgemacht.

Berlin, den 25. März 1995
Der Regierende Bürgermeister
Eberhard Diepgen

Inhalt

§ 1 Zweck des Verfassungsschutzes
§ 2 Organisation
§ 3 Dienstkräfte
§ 4 Zusammenarbeit
§ 5 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz
§ 6 Begriffsbestimmungen
§ 7 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz
§ 8 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz
Seitenanfang § 9 Besondere Formen der Datenerhebung
§ 10 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz
§ 11 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Informationen
§ 12 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Informationen von Minderjährigen
§ 13 Speicherungsdauer
§ 14 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Informationen in Dateien
§ 15 Berichtigung und Sperrung personenbezogener Informationen in Akten
§ 16 Dateianordnungen
§ 17 Gemeinsame Dateien
§ 18 Grundsätze bei der Informationsübermittlung durch das Landesamt für Verfassungsschutz
§ 19 Informationsübermittlung zwischen den Verfassungsschutzbehörden
§ 20 Informationsübermittlung an den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst
§ 21 Informationsübermittlung an Strafverfolgungsbehörden in Angelegenheiten des Staats- und Verfassungsschutzes
§ 22 Übermittlung von Informationen an den öffentlichen Bereich
§ 23 Übermittlung von Informationen an Personen und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs
§ 24 Übermittlung von Informationen an die Stationierungsstreitkräfte
§ 25 Übermittlung von Informationen an öffentliche Stellen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes
§ 26 Unterrichtung der Öffentlichkeit
§ 27 Übermittlung von Informationen an das Landesamt für Verfassungsschutz
§ 28 Übermittlungsverbote
§ 29 Minderjährigenschutz
§ 30 Nachberichtspflicht
§ 31 Auskunft an den Betroffenen
§ 32 Akteneinsicht
§ 33 Ausschuß für Verfassungsschutz
§ 34 Geheimhaltung
§ 35 Aufgaben und Befugnisse des Ausschusses
§ 36 Einschränkung von Grundrechten
§ 37 Anwendbarkeit des Berliner Datenschutzgesetzes
§ 38 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

ERSTER ABSCHNITT Aufgaben und Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz

§1 Zweck des Verfassungsschutzes

Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder.

§ 2 Organisation

(1) Die Aufgaben des Verfassungsschutzes werden ausschließlich vom Landesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen. Es wird als obere Landesbehörde geführt.

(2) Aufsichtsbehörde ist der Regierende Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei - .

(3) Der Regierende Bürgermeister wird in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes in der Regel durch den Chef der Senatskanzlei vertreten.

(4) Auf Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters kann der Senat mit Zustimmung des Abgeordnetenhauses die Aufsicht auf eine andere Senatsverwaltung übertragen.

(5) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden.

§ 3 Dienstkräfte

Die Dienstkräfte des Landesamtes für Verfassungsschutz haben neben den allgemeinen Beamtenpflichten die sich aus dem Wesen des Verfassungsschutzes und ihrer dienstlichen Stellung ergebenden besonderen Pflichten. Sie haben sich jederzeit für den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung von Berlin einzusetzen. Die Funktion des Amtsleiters soll nur einer Person übertragen werden, die die Befähigung zum Richteramt besitzt.

§ 4 Zusammenarbeit

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist verpflichtet, mit Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit besteht insbesondere in gegenseitiger Unterstützung und Information sowie in der Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen (wie z. B. das nachrichtendienstliche Informationssystem des Bundes und der Länder [NADIS] und die Schule für Verfassungsschutz).

(2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen, das Bundesamt für Verfassungsschutz nur im Benehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden.

§ 5 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Aufgabe, den Senat von Berlin und andere zuständige staatliche Stellen über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu unterrichten. Dadurch soll diesen Stellen insbesondere ermöglicht werden, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu ergreifen.

(2) Zur Erfüllung dieser Aufgaben sammelt und wertet das Landesamt für Verfassungsschutz Informationen, insbesondere sach- und personenbezogene Daten, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen aus über

1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben,

2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,

3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,

4. frühere, fortwirkende unbekannte Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungs- und Abwehrdienste der ehemaligen DDR im Geltungsbereich dieses Gesetzes.

(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt auf Ersuchen der zuständigen öffentlichen Stellen mit

1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,

2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen,

3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte,

4. bei sonstigen Überprüfungen, soweit dies im Einzelfall zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder für Zwecke der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. Näheres wird in einer durch die Aufsichtsbehörde zu erlassenden Verwaltungsvorschrift bestimmt.

Die Mitwirkung des Landesamtes für Verfassungsschutz an der Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 3 Nr. 1 und 2 setzt im Einzelfall voraus, daß die zu überprüfende Person zugestimmt hat. In die Sicherheitsüberprüfung dürfen mit ihrer Zustimmung der Ehegatte, Verlobte oder die Person, die mit der betroffenen Person in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, miteinbezogen werden.

§ 6 Begriffsbestimmungen

(1) Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 3 sind politisch motivierte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen oder Betätigungen von Organisationen, Personenzusammenschlüssen ohne feste hierachische Organisationsstrukturen (unorganisierte Gruppen) oder Einzelpersonen gegen die in § 5 Abs. 2 bezeichneten Schutzgüter. Für eine Organisation oder einen Personenzusammenschluß ohne feste hierarchische Organisationsstruktur (unorganisierte Gruppe) handelt, wer sie in ihren Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einer oder für eine Organisation oder in einem oder für einen Personenzusammenschluß ohne feste hierarchische Organisationsstruktur (unorganisierte Gruppe) handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen.

(2) Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sind solche, die auf die Beseitigung oder Außerkraftsetzung wesentlicher Verfassungsgrundsätze abzielen. Hierzu gehören.

1 . das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,

2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,

3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,

4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,

5. die Unabhängigkeit der Gerichte,

6. der Ausschluß jeder Gewalt und Willkürherrschaft und

7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche, die darauf gerichtet sind, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen,

2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche, die darauf gerichtet sind, den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen.

(4) Auswärtige Belange im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 werden nur gefährdet, wenn innerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes Gewalt ausgeübt oder durch Handlungen vorbereitet wird und diese sich gegen die politische Ordnung oder Einrichtungen anderer Staaten richten.

§ 7 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, darf das Landesamt für Verfassungsschutz bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 5 Abs. 2 nur tätig werden, wenn im Einzelfall tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der dort genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten vorliegen.

(2) Zur Erfüllung seiner Aufgaben darf das Landesamt für Verfassungsschutz nur die dazu erforderlichen Maßnahmen ergreifen; dies gilt insbesondere für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Informationen. Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat es diejenige auszuwählen, die den einzelnen, insbesondere in seinen Grundrechten, und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme hat zu unterbleiben, wenn sie einen Nachteil herbeiführt, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. Sie ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

(3) Soweit in diesem Gesetz besondere Eingriffsbefugnisse das Vorliegen gewalttätiger Bestrebungen oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen voraussetzen, ist Gewalt die Anwendung körperlichen Zwanges gegen Personen oder eine nicht unerhebliche Einwirkung auf Sachen.

§ 8 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit die Bestimmungen dieses Gesetzes dies zulassen.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf nach Maßgabe dieses Gesetzes Methoden und Gegenstände einschließlich technischer Mittel zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie insbesondere den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen anwenden. Diese sind in einer von der Aufsichtsbehörde zu erlassenden Verwaltungsvorschrift zu benennen die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informatlionsbeschaffung regelt. Die Verwaltungsvorschrift ist dem Ausschuß für Verfassungsschutz des Abgeordnetenhauses von Berlin zur Kenntnis zu geben. Die Behörden des Landes sind verpflichtet, dem Landesamt für Verfassungsschutz technische Hilfe für Tarnungsmaßnahmen zu leisten.

(3) Polizeiliche Befugnisse stehen dem Landesamt für Verfassungsschutz nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist.

(4) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes).

§ 9 Besondere Formen der Datenerhebung

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten mit den Mitteln gemäß § 8 Abs. 2 erheben, wenn

1. sich ihr Einsatz gegen Organisationen, Personenzusammenschlüsse ohne feste hierarchische Organisationsstrukturen (unorganisierte Gruppen), in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der Bestrebungen öder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 bestehen,

2. auf diese Weise Erkenntnisse über gewalttätige Bestrebungen oder geheimdienstliche Tätigkeiten gewonnen werden können,

3. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 erforderlichen Quellen erschlossen werden können oder

4. dies zum Schutz der Dienstkräfte, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen des Landesamtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist.

(2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort darf mit technischen Mitteln ausschließlich bei der Wahrnehmung der Aufgaben auf dem Gebiet der Spionageabwehr und des gewaltbereiten politischen Extremismus heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden. Eine solche Maßnahme ist nur zulässig, wenn sie im Einzelfall zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen unerläßlich ist, ein konkreter Verdacht in bezug auf eine Gefährdung der vorstehenden Rechtsgüter besteht und der Einsatz anderer Methoden und Mittel zur heimlichen Informationsbeschaffung keine Aussicht auf Erfolg bietet. Satz 1 und 2 gelten entsprechend für einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen in Wohnungen.

(3) Die Erhebung nach Absatz 1 und 2 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere, die betroffene Person weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen, oder durch eine Auskunft nach § 27 gewonnen werden können. Die Anwendung eines Mittels gemäß § 8 Abs. 2 soll erkennbar im Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen. Die Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. Daten, die für das Verständnis der zu speichernden Informationen nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu löschen. Die Löschung kann unterbleiben, wenn die Informationen von anderen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall dürfen die Daten nicht verwertet werden.

(4) Ein Eingriff, der in seiner Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses gleichkommt, bedarf der Zustimmung des Regierenden Bürgermeisters, im Falle des § 2 Abs 4 des betreffenden Mitglieds des Senats, das im Verhinderungsfall durch den zuständigen Staatssekretär vertreten wird.

(5) Bei Erhebungen nach Absatz 1, die in ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, insbesondere durch Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes mit dem verdeckten Einsatz technischer Mittel, sowie nach Absatz 2 ist der Eingriff nach seiner Beendigung der betroffenen Person mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zwecks des Eingriffs ausschlossen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn sich auch nach fünf Jahren noch nicht abschließend beurteilen läßt, ob diese Voraussetzung vorliegt. Die durch Maßnahmen im Sinne des Satzes 1 erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des Artikels 1 § 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 13. August 1968 (BGBI. 1 S. 949), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 28. Oktober 1994 (BGBI. 1 S. 3186), verwendet werden. Die aufgrund der Erhebungen nach Absatz 1 gespeicherten Informationen sind nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 zu löschen.

§ 10 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Aufklärung

  • von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht
  • oder von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
  • von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,

von öffentlichen Stellen geführte Register, z. B. Melderegister, Personalausweisregister, Paßregister, Führerscheinkarteien, Waffenscheinkarteien, einsehen.

(2) Eine solche Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn

1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde, und

2. die betroffene Person durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würde, und

3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis der Einsichtnahme nicht entgegensteht.

(3) Die Anordnung für die Maßnahme nach Absatz 1 trifft der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, im Falle der Verhinderung der Vertreter.

(4) Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Informationen sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden.

(5) Über die Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommene Stelle, die Namen der Betroffenen, deren Daten für eine weitere Verwendung erforderlich sind, sowie der Zeitpunkt der Einsichtnahme hervorgehen. Diese Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen zu sichern und, soweit sie für die Aufgabenerfüllung des Landesamtes für Verfassungsschutz nach § 5 Abs. 2 nicht mehr benötigt werden, am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten.

ZWEITER ABSCHNITT Datenverarbeitung

§ 11 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Informationen

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben rechtmäßig erhobene personenbezogene Informationen speichern, verändern und nutzen, wenn

1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 vorliegen oder

2. dies für die Erforschung oder Bewertung von gewalttätigen Bestrebungen oder geheimdienstlichen Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 erforderlich ist oder

3. dies zur Schaffung oder Erhaltung nachrichtendienstlicher Zugänge über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 erforderlich ist oder

4. es auf Ersuchen der zuständigen Stelle nach § 5 Abs. 3 tätig wird.

(2) Zur Aufgabenerfüllung nach § 5 Abs. 3 dürfen in automatisierten Dateien nur personenbezogene Informationen über die Personen gespeichert werden, die der Sicherheitsüberprüfung unterliegen oder in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden.

(3) In Dateien gespeicherte Informationen müssen durch Aktenrückhalt belegbar sein.

(4) In Dateien ist die Speicherung von Informationen aus der Intimspähre der betroffenen Person unzulässig.

§ 12 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Informationen von Minderjährigen

Die Speicherung personenbezogener Informationen über Minderjährige, die das 14. Lebensjahr nicht vollendet haben, ist unzulässig.

§ 13 Speicherungsdauer

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdauer auf das für seine Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. Die in Dateien gespeicherten Informationen sind bei der Einzelfallbearbeitung, spätestens aber fünf Jahre nach Speicherung der letzten Information, auf ihre Erforderlichkeit zu überprüfen. Sofern die Informationen Bestrebungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 betreffen, sind sie spätestens zehn Jahre nach der zuletzt gespeicherten relevanten Information zu löschen.

(2) Sind Informationen über Minderjährige in Dateien oder in Akten, die zu ihrer Person geführt werden, gespeichert, ist nach zwei Jahren die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und Spätestens nach fünf Jahren die Löschung vorzunehmen, es sei denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach § 5 Abs. 2 angefallen sind, die zur Erfüllung der Aufgaben im Sinne dieses Gesetzes eine Fortdauer der Speicherung rechtfertigen.

§ 14 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Informationen in Dateien

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Informationen zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind, sie sind zu ergänzen, wenn sie unvollständig sind und dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt sein können.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Informationen zu löschen, wenn ihre Speicherung irrtümlich erfolgt war, unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht beeinträchtigt werden.

(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Informationen zu sperren, wenn die Löschung unterbleibt, weil Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden; gesperrte Informationen sind entsprechend zu kennzeichnen und dürfen nur mit Einwilligung der betroffenen Person verwendet werden.

(4) In Dateien gelöschte Informationen sind gesperrt. Unterlagen sind zu vernichten, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben nach § 5 nicht oder nicht mehr erforderlich sind, es sei denn , daß ihre Aufbewahrung zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person notwendig ist. Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können.

(5) Personenbezogene Informationen die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke und zur Verfolgung der in der jeweiligen Fassung des Berliner Datenschutzgesetzes als Straftaten bezeichneten Handlungen verwendet werden.

§ 15 Berichtigung und Sperrung personenbezogener Informationen in Akten

(1) Stellt das Landesamt für Verfassungsschutz fest, daß in Akten gespeicherte personenbezogene Informationen unrichtig sind, oder wird ihre Richtigkeit von dein Betroffenen bestritten, so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat personenbezogene Informationen in Akten zu sperren, wenn es im Einzelfall feststellt, daß ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen von Betroffenen beeinträchtigt würden und die Daten für seine Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Gesperrte Informationen sind mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen; sie dürfen nicht mehr genutzt oder übermittelt werden. Eine Aufhebung der Sperrung ist möglich, wenn ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen.

§ 16 Dateianordnungen

(1) Für jede automatisierte Datei beim Landesamt für Verfassungsschutz sind in einer Dateianordnung, die der Zustimmung der Aufsichtsbehörde bedarf, im Benehmen mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten festzulegen:

1. Bezeichnung der Datei,

2. Zweck der Datei,

3. Inhalt, Umfang, Voraussetzungen der Speicherungen, Übermittlung und Nutzung (betroffener Personenkreis, Arten der Daten),

4. Eingabeberechtigung,

5. Zugangsberechtigung,

6. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer,

7. Protokollierung,

8. Datenverarbeitungsgeräte und Betriebssystem,

9. Inhalt und Umfang von Textzusätzen, die der Erschließung von Akten dienen.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat in angemessenen Abständen die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung seiner Dateien zu prüfen.

§ 17 Gemeinsame Dateien

Bundesgesetzliche Vorschriften über die Datenverarbeitung in gemeinsamen Dateien der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder bleiben unberührt.

DRITTER ABSCHNITT Informationsübermittlung

§ 18 Grundsätze bei der Informationsübermittlung durch das Landesamt für Verfassungsschutz

Die Übermittlung von personenbezogenen Informationen ist aktenkundig zu machen. In der entsprechenden Datei ist die Informationsübermittlung zu vermerken. Vor der Informationsübermittlung ist der Akteninhalt im Hinblick auf den Übermittlungszweck zu würdigen und der Informationsübermittlung zugrunde zu legen. Erkennbar unvollständige Informationen sind vor der Übermittlung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit durch Einholung zusätzlicher Auskünfte zu vervollständigen.

§19 Informationsübermittlung zwischen den Verfassungsschutzbehörden

Das Landesamt für Verfassungsschutz unterrichtet das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzbehörden der Länder über alle Angelegenheiten, deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der empfangenden Stellen erforderlich ist.

§ 20 Informationsübermittlung an den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst

Das Landesamt für Verfassungsschutz übermittelt dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst die ihm bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der empfangenden Stelle erforderlich ist. Handelt das Landesamt für Verfassungsschutz auf Ersuchen, so ist es zur Übermittlung nur verpflichtet und berechtigt, wenn sich die Voraussetzungen aus den Angaben der ersuchenden Behörde ergeben.

§ 21 Informationsübermittlung an Strafverfolgungsbehörden in Angelegenheiten des Staats- und Verfassungsschutzes

Das Landesamt für Verfassungsschutz übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltlichen Sachleitungsbefugnis den Polizeibehörden des Landes die ihm bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten, die im Zusammenhang mit Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 stehen, erforderlich ist.

§ 22 Übermittlung von Informationen an den öffentlichen Bereich

(1) Die im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenerfüllung gewonnenen, nicht personenbezogenen Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz können an andere Behörden und Stellen, insbesondere an die Polizei und die Staatsanwaltschaft, übermittelt werden, wenn sie für die Aufgabenerfüllung der empfangenden Stellen erforderlich sein können.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Informationen an inländische Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts übermitteln, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist oder der Empfänger die Informationen zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 oder zur Strafverfolgung (§ 22 Abs. 2 berichtigt durch Berichtigung vom 31.10.1995, GVBl. S. 762) benötigt oder nach § 5 Abs. 3 tätig wird.

(3) Die empfangende Stelle von Informationen nach Absatz 2 ist darauf hinzuweisen, daß sie die übermittelten personenbezogenen Informationen nur zu dem Zweck verwenden darf, zu dessen Erfüllung sie ihr übermittelt wurden.

§ 23 Übermittlung von Informationen an Personen und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs

Personenbezogene Informationen dürfen an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nicht übermittelt werden, es sei denn, daß dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und der Regierende Bürgermeister, im Fall des § 2 Abs. 4 das betreffende Mitglied des Senats, das im Verhinderungsfall durch den zuständigen Staatssekretär vertreten wird, im Einzelfall seine Zustimmung erteilt hat. Das Landesamt für Verfassungsschutz führt über die Auskunft nach Satz 1 einen Nachweis, aus dem der Zweck der Übermittlung, die Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr seiner Erstellung folgt, zu vernichten. Der Empfänger darf die übermittelten personenbezogenen Informationen nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, daß das Landesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Informationen zu bitten.

§ 24 Übermittlung von Informationen an die Stationierungsstreitkräfte

Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Informationen an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte übermitteln, soweit die Bundesrepublik Deutschland dazu im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikpaktes über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte vorn 3. August 1959 (BGBI. 1961 Il S. 1183) verpflichtet ist. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, daß die übermittelten Informationen nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden.

§ 25 Übermittlung von Informationen an öffentliche Stellen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes

Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Informationen an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- oder zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen. Die Übermittlung ist nur im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz zulässig. Sie ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, daß die übermittelten personenbezogenen Informationen nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden, und das Landesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Informationen zu bitten.

§ 26 Unterrichtung der Öffentlichkeit

Die Aufsichtsbehörde und das Landesamt für Verfassungsschutz unterrichten die Öffentlichkeit mindestens einmal jährlich über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2. Dabei ist die Übermittlung von personenbezogenen Informationen nur zulässig, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit an sachgemäßen Informationen das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen.

§ 27 Übermittlung von Informationen an das Landesamt für Verfassungsschutz

(1) Die Behörden des Landes und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts übermitteln von sich aus dem Landesamt für Verfassungsschutz die ihnen bekanntgewordenen Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, über Bestrebungen nach § 5 Abs. 2, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen verfolgt werden, und über geheimdienstliche Tätigkeiten. Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus auch andere im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekanntgewordene Informationen über Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz kann von jeder der in Absatz 1 genannten öffentlichen Stellen verlangen, daß sie ihm die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten übermittelt, wenn die Informationen nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand oder nur durch eine den Betroffenen stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Es dürfen nur die Informationen übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bereits bekannt sind.

(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz braucht Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz der betroffenen Person dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde.

(4) Die Übermittlung personenbezogener Informationen, die aufgrund einer Maßnahme nach § 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in § 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die dem Landesamt für Verfassungsschutz nach Satz 1 übermittelten Informationen findet der Absatz 3, auf die dazugehörenden Unterlagen findet der Absatz 4 des § 7 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz entsprechende Anwendung.

(5) Vorschriften zur Informationsübermittlung an das Landesamt für Verfassungsschutz nach anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(6) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die übermittelten Informationen nach ihrem Eingang unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie zur Erfüllung seiner in § 5 genannten Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, daß sie nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand erfolgen kann; in diesem Fall sind die Informationen gesperrt und entsprechend zu kennzeichnen.

(7) Soweit andere gesetzliche Vorschriften nicht besondere Regelungen über die Dokumentation treffen, haben das Landesamt für Verfassungsschutz und die übermittelnde Stelle die Informationsübermittlung aktenkundig zu machen.

§ 28 Übermittlungsverbote

Die Übermittlung von Informationen nach den Vorschriften dieses Abschnitts unterbleibt, wenn

1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, daß die Informationen zu löschen oder für die empfangende Stelle nicht mehr bedeutsam sind,

2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern,

3. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen oder

4. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

§ 29 Minderjährigenschutz

(1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach § 13 Abs. 2 erfüllt sind.

(2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder über- oder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden.

§ 30 Nachberichtspflicht

Erweisen sich Informationen nach ihrer Übermittlung nach den Vorschriften dieses Gesetzes als unvollständig oder unrichtig, so hat die übermittelnde Stelle ihre Informationen unverzüglich gegenüber der empfangenden Stelle zu ergänzen oder zu berichtigen, wenn dies zu einer anderen Bewertung der Informationen führen könnte oder zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person erforderlich ist. Die Ergänzung oder Berichtigung ist aktenkundig zu machen und in den entsprechenden Dateien zu vermerken.

VIERTER ABSCHNITT Auskunftserteilung

§ 31 Auskunft an den Betroffenen

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz erteilt einer natürlichen Person über die zu ihr gespeicherten Informationen auf Antrag unentgeltlich Auskunft, soweit die Person ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf Informationen, die nicht der alleinigen Verfügungsberechtigung des Landesamtes für Verfassungsschutz unterliegen, sowie auf die Herkunft der Informationen und die Empfänger von Übermittlungen.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf den Antrag ablehnen, wenn das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung seiner Tätigkeit oder ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse Dritter gegenüber dem Interesse der antragstellenden Person an der Auskunftserteilung überwiegt. In einem solchen Fall hat das Landesamt für Verfassungsschutz zu prüfen, ob und inwieweit eine Teilauskunft möglich ist. Ein Geheimhaltungsinteresse liegt vor, wenn

1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist,

2. durch die Auskunftserteilung Quellen gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweisen des Landesamtes für Verfassungsschutz zu befürchten ist,

3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder

4. die Informationen oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen Dritter, geheimgehalten werden müssen.

Die Entscheidung nach Satz 1 und 2 trifft der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter.

(3) Die Ablehnung einer Auskunft ist zumindest insoweit zu begründen, daß eine verwaltungsgerichtliche Nachprüfung der Verweigerungsgründe gewährleistet wird, ohne dabei den Zweck der Auskunftsverweigerung zu gefährden. Die Gründe der Ablehnung sind in jedem Fall aktenkundig zu machen.

(4) Wird die Auskunftserteilung ganz oder teilweise abgelehnt, ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, daß sie sich an den Berliner Datenschutzbeauftragten wenden kann. Dem Berliner Datenschutzbeauftragten ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht der Regierende Bürgermeister, im Fall des § 2 Abs. 4 das betreffende Mitglied des Senats, im Einzelfall feststellt, daß dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Mitteilungen des Berliner Datenschutzbeauftragten an den Betroffenen dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand des Landesamtes für Verfassungsschutz zulassen, soweit es nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. Der Kontrolle durch den Berliner Datenschutzbeauftragten unterliegen nicht personenbezogene Informationen, die der Kontrolle durch die Kommission nach § 2 des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 16. Juli 1991 (GVBI. S. 172) unterliegen, es sei denn, die Kommission ersucht den Berliner Datenschutzbeauftragten, die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz bei bestimmten Vorgängen oder in bestimmten Bereichen zu kontrollieren und ausschließlich ihr darüber zu berichten.

§ 32 Akteneinsicht

(1) Sind personenbezogene Daten in Akten gespeichert, so kann dem Betroffenen auf Antrag Akteneinsicht gewährt werden, soweit Geheimhaltungsinteressen oder schutzwürdige Belange Dritter nicht entgegenstehen. § 31 gilt entsprechend.

(2) Die Einsichtnahme in Akten oder Aktenteile ist insbesondere dann zu versagen, wenn die Daten des Betroffenen mit Daten Dritter oder geheimhaltungsbedürftigen sonstigen Informationen derart verbunden sind, daß ihre Trennung auch durch Vervielfältigung und Unkenntlichmachung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist. In diesem Fall ist dem Betroffenen zusammenfassende Auskunft über den Akteninhalt zu erteilen.

FÜNFTER ABSCHNITT Parlamentarische Kontrolle

§ 33 Ausschuß für Verfassungsschutz

(1) In Angelegenheiten des Verfassungsschutzes unterliegt der Senat von Berlin der Kontrolle durch den Ausschuß für Verfassungsschutz des Abgeordnetenhauses von Berlin. Die Rechte des Abgeordnetenhauses und seiner anderen Ausschüsse bleiben unberührt.

(2) Der Ausschuß für Verfassungsschutz besteht in der Regel aus höchstens zehn Mitgliedern. Die Fraktionen wählen die auf sie entfallenden Mitglieder und machen sie dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin namhaft. Die Fraktionen werden nach ihrer Mitgliederzahl beteiligt, wobei jede Fraktion mindestens durch ein Mitglied vertreten sein muß. Eine Erhöhung der im Satz 1 bestimmten Mitgliederzahl ist nur zulässig, soweit sie zur Beteiligung aller Fraktionen notwendig ist.

(3) Scheidet ein Mitglied aus dem Abgeordnetenhaus oder seiner Fraktion aus, so verliert es die Mitgliedschaft im Ausschuß für Verfassungsschutz. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu benennen; das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Ausschuß ausscheidet.

§ 34 Geheimhaltung

Die Öffentlichkeit wird durch einen Beschluß des Ausschusses ausgeschlossen, wenn das öffentliche Interesse oder berechtigte Interessen eines einzelnen dies gebieten. Sofern die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, sind die Mitglieder des Ausschusses zur Verschwiegenheit über Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen dabei bekanntgeworden sind. Das gleiche gilt auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Ausschuß. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit kann von dem Ausschuß aufgehoben werden, soweit nicht berechtigte Interessen eines einzelnen entgegenstehen oder der Senat widerspricht; in diesem Fall legt der Senat dem Ausschuß seine Gründe dar.

§ 35 Aufgaben und Befugnisse des Ausschusses

(1) Der Senat hat den Ausschuß umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten; er berichtet auch über den Erlaß von Verwaltungsvorschriften. Der Ausschuß hat Anspruch auf Unterrichtung.

(2) Der Ausschuß hat auf Antrag mindestens eines seiner Mitglieder das Recht auf Erteilung von Auskünften, Einsicht in Akten und andere Unterlagen, Zugang zu Einrichtungen der Verfassungsschutzbehörde sowie auf Anhörung von deren Dienstkräften. Die Befugnisse des Ausschusses nach Satz 1 erstrecken sich nur auf Gegenstände, die der alleinigen Verfügungsberechtigung des Landesamtes für Verfassungsschutz unterliegen.

(3) Der Senat kann die Unterrichtung über einzelne Vorgänge verweigern und bestimmten Kontrollbegehren widersprechen, wenn dies erforderlich ist, um vorn Bund oder einem deutschen Land Nachteile abzuwenden; er hat dies vor dem Ausschuß zu begründen.

(4) Das Abgeordnetenhaus kann den Ausschuß für einen bestimmten Untersuchungsgegenstand als Untersuchungsausschuß (Artikel 33 der Verfassung von Berlin) einsetzen. § 3 des Gesetzes über die Untersuchungsausschüsse des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 22. Juni 1970 (GVBI. S. 925), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juni 1991 (GVBI. S. 154), findet keine Anwendung.

(5) Für den Ausschuß gelten im übrigen die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin.

SECHSTER ABSCHNITT Schlußvorschriften

§ 36 Einschränkung von Grundrechten

Aufgrund dieses Gesetzes kann das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 des Grundgesetzes eingeschränkt werden.

§ 37 Anwendbarkeit des Berliner Datenschutzgesetzes

Bei der Erfüllung der Aufgaben nach § 5 durch das Landesamt für Verfassungsschutz finden die §§ 10 bis 17 und 19 Abs. 2 bis 4 des Berliner Datenschutzgesetzes in der Fassung vom 17. Dezember 1990 (GVBI. 1991 S. 16, 54), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Oktober 1992 (GVBI. S. 314), keine Anwendung.

§ 38 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt das Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz in der Fassung vom 31. Juli 1989 (GVBI. S. 1545) außer Kraft.

Zuletzt geändert:
am 18.11.97

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