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zur 58. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
am 07./08. Oktober 1999 in Rostock

Die 58. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder tagte am 07. und 08. Oktober unter dem Vorsitz des Landesbeauftragten für den Datenschutz Mecklenburg-Vorpommern in Rostock.

Die Datenschutzbeauftragten haben in ihrer zweitägigen Sitzung unter anderem folgende Themen behandelt:

    - Täter-Opfer-Ausgleich,
    - Eckpunkte der deutschen Kryptopolitik,
    - Europäische Grundrechtscharta,
    - Gesundheitsreform 2000,
    - DNA-Analyse,
    - Aufbewahrung des Schriftgutes der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Justiz,
    - freie Telekommunikation für Bürger, Wirtschaft und Behörden,
    - Zugriff auf Verbindungsdaten der Telekommunikation durch Strafverfolgungsbehörden,
    - Videoüberwachung.

Hervorzuheben sind folgende Ergebnisse:

Die Datenschutzbeauftragten

  • betrachten das Gesetzgebungsverfahren zum Täter-Opfer-Ausgleich mit Sorge. So sollen nach den Vorstellungen des Bundesrates Daten über Opfer nur dann nicht an privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen übermittelt werden, wenn das Opfer sich ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat. Die Datenschutzbeauftragten fordern dahingegen, dass eine solche Übermittlung nur mit Einwilligung des Opfers zulässig ist. Die Einwilligung setzt voraus, dass das Opfer auch über die Bedeutung und Tragweite der Datenübermittlung aufgeklärt wird. Die Datenschutzbeauftragten sind der Auffassung, dass damit den legitimen Interessen der Betroffenen besser entsprochen wird.
  • begrüßen die neue Position der Bundesregierung zur deutschen Kryptopolitik. Die Bundesregierung spricht sich dafür aus, dass Verschlüsselungsprodukte frei verfügbar sein sollen und will sich dafür einsetzen, das Vertrauen der Nutzer in die Sicherheit solcher Produkte und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller zu stärken. Die Datenschutzbeauftragten erwarten nun konkrete Maßnahmen zur praktischen Umsetzung dieser Position. Sie fordern öffentliche Stellen auf, kryptographische Verfahren bei der Verarbeitung personenbezogener Daten einzusetzen. Die Hersteller sollten die nunmehr günstigen Voraussetzungen in Deutschland nutzen, um sichere, leicht bedienbare und universell einsetzbare Produkte zu entwickeln und kostengünstig anzubieten.
  • unterstützen die Initiative, eine europäische Grundrechtscharta auszuarbeiten, so wie dies der Europäische Rat auf seiner Tagung am 04. Juni 1999 in Köln beschlossen hat. Sie fordern Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag auf, sich dafür einzusetzen, dass in diesen Katalog ein Grundrecht auf Datenschutz aufgenommen wird.
  • begrüßen die positive Reaktion der Bundesregierung auf ihre Entschließung vom 25. August 1999 zur Gesundheitsreform 2000. Die Bundesregierung will nunmehr regeln, dass die gesetzlichen Krankenkassen für bestimmte Zwecke nur noch pseudonymisierte Daten verarbeiten. Die Identifikation eines Versicherten ist dann nur noch mit Kenntnis der Zuordnungsfunktion möglich, die von einer vertrauenswürdigen Stelle (Trust Center) verwaltet wird. Auch mit pseudonymisierten Daten kann weiterhin geprüft werden, ob die Abrechnung einer Leistung durch Ärzte, Krankenhäuser, Apotheken oder Sanitätshäuser richtig ist, ob die Leistung wirtschaftlich und qualitätsgerecht erbracht wurde. Damit würde auch in der gesetzlichen Krankenversicherung eine datenschutzfreundliche Technologie eingesetzt, die verhindern kann, dass Gesundheitsprofile der Versicherten oder auch ”gläserne Patienten/Versicherte” entstehen. Die Datenschutzbeauftragten bieten ihre Unterstützung an, um weitere datenschutzrechtliche Verbesserungen des Gesetzentwurfes, beispielsweise zur Zweckbindung, zu erreichen. Für die Zukunft sollte auch angestrebt werden, dass Patientendaten bereits bei den Leistungserbringern und nicht erst bei den Datenannahme- und –verteilstellen pseudonymisiert werden.
  • fordern die Innenressorts der Länder auf, molekulargenetische Untersuchungen der Körperzellen von Betroffenen - DNA-Analysen - zum Zweck der Identitätsfeststellung nur auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung durchzuführen. Bisher besteht die Tendenz, DNA-Analysen auch auf der Grundlage der Einwilligung der Betroffenen, also ohne richterliche Anordnung, zuzulassen. Wegen des mit einer DNA-Analyse verbundenen erheblichen Eingriffs in die Rechte Betroffener ist jedoch ein gesetzlich vorgeschriebener Schutzmechanismus erforderlich.
  • betrachten es als notwendig, unverzüglich Rechtsgrundlagen zu schaffen, welche die Aufbewahrungsdauer des Schriftgutes der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften auf das erforderliche Maß festlegen. In diesem Zusammenhang muss auch geregelt werden, wie die Unterlagen auszusondern und zu vernichten sind. Bisher fehlen hierzu bereichsspezifische Vorschriften.
  • haben darüber beraten, wie die freie Telekommunikation für Bürger, Wirtschaft und Behörden gesichert werden kann. Einerseits gibt es Bestrebungen staatlicher Stellen auch e- mails und Abrufe von Informationen aus dem Internet zu überwachen bzw. abzuhören und andererseits werten Unternehmen den Internetverkehr systematisch aus. Dies sind erhebliche Gefahren für das Grundrecht auf freie Telekommunikation. Diskutiert haben die Datenschutzbeauftragten die Grenzen für Eingriffe in dieses Grundrecht, die erforderlichen gesetzlichen Sicherungen sowie die geeigneten Verfahren zum Schutz der Nutzer der Telekommunikation und des Internet. Die freie Telekommunikation kann durch die Anwendung datenschutzfreundlicher Techniken, wie beispielsweise durch das Prinzip der Datensparsamkeit oder durch Verschlüsselung der Daten erreicht werden. Auch die Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen, ohne dabei personenbezogene Daten preiszugeben, kann dazu beitragen. Wegen der Bedeutung und Komplexität des Themas werden sich zwei Facharbeitskreise der Konferenz mit diesen Themen befassen und Vorschläge unterbreiten.
  • betrachten mit großer Sorge die Bestrebungen des Bundestages und des Bundesrates, die befristete Geltung des § 12 des Fernmeldeanlagengesetzes in eine unbefristete umzuwandeln. Diese Vorschrift erlaubt den Strafverfolgungsbehörden, auf Verbindungsdaten der Telekommunikation zuzugreifen, also festzustellen, wer wann mit wem telefoniert hat. Da die Regelung auch bei unbedeutenden Straftaten gilt und die Erstellung von Verhaltensprofilen ermöglicht, bestehen schwerwiegende Bedenken dagegen. Es war ursprünglich geplant, das Fernmeldeanlagengesetz durch eine Vorschrift in der Strafprozessordnung zu ersetzen. Dies ist bisher nicht geschehen. Daher fordern die Datenschutzbeauftragten die längst überfällige neue Regelung dieser Eingriffsbefugnis, die dem Grundrecht auf freie Telekommunikation gerecht wird.
  • beobachten mit Sorge, wie gegenwärtig die Videoüberwachung durch öffentliche Stellen und private Unternehmen ausgeweitet wird. Sie befürchten eine zunehmende Einschränkung der persönlichen Freiheit von Bürgerinnen und Bürger. Der flächendeckende und grenzenlose Einsatz solcher Techniken darf nicht zugelassen werden und besondere Schutzbereiche, wie die durch das Grundgesetz geschützte Wohnung, sind zu respektieren. Die Konferenz wird sich mit dieser Thematik weiter beschäftigen und zu gegebener Zeit inhaltlich äußern.
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 Letzte Änderung:
 am 15.10.1999
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