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Datenschutz nach Themen

Presseerklärung

zum Abschluß der 56.Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 5./6. Oktober 1998 in Wiesbaden)

Zum zweiten Mal in diesem Jahr haben sich die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder in Wiesbaden zu ihrer Konferenz getroffen. Zum Abschluß stellte der Hessische Datenschutzbeauftragte, Professor Dr. Rainer Hamm, der in diesem Jahr den Vorsitz der Konferenz hat, die Ergebnisse der Tagung der Presse vor.

Die Tagesordnung enthielt ein breites Spektrum von Themen, wie etwa die Sicherstellung der unabhängigen Kontrolle von EUROPOL, die Prüfungskompetenzen der Datenschutzbeauftragten bei der Justiz, die Weitergabe von Meldedaten an politische Parteien und Adressbuchverlage und die Notwendigkeit der grundlegenden Reform der Datenschutzgesetzgebung durch Schaffung eines Informationsgesetzbuches.

Herauszuheben sind insbesondere die folgenden Themen:

  • EUROPOL
    Das Europäische Polizeiamt EUROPOL hat am 01.10.1998 nach einer vierjährigen vorläufigen Aufbauphase seine Tätigkeit auf der Grundlage des EUROPOL-Übereinkommens aufgenommen. EUROPOL kann nunmehr selbst Daten über Personen in eigenen Informations- und Analysedateien speichern, auswerten und an andere Stellen weitergeben. Eine wesentliche Voraussetzung für die Arbeitsaufnahme von EUROPOL ist mit der Einsetzung der Gemeinsamen Kontrollinstanz geschaffen worden. Sie überprüft, ob durch die Verarbeitung von Daten bei EUROPOL die Rechte von Personen verletzt werden. Ihr Beschwerdeausschuß entscheidet verbindlich über Beschwerden der Betroffenen im Zusammenhang mit der Auskunftserteilung, der Überprüfung gespeicherter Daten sowie deren Berichtigung und Löschung.

    Die deutschen Mitglieder in der Gemeinsamen Kontrollinstanz, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und der Landesbeauftragte von Sachsen-Anhalt, sowie die Bundesregierung haben sich dafür eingesetzt, daß die Mitglieder weitgehend unabhängig sind und ihr Amt unparteilich wahrnehmen. Wie diese Unabhängigkeit im Detail auszusehen hat, ist jedoch derzeit umstritten. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder unterstützt deshalb die deutsche Position bei den Beratungen zur Geschäftsordnung der Gemeinsamen Kontrollinstanz für EUROPOL in der Forderung nach der notwendigen Unabhängigkeit ihrer Mitglieder. Eine Abberufung von Mitgliedern darf nach Auffassung der Konferenz nur aufgrund einer generellen nationalen Rechtsvorschrift möglich sein, die diese Unabhängigkeit wahrt.

  • Fehlende bereichsspezifische Regelungen in der Justiz
    Derzeit werden in allen Bereichen der Justiz – bei Staatsanwaltschaften, Gerichten und Gerichtsvollziehern – im Zuge von Modernisierungvorhaben umfassende Systeme der automatisierten Datenverarbeitung eingeführt mit der Folge, daß sensible personenbezogene Daten auch hier in viel stärkerem Maße verfügbar werden als bisher. Sogar die Beauftragung Privater mit der Verarbeitung sensibler Justizdaten wird erwogen. Grundlage der Tätigkeit der Justiz sind die zum größten Teil sehr alten Regelungen der Verfahrensordnungen.

    Ausgerechnet die Justiz stützt sich 15 Jahre nach dem Volkszählungsurteil immer noch auf den Übergangsbonus. Hier ist eine Novellierung dringend erforderlich, da Entscheidungen des Gesetzgebers und nicht technische Machbarkeit Maßstab für die Datenverarbeitung in der Justiz sein muß.

    Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern deshalb erneut eindringlich bereichsspezifische Datenschutzregelungen für die Justiz.

  • Entwicklungen im Sicherheitsbereich
    Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten stellt fest, daß die Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren umfangreiche zusätzliche Eingriffsbefugnisse erhalten haben. Demgegenüber fehlen in weiten Teilen Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Grundrechtsverträglichkeit der Anwendung dieser Instrumente, wie z.B. bei der Schleppnetzfahndung und der Ausweitung der Telefonüberwachung.

    Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder erwarten vom Bundesgesetzgeber und der Bundesregierung, daß die Erforderlichkeit und die Wirksamkeit aller Eingriffsbefugnisse anhand objektiver Kriterien überprüft werden (Evaluierung).

  • Meldedatenweitergabe
    Die Konferenz hat sich umfassend mit der Problematik der Auskünfte aus dem Melderegister befaßt. Das Melderechtsrahmengesetz und die Meldegesetze der Länder erlauben den Meldebehörden, Daten aus dem Melderegister z.B. an Adressbuchverlage oder auch an politische Parteien zum Zwecke der Wahlwerbung zu übermitteln. Die Hessischen Meldebehörden können aufgrund dieser Regelung derzeit den zur Landtagswahl zugelassenen Parteien Meldedaten übermitteln. Bei den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder gehen viele Beschwerden ein, in denen deutlicher Unmut über veröffentlichte Daten in Adressbüchern und erhaltene Werbesendungen geäußert wird. Vor Wahlen nehmen die Beschwerden noch zu. Überrascht stellen Betroffene fest, daß sie persönlich adressierte Wahlwerbung der Parteien bekommen. Die Genannten erhalten auf Anforderung Daten aus den kommunalen Melderegistern.

    Den meisten Bürgerinnen und Bürgern ist nicht bekannt, daß sie der Weitergabe ihrer Daten gegenüber den Meldebehörden widersprechen können.

    Dieser Umgang mit Meldedaten ist nach Auffassung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder weder transparent noch angemessen. Sie tritt deshalb dafür ein, die Rechte der Bürgerinnen und Bürgern zu verbessern. Daß den Betroffenen ein Widerspruchsrecht zusteht, wissen sie häufig nicht. Die Datenschutzbeauftragten bevorzugen deshalb eine Einwilligungslösung. Sie würde das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung konsequent umsetzen – erst fragen, dann handeln. Nach der Einwilligungslösung ist eine Erklärung informierter Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Meldeamt nötig., ob sie mit den Datenweitergaben an die genannten Empfänger einverstanden sind oder nicht.

    Die Konferenz empfiehlt deshalb den gesetzgebenden Körperschaften, künftig die Einwilligungslösung vorzusehen.

  • Neuordnung des Datenschutzrechts - Beschlüsse des 62. Deutschen Juristentages
    Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder begrüßt und unterstützt grundsätzlich die vom des 62. Deutschen Juristentages im September 1998 in Bremen gefaßten Beschlüsse zum Umgang mit Informationen einschließlich personenbezogener Daten. Von den gesetzgebenden Körperschaften erhofft sich die Konferenz die Berücksichtigung dieser Beschlüsse bei der nunmehr dringend erforderlichen Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie in Bundes- und Landesrecht.

    Insbesondere betont die Konferenz folgende Punkte:

    • Die materiellen Anforderungen des Datenschutzrechts sind angesichts der wachsenden Datenmacht in privater Hand auf hohem Niveau grundsätzlich einheitlich für den öffentlichen wie für den privaten Bereich zu gestalten.
    • Die anlaßfreie Aufsicht für die Einhaltung des Datenschutzes im privaten Bereich muß in gleicher Weise unabhängig und weisungsfrei gestaltet werden wie die Datenschutzkontrolle bei öffentlichen Stellen.
    • Die Rechte der Bürgerinnen und Bürger sind zu stärken; als Voraussetzung für die Ausübung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen sind die Verpflichtung zu ihrer Information, Aufklärung und ihren Wahlmöglichkeiten ohne faktische Zwänge auszuweiten.
    • Ein modernisiertes Datenschutzrecht hat die Grundsätze der Datenvermeidung, des Datenschutzes durch Technik, der Zweckbindung der Daten und ihres Verwendungszusammenhangs in den Mittelpunkt zu stellen.
    • Zur Sicherstellung vertraulicher und unverfälschter elektronischer Kommunikation ist die staatliche Förderung von Verschlüsselungsverfahren geboten, nicht eine Reglementierung der Kryptographie.
  • Verweigerung der Auskunft durch das Bundesamt für Finanzen auf Anfragen Betroffener über ihre Freistellungsaufträge
    Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten hat sich auch mit der Wahrung der Informationsrechte der Bürgerinnen und Bürger bei der Finanzverwaltung auseinandergesetzt. Sie betont das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Auskunft über ihre Daten auch gegenüber der Finanzverwaltung. Sie haben daher Anspruch, vom Bundesamt für Finanzen Auskunft über Freistellungsaufträge zu erhalten, die sie ihrer Bank im Zusammenhang mit steuerlichem Abzug von Zinsen erteilt haben.

    Bitten Auftraggeber das Bundesamt um Auskunft über ihre dort gespeicherten Daten, wird sie ihnen gestützt auf einen Erlaß des Bundesministeriums der Finanzen verweigert. Trotz förmlicher Beanstandung dieses Verfahrens durch den Bundesbeauftragten hat das Bundesministerium der Finanzen nicht eingelenkt. Für die Betroffenen ergibt sich hierdurch ein unhaltbarer Zustand. Ihnen wird die Auskunft zu Unrecht verweigert.

    Die Datenschutzbeauftragten der Länder unterstützen deshalb mit Nachdruck die Forderung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gegenüber dem Bundesministerium der Finanzen, seinen Erlaß an das Bundesamt der Finanzen aufzuheben und dieses anzuweisen, dem Auskunftsanspruch der Auftraggeber von Freistellungsaufträgen nachzukommen.

  • Orientierungshilfe Internet
    Mit der zunehmenden Internetnutzung durch die öffentliche Verwaltung häufen sich auch die Fragestellungen nach einem datenschutzrechtlich vertretbaren Umgang mit diesem Medium. Der Arbeitskreis Technik und der Arbeitskreis Neue Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben sich dieses Themas angenommen und eine Orientierungshilfe für die Internetnutzung durch die Öffentliche Verwaltung erstellt, die bei allen Datenschutzbeauftragten bezogen werden kann.

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 Letzte Änderung:
 am 12.10.1998
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