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12.Juni 1998:

Benachrichtigungsflut der Polizei über Speicherungen im Informationssystem liegt an der Vernachlässigung von Prüf- und Löschungsfristen

 

In diesen Tagen erhalten fast 80.000 Berlinerinnen und Berliner ein Schreiben des Polizeipräsidenten mit der Nachricht, daß Daten zu ihrer Person im Informationssystem Verbrechensbekämpfung (ISVB) gespeichert sind. Fast 700.000 werden folgen. Viele sind irritiert, besorgt und zum Teil auch verärgert. Sie stellen Fragen wie: Was soll diese Aktion? Welche Daten hat die Polizei gespeichert? Darf die Polizei die Daten zu meiner Person überhaupt - und wenn ja, wie lange - speichern?

 

Hierzu erklärt der Berliner Datenschutzbeauftragte, Dr. Hansjürgen Garstka:

"Die Polizei kann - unter bestimmten Voraussetzungen - die Daten von Tatverdächtigen, aber auch die Daten von anderen Personen wie z.B. Zeugen und Anzeigeerstattern von Fahrraddiebstählen oder Wohnungseinbrüchen im ISVB speichern und auch noch nach Abschluß des Strafverfahrens aufbewahren.

Diese Daten sind zu löschen, wenn sie für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. In einer Verordnung wird differenziert geregelt, in welchen Zeiträumen geprüft werden muß, ob dies der Fall ist. Diese Fristen betragen für Tatverdächtige in Fällen von geringer Bedeutung fünf Jahre, nur bei schwereren Straftaten höchstens zehn Jahre. Für bestimmte Personengruppen, z.B. für Zeugen oder Hinweisgeber, legt das Gesetz selbst eine Frist von drei Jahren fest."

Um die Einhaltung dieser Fristen sicherzustellen, sind die Betroffenen zu unterrichten, wenn ihre Daten länger als fünf Jahre im ISVB gespeichert werden. Die Senatsverwaltung für Inneres hat im Gesetzgebungsverfahren zum Berliner Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz zu dieser Bestimmung im Jahre 1992 selbst ausgeführt: "Die Vorschrift dient dem Schutz des Bürgers gegen langfristige Speicherungen in automatisierten Dateien. Es ist zu erwarten, daß die Benachrichtigungspflicht zur besonders gründlichen Prüfung der Notwendigkeit langfristiger Speicherungen führen wird."

Diese Erwartung der Senatsverwaltung für Inneres hat sich nicht erfüllt. Seit Jahren wird eine Einzelfallprüfung zur Festlegung differenzierter Prüffristen nicht vorgenommen. Die Polizei setzt vielmehr in fast allen Fällen schematisch die Prüffrist bei erwachsenen Tatverdächtigen auf zehn Jahre fest. Bei den anderen Personengruppen werden die vom Gesetz vorgesehenen Lö-schungsfristen von drei Jahren mit Formalargumenten umgangen. Die Folge ist, daß nunmehr Hunderttausende von Personen benachrichtigt werden müssen, obwohl die Daten dieser Personen zu einem Teil längst hätten gelöscht werden können oder müssen.

Garstka: "Dieser hohe Aufwand resultiert also daraus, daß die Polizei die gesetzlichen Vorgaben für verkürzte Prüf- und Speicherfristen nicht umgesetzt hat. Die Betroffenen, die sich nicht der Tatsache bewußt sind, vor mehr als fünf Jahren einer schwereren Straftat verdächtigt worden zu sein, sollten die Chance nutzen, von der Polizei die Löschung ihrer Daten zu verlangen."

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  Berlin,
  am 12.06.98
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