8. Januar 1998
Garstka: Einigung über den Lauschangriff -
Schlag gegen den Rechtsstaat
"Damit wird auch der letzte unantastbare Bereich privater
Lebensgestaltung zum heimlichen Abhören freigegeben",
kommentiert der Berliner Datenschutzbeauftragte, Dr. Hansjürgen
Garstka, die Einigung der Innen- und Rechtspolitiker der Koalition
und der SPD.
Wenn man überhaupt soweit in die Privatsphäre eindringen
will, müssen dem ganz enge Grenzen gesetzt werden. Garstka:
"Die geplanten Abhörverbote für Geistliche, Strafverteidiger
und Abgeordnete sind zwar eine Abmilderung des Eingriffes, aber
vollkommen unzureichend. Abhörverbote müssen für
alle zeugnisverweigerungsberechtigten Personen und die Personen
gelten, die einer besonderen Geheimhaltung unterliegen, wie z.B.
Ärzte, Psychologen und Rechtsanwälte. Auch die Aufweichung
der Verwertungsverbote für bestimmte Berufsgruppen, wie Rechtsanwälte,
Ärzte und Mitglieder von Drogenberatungsstellen, ist nicht
akzeptabel. Hier muß nachgebessert werden."
Garstka warnt vor der Einführung dieser Maßnahme. "Wenn
die Bürger sich nicht mehr sicher sind, ob sie in ihren Wohnungen
unbelauscht leben können, wird dies zu einer Verunsicherung
führen. Es ist ein Irrglaube anzunehmen, daß sich der
Große Lauschangriff auf 'Gangsterwoh-nungen' begrenzen lassen
wird. Im Ermittlungsverfahren handelt es sich ausschließlich
um Tatverdächtige, bei denen noch nicht feststeht, ob sie
sich strafbar gemacht haben. Es ist unvermeidlich, daß auch
Unschuldige abgehört werden und natürlich alle Personen
ihres Umfeldes - Familie, Freunde, Kollegen.
Auch technisch ist der Große Lauschangriff fragwürdig.
Die Schwerstkriminellen, die erfaßt wer-den sollen, werden
sich mit Ortungs- und Störtechnik wehren. Wer bleibt übrig?
Die, die sich keiner Schuld bewußt sind. Diese Maßnahme
kann jeden treffen.
Der Rechtsstaat muß sich Grenzen setzen, sonst verliert
er sein Gesicht. Alle Beteiligten müssen sich bei ihrer Entscheidung
im klaren sein, daß damit ein fundamentaler Grundwert unserer
Gesellschaftsordnung aufgegeben wird."
Garstka: "Ich werde den Senat auffordern, der Grundgesetzänderung
im Bundesrat nicht zuzustimmen."
|