|
28. August 1997
Garstka fordert datenschutzgerechte Decoder
für digitales Fernsehen und Internet-TV
Bei der bevorstehenden Internationalen Funkausstellung 1997 werden
das digitale Fernsehen und die dazu erforderliche Empfangstechnik
voraussichtlich zu den großen "Rennern" zählen.
Der Fernsehzuschauer soll sein eigener "Programmdirektor"
werden. Er kann zukünftig das Angebot nach seinen Interessen
zusammenstellen. Wirtschaftlicher Hintergrund hierfür sind
die erhöhten Kosten von Fernsehproduktionen und die drastisch
gestiegenen Preise für Sportübertragungen, die durch
verschiedene Formen des "Bezahlfernsehens" (Pay-TV)
gedeckt werden sollen. Der Zuschauer muß dann auch die einzelnen
von ihm genutzten Angebote (ein bestimmter Film, ein Fußballspiel,
ein politisches Magazin - Pay per View - oder ein entsprechendes
Programmpaket - Pay per Channel - ) bezahlen. Zugleich soll die
Übertragungsqualität mit der digitalen Technik verbessert
werden. Zu diesem Zweck verbünden sich gegenwärtig große
Medienkonzerne mit der Telekom, um den neuen Markt des digitalen
Fernsehens mit einem einheitlichen Standard zu besetzen. Zugleich
bieten Endgeräte-Hersteller Fernsehgeräte an, mit denen
im Internet "gesurft" werden kann. Für beide Formen
des Medienkonsums sind sogenannte Decoder (Set-Top-Boxen) erforderlich,
die eine Entschlüsselung von verschlüsselten Programmen
(im Pay-TV) bzw. die Vermittlung des Internetzugangs ermöglichen.
Der Berliner Datenschutzbeauftragte, Dr. Hansjürgen Garstka,
weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß das geltende
Rundfunkrecht und die am 1. August 1997 in Kraft getretene Multimedia-Gesetzgebung
eine bestimmte Ausgestaltung dieser Decoder vorschreiben. Der
einzelne Zuschauer muß - wie beim herkömmlichen Fernsehen
- jedenfalls die Möglichkeit haben, bestimmte Angebote zu
nutzen (Filme oder Sportübertragungen zu sehen), ohne daß
er dabei elektronische Spuren beim Anbieter hinterläßt.
Dies gilt insbesondere für die Abrechnung der neuen - einzeln
zu bezahlenden - Medienangebote. Der einzelne Zuschauer hat ein
Recht darauf, anonym (oder unter Verwendung eines Pseudonyms)
fernzusehen oder im Internet zu surfen. Geräte, die nicht
die Möglichkeit bieten, solche Medienangebote z. B. unter
Verwendung von vorausbezahlten Wertkarten ähnlich der Telefonkarte
zu nutzen, entsprechen nicht den rechtlichen Vorgaben.
Garstka: "Die Hersteller sollten diese Rahmenbedingungen
berücksichtigen, bevor sie entsprechende gemeinsame Standards
für derartige Decoder vereinbaren. Ein einheitlicher Standard
für die neue Technik ist zwar wünschenswert, er darf
aber nicht zum gläsernen Fernseh-Zuschauer oder Internet-Nutzer
führen."
|