19. Juni 1996
Garstka: Lauschangriff gibt ein fundamentales Grundrecht auf
"Damit wird auch der letzte unantastbare Bereich privater
Lebensgestaltung zum heimlichen Abhören freigegeben",
kommentiert der Berliner Datenschutzbeauftragte, Hansjürgen
Garstka, den Beschluß des Bundeskabinetts zum Großen
Lauschangriff.
"Damit wird es keinen Raum mehr geben, in den sich die Menschen
unbeobachtet zurückziehen können. Es ist ein Irrglaube
anzunehmen, daß sich der Große Lauschangriff auf Schwerstkriminelle
begrenzen lassen wird. Bei Ermittlungsverfahren ist es unvermeidlich,
daß auch Unschuldige abgehört werden und natürlich
alle Personen ihres Umfeldes - Familie, Freunde, Kollegen, Anwälte.
Auch technisch ist der Große Lauschangriff fragwürdig.
Die Schwerstkriminellen, die erfaßt werden sollen, werden
sich mit Ortungs- und Störtechnik wehren. Wer bleibt übrig?
Die, die sich keiner Schuld bewußt sind. Diese Maßnahme
kann jeden treffen.
Der Rechtsstaat muß sich Grenzen setzen, sonst verliert
er sein Gesicht. Alle Beteiligten müssen sich bei ihrer Entscheidung
im klaren sein, daß damit ein fundamentaler Grundwert unserer
Gesellschaftsordnung aufgegeben wird."
Garstka hält es für leichtfertig, daß ein derart
erheblicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ausgerechnet
zugelassen werden soll, nachdem das BKA im vergangenen Jahr keinen
Anstieg der organisierten Kriminalität festgestellt hat und
ohne daß die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene Erfolgskontrolle
erst vor kurzem zugelassener, weitreichender Ermittlungsmethoden
(wie verdeckte Ermittler, Rasterfahndung und heimliches Abhören
und Filmen außerhalb von Wohnungen) erfolgt ist.
Garstka: "Ich werde den Senat auffordern, der Grundgesetzänderung
im Bundesrat nicht zuzustimmen."
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