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MausNet


Im Jahr 1984, die Welt ist im Orwell-Fieber und Bob Woodward hat
eben seine Biographie ueber den Blues-Brother John Belushi und dessen
Drogentod veroeffentlicht, war die bundesdeutsche Mailboxszene
noch nicht besonders ausgepaegt. Wenige Systeme wie RMI von Rupert Mohr,
Decates und MCS fuehrten ein vergleichsweise einsames Dasein. Ein Jahr
vorher blamierte sich der Stern mit den "Hitler-Tagebuechern und William
Gibson schrieb seinen "Neuromancer".

Tauchte beim "Neuromancer" der User unmittelbar ueber sein nervliches
Sensorium in ein komplexes, weltumspannendes Datennetz ein namens
"Matrix" ein, so musste er in der Realitaet hoechst mittelbar und extrem
langsam mit den wenigten verfuegbaren Systemen Kontakt aufnehmen. Und
auch von weltumspannenden Netzen konnte damals noch nicht die Rede sein.
Zwar gab es an einigen Universitaeten Usenet (Larry Wall brachte im April
'84 die erste Version seines 'rn' heraus), aber Tom Jennings, der
Begruender des FidoNet, fing gerade mal mit zwei Systemen an.

Zu diesem Zeitpunkt - Ende 1984 - fingen einige Enthusiasten aus einer
Apple-Keimzelle in Muenster an, ihre eigene Mailbox zu programmieren.
Sie waren der kryptischen und unergonomischen Bedienung anderer Systeme
ueberdruessig, wo wilde Zahlenkombinationen das Mailboxprogramm steuerten
und man geradezu einen Fuehrerschein oder Lehrgang brauchte um sich als
User zurechtzufinden.
Ihnen schwebte etwas intuitiv bedienbares vor, fuer Anfaenger ebenso
leicht, wie fuer Fortgeschrittene schnell zu bedienen. Uebersichtliche
Menues mit Hotkeys statt Zahlenkuerzeln und Kommandozeilen (Das Programm
Zerberus, welches zwar auch mit Kommandozeile, dafuer aber mit wesentlich
leichter zu merkenden Wort-Befehlen arbeitete, konnten die Autoren nicht
kennen da es erst ein Jahr spaeter erschien. Es duerfte ihre Absichten
aber wohl auch nicht beeinflusst haben...)

Verwirklicht wurde das Ganze auf einem Apple II Clone unter Turbo-Pascal
und wurde unter dem Namen M.A.U.S. - die Abkuerzung stand damals noch fuer
"Muenster Apple User Service" - Anfang April '85 auf die bundesdeutsche
Szene losgelassen. Die Art der Benutzerfuehrung ist seither eine Art
Markenzeichen fuer die Maus-Software, in gewisser Weise auch eine
Politik. Bezeichnend dafuer ist die Tatsache das die entsprechenden
Code-Zeilen seit dieser ersten Version unveraendert bzw. nur erweitert
wurden.
Wenig spaeter wurde das Programm innerhalb weniger Tage von der
Apple-Basis (ein Wortspiel uebrigens, fuer den, der's versteht :-) auf
MS-DOS und Turbo-Pascal 3.0 konvertiert - notgedrungen, denn die alte
Hardware hat ihren Dienst eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt eroeffnete
Wolfgang Mexner die erste Zerberus Mailbox und FidoNet hatte eine
handvoll Installation in Deutschland.

Heute, Ende 1991, besteht das MausNet aus 50 Installationen bundesweit
(zwei Sites in Oesterreich sind in Vorbereitung). Diese geringe Zahl
von Installationen fuer eines der ersten deutschen Mailboxprogramme laesst
sich in der nicht-ganz-so-einfachen Einsteigsprozedur fuer neue Sysops
erklaeren. Waehrend beim Z-Netz der Kauf des Programms, bei FidoNet sogar
nur die erfolgreiche Installation des Paketes genuegt um Sysop zu werden,
wird im MausNet eine kurze Vorstellung des potentiellen Neu-Sysops
verlangt. Er soll in eigenen Worten ein wenig von seiner Person erzaehlen
und wie er zum MausNet kam, resp. wieso er eine MausNet Mailbox
betreiben will. Die Sysops geben danach in der Regel ihr Placet. Diese
psychologische Hemmschwelle hat bisher die Fluktuation im MausNet recht
gut eingedaemmt. Ist man als neuer Kollege akzeptiert, dann erhaelt man
die Maus-Software gegen 100.- Shareware-Gebuehr (fuer kommerzielle
Stand-alone Nutzung fallen 500.- KAUFpreis an).

Die Netzstruktur im MausNet ist streng baumfoermig auf einen Hauptserver
ausgerichtet. Pro Netzaufruf (zwischen 4:00h und 6:00h morgens) finden
zwischen zwei miteinander verbundenen Boxen jeweils ZWEI Anrufe statt,
die auf jeweils andere Telefonrechnungen anfallen. In der ersten Stufe
senden die Systeme in den untersten Netzebenen (also die Blaetter im
Baum) ihre Daten (auf ihre Rechnung) nach 'oben'. Nach einiger Zeit
erhalten sie den Rueckruf von ihrem Server, der die neuen Daten der
anderen Systeme (auf seine Rechnung) uebertraegt. Die insgesamt
uebertragenen Daten werden gegen die entstandenen Kosten aufgerechnet und
jedes System zahlt an seinen Server nur fuer die Daten die es mehr
empfaengt als es gesendet hat. Eine automatisierte, aber ziemlich
gerechte Art der Abrechnung. Weiterhin hat diese Netzstruktur auch den
Vorteil, das eine Laufzeit von einem Tag durch gesamte Netz beinahe
garantiert werden kann (was es nur verhindern kann ist der Ausfall eines
Systems).

Ueber die Gateways im MausNet kann man diese Geschwindigkeit nicht ganz
beibehalten. Der FidoNet-Gateway in Aachen laeuft zweimal taeglich um im
FidoNet 242 liegt die Laufzeit aus dem MausNet heraus in der Regel bei
1.5 Tagen. Der Z-Netz Gateway in Muenchen laeuft auch zweimal taeglich -
eine MausNet Mail schafft es innerhalb 1.5 Tagen in grosse Teile des
Netzes. Nur gibt Z-Netz leider keine Rueckmeldung ueber unzustellbare
Mails. Der InterEUNet Gateway in Bremen wird sogar viermal taeglich
betrieben - mit entsprechend guten Laufzeiten. Der ProNet-Gateway in
Koeln laeuft einmal taeglich, wobei mir ueber die Laufzeiten im ProNet
nichts bekannt ist. Der GEnie Gateway ist leider seit wenigen Tagen
eingestellt.

User-Politik im MausNet ist die Offenheit. Es gibt im Netz nur drei
Typen von Benutzern. Der GAST, der sich nicht namentlich eintraegt. Er
sollte moeglichst schon einige Newsgroups lesen koennen und, je nach
Sysops, auch Programme donwloaden. Der Typus USER hat seinen Namen im
System hinterlassen und sollte dann nahezu vollen Lesezugriff, evtl.
auch oeffentlichen Schreibzugriff haben. Das Versenden von persoenlichen
Mails ist nur nach Entrichtung eines Jahresbeitrages (20.- bis 50.-, je
nach Stadt PRO JAHR(!)) moeglich. Der SYSOP zum Schluss ist fuer die
technische Funktion des Systems zustaendig.

Vernetzungen und Gruppenwuensche gehen in der Regel von Userseite aus,
werden auf jedenfall aber dort abgestimmt. Fuer eine neue Newsgroup muss
man zehn Unterstuetzer fuer die Einrichtung finden - eine Abstimmung ist
in der Regel nicht noetig. Bei einer Vernetzung ueber einen Gateway muessen
sich die User dafuer aussprechen, und in der Regel wird darueber auch
abgestimmt. Gleiches gilt, wenn ein anderes Netz von uns Newsgroups
beziehen will.

Wen dieser kurze Einblick neugierig gemacht hat, den lade ich herzlich
ein, sich mal bei uns umzuschauen. Naehere Infos ueber die Maus-Software
selbst gibt es bei js@ac.maus.de

Michael Keukert (mk@ac2.maus.de)

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                        Mailboxsystem ZERBERUS

Referent: padeluun (Raum K3 15.30h)

Da der eigentliche Hintergrund dieses Workshops, oder was auch immer
nicht genau festgelegt war, berichtete uns padeluun zuerst einmal ueber
die neue Version von Zerberus, die zur CeBit fertig sein soll.

Sie soll in der Bedienung wesentlich einfacher sein. Dies kann Mensch ja
auch schon an der Bioniccc hier auf dem Congress testen.

Die wesentlichen Neuheiten sind:

- neugestalteter Menuebaum, der auch fuer User mit langsamen Modem gut zu
  bedienen ist
- Bessere Verwaltung der Bretter, leider auch weniger (Bretter)
- Zerberus soll nach einem Logout keinen RAM-Speicher mehr klauen
- Modularer Aufbau des Systems
- Bessere Kostenverwaltung
- Zerberus soll jetzt richtig professionell werden aber nicht in den
  "totalen Kommerz" verfallen

Der Menuebaum ist so gestaltet, dass nicht mehr alle Unterbretter mit
angezeigt werden, sondern erst eine Auswahl aus Hauptbrettern, von
welchen Mensch eins auswaehlen kann. Darauf bauen sich die Unterbretter
der "1. Etage" auf, usw. So ist der Menuebaum auch fuer User mit niedriger
Geschwindigkeit ertraeglich benutzbar. Auch die Verwaltung der Bretter
soll erheblich einfacher werden. Genaueres konnte Mensch leider nicht
erfahren. Denkbar waere da eine bessere Organisation von Masken, etc.
Wuenschenswert waere auch ein Autoeintrag.

Ebenso wie der Menuebaum und die Brettverwaltung soll auch das
Speichermanagement erheblich besser werden. Zerberus klaut keinen
Speicher mehr nach jedem Logoff, so dass der SysOp nicht mehr eine
Unmenge an Sicherheitstools (z.B. timeboot, oder Memory-Watcher)
einbauen muss, damit sich das System nicht aufhaengt. Besonders
Interessant ist so etwas natuerlich fuer Systeme, die von dem/n
Systembetreiber/n nicht immer zu erreichen ist, weil die Mailbox z.B. in
einem Buero untergebracht ist.

Die Bedienerfreundlichkeit des alten Zerberus wurde noch von
interessierten Zerberuslern und teilweise nur noergelnden Fido-Menschen
durchgekaut. Das ganze wurde am oberschwierig zu bedienenden Befehl
SUCHEN getan. Es ist recht kompliziert und zeitaufwendug dazu, nach
irgendetwas zu suchen. ein Diskussionsteilnehmer hatte versucht einen
Betreff mit "*Congress*" zu suchen, um zu erfahren. wo der Congress
stattfindet. Es hat nicht geklappt. Auch die Geschwindigkeit laesst zu
wuenschen uebrig. Dies soll auch anders werden. Da einige Programmierer
jetzt Informatiker sind, haben sie gelernt, richtige Suchstrukturen zu
basteln, die das Verknuepen erlauben und die Geschwindigkeit erhoehen.
padeluun gab zu bedenken, dass die Suchgeschwindigkeit natuerlich auch
sehr stark von der Mailboxhardware abhaengt.

Durch diese Entwicklungsschritte soll Zerberus professionell werden. Da wirft
sich natuerlich die Frage nach dem Preis auf. Bei dem derzeitigen Preis
von 898.- DM + MwSt wird es allerdings bleiben. Es wird allerdings keine
Sozialtarife mehr geben. Aber es gibt eine sogenannte Light version, die in
ihrer Leistung eingeschraenkt, jedoch voll einsatzfaehig ist und fuer
eine kleinere Mailbox volkommen ausreicht. Sie enthaelt dann keine
Features, wie z.B. die direkte Gebuehrenabrechnung per Bankeinzug, etc.
padeluun wird jedoch wiederholt vorgeworfen, dass er nur "den totalen
Gewinn" machen will und sich kaum um die Interessen der User kuemmere. Er
stelle sich als Guru des Netzwerks hin. Aber die Programmierer muessen
ja auch irgendwie leben. Ein so grosses Programm und gewartetes Programm
ist ber PD- und Sharewarekonzepte nicht finanzierbar, da der Arbeitsaufwand
einfach viel zu hoch ist und "die Programmierer dann verhungern wuerden".
padeluun hat es satt, zu leben wie ein (.zensiert.) und will nicht mehr in
einer "Durchgangswohnung" leben, wo jeder auch in den entferntesten Winkel
vordringen kann. Wer kann es ihm verdenken?

beppo@mafia.zer / beppo@mafia.ccc.de


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