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Durchbruch im Verstaendnis der Hochtemperatur-Supraleitung


Am Hoechstleistungsrechenzentrum (HLRZ) Juelich ist ein bedeutender
Schritt in Hinblick auf das theoretische Verstaendnis der
Hochtemperatur-Supraleitung gelungen. Mit Hilfe eines Supercomputers
vom Typ CRAY Y-MP 832 ist es Ingo Morgenstern (Regensburg), Martin
Frick (Groningen) und Wolfgang von der Linden (Muenchen) gelungen,
Hochtemperatur-Supraleitung zum ersten Mal numerisch in einem
speziellen Elektron-Phonon-Modell nachzuweisen. Dies ist das Ergebnis
einer jahrelangen Forschungstaetigkeit, die am IBM-Forschungslabor
Rueschlikon in Zusammenarbeit mit den Entdeckern der Substanzen, den
Nobelpreistraegern K. A. Mueller und J. G. Bednorz, begonnen hatte.

Das HLRZ ist eine gemeinsame Einrichtung des Forschungszentrums
Juelich, der Gesellschaft fuer Mathematik und Datenverarbeitung
(GMD) Birlinghoven und der Stiftung Deutsches Elektronen-Synchrotron
(DESY) Hamburg. Das Forschungszentrum Juelich betreibt fuer das
HLRZ einen Rechner vom Typ CRAY Y-MP mit acht Prozessoren, die bei
guter Programmierung jeweils eine Rechenleistung von 250 Millionen
Multiplikationen oder Additionen pro Sekunde erreichen. Der Rechner
wird fuer wissenschaftliche Projekte von Hochschulen und
Forschungseinrichtungen genutzt. Das HLRZ stellt fuer
wissenschaftlich bedeutende Projekte Rechenzeit kostenlos zur
Verfuegung. Ein besonders grosses Projekt mit einem Umfang von
mehreren tausend Stunden Rechenzeit gilt der Hochtemperatur-
Supraleitung in einer Zusammenarbeit zwischen W. Hanke, I.
Morgenstern, W. von der Linden, A. Muramatsu, M. Frick und G. Dopf.

Alle Stoffe setzen dem elektrischen Strom einen bestimmten Widerstand
entgegen. Kuehlt man bestimmte Stoffe auf sehr tiefe Temperaturen -
die sogenannte Sprungtemperatur -, verschwindet dieser Widerstand
schlagartig, und der elektrische Strom wird verlustfrei
transportiert. Dieser Effekt wird Supraleitung genannt. Bis vor
wenigen Jahren war jedoch die Kuehlung mit fluessigem Helium auf
etwa -250 Grad Celsius erforderlich. Nach der Entdeckung der
oxidischen Hochtemperatur-Supraleiter genuegten Temperaturen um -150
Grad. Dies laesst sich schon mit dem viel billigeren fluessigen
Stickstoff erreichen. Anwendungen fuer die Hochtemperatur-
Supraleitung zeichnen sich unter anderem in der Mikroelektronik ab.

Obwohl Hochtemperatur-Supraleiter aus bestimmten oxidischen
Materialien heute schon routinemaessig hergestellt werden koennen,
ist die Frage, warum sie supraleitend werden, noch ungeklaert. Der
Beantwortung dieser Frage dient das Grossprojekt "Hochtemperatur-
Supraleitung" beim Juelicher Hoechstleistungsrechenzentrum. Das
Werkzeug hierfuer sind Computersimulationen anhand von theoretischen
Modellen.

Eines der weltweit verwendeten Modelle ist das Hubbard-Modell. Dieses
Modell beschreibt ausschliesslich die in allen Hochtemperatur-
Supraleitern vorhandenen Kupferoxid-Ebenen. Die Arbeitsgruppe in
Wuerzburg (W. Hanke, A. Muramatsu und G. Dopf) konnten durch
massiven Grossrechnereinsatz nachweisen, dass dieses Modell viele
der einmaligen elektronischen sowie magnetischen Eigenschaften der
neuen Materialien im normal-leitenden Zustand erklaeren kann. Ob das
Hubbard-Modell allerdings auch die Supraleitung erklaeren kann, ist
trotz sorgfaeltiger numerischer Studien der Wuerzburger Gruppe noch
unklar.

Eine Erweiterung dieses Modells wurde von I. Morgenstern, M. Frick
und W. von der Linden untersucht. Hierbei wird die Bewegung der
Ladungstraeger zusaetzlich an die lokalen Schwingungen der
sogenannten "Apex-Sauerstoffe" angekoppelt (Die Apex-Sauerstoffe
befinden sich an der Spitze einer Sauerstoffpyramide ueber den
Ebenen). Diese Ankopplung stellt den entscheidenden Schritt in
Richtung Hochtemperatur-Supraleitung dar. Die bedeutende Rolle des
Apex-Sauerstoffs wurde von Nobelpreistraeger K.A. Mueller schon
sehr frueh erkannt; entsprechende Elektron-Phonon-Modelle wurden
bereits in Rueschlikon aufgestellt. Aber alle Versuche,
Hochtemperatur-Supraleitung numerisch nachzuweisen, konnten bisher
nicht eindeutig interpretiert werden. Erst als das
Hoechstleistungsrechenzentrum Juelich Rechenzeit zur Verfuegung
stellte, die alle anderen Anstrengungen auf der Welt weit uebertraf,
gelang der entscheidende Schritt.

Nach diesem Erfolg wird es in der naechsten Zukunft darum gehen, die
Bedeutung des vorgeschlagenen Modells experimentell zu untermauern
und darueber hinaus fuer den Anwendungsbereich interessante
Simulationen durchzufuehren. Dazu sind weltweite Anstrengungen
bereits angelaufen. Ziel ist es, Supraleiter herzustellen, die eine
fuer technische Anwendungen ausreichend hohe Stromdichte tragen
koennen. Bisher ist es insbesondere nicht gelungen, Keramiken von
einer Qualitaet herzustellen, die die Fabrikation von Draehten
fuer die Starkstromtechnik erlauben wuerden. In bereits
angelaufenen Simulationen wird man in Juelich versuchen, diesem
Problem auf die Spur zu kommen. Eine Zusammenarbeit besteht bereits
mit einem Hersteller von Keramik. Dennoch wird die erste Anwendung
von Hochtemperatur-Supraleitern im Bereich der Elektronik erwartet,
etwa beim Bau neuer supraleitender Supercomputer. Numerische
Simulationen, basierend auf dem Juelicher Resultat, werden hierbei
eine bedeutende Rolle spielen.

Weitere Informationen:
Forschungszentrum Juelich
Oeffentlichkeitsarbeit
Postfach 
5170 Juelich
Telefon (02461) 61-4661
Telefax (02461) 61-4666
E-Mail WTA100@DJUKFA11.BITNET.DBP.DE

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