![]() |
| ![]() |
![]() |
![]() |
Was nun BSI ?
Dirk Rode, Universitaet Oldenburg, FB Informatik
Frank Simon, Chaos Computer Club, Vorstandsmitglied
Erstellt als Beitrag fuer Boppard-Impuls und den BSI-Workshop in Boppard
Ende April (siehe Chalisti 14)
Die Errichtung eines Bundesamtes fuer Sicherheit in der Informationstechnik
ist sehr zu begruessen. Erstmals wurde damit in der Bundesrepublik Deutschland
eine oeffentliche Institution geschaffen, die fuer die gesamte Bevoelkerung
zugaenglich ist und die sich mit der Sicherheit in der Informationstechnik
befasst. Dies ist insofern zu begruessen, da laengst ueberfaellig, denn die
Vorgaengerinstitutionen waren direkt dem BND zugeordnet, geheim und damit
fuer die breite Bevoelkerung nicht zugaenglich. Auch ist es sehr zu
befuerworten, dass, aehnlich wie in den USA mit dem Orange Book und seinem
Netzwerk Pendant (Trusted Computer Evaluation Criteria, Trusted Network
Evaluation Criteria) ein Kriterienkatalog entworfen wurde. Mit Hilfe dieses
Kriterienkataloges kann auf einer einheitlichen Basis beurteilt, und damit
auch verglichen, werden, welchern Sicherheitsgrad Computersysteme erreichen.
Teil I
Auf der Grundlage des BSI-Errichtungsgesetzes und einer gehoerigen Portion
Optimismus soll nun an die Frage gegangen waeren, was denn als erster
Schritt die weitere Entwicklung des BSI sein kann.
Das BSI kann keine Aufgaben wahrnehmen, fuer die sie nicht gesetzlich
legitimiert ist. Aber sie kann natuerlich Schwerpunkte setzen und hat
sogar die Aufgabe, das Gesetz mit Leben zu fuellen.
Zur Wahrnehmung der Aufgabe der BSI ist oeffentliches Problembewusstsein
im Umgang mit Sicherheit erforderlich. Dazu gehoert, dass denn BSI ein
Mindestmass am Vertrauen entgegengebracht wird. Trotz der etwas
ungluecklichen Gruendungsgeschichte des BSI, sollte das neue Bundesamt auf
Grund seiner konkreten Arbeit und - dies halten wir fuer wesentlich - auf
Grund seiner seiner Oeffentlichsarbeit bewertet werden. Ein Amt fuer
Sicherheit in der Informationstechnik wird wesentlich ueber seinen Umgang
mit Information beurteilt werden.
Eine weitverbreitete Befuerchtung in der interessierten Oeffentlichkeit
(und die haben da eine Multiplikatorwirkung) ist, dass es sich bei dem BSI um
ein deutsches NSA bzw. NIST handelt bzw. handeln wird. Diese Befuerchtung muss
das BSI entgegentreten und zwar nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten.
Tut es das nicht, dann wird es nicht nur seine Glaubwuerdigkeit einbuessen,
sondern auch ueber kurz oder lang durch die pragmatische Arbeit in jene Ecke
gedraengt, in der es vermutlich selbst nicht will.
Eine Information der Oeffentlichkeit ueber Arbeit des BSI nach Vorbild
anderer Bundesbehoerden ist ueber die "allgemeine Beratung der Hersteller,
Anwender und Betreiber" laut BSI-Errichtungsgesetz sicher abgedeckt. Eine
solche Form der Oeffentlichkeitsarbeit (z.B. regelmaessige Veroeffentlichungen
aus dem Bundesamt) wird dem BSI und seiner Arbeit dienlich sein.
Auch freiwillige Arbeitsberichte fuer das Parlament koennten dem Eindruck
der "Geheimnistuerei" entgegenwirken. Ein solcher Bericht nur Ende 1992
ist eindeutig zu wenig.
Eine weitere positive Wirkung kann im Bereich der Unterstuetzung der
Datenschutzbeauftragten als Schwerpunkt erreicht werden. Die doch weitgehend
juristische und sozio-technische Ausbildung der DS-Beuftragten ist
beispielsweise nicht dazu geeignet, im Einzelfall ganz konkrete Fragen zum
Einsatz von Unix-Systemen im Betrieben und Behoerden bezuegl. ihrer
Unbedenklichkeit wg. Personueberwachungssystemen zu beantworten.
Falsche Antworten bei Anfragen sind vorprogrammiert, wie ein diesbezueglicher
Versuch beim Bundes-, Niedersaechsischen und Weser-Ems Datenschutzbeauftragten
gezeigt hat. Eine intensive Kooperation ist dringend erforderlich um das
BDSG auch in der Praxis weitgehend umzusetzen.
Damit kommt unserer Meinung nach dem BSI auch die Aufgabe zu,
Bevoelkerung und insbesondere Datenschutzbeauftragte in
regelmaessigen Abstaenden zu unterrichten, und nicht nur auf Anfrage
zu arbeiten, so wie es aus dem Errichtungsgesetz hervorgeht. Das
BSI sollte weiterhin eine Stelle darstellen, die allgemeine
Beratung auch auf Grund des IT-Sicherheitshandbuches in Bezug auf
Datenschutz, Urheberrechte und Wirtschaftsrecht erteilt. Das BSI
sollte auch bei Gesetzgebungsverfahren die in Zusammenhang mit
Computersystemeinsatz stehen beratend mitwirken. Nur Fachleute
aller Sparten koennen in Zusammenarbeit optimale Ergebnisse
erstellen.
Der Gesamtkomplex der Sicherheit in der Informationstechnik umfasst nicht
nur Sicherheit (oder spitz formuliert) Schutz der Informationstechnik
vor dem Buerger, sondern auch der umgekehrte Fall. Sicherheit ist immer
auch die Sicherheit des Buergers bzw. der Gesellschaft. Daher sollte
Boppard kein Einzelfall darstellen. Ein regelmaessiges Treffen mit dem
Ziel der Diskussion und Weiterentwicklung des sozio-technischen Gedankens
im Hinblick auf die gesamte Gesellschaft waere wuenschenswert, wenn nicht
sogar drigend geboten. Dabei ist eine rege Beteiligung auch der
Mitarbeiter des BSI erforderlich. Diese muessen das schliesslich in der
praktischen Arbeit umsetzen.
Ebenfalls sollte gelten, dass Sicherheitsprobleme nicht verschwiegen
werden. Vorwuerfe von Clifford Stoll und anderer Menschen die praktisch
mit der Administration von Rechensystemen beschaeftigt sind in Richtung
NSA sind wohlbekannt. Ebenfalls die Veroeffentlichung von kryptographische
Verfahren gehoert dazu. Ein Verfahren, welches nicht veroeffentlicht werden
kann - aus welchen Gruenden auch immer - ist fuer die Gesellschaft
nicht tragbar.
Diese Massnahmen und Ideen koennen nur ein Anfang sein, sie werden aber durch
die Verantwortung des Beamten, Politikers und Wissenschaftlers fuer die
Gesellschaft gebeten. Der Weg zur Informationsgesellschaft und informierten
Gesellschaft ist wesentlich. Heutige Entwicklungen und Entscheidungen
bestimmen die Geschichte unserer und der globalen Gesellschaft direkt und
fuer alle Zeiten.
Teil II
Die Kritikpunkte die wir oben aufgefuehrt haben, sind in unseren
Augen Feinheiten, die in der genauen Spezifikation der Aufgaben
des BSI eingefuegt werden muessen. Leider muessen wir noch einige
andere Kritik auffuehren, denn ein wichtiger Teil in der
Sicherheit von Computersystemen wird nach unserer Meinung nicht
bzw. nur unzureichend beachtet worden. Dazu wollen wir in diesem
Teil Stellung beziehen. Als Stichpunkt vorweg soll das Stichwort
Technologiefolgenabschaetzung dienen. Unter Technologiefolgenab-
schaetzung wollen wir die Abschaetzung der Folgen des Einsatzes von
Computersystemen und deren Gefahren durch unsachgemaessen Einsatz
bzw. Fehlfunktionen verstehen.
Zu diesem Bereich der Abschaetzung der Folgen sollte nicht nur
die rein technische Abschaetzung gehoeren, sondern auch die
Information der Bevoelkerung und der Ministerien.
In diesem Bereich geht es zunaechst um die Abschaetzung der
Gefahren die von Computeranlagen ausgehen. Dabei handelt es
einerseits um technische Folgen, andererseits aber auch um
gesellschaftspolitische Folgen.
Technische Folgen des Einsatzes von Computeranlagen werden
ersichtlich im Einsatz von Computeranlagen in Technik und
Medizin. So wurden durch einen Computerfehler in einem
Krankenhaus mindestens zwei Personen toedlich verstrahlt. Sollte
so ein Fehler in einem Kernkraftwerk passieren, ohne
entsprechende Sicherungen kaeme es zu einer Katastrophe. Insofern
muss untersucht werden, wie sicher ein System funktioniert, und in
sensiblen Bereichen muss fuer entsprechende Ausfallsicherheit
gesorgt werden. So muss ein als nicht ausfallsicher bekanntes
System erkannt werden, und darf nicht in einem sensiblen Bereich
eingesetzt werden. Dies gilt sowohl fuer Hardware wie auch fuer
Software. Somit muessen Einschraenkungen der Zulassung bestimmter
Soft- und Hardware vorgenommen werden. Eine Reihe von Systemen,
zum Beispiel DOS PCs sind nicht zur Speicherung personenbezogener
Daten geeignet, da sie nur ueber unzureichende Mittel zum
Datenschutz verfuegen. Damit sollte die Speicherung
personenbezogener Daten auf einem DOS PC nicht zulaessig sein.
Diese Forderung muss aber auch durchgesetzt werden.
Gesellschaftspolitische Folgen des Einsatzes von
Computersystemen sind in einer Reihe von Anwendungen zu erwarten.
Eine grosse Diskussion hat es zum Beispiel um die Speicherung von
personenbezogenen Daten bei der Einfuehrung von ISDN gegeben. Doch
nicht nur hier sind Probleme zu erwarten. Auffallend sind zum
Beispiel auch die Schreiben unterschiedlicher Werbefirmen, die
man erhaelt, wenn man an einem Preisausschreiben teilnimmt. Diese
Weitergabe von Daten ist nur einem Teil der Bevoelkerung bekannt,
der Grossteil der Bevoelkerung wundert sich lediglich.
Bewertung
Mit der Errichtung des BSI und den schon vorhandenen und
geplanten Kriterien ist schon ein grosser Schritt gemacht worden.
Leider sind dabei die gesellschaftlichen Aspekte und die
Abschaetzung der Folgen des Computereinsatzes zu kurz gekommen.
Wie wir oben schon ausgefuehrt haben, sollte das BSI mit mehr
Rechten in Richtung gesellschaftlicher Aspekte ausgestattet
werden. Dazu gehoeren insbesondere Abschaetzung der Folgen des
Computereinsatzes und Information der Bevoelkerung ueber Gefahren
und Moeglichkeiten des Missbrauches. In dieser Richtung wuerden wir
gerne das BSI weiter unterstuetzen indem wir mit Rat und Tat zur
Seite stehen.
Oldenburg im Mai 1991
Dirk Rode Frank Simon
------------------------------------------------------------------------------
|
![[Chaos CD]](../../../images/chaoscd.jpg)
[Contrib]
[Chalisti]
[15]
Was nun BSI ?
![[ -- ]](../../../images/prev.jpg)
![[ ++ ]](../../../images/next.jpg)
![[Suchen]](../../../images/search.jpg)