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Bericht von der Comdex 1990


Die mit ca. 120.000 Besuchern nach der CeBIT eine der groessten
Computermessen der Welt, die COMDEX '90, fand vom 12-16 Nov. in
Las Vegas statt. Nachfolgend einige interessante Entwicklungen und
Trends, die von der GMD-Aussenstelle Berkeley auf dieser
Ausstellung ausgemacht werden konnten:

1) Full Motion Video auf PCs:
 Intels i750 Video-Prozessor ist das Kernstueck einer Karte, mit der "Full
Motion Video" auf PCs moeglich ist. Die GMD-Aussenstelle Washington, DC
berichtete bereits in FITNUS 40-4 kurz ueber diese Neuentwicklung. Der
Prozessor besteht aus zwei Komponenten, dem 82750PB Pixel-Prozessor
und dem 82750DP Display-Prozessor. Das Chipset ist voll kompatibel mit
Intels DVI-Technologie und dem JPEG-Standard fuer "Still Image
Compression" (JPEG=Joint Photographic Experts Group). Es ist
programmierbar, wodurch beispielsweise neue Kompressionsalgorithmen
leicht adaptiert werden koennen. Der i750 wird voraussichtlich zum Preis
von ca. $100 fuer grosse Stueckzahlen angeboten. Anfang 1990 sollten PC-
Karten fuer etwa $1000 verfuegbar sein.

 Auf der Comdex wurde folgendes vorgefuehrt: Audio/Video Signale
von einem Sony Camcorder wurden in Echtzeit digitalisiert und als
MS-DOS File in komprimierter Form gespeichert. Sie konnten
anschliessend auf einem VGA-Monitor abgespielt werden. Die bei
dieser Echtzeit-Kompression erzielte Qualitaet war nicht besonders
gut. Eine wesentliche Verbesserung waere moeglich, wenn ein
aufwendigeres Kompressionsverfahren verwendet wuerde, welches
auf einem Intel Hypercube Rechner laeuft. Dazu bietet Intel einen
Service an. Man schickt MS-DOS Files mit den digitalisierten Videos
an Intel und erhaelt Files mit besser komprimierten Videos zurueck.
Durch die Kompression wird der Speicherplatzbedarf auf 1/160
reduziert. Eine Minute Video (komprimiert) entspricht ca. 8-10 MB.
Die Karte wurde von Intel, AT&T und Compaq vorgefuehrt.

2) Laptops:
 Wie in den vergangenen Jahren, waren auch diesmal wieder Laptops eine
der Hauptattraktionen auf der Comdex. Fast jeder bekannte PC-Hersteller
(ausser IBM) bietet eine Laptop-Serie an. Daneben findet man eine grosse
Zahl von Clones aus dem fernen Osten (lt. Info World ca. 35-40). Die
Spitzenmodelle gleichen sich fast wie ein Ei dem anderen:
     - CPU:     Intel 80C386SX bis 25 MHz (DX)
     - Memory:  1/2 MB-RAM,
                40/60 MB Harddisk (2.5 inch),
                1.44 MB Floppy Disk
     - Display: VGA Backlit LCD (Resolution 640x480)
     - Gewicht: ca. 3 bis 3,5 kg
     - Groesse: ca. 30x20x5 cm (notebook size)

 Mit diesen Massen scheint eine gewisse Grenze erreicht zu sein: Ein
weiteres Schrumpfen der Laptops ist eher durch die Kompatibilitaet mit
Haenden und Augen von Benutzern als durch die Bestueckungsdichte von
Chips beschraenkt. Auch ein Gewicht von 3 kg scheint ertraeglich zu sein.
Fuer die naechsten Jahre erscheinen noch folgende Verbesserungen
moeglich:
     - Verbesserung des Displays (Farbe/Aufloesung)
     - Harddisk mit mehr Kapazitaet
     - Batterien (Gewicht und Leistung)
       ==> Toshiba hat eine neue Nickel-Hydrid Batterie
           entwickelt.
     - weitere Reduzierung des Gewichts
     - CMOS 486 Prozessor mit hoher Taktfrequenz
     - Interface fuer Audio/Video

 Viele der neuen Laptops wurden von der Federal Communications
Commission noch nicht freigegeben und duerfen deshalb noch nicht
verkauft werden. Laptops muessen hoeheren Anforderungen an den
Strahlenschutz (Level B - privater Gebrauch) genuegen als reine
Buerorechner (Level A). Wenn die Pruefungsprozeduren (Dauer ca. 60
Tage) abgeschlossen sind, ist im kommenden Jahr mit einem heissen
Wettbewerb um einen stark steigenden Laptop-Markt zu rechnen. Die Preise
werden erheblich fallen.

 Die Verdraengung der Tastatur durch einen Stift, mit dem man Eingaben
direkt auf den Bildschirm oder auf eine andere Unterlage machen kann, ist
noch nicht zu erwarten. Die vorgestellten Zeichenerkennungssysteme sind
noch unzureichend. (Druckbuchstaben mussten in ein ca. 5x5 mm grosses
Feld eingetragen werden. Die Fehlerquote bei unseren Versuchen lag bei 50
Prozent.

 Eine andere interessante Entwicklung koennte sich dagegen bei Flash
Cards (IC) abzeichnen. Flash Cards werden zur Zeit hauptsaechlich bei
Pocket-Sized Computern (z. B. Poquet) benutzt. Sie sind ungefahr 1,5 mal
so gross wie eine Kreditkarte und enthalten meistens ROM oder statischen
RAM. Der in den Janews vom 21.11.90 erwaehnte JEIDA-Standard scheint
auch in den USA akzeptiert zu werden. Neben dem klassischen Gebrauch
der Karten (RAM/ROM) sahen wir auf der Comdex ein Modem auf einer
solchen Karte. Wenn man diese Idee zu Ende denkt, kann mach sich auch
andere Peripheriegeraete oder Schnittstellen dazu auf "Flash Cards"
vorstellen. Der Engpass an Steckplaetzen fuer Karten koennte dadurch
entschaerft werden. Je nach Bedarf wuerde man die gerade benoetigte
Erweiterungskarte in den IC-Slot stecken.

OSF/1 ausgeliefert
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Zwoelf Monate nach dem urspruenglich angekuendigten Termin
wird die erste Version von OSF nun endlich ausgeliefert.
Der Kern des jetzt vorliegenden Produktes (Version 2.5)
entstammt dem MACH-Betriebssystem der Carnegie Mellon
University (CMU). Damit ist OSF/1 nicht frei von AT&T
UNIX-Code, so dass Lizenzgebuehren an AT&T zu entrichten sind.
Neben dem eigentlichen Betriebssystem bietet OSF ein Ent-
wicklungssystem fuer das "Distributed Computing Environment"
an, mit dem eine breite Palette von Hard- und Software inte-
griert werden kann.
Hinsichtlich der Sicherheitszertifikation bedarf es einer
Ueberpruefung von OSF/1 zusammen mit der jeweiligen Hardware.
OSF/1 erfuellt dabei alle Voraussetzungen fuer eine B-1 Level
Security.

Von den OSF-Gruendern wird eine breite Zustimmung zu OSF/1
signalisert:

- IBM plant neue Versionen von AIX auf OSF/1 aufzubauen, die
  fuer alle Rechner vom PS/2 ueber die RISC System/6000 Serie
  bis zum System/390 verfuegbar sein sollen.
- Bei DEC soll OSF/1 die Grundlage fuer die naechste Ausgabe
  von Ultrix sein. Ein OSF/1-Entwicklungssystem soll im ersten
  Quartal 1990 angeboten werden.
- Hewlett Packard will OSF/1 zunaechst mit einer neuen Work-
  station, die im naechsten Jahr herauskommen soll, anbieten
  und eventuell die gesamte Produktlinie auf OSF/1 umstellen.
- Hitachi hat angekuendigt, im vierten Quartal 1991 einen
  Mainframe mit OSF/1 herauszubringen.
- Siemens/Nixdorf ist dabei, OSF/1 in neue Versionen von SINIX
  zu integrieren.
- Bull will OSF/1 in Bull's Open Software Environment inte-
  grieren.
- Philips hat sich aus dem Geschaeft weitgehend zurueck-
  gezogen und bisher keine Erklaerungen zur Verwendung von
  OSF/1 abgegeben.

P.S.  In Sachen MACH war von der CMU zu erfahen, dass zur Zeit eine
      Version 3.0 nur fuer den Intel 386 vorliegt, die frei von
      AT&T UNIX-Code ist. Sie enthaelt allerdings BSD UNIX-Code.
      (Anm. der Redaktion Chalisti: Der Mach Kernel ist via ftp abrufbar, es
       fehlt aber das gesamte Unix Enviroment).

GMD Aussenstelle Washington
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