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DDR-Koalitionsvereinbarung zum Thema Bildung und Wissenschaft
Wie geht es mit den Universitaeten und der Forschung in der DDR weiter. Mal sehen, was die Politik plant ... Wissenschaftspolitik: Zunaechst wird die Ausarbeitung eines Hochschulrahmengesetztes, das die besondere Situation in der DDR und die dadurch notwendige Angleichung beruecksichtigt, empfohlen. Dadurch sollen Hochschul- autonomie, Hochschuldemokratie und die Freiheit der Wissenschaft eingeleitet und gewaehrleistet werden. Bis zur Verwaltungsreform (Laenderregierungen) gilt nur das Hochschulrahmengesetz, danach wird es durch Hochschulgesetze der Laender ergaenzt. Es ist ein rechtsstaatliches Verfahren zu finden, das einen personellen Neuanfang in Lehre und Forschung sowie den Prozess der Demokrati- sierung ermoeglicht. Zugang zu den Hochschulen und den Universitaeten: Ein freier Zugang zu den akademischen Lehrstaetten ist zu gewaehren. Fuer einige Fachrichtungen ist ein Numerus Clausus aus Kapazitaetsgruenden unvermeidbar. ueber die Eignungs-und Aufnahmepruefungen entscheiden die Hochschulen und Universitae- ten. Der freie Zugang zu den Hochschulen und Universitaeten bedarf einer materiellen Absicherung durch eine Stipendienrege- lung, die leistungsbezogen und sozial differenziert sein soll. Eine Angleichung der Stipendien an die Lebenshaltungskosten sollte gesichert werden. Ein ausbildungsfoerderndes Darlehen ist zu ermoeglichen. Finanzierung der Forschung: Die Freiheit der Forschung an Hochschulen, Universitaeten und der Akademien verlangt, dass die Grundlagenforschung aus dem Staatshaushalt finanziert wird. Fuer projektgebundene Forschungs- vorhaben koennen Mittel aus dem Staatshaushalt zur Finanzierung beantragt werden. Die Entscheidung ueber die Finanzierung beruht auf Gutachten eines Expertengremiums. Auftragsgebundene Forschung wird durch die Auftraggeber finanziert. Strukturfragen: Ministerium fuer Wissenschaft und Bildung Zuordnung: - Allgemeinbildung - Berufsbildung - Fachschulbildung - Hochschulbildung einschliesslich Forschung Ministerium fuer Forschung und Technologie Zuordnung: - Forschungsstrategie - Forschungsfoerderung Bildungspolitische Uebereinkunft: Grundsaetzliches: Der Staat hat dafuer Sorge zu tragen, dass die Eltern die Moeglichkeit haben, ihre Kinder auf eine oeffentliche Schule zu schicken. Privatschulen, konfessionelle Schulen und Schulen in freier Traegerschaft sind bezueglich der Zuteilung staatlicher Mittel und der Anerkennung der Abschluesse gleichberechtigt. Bei allen Zulassungen einschliesslich Hochschulen sind Jungen und Maedchen voellig gleichberechtigt zu behandeln. An der zehnjaehr- igen Schulpflicht ist grundsaetzlich festzuhalten. Jedes Kind soll bei entsprechender Begabung eine weiterfuehrende Schule bzw. Ausbildungsstufe besuchen koennen. Die Aufnahmekriterien sollen ausschliesslich leistungsorientiert sein. Die Zulassung zu den Schulen darf nicht von den finanziellen Moeglichkeiten der Eltern abhaengig sein. Behinderte Kinder sollen weitgehend in das normale Schulsystem integriert werden. Wo dies auf Grund des Grades der Behinderung nicht moeglich ist, sollen sie in Spezialschulen besonders gefoerdert werden. Es sind Rechtsvorschriften zu schaffen, die die Schul-und Hochschulverfassung, die Berufs-und Weiterbildung sowie die Lehrerausbildung regeln. Lehrinhalte: Die bisherige Stoffuelle soll zugunsten kreativen Lernens verringert werden. Die Schueler sollen lernen, Kritikfaehigkeit und Kreativitaet zu entwickeln. Wir gehen aus von der Gleichwer- tigkeit der verschiedenen Faecher. Das verlangt eine Ausgewogen- heit von musisch-aesthetischer, ethischer, oekologischer usw. Bildung einerseits und naturwissenschaftlich-polytechnischer Bildung andererseits. Dabei legen wir besonderen Wert auf - Durchsetzung des Prinzips der weltanschaulichen Bekenntnisneu- tralitaet der oeffentlichen Schule - Vermittlung von Kenntnissen ueber Weltreligionen, philoso- phische Anschauungen und ueber Grundprinzipien, Institutionen und Praxis von Demokratie Strukturen: Die Pluralitaet der Schule soll sich ausdruecken in dem Nebenein- ander der integrierten Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe, gegliederter Schule und Schulen freier Traegerschaften. Berufs- ausbildung mit Abitur und Volkshochschulbildung sollen erhalten bleiben. Die Etablierung eines bestimmten Schultyps wird von der Entscheidung der Buerger, insbesondere der Eltern, bestimmt. Die wechselseitige Durchlaessigkeit der Schultypen ist zu sichern. Niedrige Klassefrequenzen sind zu erhalten bzw. anzustreben. Entsprechend dem Bedarf - bei gleichzeitiger Aufwertung von Eltern und Familienerziehung - sollen Ganztags- schulen, Schulspeisung, Horte, Kindergaerten, Krippen, Ferienge- staltung und Freizeiteinrichtungen fuer Schueler erhalten und ausgebaut werden. Staatliche konfessionelle und private Einrich- tungen der Kinder-und Schuelerbetreuung existieren gleichberech- tigt. Freie Berufswahl ist ein Grundrecht. Staat und Wirtschaft tragen gemeinsam Verantwortung fuer die berufliche Bildung. Naeheres muss durch ein Rahmengesetz fuer berufliche Bildung geregelt werden. Das Bildungswesen muss neue Formen und Programme fuer berufliche Umschulung und Weiterbildung entwickeln und anbieten. Demokratisierung: Es ist eine demokratische Schulverfassung einzurichten (mit Festlegung der Rechte der Lehrer, Eltern und Schueler). Die seit Oktober 1989 eingestellten Lehrer und Erzieher, die hauptamtliche Mitarbeiter des MfS gewesen sind, sollen auf ihre fachliche Qualifikation ueberprueft und gegebenenfalls aus dem Schuldienst wieder entlassen werden. Dafuer erforderliche gesetzliche Regelungen sind dringlichst zu erlassen. (...) Mitteilung aus dem Verteiler Wissenschaftsjournalisten (Pressebuero Eurokom) ------------------------------------------------------------------------------ |
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DDR-Koalitionsvereinbarung zum Thema Bildung und Wissenschaft