Wie funktioniert ein Internet-Provider?
Referent: Ulf Zimmermann
Die meisten Datensurfer begnügen mit einem funktionierenden
Internet-Zugang uuml;ber Modem oder ISDN, ohne sich Gedanken darüber zu
machen, wie die Realität auf der anderen Seite der
Point-to-Point-Verindung aussieht. Wie so ein ISP (Internet Service
Provider) funktioniert, erklärte Ulf Zimmermann, Gründer der
Firma Alameda Networks
Inc.TM in San Francisco.
Internet-Dienste
Um selbst als Internet-Provider auftreten zu können, braucht man
außer diversen teuren Standleitungen zunächst einmal verschiedene
Server, die die populärsten Internet-Dienste managen:
News
Für kleinere ISPs lohnt sich häufig das Angebot von News(-groups)
auf einem eigenen Server nicht. Wollte man wirklich einen eigenen
Rechner mit allen öffentlichen Newsgroups einrichten, um den eigenen
Kunden einen schnellen Zugriff zu bieten, so hätte man ein zusätzliches
tägliches Datenaufkommen von ca. 8 GB (Gigabyte!) zu bewältigen.
Meistens kann man den eigenen Kunden stattdessen den News-Server
des eigenen Backbone-Providers anbieten, was für die meisten ISPs
völlig ausreichend ist.
Mail
Ein Mailserver ist obligatorisch für jeden ISP. Fast selbstverständlich
ist auch das Filtern von Spammern durch aktuelle Filterlisten
und eine Firewall, die den Zugriffauf den SMTP-Port (auf dem Mail
von außen zugestellt werden kann) regelt. Beispielweise sollten
Mails von öffentlich Mail-Adressen-Providern wie Hotmail oder
Cyberpromo abgeblockt werden, weil meist über diese Accounts Bulk-Mail
und Spams verschickt werden. Das automatische Filtern ist natürlich
nicht unproblematisch (genau genommen handelt es sich ja um die
Zensur von Privatpost), deswegen sollten die Kunden über diese
Tatsache informiert werden und die Möglichkeit erhalten, ihre
mail ungefiltert zu lesen.
Trotz aller Sicherungen sollte man nicht vergessen, einen Mail-Account
für Beschwerden oder technische Fragen offen zu halten. Außerdem
ist es nützlich, aus diesem Grund den WHOIS-Eintrag der Domaindaten
zu aktualisieren.
Als Protokoll war lange Zeit POP3 (Post Office Protocol) aktuell; dieser
Standard wird heute noch viel zu häufig eingesetzt. POP3 hat
einige Nachteile: es bietet keine Vershlüsselung der Mails und keine
Synchronisation der Mailbox. Arbeitet ein Kunde auf mehr als einem System,
so kann das zu Chaos im Mailverkehr führen.
Moderner ist das IMAP4-Protokoll, das vorzugsweise angeboten werden
sollte. IMAP4 verwaltet die Post zentral auf dem Server, die Mailbox
ist also immer auf dem aktuellen Stand, auch, wenn man von verschiedenen
Computern aus seine mail liest.
FTP (File Transfer Protocol)
Da die Mehrheit der Internet-User das World Wide Web für das Internet
hält, hat sich auch der Dateitransfer via HTTP durchgesetzt. Es
ist eine eher EDV-religiöse Frage, welches Protokoll sicherer
ist. Allgemein ist die Einrichtung eines eigenen FTP-Servers lediglich
für die Ablage von Webhosting-Seiten notwendig.
HTTP (HyperText Transport Protocol)
Die Einrichtung eines Web-Servers ist absolute Pflicht für jeden ISP.
Schließlich muß man seine Kunden informieren und kann
gleichzeitig noch Webhosting anbieten. Als Server-Software bietet sich der
freie Apache an. Der Source-Code ist
frei verfügbar und eine optionale SSL-Library für die
Übertragung ist außerhalb der USA legal zu benutzen. Vom
Monopolisten Microsoft kann man ebenfalls den mit Windows NT mitgelieferten
IIS (Internet Information Server) benutzen. Weder für Sicherheit noch
für Administrierbarkeit ist die Software allerdings besonders
berühmt. Ein weiteres Produkt ist der Netscape Server, der allerdings
stark an Marktanteil verliert. Insgesamt ist ein Webserver eine lukrative
Sache, denn Webhosting bringt zwar vergleichsweise wenig Geld, macht aber
auch kaum Arbeit.
Auth-Server
Nicht wegzudenken ist außerdem ist ein Authentication-Server,
der den Zugang und die Abrechnung der Kunden übernimmt. Dieser
Server verwaltet z.B. statische und dynamischen IP-Adressen und
Dialback-Kunden. Als Software wird hier verbreitet Radius von
Livingston oder TACRS eingesetzt. Radius kann bis zur Version
2, die für den Januar '98 angekündigt ist, noch keine Verbindungen
abrechnen. Nachteil von TACRS: das Format der Log-Dateien ist
nicht einheitlich und extrem schwer zu parsen.
Verbindungen
Die Angebote der Telekommunikationsfirmen sind in den USA und
in Deutschland sehr unterschiedlich. Während in den USA eine ISDN-Standleitung
monatlich unter $100 kostet, kann sich kein durchschnittlicher
ISP eine ISDN-Standleitung in Deutschland leisten, von Leitungen
mit noch höherer Bandbreite ganz zu schweigen.
Auch aufgrund von komplizierter Konfiguration und umfangreicher
Hardware wird sich der kleinere ISP meistens für eine Standleitung
zu einem Backbone-Provider entscheiden.
Auf der Kundenseite kann man häufig in Kooperation mit vorhandenen
ISPs Einwahlzugänge gemeinsam nutzen. Ansonsten bleibt nur die Anschaffung
eines Racks mit Modem- oder ISDN-Einsteckkarten z.B. von US Robotics,
Cisco oder 3com.
ISP in Deutschland
Durch die extrem hohen Standleitungskosten in Deutschland lohnt
es sich nicht, einen reinen ISP zu eröffnen. Ernsthaft läßt sich
nur mit zusätzlichem Service (etwa Web-Hosting oder -design) Geld
machen. Durch die reine Einrichtung der Dienste bewegt man sich
mit viel Erfolg gerade eben am Break-Even. Und selbst Ulf Zimmermann
arbeitet hauptberuflich als Administrator bei Silicon Graphics.
Chris Haas