Premium Rate Services
0190 - Geld her!
Referent: Steffen Wernéry
Für die Einen sind sie eine Last, die anderen verdienen sich eine
goldene Nase damit: Premium Rate Services, auf Deutsch:
Telefon-Mehrwertdienste. Zur Zeit sind sie an der Vorwahl 0190 zu erkennen
und verlangen dem Anrufer mehr oder weniger viel Geld für die gebotene
Leistung ab. Die Telekom erstattet dann einen bestimmten Betrag vom
Verbindungsentgeld an den Anbieter.
Da die Kosten für eine Basiskonfiguration bei ca. DM 3700.- liegen
und die Telekom je nach Entfernung des Anrufers unterschiedlich
viel Geld ausschüttet, muß sich ein Anbieter seinen Standort genau
aussuchen. Am lukrativsten ist Düsseldorf, da ca. 20% aller bundesdeutschen
Telefonanschlußinhaber im nahen Einzugsbereich wohnen. Die Gesamtinvestitionen
für eine solide Technik und effektive Werbung (bei laufendem Geschäft
werden ca. 80% des Umsatzes für Werbung ausgegeben) liegt im
Rahmen von einer Million DM.
Ab dem nächstem Jahr laufen die 0190-Nummern aus, es folgen Nummern,
die der internationalen 0900-Nomenklatur entsprechen. Dabei bekommen
verschiedene Informations- oder Servicesparten unterschiedliche
Nummern zugeteilt:
- 0900 Business und Information
- 0901 Entertainment
- 0905 Erotik
Der Preis eines Angebotes ist dabei nicht mehr an der Rufnummer
zu erkennen, so daß zu Beginn der Verbindung zunächst kostenfrei
der Preis angesagt werden muß, um dem Anrufer die Möglichkeit
zu geben, das Gespräch kostenfrei zu beenden. Ab einem Verbindungsentgelt
von DM 5.- pro Minute muß der Anrufer die Verbindung durch die
Eingabe der Ziffern "1" und "9" bestätigen.
Die Einstufung von Angeboten, die evtl. in mehrere Bereiche fallen,
kan man bei dem überwachenden Verein "Freiwillige Selbstkontrolle
Telefonmehrwertdienste e.V." einsehen. Der FST e.V. ist ein Zusammenschluß
von verschiedenen Diensteanbietern und Netzbetreibern, mit dem
Ziel, durch Kontrolle der Inhalte (ähnlich wie bei der bekannten
FSK im Filmbereich) die Interessen der Anbieter, der Nutzer und
des Jugendschutzes durch freiwillige Selbstkontrolle unter einen
Hut zu bringen und auf diese Weise eine staatliche Kontrolle überflüssig
zu machen.
Der FSK e.V. hat einen Verhaltenskodex erstellt, der ein "Sollkodex"
ist. Bei wiederholten Verstößen gegen den Kodex können dem Diensteanbieter
durch Einschalten der Regulierungsbehörde für Telekommunikation
und Post die Rufnummer entzogen werden. Für die Zukunft kann man
zunächst, ab Start Mitte des nächsten Jahres, eine Verschiebung
von ausländischen Sex-Telefonnummern hin zu 0905-Nummern erwarten,
bevor sich vermutlich ab 1999 auch die Mehrwertanbieter aus seriöseren
Branchen dort einfinden. Durch eine flexible Gebührengestaltung
und die Möglichkeit der Fakturierung über die Telefonrechnung
lassen sich dann auch solche Dienste wie Software-Vertrieb per
Download oder ein Pizza-Bringdienst über die Telefonrechnung
fakturieren.
Andererseits wird dem Anschlußinhaber mit dem Telefonanschluß
auch eine gehörige Kreditlinie eingeräumt - ein Mißbrauch ist
nicht auszuschließen.
Derk Marko Reckel