Chaos Communication Congress '97
Hamburg, Eidelstedter Bürgerhaus, 27. - 29.12.1997
Chaos-Knoten

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Ergonomie ist die Wissenschaft von der Arbeit

Referent: Hildegard Schmidt


Bei der Umsetzung der Ergonomie auf die Bedingungen am Arbeitsplatz setzt der Mensch die Maßstäbe und nicht die Arbeitsaufgabe oder der Arbeitplatz. Wenn man die von Ergonomen aufgestellten Regeln befolgt, läßt sich oft mehr Arbeit entspannter in weniger Zeit erledigen, da die Befolgung ergonomischer Grundlagen sowohl die körperliche, als auch die geistige Leistungsfähigkeit erhöhen kann. Umso bedauerlicher ist die Position, die die Ergonomie im Bewußtsein von Menschen am Computer einnimmt. Ob für das Büro oder zuhause, die Beachtung der ergonomischen Grundregeln bringt einen entspannteren Umgang mit dem Computer mit sich. Um den eigenen Bildschirmarbeitsplatz zu beurteilen hier eine Checkliste:

  1. Ist der Bildschirm leicht drehbar und neigbar?
    Der Bildschirm muß drehbar und neigbar sein, damit Sie ihn so einstellen können, daß Sie in entspannter Körperhaltung an ihm arbeiten können. Gegebenenfalls ist es angenehmer für Sie, wenn der Monitor etwas nach hinten geneigt ist. Unterschiedlich große Benutzer können sich den Monitor so einstellen, daß ihr Blick im 15 bis 30 Grad Winkel aus einer aufrechten Sitzposition heraus auf die Bildschirmoberfläche fällt. Wenn Sie häufig am Bildschirm arbeiten, sollten Sie ihn direkt vor sich aufstellen.

  2. Empfinden Sie den Kontrast zwischen den Zeichen und Zeichenhintergrund auf dem Bildschirm als angenehm?
    Die Bildschirmoberfläche muß so gestaltet sein, daß sich die Zeichen deutlich vom Hintergrund abheben und leicht zu lesen sind. Günstig ist dabei die Darstellung von schwarzen Zeichen auf hellen Grund = Positivdarstellung, da sich die Augen hierbei am wenigsten anstrengen müssen. Insbesondere gilt dies, wenn nach papiergebundener Vorlage (i.d.R. schwarze Schrift auf weißem Grund) gearbeitet wird.

  3. Werden die Zeichen scharf und deutlich dargestellt?
    Die Zeichenschärfe schließt Verwechselungen von Zeichen aus: Zum Beispiel "5" und "S", "0" und "O", "1" und "I", "2" und "Z", "8" und "B". Dies können Sie dadurch testen, daß Sie einige Reihen dieser Kombinationen eingeben. Die Zeichenränder müssen dabei eine Linie bilden.

  4. Ist Ihr Bildschirm flimmerfrei?
    Flimmern wird im seitlichen Gesichtsfeld wahrgenommen, sofern es auf der Bildschirmoberfläche nicht offensichtlich ist. Verzerrungen erkennen Sie, wenn Sie von rechts nach links über die Bildschirmoberfläche schauen. Sind keine Unregelmäßigkeiten, wie Farbveränderungen, wandernde Zeichen oder Streifen zu erkennen, ist der Monitor flimmerfrei. Ein stabiles Bild ermöglicht ermüdungs- und beschwerdefreies Arbeiten am Computer.

  5. Beträgt der Sehabstand "Auge-Bildschirm" mindestens 50 cm?
    Die Anordnung des Monitors muß ein ermüdungsfreies Arbeiten ermöglichen. Hierzu soll der Abstand zwischen Augen und Oberfläche möglichst größer als 50 cm sein. Dieser Abstand ermöglicht bei aufrechter Körperhaltung und leicht geneigtem Kopf ein optimales Sehen. Der genaue Abstand hängt ab von der Größe des Monitors und der Sehaufgabe. Der Monitor darf übrigens nicht über die Arbeitsplatte herausragen.

  6. Liegt die oberste Bildschirmzeile maximal in Augenhöhe?
    Die Anordnung des Monitors muß ein ermüdungsfreies Arbeiten ermöglichen. Der Kopf darf nicht in den Nacken gelegt werden, wenn Sie auf den Bildschirm schauen. Günstig ist, wenn der Blick zwischen 15 - 30 Grad - von der horizontalen Augenachse aus gesehen - auf die Monitoroberfläche trifft.

  7. Können mögliche Blendungen verhindert werden?
    Die Zeichen lassen sich sowohl auf Beleg als auch auf Bildschirmoberfläche nur mit Anstrengung erkennen, wenn hierauf Blendungen auftreten. Es ist nicht im Sinne des Erfinders, wenn der Benutzer eine Zwangshaltung einnimmt, um den Blendungen auszuweichen und trotzdem etwas am Bildschirm lesen zu können. Blendungen können durch Veränderung der Position des Monitors oder der Lichtquelle behoben werden. Dies soll bewirken, daß die Darstellungen klar und kontrastreich zu lesen sind.

  8. Ist der Bildschirm frei von störenden Reflexionen?
    Reflexionen und Spiegelungen auf der Bildschirmoberfläche und dem Beleg sind ungünstig, da sie für das Sehvermögen eine besondere Anstrengung bedeuten. Damit sich die Augen nicht ständig an unterschiedliche Helligkeiten anpassen müssen, ist zu beachten, daß keine Reflexionen und Spiegelungen auftreten.

  9. Ist die Tastatur angenehm zu bedienen?
    Die Bedienung der Tastatur ist insbesondere für Vielschreiber und Personen, die das Zehn-Finger-System beherrschen und anwenden wichtig. Die Interaktion mit dem Computer geschieht über-wiegend durch die Eingabe über die Tastatur. Deshalb muß darauf geachtet werden, daß sich bei der Eingabe weder Verdrehungen des Körpers noch einseitige, körperliche Belastungen häufen. Bei häufiger Dateneingabe ist die frontale Anordnung der Tastatur zum Körper günstig. Wichtig ist, daß die Hände möglichst waagerecht und die Finger von oben herab auf den Tasten liegen. Gelegentlich können die Handgelenke aufgestützt werden. Deshalb muß vor der Tastatur ausreichend Raum zum Auflegen vorhanden sein. Die Schultern dürfen beim Bedienen der Tastatur nicht hochgezogen und angespannt sein.

  10. Hat der Arbeitstisch eine reflexionsfreie Oberfläche?
    Matte Oberflächen führen zu geringen Reflexionsgraden und fördern ermüdungsfreies Sehen bei der Bildschirmarbeit.

  11. Ist die Arbeitsfläche ausreichend groß?
    Ausreichend groß ist die Arbeitsfläche dann, wenn Sie Ihre Arbeitsmittel wie Bildschirm, Tastatur, Schriftgut, Kommunikationsgeräte und sonstige wichtigen Arbeitsmittel je nach Arbeitsaufgabe flexibel anordnen können. Die Bedienung Ihres Bildschirms muß dabei in einer aufrechten Körper-haltung im Sitzen oder Stehen möglich sein. Verdrehungen des Oberkörpers und Anspannungen der Nackenmuskulatur durch Zwangshaltungen sind in jedem Fall zu vermeiden. Entscheidend für eine gesunde Körperhaltung ist die Einstellung der Arbeitshöhe. Diese muß so bemessen sein, daß wenn Ihre Unterarme auf der Arbeitsfläche liegen, sie zu den Oberarmen etwa einen rechten Winkel bilden. Günstig ist es, wenn Sie Ihre Arbeitsmittel so anordnen können, daß Sie gelegentlich im Stehen arbeiten können; z.B. beim Telefonieren oder beim Aktenstudium. Ein ausreichender Raum ermöglicht Ihnen, sich in unterschiedlichen Positionen zu bewegen.

  12. Ist der Beinraum unter dem Tisch ausreichend groß?
    Ausreichende Beinfreiheit haben Sie dann, wenn Sie wechselnde Sitzhaltungen einnehmen können und Sie nicht durch Gegenstände, Tischbeine oder Schubladenelemente behindert werden.

  13. Sitzen Sie auf einem stabilen Arbeitsstuhl?
    Ihr Arbeitsstuhl darf nicht wackeln. Er muß sicher und standfest auf dem Fußboden stehen. Handelt es sich um einen Bürodrehstuhl, garantiert ein fünfachsiger Drehfuß ausreichende Stabilität für sicheres Sitzen. Achten Sie auch darauf, daß Ihr Arbeitsstuhl mit weichen Rollen ausgestattet ist, wenn der Untergrund hart ist (z.B. Parkettboden) und mit harten Rollen versehen ist, wenn der Fußboden eher weich ist(z.B. Teppich). Die richtigen Rollen vermeiden einseitig belastende "Hüftschwünge", um nach rechts oder links zu rollen.

  14. Ist Ihr Arbeitsstuhl auf Ihre Körpergröße eingestellt?
    Ihr Arbeitsstuhl ist dann auf Ihre Körpergröße eingestellt, wenn - Sie sich auf die Sitzfläche setzen können und den Eindruck haben, "gehalten" zu werden; - die Knieinnenseite darf durch die Tiefe des Sitzes nicht gedrückt werden; - die Füße setzen ganz auf dem Boden auf, dabei berühren die Oberschenkel nicht die Unterseite des Tisches - können Sie Ihre Füße nicht ganz aufsetzen, benötigen Sie eine Anpassung der Tischhöhe oder eine Fußstütze; - bei richtiger Einstellung des Systems "Tisch und Stuhl"wird Ihnen ermöglicht, im Sitzen zwischen Ober- und Unterarm etwa einen rechten Winkel zu bilden, wenn die Finger auf der Tastatur liegen; - richtig am Bildschirmarbeitsplatz sitzen bedeutet, beweglich zu sitzen; Ihre Rückenlehne stützt Sie vor allem in der Bewegung nach hinten.

  15. Ist an Ihrem Arbeitsplatz ausreichend Raum für wechselnde Arbeitshaltungen- und Bewegungen vorhanden?
    Eine aufrechte Körperhaltung ist die Basis für die Körperbalance, also für eine gleichmäßige Belastung. Eine ausgeglichene und gut ausgebildete Muskulatur ist wichtig für alle Bewegungen des Alltags und praktisch der einzige Schutz für Wirbelsäule und Gelenke. Die Zunahme der Beschwerden der Haltungs- und Bewegungsorgane steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verlust an Vielfalt und Abwechslung der Bewegung und dem Verlust des gesundheitserhaltenden Wechsels zwischen körperlicher und geistiger Be- und Entlastung. Bei der Bildschirm-Arbeits-platzgestaltung kommt es deshalb darauf an, sitzende als auch stehende Tätigkeit zu ermöglichen. Durch kurzzeitige dynamische Muskeltätigkeit kann der Stoffwechsel angeregt werden, was eine Reduzierung der Muskelbelastung insgesamt zur Folge hat.

  16. Haben Sie ungehinderten Zugang zu Ihrem Arbeitsplatz?
    Die Wege zu Ihrem Arbeitsplatz, wie zum Beispiel zum Aktenschrank, Schreibtisch und Geräten, sind frei. Sie stoßen sich nicht an Ihrem Arbeitsplatz oder anderen Dingen in Ihrem Raum. Stolperfallen, wie zum Beispiel lose Kabel oder Kartons, die in den Verkehrsweg hineinragen, sind nicht vorhanden. Um bestimmte Arbeitsmittel zu erreichen, brauchen Sie sich nicht um andere Gegenstände zu schlängeln.

  17. Wird Ihr Arbeitsplatz ausreichend beleuchtet?
    Bildschirmarbeit bedeutet die Wahrnehmung hoher Sehaufgaben. Hierfür ist eine optimale Beleuchtungssituation am Arbeitsplatz erforderlich. Die Beleuchtung muß der Art der Sehaufgabe entsprechen und an das Sehvermögen der Benutzer angepaßt sein; ein jüngerer Mensch benötigt gegebenenfalls nur die Hälfte der Lichtmenge wie ein älterer Mensch. Ein angemessener Kontrast zwischen Bildschirm und Arbeitsumgebung ist dabei herzustellen. Durch die Gestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes sowie die Auslegung und Anordnung der Beleuchtung sind störende Blendwirkungen, Reflexionen oder Spiegelungen auf dem Bildschirm und den sonstigen Arbeitsmitteln zu vermeiden.

  18. Können Sie an Ihrem Arbeitsplatz von Lärm ungestört arbeiten?
    Bildschirmarbeit erfordert ein hohes Maß an Konzentration, das durch Lärm am Arbeitsplatz nachteilig beeinflußt wird. Deshalb sind störende Geräusche, z.B. verursacht durch häufige Gespräche im Raum oder Lärm, der von Geräten in Ihrem Büro ausgeht, zu vermeiden. Auf eine ruhige Umgebung ist nach Möglichkeit zu achten.

  19. Die Arbeitsmittel verursachen keine Wärmebelastung?
    Die Temperatur am Arbeitsplatz wird durch das Raumklima, die hierin arbeitenden Menschen, die benutzten Geräte und durch das Außenklima bestimmt. Bei überwiegend sitzender Tätigkeit wird eine Temperatur von 21 bis 23 Grad als behaglich empfunden.

  20. Empfinden Sie die Luftfeuchtigkeit als angenehm?
    Eine ausreichende Luftfeuchtigkeit verhindert ein vorzeitiges Austrocknen der Schleimhäute und bildet die Basis für ermüdungsfreies Sehen bei der Arbeit. Luft-feuchtigkeit wird jedoch individuell unterschiedlich empfunden. Es wird empfohlen, im begründeten Fall, eine fachkundige Person, z.B. Fachkraft für Arbeitssicherheit, hinzuzuziehen.

  21. Haben Sie ausreichend Gelegenheit erhalten, sich mit Ihrem EDV-System vertraut zu machen?
    Qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit der im Unternehmen benutzten Software garantieren ein störungs- und belastungsfreies Arbeiten. Ausreichend geschulte Personen sind in der Lage, die Software entsprechend ihrer Aufgabenangemessenheit, Steuer- und Dialogfähigkeit richtig anzuwenden.

  22. Können Sie mit Ihrem Programm die Arbeitsaufgabe zu Ihrer Zufriedenheit erledigen?
    Die Software muß an die auszuführende Aufgabe angepaßt sein. Sie ist aufgabenangemessen, wenn der Dialog zwischen Mensch und Computer die Erledigung der Arbeitsaufgabe unterstützt. Das System muß dabei die Beeinflussung der jeweiligen Dialogabläufe ermöglichen sowie eventuelle Fehler bei der Handhabung beschreiben und deren Beseitigung mit begrenztem Arbeitsaufwand ermöglichen.

  23. Haben Sie den für Ihre Arbeit nötigen Arbeit Sicht- und Sprechkontakt zu Ihren Kolleginnen und Kollegen?
    Sicht- und Sprechkontakt ist die Grundvoraussetzung für zwischenmenschliche Beziehungen und den Austausch von Informationen. Bei der Bewältigung von Arbeitsaufgaben mit Unterstützung des Bildschirmgerätes ist es wichtig, Gelegenheit zur Kommunikation zu haben, um psychischen Belastungen vorzubeugen.

  24. Ist Ihre Arbeit abwechslungsreich?
    Psychische Belastungen können durch einseitige und eintönige Tätigkeiten ausgelöst werden. Die Tätigkeit ist so zu organisieren, daß die tägliche Arbeit an Bildschirmge-räten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, die jeweils die Belastung durch die Arbeit am Bildschirmgerät verringern. Die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit wird durch abwechselnde geistige und körperliche Aufgaben erhalten oder sogar gesteigert.

  25. Haben Sie den Eindruck, grundsätzlich ausreichend Zeit zur Erledigung Ihrer Arbeit zu haben?
    Die Aufgabe ist dann ausführbar, wenn die Fähigkeit, Eignung und Kenntnis jedes einzelnen sowie Zeit zur Aufgabenerfüllung vorhanden ist. Dem steht grundsätzlich nicht entgegen, wenn zu Zeiten hoher Arbeitsverdichtung länger gearbeitet werden muß.

Eine Software, unter anderem mit dieser Test-Liste, kann gegen eine Schutzgebühr von DM 10.- beim Ministerium für Arbeit und Sozialordnung angefordert werden und enthält folgende Punkte:

  • Bildschirmarbeit und Gesundheit
  • Quick-Test für den Arbeitsplatz
  • 29 Fragen und Antworten
  • Eine Check-Liste für Experten
  • Die Bildschirmarbeitsplatzverordnung
  • Druck-Service für sämtliche Seiten
Anzufordern beim: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Postfach 500, 53105 Bonny

Derk Marko Reckel

Ankündigung



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