Panoptikum bedeutet im Englischen nicht Wachsfigurenkabinett, sondern bezeichnet eine spezielle Form von Gefängnisarchitektur. Im panopticon ist jeder Häftling von einem Zentralturm aus für die Wächter sichtbar; die Wächter dagegen sind für ihn unsichtbar, so daß er nicht weiß ob und wann er unter Beobachtung steht.
Der französische Philosoph Michel Foucault leitet von dieser Erfindung der frühen englischen Aufklärung eine ganze Theorie unserer Kultur her ("Panoptismus"). Disziplinierung durch den kontrollierenden Blick spielt demnach auf jeder gesellschaftlichen Ebene eine große Rolle für die Selbstkonstruktion der Subjekte: Von der Registrierung des Neugeborenen im Krankenhaus über Schule, Familie, Armee bis zur staatlichen Steuerung der Bevölkerungsentwicklung.
Mein Essay "Cyberspace and the Way to the Inverse Panopticon" versucht eine Erweiterung des Konzeptes des Panoptismus auf die moderne Multimedia-Gesellschaft. Als Möglichkeit einem ausufernden Überwachungsstaat entgegenzuwirken, wird die Idee eines "Inversen Panoptikons" angeboten, in welchem die Sichtbarkeitsverhältnisse umgekehrt werden sollen: Nicht der gläserne Bürger, sondern die gläserne Bürokratie sind gefordert -bei vollem Datenschutz für persönliche Informationen.
Anfang 1995 erscheint ein Buch von Thomas Barth, welches unter dem Titel "Soziale Kontrolle in der Informationsgesellschaft" versucht, das Problem mit Hilfe eines systemtheoretischen Ansatzes zu analysieren (Centaurus-Verlag, Pfaffenweiler 1995)
Die These von Gilles Deleuze, die Disziplinargesellschaft gehe zu einer Kontrollgesellschaft über, wird durch eine Analyse des Panoptikon/Massenmedien-Mechanismus erhärtet. In diesem Mechanismus wirken zwei komplementäre Technologien auf eine Kontrolle von Verhalten, Illusionen und Begehren hin, die vielleicht die traditionellen Formen der Einsperrung in Zukunft überflüssig machen könnten.