"Legal, Digital, Scheissegal - Das deutsche Fernsehen der Zukunft"


Bandbreite fuer alle


Wer bekommt das Kabelnetz der Telekom

Damit man digitales Fernsehen empfangen kann, braucht man neben der Set-Top Box einen Kabelanschluss oder eine Satellitenschuessel. Der Grund, warum man nicht einfach ueber das Internet fernsehen kann, ist einleuchtend: das Internet ist zu langsam - das Zauberwort fuer digitales Fernsehen lautet: Bandbreite.

Um digitales Fernsehen ordentlich zu empfangen, benoetigt man eine Bandbreite von ca. 6 Mbit/sec. Das ist fast hundertmal so schnell wie ISDN. Klar, dass noch niemand diese Bandbreite zuhause hat. Das wird sich aber bald aendern.

Nach einem EU-Gerichtsurteil muss die Deutsche Telekom ihre Kabelfernsehnetze verkaufen. Die Begruendung der EU haengt mit folgenden Tatsachen zusammen:

Momentan kann man im Kabelnetz nur in eine Richtung senden: der Sender speist sein Signal am Kabelheadend ein und das Signal kommt an der Kabelbuchse im Wohnzimmer des Zuschauers an. Fuer digiales Fernsehen braucht man aber einen Rueckkanal (die Zuschauer sollen ja Teleshoppen und viel Geld loswerden beim Fernsehen).

Also besteht ein hohes Interesse der Industrie (und dadurch der EU), die Kabelnetze so auszubauen, dass auch der Zuschauer Daten von Wohnzimmer zum Sender schicken kann. Technisch gesehen muss man dafuer ein paar Verstaerker auswechseln, und das ganze funktioniert. Das Problem ist nur: ueber ein solches Netz koennte man nicht nur interaktiv fernsehen, sondern auch telefonieren. Und das hat der Telekom ueberhaupt nicht geschmeckt - sie moechte ihr Telefonmonopol im Festnetz trotz Deregulierung moeglichst lange verteidigen.

Der EU Kartellkommissar Van Miert fand diesen Zustand natuerlich untragbar und verurteilte die Telekom dazu, das Kabelnetz zu verkaufen. Die Telekom laesst sich mit dem Verkauf Zeit und treibt den Preis in die Hoehe (man spricht von ueber 20 Milliarden DM). Besonders interessant ist die Struktur der Bieter: neben den deutschen Banken (allen voran die Deutsche Bank) bieten vermutlich auch Murdoch und unser guter Freund Bill Gates (Microsoft).

Wenn Microsoft das Kabelnetz der Telekom kaufen wuerde, wuerden vermutlich nur noch Fernseher mit dem Betriebssystem Microsoft Windows CE funktionieren. Dann kaeme es zu Volksaufstaenden, weil die Dinger regelmaessig waehrend eines Fussballspiels abstuerzen wuerden.

Was mit dem Kabelnetz passiert, wenn es ausgebaut ist, ist auch klar: es soll zu _dem_ Netz werden, ueber das uns das Digitale Fernsehen ins Wohnzimmer geschickt wird. Wir sollen darueber telefonieren, Multiusergames spielen und natuerlich ins Internet gehen. Im Grunde kann man sich dieses Kabelnetz als deutschlandweites Ethernet vorstellen. Wer dieses Netz betreibt, ist Deutschlands groesster Internetprovider und verdient damit eine Menge Geld.

Bertelsmann biedert sich uebrigens jetzt schon bei den Kabelnetzbetreibern an: mit der gesammelten technischen Kompetenz (AOL Europe, Media Ways) des Hauses, sei man praedestiniert dazu, Internetprovider ueber das Kabelmodem werden. Wer wittert denn da das grosse Geschaeft?

Internet ueber Satellit - der SkyDSL Fake

Digitales Fernsehen kann man natuerlich nicht nur ueber Kabel empfangen, sondern auch ueber Satellit. Ein Problem beim Satellitenfernsehen ist der Rueckkanal - nicht jeder hat einen Satellitenuplink auf dem Dach, um ueber seine digitale Satellitenbox interaktiv beim Anbieter einen Pornofilm zu bestellen. Als Rueckkanal wird die gute alte Telefonleitung benoetigt.

Die Idee ist eigentlich gar nicht so bloed. Der typische Couch Potatoe betreibt asymmetrische Kommunikation. Er saugt Information und gibt nur wenig sinnvolles von sich. Beim digitalen Fernsehen stellt sich das so dar: alle Couch Potatoes zusammen saugen die gleichen Filme und geben zusammengenommen nur soviel interaktiven Schwachsinn von sich, dass der locker auf eine ISDN Leitung passen wuerde.

Ein cleverer Professor aus Berlin hatte die zuendende Idee, dieses Verhalten fuer die Uebertragung von Internetseiten zu nutzen und damit viel Geld verdienen. Er liess das System von seinen TU-Studenten entwickeln und vermarktete das ganze ueber seine Firma Strato unter dem Namen Sky-DSL. Sky-DSL funktioniert so, dass ein HTTP Request ueber Telefon einen HTTP Put ueber Satellit erzeugt - der Rechner ist also sowohl ueber Telefon als auch ueber Satellitenlink mit dem Internet verbunden.

Sky DSL wurde grosspurig auf der IFA 99 vorgezeigt. Einfache Tests des CCC (Traceroute) haben gezeigt, dass die Messevorfuehrung von Sky DSL ein totaler Fake war - die Daten kamen von snafu.de und nicht vom Himmel. Wie dem auch sei: wenn es denn eines Tages funktionieren wird, wird Sky DSL nur HTTP beschleunigen. Andere Protokolle werden nach wie von ueber das Telefon laufen. Wir fragen uns, ob Sky DSL das System der Zukunft sein wird.

Uebrigens: es sieht so aus, als ob Bertelsmann ganz gross bei Strato eingestiegen ist. Ob die mit so einem System das Monopol von Kirch brechen koennen - wir wagen das zu bezweifeln. Aber eines ist immer noch klar: Von Technik haben die Bertelsmaenner keine Ahnung.

ADSL, TDSL

Auch die Telekom moechte natuerlich weiterhin mitspielen im lukrativen Geschaeft mit der Bandbreite. Mit ihrem ADSL (Asymmetric Digital Subscriber Line) Service TDSL bringt die Telekom immerhin 768kbit/sec downstream und 128kbit/sec upstream ueber die Telefonleitung. Fuer digitales Fernsehen ist das zuwenig, aber zum Internetsurfen reicht es allemal. Das Problem bei der Telekom sind vor allem die Tarife.

Tante T rechnet Internet im Minutentakt ab. Das zeigt, dass sie das Internet immer noch nicht verstanden hat. Wer moechte denn dauernd aufpassen, dass er nicht zu lange mit dem Internet verbunden ist? Offenbar die Mehrheit der deutschen Internetnutzer - schliesslich ist die Telekom der groesste deutsche Internetprovider.

Zeitabrechnung gilt denn auch nur bei der Conusumervariante T-ISDN DSL der Telekom. Bei T-InterConnect Classic T-DSL, dem Service fuer Geschaeftskunden, wird Traffic abgrechnet und es gibt Bandbreite bis 6 MBit/s downstream. Ist natürlich alles schweineteuer. Das wiederum zeigt uns, dass Tante T doch das Internet verstanden hat. Schon lange. Aber es bringt ihr einfach viel mehr Kohle, nach Zeit statt nach Traffic abzurechnen.

Auch ueber TDSL wird Bertelsmann uebrigens breitbandige Multimediaservices, z.B. Video-On-Demand in MPEG Qualitaet, anbieten. Noch nicht bekannt ist, ob die Filme, die man sich von Bertelsmann herunterladen kann, einen Kopierschutz besitzen.